27. November 2003
Radio Free Asia (RFA), Washington

Ein Tibeter, der sich für Tenzin Delek Rinpoche eingesetzt hatte, weigerte sich, ihn zu denunzieren

Washington, 27. November - Berichten von Radio Free Asia zufolge wurde ein 66 Jahre alter Tibeter, der sich geweigert hatte, einen verurteilten tibetischen Mönch zu denunzieren, von den chinesischen Behörden dermaßen gefoltert, daß er bleibende physische und psychische Schäden davontrug, ehe man ihn schließlich freiließ.

Wie die für Tibet zuständige Abteilung von RFA erfuhr, verweigerte Tsering Dhondup, auch Jortse genannt, die Kooperation mit den chinesischen Behörden, die ihn wegen seiner Proteste gegen die Inhaftierung und die (aufgeschobene) Todesstrafe von Tenzin Delek Rinpoche festgenommen hatten. Einer ungenannten Quelle zufolge "bestand Tsering Dhondup darauf, Tenzin Delek Rinpoche habe nichts Falsches getan, er habe vielmehr die Tibeter immer dazu angehalten Rauchen, Trinken und Raufen zu meiden". "Das Ergebnis war, daß die Chinesen ihn unmäßig folterten, bis er vollständig erblindete und seine beiden Beine gebrochen waren. Er wurde vor vier Monaten entlassen. Er bekam zu wenig zu essen und ist mittlerweile geistig behindert", verlautete aus dieser Quelle.

Tsering Dhondup wurde einen Monat nach der Verhaftung von Tenzin Delek Rinpoche festgenommen. Er war Dorfvorsteher in der Gegend von Nyakchuka und hatte 20.000 Unterschriften für eine Petition gesammelt, um gegen die Inhaftierung von Tenzin Delek Rinpoche zu protestieren. Die Tibeterin, die anonym bleiben wollte, sagte auch, im Juli seien zwei Schwestern von Tenzin Delek Rinpoche zu seiner Haftanstalt nach Dartsedo (Kangding) gereist. "Sie erzählten mir, die seien nach Dartsedo gegangen und hätten sich dort beschwert und seine Freilassung gefordert. Sie erklärten den chinesischen Beamten, Rinpoche hätte weder gestohlen, noch irgend jemanden umgebracht - andererseits gäbe es viele Leute, die gestohlen oder gemordet hätten und trotzdem entlassen worden seien und sich frei bewegen könnten. Die beiden durften ihren Bruder jedoch nicht sehen. Man befahl ihnen zurückzukehren und sagte ihnen, man würde sich mit ihnen in Verbindung setzen, falls ihnen ein Besuch gestattet würde".

Andere, die Tenzin Delek Rinpoche unterstützt hatten - Tsultrim Dargye, Tamding Tsering und Aku Dargye - seien aus dem Gefängnis entlassen worden, stünden jedoch in Nyakchuka unter Hausarrest. Auch Tashi Phuntsok, der den Rinpoche ebenfalls unterstützt hatte und zu sieben Jahren Haft verurteilt wurde, sei noch im Gefängnis, fügte sie hinzu.

Tenzin Delek Rinpoche und sein Mitarbeiter Lobsang Dhondup wurden im Zusammenhang mit einer Serie von Bombenattentaten in Westchina verhaftet. Tenzin Delek Rinpoche wurde mit zweijährigem Aufschub zum Tode verurteilt und ist weiterhin in Haft. Lobsang Dhondup wurde im Januar hingerichtet. Seine Exekution rief weltweite Empörung hervor. Tibeter, die Tenzin Delek Rinpoche kennen, sind der Meinung, daß seine offene Kritik an den Chinesen der eigentliche Grund für seine anhaltende Inhaftierung ist. Ihrer Ansicht nach ist die Anklage wegen der Sprengstoffanschläge frei erfunden.

Ungefähr 80 Tibeter wurden verhaftet, geschlagen und gefoltert, weil sie versucht hatten, sich für Tenzin Delek Rinpoche einzusetzen. Tibetischen Quellen zufolge wurden manche zwei bis drei Monate eingesperrt, andere zwischen zehn und zwanzig Tagen, während einige von ihnen bis heute in Haft sind.