Oktober 2003

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AI INDEX: ASA 17/029/2003

Verbindlich ist das englische Original mit dem Titel: "People's Republic of China: Miscarriage of Justice? The trial of Tenzin Deleg Rinpoche and related arrests". Zu beziehen über: amnesty international, Postfach 62 01 25, 10791 Berlin.

Tulku Tenzin Deleg

Justizirrtum? Der Prozess gegen Tenzin Deleg Rinpoche und weitere damit verbundene Verhaftungen

Tenzin Deleg Rinpoche: Unfairer Prozess und mögliche Folterungen

Tenzin Deleg Rinpoche (auch als Ngawang Tashi oder als A'an Zhaxi auf Chinesisch bekannt) wurde im Zusammenhang mit einem Sprengstoffanschlag, der am 3. April 2002 in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, verübt worden war, am 7. April 2002 festgenommen. Offiziellen Aussagen zufolge wurden am Ort der Explosion "separatistische" Flugblätter gefunden, auf denen die Unabhängigkeit Tibets gefordert wurde. Zusammen mit vier weiteren Mönchen wurde Tenzin Deleg Rinpoche bei einer Polizeirazzia in dem Kloster Jamyang Choekhorling in Kardze verhaftet. Am 29. November 2002 wurde er vor Gericht gestellt und am 2. Dezember 2002 mit zweijährigem Bewährungsaufschub zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 26. Januar 2003 bestätigt. Nach Angaben von Behördenvertretern in China werden aufgeschobene Todesurteile üblicherweise nach einer zweijährigen Frist in eine lebenslängliche Haftstrafe umgewandelt(1).

Doch gibt es im Hinblick auf die Behandlung Tenzin Deleg Rinpoches in der Zeit der Inhaftierung vor dem Prozess Grund zu ernsthaften Befürchtungen. Wie es heißt, wurde er acht Monate lang, nämlich von seiner Festnahme am 7. April 2002 bis zu dem Prozess am 29. November 2002, ohne jegliche Verbindung zur Außenwelt (incommunicado) in der Haftanstalt von Dartsedo (chinesisch: Kangding) festgehalten. amnesty international gingen unbestätigte Berichte zu, dass er in der Haft gefoltert wurde, indem man ihn an Händen und Füßen gefesselt an der Decke aufhängte. Aus Protest gegen seine Behandlung soll er im Januar 2003 mehrere Tage lang in den Hungerstreik getreten sein.

Am 29. November 2002 wurde Tenzin Deleg Rinpoche vom Mittleren Volksgericht in Kardze des "Verursachens von Explosionen" und der "Aufwiegelung zum Separatismus" für schuldig befunden(2). Vorliegende Berichte deuten darauf hin, dass das Prozessverfahren nicht fair verlief. Am 2. Dezember 2002 wurde Tenzin Deleg Rinpoche wegen "Verursachens von Explosionen" zum Tod mit zweijährigem Bewährungsaufschub verurteilt. Wegen "Aufwiegelung zum Separatismus" wurde gegen ihn außerdem eine Gefängnisstrafe von 14 Jahren verhängt.

Es ist unklar, ob Tenzin Deleg Rinpoche bei dem Prozess vollen Zugang zu einem angemessenen rechtlichen Beistand hatte. Offiziellen chinesischen Quellen zufolge wurden für Tenzin Deleg Rinpoche zwei Rechtsanwälte beigestellt, nämlich Chen Shichang und Yu Jianbo, die ihn bei der ersten Verhandlung am 29. November 2002 vor dem Mittleren Volksgericht in Kardze und bei der Berufungsverhandlung am 26. Januar 2003 vor dem Oberen Volksgericht von Sichuan verteidigt hätten(3). Inoffizielle Quellen lassen jedoch darauf schließen, dass bei der Urteilsverkündung am 2. Dezember 2002 vor dem Mittleren Volksgericht in Kardze kein Verteidiger zugegen war. Ein Verwandter Tenzin Deleg Rinpoches sagte zu einem ausländischen Journalisten vier Tage nach der Verurteilung am 2. Dezember, dass "[bei der Gerichtssitzung] keine Anwälte zugelassen waren, weil die Angeklagten als 'reaktionär und regierungsfeindlich' eingestuft worden waren"(4).

Im Dezember 2002 versuchte der Bruder von Tenzin Deleg Rinpoche zwei angesehene Anwälte aus Beijing zu engagieren, um Tenzin Deleg Rinpoche bei der Berufungsverhandlung zu verteidigen, die für den 26. Januar 2003 angesetzt war. Am 29. Dezember rief ein Richter des Oberen Volksgerichts von Sichuan jedoch die beiden Anwälte, Zhang Sizhi und Li Huigeng, an und erklärte ihnen, dass örtliche Rechtsanwälte aus Sichuan Tenzin Deleg Rinpoche vertreten würden. Unklar ist, ob Tenzin Deleg Rinpoche vor dieser Änderung konsultiert wurde, und es bleibt zu befürchten, dass ihm das Recht auf einen Rechtsanwalt seiner Wahl verweigert wurde. Ebenso unklar ist, ob Tenzin Deleg Rinpoche tatsächlich, wie in den offiziellen chinesischen Berichten angegeben, Kontakt mit den örtlichen Anwälten hatte, wann er erstmals Zugang zu diesen Anwälten hatte und ob er bei der Urteilsverkündung einen Rechtsbeistand hatte. Es ist daher zu befürchten, dass Tenzin Deleg Rinpoche eine kompetente und wirksame Verteidigung durch einen Anwalt verweigert wurde, was eine Verletzung internationaler Grundsätze für ein faires Prozessverfahren darstellt.

Die Behörden beschränkten den Zugang zum Prozess gegen Tenzin Deleg Rinpoche. Lediglich zwei seiner Angehörigen durften dabei sein, was wohl dem Umstand zuzuschreiben ist, dass die Vorwürfe gegen ihn sich auf "Staatsgeheimnisse" bezogen. Die chinesischen Behörden haben öffentlich keine Erklärung dafür gegeben, warum der Fall etwas mit "Staatgeheimnissen" zu tun haben soll. Es ist nicht bekannt, welches Beweismaterial bei der Urteilsfindung verwendet wurde. Tenzin Deleg Rinpoche wurde keines Staatsgeheimnisse betreffendes Delikts für schuldig befunden.

Den chinesischen Behörden zufolge soll Tenzin Deleg Rinpoche gestanden haben, dass er die Bombenanschläge organisiert habe. Der Leiter der Justizabteilung der Autonomen Tibetischen Präfektur Ganzi gab an, Tenzin Deleg Rinpoche habe gestanden, "für fünf von sechs der Explosionen verantwortlich zu sein"(5). Im Januar 2003 wurde jedoch berichtet, dass Tenzin Deleg Rinpoche folgende Worte auf eine heimlich aufgenommene Audio-Kassette gesprochen hatte:

"Ich bin völlig unschuldig... Ich habe immer gesagt, dass wir unsere Hände nie gegen andere erheben sollen, denn das ist eine Sünde... Ich habe weder Briefe oder Flugschriften verteilt noch heimlich Bomben gelegt. Solche Dinge kamen mir nicht einmal in den Sinn, denn ich habe keine Absicht, andere zu verletzen."(6)

Inoffiziellen Quellen zufolge beteuerte Tenzin Deleg Rinpoche seine Unschuld auch bei der Verkündung des Urteils am 2. Dezember 2002. Er soll aufgestanden sein und gerufen haben, dass der Prozess unfair und die gegen ihn erhobenen Anklagen unwahr seien, ehe ihm der Mund geknebelt und er aus dem Gerichtssaal abgeführt wurde.

Schon Jahre bevor sie ihn verhafteten, war Tenzin Deleg Rinpoche den örtlichen Behörden ein Dorn im Auge. Wie es heißt, wollten sie ihn bereits 1998 festnehmen, als er ohne offizielle Genehmigung versuchte, Klöster zu gründen, und dann erneut 2000. Er machte sich auch bei den Behörden unbeliebt, als er den Protest der Bevölkerung gegen die exzessive, von ortsansässigen Holzfirmen betriebene Abholzung anführte. Dieser Hintergrund führt zu dem ernsthaften Verdacht, dass er wegen seiner friedlichen religiösen Aktivitäten und seines Einsatzes für das Gemeinwohl, und nicht wegen irgendwelcher Gewalttaten von den Behörden verfolgt wurde.

Berichten zufolge wurde Tenzin Deleg Rinpoche, nachdem sein Urteil am 26. Januar 2003 vom Oberen Volksgericht von Sichuan bestätigt worden war, an einen geheimen Ort verlegt. Sein gegenwärtiger Aufenthaltsort ist immer noch unbekannt, und amnesty international ist angesichts der Gefahr, er könnte dort weiteren Misshandlungen ausgesetzt sein, besorgt.

Lobsang Dhondup

Lobsang Dhondup: Hinrichtung nach einem unfairen Prozess

Tenzin Deleg Rinpoches ehemaliger Mitarbeiter Lobsang Dhondup (chinesisch: Luo Sang Deng Zhu) wurde offiziellen Angaben zufolge festgenommen, als er vom Tatort der Explosion am 3. April 2002 "zu fliehen versuchte". Die offizielle chinesische Presse berichtete, dass Lobsang Dhondup für eine Reihe von Explosionen von Januar 2001 bis April 2002 verantwortlich gewesen sei, wobei eine Person starb und 12 weitere verletzt wurden.(7)

Lobsang Dhondup wurde am 2. Dezember 2002 wegen "Verursachens von Explosionen" vom Mittleren Volksgericht Kardze zum Tode verurteilt(8). Sein Urteil wurde am 26. Januar 2003 vom Oberen Volksgericht von Sichuan bestätigt. Lobsang Dhondup wurde unmittelbar danach hingerichtet. amnesty international befürchtet, dass es sich um ein unfaires Gerichtsverfahren handelte. Offensichtlich wurde er mehrere Monate lang ohne Verbindung zur Außenwelt (incommunicado) festgehalten und ohne vollen Zugang zu einer angemessenen rechtlichen Vertretung hinter verschlossenen Türen abgeurteilt. Den chinesischen Behörden zufolge war die Verhandlung geheim, weil es im Verfahren um "Staatsgeheimnisse" ging. Doch die Behörden lieferten keine Beweise, die diese Behauptung untermauern würde. Lobsang Dhondup wurde letztlich keines Deliktes für schuldig befunden, das Staatsgeheimnisse betraf. Wenn Lobsang Dhondup wegen eines Deliktes mit Bezug zu Staatsgeheimnissen verurteilt worden wäre, dann hätte ihm das Recht auf eine Berufung beim Obersten Volksgericht in Beijing, dem höchsten Berufungsgericht Chinas, zugestanden. Der Fall wurde jedoch niemals vor dem Obersten Volksgericht verhandelt(9), obwohl mehrere hochrangige chinesische Regierungsvertreter Delegierten der USA, der EU und anderer Regierungen versichert hatten, dass das Oberste Volksgericht das Todesurteil überprüfen würde und ein "längeres" Verfahren zu erwarten sei.(10)

Berichten zufolge erfuhren Lobsang Dhondups Verwandte erst fünf Tage nach der Hinrichtung durch einen offiziellen Aushang von seinem Tod. Am oder um den 17. Februar 2003 herum sollen Behördenvertreter seinen Verwandten einen Behälter ausgehändigt haben, der angeblich seine Asche enthalten habe. Über die Einäscherung waren sie nicht in Kenntnis gesetzt worden.

Tashi Phuntsok

Tashi Phuntsok: Ernste Sorgen um seine Gesundheit sowie unklarer rechtlicher Status

Der 39jährige Tashi Phuntsok war Mönch im Kloster Jamyang Choekhorling. Er wurde am oder um den 21. April 2002 herum festgenommen, während er sich gerade zu einer Tuberkulosebehandlung im Kreiskrankenhaus von Nyagchuka (Yajiang) befand. Er wurde aufgrund nicht bekannter Vorwürfe zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Es ist nicht bekannt, wo Tashi Phuntsok festgehalten wird. Im August 2003 wurde aus inoffiziellen Quellen bekannt, Tashi Phuntsok würde bald oder sei bereits freigelassen worden. Er ist jedoch nicht nach Jamyang Choekhorling zurückgekehrt. Anderen Berichten zufolge soll er in Dartsedo weiterhin inhaftiert sein. amnesty international macht sich um sein Wohlergehen große Sorgen. Es ist nicht bekannt, ob er in der Haftanstalt eine angemessene medizinische Versorgung erhält.

Tserang Dondrup

Tserang Dondrup: Vorwürfe der Folter und Misshandlung

Berichten zufolge wurden um den 7. Mai 2002 herum zwei Männer in Verbindung mit dem Fall Tenzin Deleg Rinpoche festgenommen. Einer der beiden wurde später freigelassen. Der andere Mann, der etwa 65 Jahre alte Tserang Dondrup (auch Jortse genannt), wurde im Distrikt Nyagchuka vor Gericht gestellt und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Tserang Dondrup war Dorfvorsteher in Othok, dem Ort des Hauptklosters von Tenzin Deleg, und soll wegen "separatistischer Aktivitäten" angeklagt und verurteilt worden sein. Es ist nicht bekannt, wie die Anklage gegen ihn begründet wurde, doch scheint sie im Zusammenhang mit seinem Versuch zu stehen, Geld für die Verteidigung von Tenzin Deleg zu sammeln. Er soll seit seiner Verhaftung die Bewegungsfähigkeit seiner Beine verloren haben, möglicherweise infolge erlittener Folter und Misshandlung. Häftlinge werden nach ihrer Verurteilung gewöhnlich aus den Haftzentren in Gefängnisse verlegt. Inoffiziellen Quellen zufolge sollte auch Tserang Dondrup in ein Gefängnis verbracht werden, was jedoch an der Weigerung der Gefängnisbehörden gescheitert sein soll, die angesichts seines schlechten gesundheitlichen Zustandes keine Verantwortung für ihn übernehmen wollte. Tserang Dondrup soll daher bis zu seiner vorzeitigen Freilassung am 11. Juli 2003 in dem Haftzentrum von Nyagchuka festgehalten worden sein(11). Berichten zufolge konnte Tserang Dondrup bei seiner Entlassung weder sehen noch gehen und zudem auch seine Hände nicht mehr bewegen. Ferner soll er Probleme beim Sprechen gehabt haben, so dass seine Worte unverständlich waren. amnesty international befürchtet, dass der sich verschlechternde Gesundheitszustand Tserang Dondrups eine Folge von Folter und Misshandlung sein könnte.

Taphel und Didi

Taphel und Didi: Inhaftierung ohne Anklage oder Gerichtsprozess

Taphel (auch als Tabo bekannt), ein tibetischer Geschäftsmann aus Lithang in der Präfektur Kardze, wurde am 12. Februar 2003 verhaftet. Seine Festnahme scheint im Zusammenhang mit der von Didi zu stehen, einem anderen tibetischen Geschäftsmann, der am 14. Februar 2003 verhaftet wurde. Didi ist ein naher Verwandter von Tenzin Deleg Rinpoche, der als Vertreter der Familie der ersten Verhandlung gegen Tenzin Deleg Rinpoche beiwohnte. Der Grund für Didis und Taphels Festnahme könnte sein, dass sie verdächtigt wurden, mit ausländischen Journalisten über den Fall von Tenzin Deleg Rinpoche gesprochen zu haben. Wie es heißt, hatten die lokalen Behörden es der Familie und anderen Ortsansässigen verboten, mit den Journalisten über den Fall zu sprechen. Es ist bekannt, dass mehrere ausländische Journalisten versucht hatten, mit Einwohnern des Ortes Kontakt aufzunehmen. Nicht bekannt ist jedoch, ob auch Didi und Taphel befragt wurden. Didi wurde im April 2003 freigelassen, doch Taphel verblieb in der Haft..

Choetsom und Passang

Choetsom und Passang: möglicherweise Fälle von "Verschwindenlassen"

Bei Choetsom (19) und Passang (19) handelt es sich wahrscheinlich ebenfalls um Mönche aus dem Kloster Jamyang Choekhorling. Sie waren am 7. April 2002 dort, als die Polizei eine Razzia im Kloster veranstaltete und Tenzin Deleg Rinpoche sowie vier weitere Mönche festnahm. Choetsom und Passang sollen während dieses Einsatzes von der Polizei vernommen und geschlagen worden sein. Am nächsten Tag waren sie verschwunden und wurden seitdem nicht mehr gesehen. Es ist unklar, ob sie untergetaucht sind oder sich in Haft befinden. Die chinesischen Behörden haben ihre Festnahme weder bestätigt noch verneint. amnesty international ist um ihre Sicherheit besorgt.

Tsultrim Dargye etc.

Tsultrim Dargye, Aka Dargye und Tamdrin Tsering: Auflagen nach der Freilassung

Tsultrim Dargye, Aka Dargye und Tamdrin Tsering waren ebenfalls Mönche im Kloster Jamyang Choekhorling. Sie wurden während der Razzia am 7. April 2002 festgenommen, und einigen Berichten zufolge wurde Tamdrin Tsering dabei brutal geschlagen. Sowohl Tsultrim Dargye, Aka Dargye als auch Tamdrin Tsering kamen am 6. April 2003 frei, nachdem sie ein Jahr "Umerziehung durch Arbeit" verbüßt hatten(12). Die Behörden gaben keine Gründe für ihre Inhaftierung bekannt. Die drei Mönche kehrten Berichten zufolge in das Kloster Jamyang Choekhorling zurück, doch soll ihnen seitdem verboten sein, irgendwelche Rituale zu vollziehen. Dies gibt Anlass zu Sorge, weil die Mönche ihren Lebensunterhalt aus der Durchführung von Ritualen bestreiten. Es ist nicht klar, ob und wann die Mönche ihr gewohntes Leben wieder aufnehmen können.

Klima der Furcht

Von Furcht geprägtes Klima in der Region Kardze (Ganzi)

Amnesty International befürchtet, daß noch viel mehr Personen im Zusammenhang mit dem Fall Tenzin Deleg Rinpoche verhaftet worden sein könnten. Lochoe Drime, ein Mönch, der inzwischen nach Nepal entkommen konnte, berichtet, daß etwa 80 Personen festgenommen worden seien(13). Es ist unmöglich, diese Angaben zu verifizieren, weil die Bewohner von Kardze davor gewarnt wurden, mit Journalisten zu sprechen, und es ist anzunehmen, daß einige Leute bereits wegen eines solchen "Verbrechens" bestraft wurden. Der chinesische Schriftsteller Wang Lixiong teilte mit, er habe gehört, daß die Behörden einem Dorfchef von Nyagchuka drohten: "Wer auch immer einen Ton sagt, um A'an Zhaxi (Tenzin Deleg Rinpoche) zu unterstützen, wird ebenso wie er als ein Verbrecher behandelt werden"(14). Aus einer anderen Quelle verlautet: "Die Leute wurden davor gewarnt, Bilder des Rinpoches aufzustellen oder über ihn zu sprechen - falls sie es dennoch tun sollten, würden sie verhaftet. Alle Leute in der Gegend sind in großer Unruhe und Sorge"(15).

Empfehlungen

Empfehlungen

Amnesty International befürchtet, daß es sich bei der Inhaftierung Tenzin Deleg Rinpoches und seiner Gefährten, sowie der Hinrichtung Lobsang Dhondups um schwere Justizirrtümer handelt. Die Prozesse gegen Tenzin Deleg Rinpoche, Lobsang Dhondup und Tserang Dondrup fanden hinter verschlossenen Türen statt, und das gerichtliche Verfahren wies ernsthafte Formfehler auf. Die übrigen Opfer wurden anscheinend ohne Anklage oder Prozeß inhaftiert, was eine Verletzung internationaler Menschenrechtsnormen darstellt. Es gab im Zusammenhang mit dem Fall mehrere Berichte über Folter, und ebenso gibt der Umstand, daß einige der Verhafteten immer noch an unbekanntem Ort ohne Verbindung zur Außenwelt festgehalten werden, Anlaß zur Sorge. Amnesty International befürchtet, daß die Häftlinge Gefahr laufen, weiter gefoltert und mißhandelt zu werden.

Stichpunkte

Aktionsempfehlungen

    Bitte schicken Sie Express- und Luftpostbriefe, Faxe und e-Mails auf Englisch, Chinesisch oder in Ihrer Muttersprache:

  • Rufen Sie die chinesischen Behörden dazu auf, die Namen, den Aufenthaltsort und den rechtlichen Status aller im Zusammenhang mit diesem Fall festgenommenen Personen bekannt zu geben und umgehend ihre persönliche Sicherheit zu gewährleisten.
  • Bitten Sie die Behörden, sicherzustellen, dass die Häftlinge Besuch von ihren Verwandten bekommen können sowie Zugang zu Anwälten ihrer Wahl und jeder erforderlichen medizinischen Behandlung erhalten.
  • Rufen Sie die Behörden dazu auf, unverzüglich eine Überprüfung des Falles Tenzin Deleg Rinpoche vorzunehmen und das Verfahren in Übereinstimmung mit internationalen Normen für einen fairen Prozess wiederaufzunehmen.
  • Drücken Sie Ihre Sorge darüber aus, dass Lobsang Dhondup nach einem offensichtlich unfairen Verfahren hingerichtet wurde. Fordern Sie die Behörden auf, das für seine Verurteilung verwendete Beweismaterial offen zu legen und den Zusammenhang mit "Staatsgeheimnissen" zu erklären, was zur nicht-öffentlichen Verhandlung dieses Falles geführt hat.
  • Bitten Sie die Behörden, die Einzelheiten des Prozesses sowie des Urteils gegen Tashi Phuntsoks zu veröffentlichen.
  • Fordern Sie die Behörden dazu auf, Tashi Phuntsok unverzüglich freizulassen, falls er keines anerkannten Delikts angeklagt wurde.
  • Fordern Sie die Behörden dazu auf, Taphel unverzüglich freizulassen, falls er keines anerkannten Delikts angeklagt wurde
  • Rufen Sie die Behörden dazu auf, unverzüglich eine unparteiische Untersuchung aller Berichte über Folter oder Misshandlung vorzunehmen.
  • Formulieren Sie Ihre Ablehnung der Anwendung der Todesstrafe in allen Fällen aus als einer Form der ultimativen grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung und Verletzung des Rechtes auf Leben.
  • Bekunden Sie Ihre Sorge darüber, dass Berichten zufolge Verwandte der Inhaftierten und andere tibetische Einwohner der Region Kardze (Ganzi) bedroht und daran gehindert wurden, den Fall in der Öffentlichkeit zu diskutieren. Bitten Sie die Behörden darum zu gewährleisten, dass sie keiner weiteren Einschüchterung oder Verletzung ihrer Menschenrechte ausgesetzt werden
E-Mail- und Fax-Adressen sind in China nicht zuverlässig. Wenn die Fax-Leitung besetzt ist, versuchen Sie es bitte noch einmal. Schicken Sie alle Fax- und E-Mail-Mitteilungen gleichzeitig per Brief ab.

Adressen

Appelladressen

Governor of the Sichuan Provincial People's Government
ZHANG Zhongwei Shengzhang
Sichuansheng Renmin Zhengfu
Duyuanjie
Chengdushi
Sichuansheng
People's Republic of China
Telegram: Provincial Governor, Chengdu, China
Fax: + 86 28 8435 6784 / 8435 6789 (c/o Foreign Affairs office of Sichuan Government)
E-mail: sichuan@sc.gov.cn
Salutation : Dear Governor

Minister of Justice of the People's Republic of China
ZHANG Fusen Buzhang
Sifabu
10 Chaoyangmen Nandajie, Chaoyangqu
Beijingshi 100020
People's Republic of China
Telegram: Justice Minister, Beijing, China
Fax: +86 10 6529 2345 (c/o Ministry of Communications)
Email: minister@legalinfo.gov.cn
Salutation: Dear Minister

President of the Sichuan Provincial High People's Court
LI Shaoping Yuanzhang
Sichuansheng Gaoji Renmin Fayuan
Chengdushi
Sichuansheng
People's Republic of China
Salutation: Dear President

Schicken Sie Kopien Ihrer Appelle an:
Botschaft der Volksrepublik China
Märkisches Ufer 54
10179 Berlin
Telefax: 030-27588-211
(S.E. Herr Ma Canrong)
Email: chinesischebotschaft@debitel.de

Stichpunkte auf Englisch

Anhang: Aktionsempfehlungen auf Englisch

  • Urging the Chinese authorities to clarify the names, whereabouts and legal status of all those detained in connection with this case and provide immediate guarantees for their safety;
  • Calling on the authorities to ensure they have full access to their relatives, lawyers of their choice, and any medical treatment they may require;
  • Calling on the authorities to conduct an immediate review of the case of Tenzin Deleg Rinpoche, and conduct a retrial in line with international fair trial standards;
  • Expressing serious concern at the execution of Lobsang Dhondup after an apparently unfair trial. Call on the authorities to disclose the evidence used to convict him and explain the connection with "state secrets" that led to his trial being held in secret;
  • Calling on the authorities to make public the details of Tashi Phuntsok's trial and conviction;
  • Calling on the authorities to release Tashi Phuntsok immediately if he has not been charged with a recognizably criminal offence;
  • Calling on the authorities to release Taphel immediately if he is not charged with a recognizably criminal offence;
  • Calling on the authorities to carry out an immediate and impartial investigation into all allegations of torture or ill-treatment;
  • Expressing opposition to the imposition of the death penalty in all cases as the ultimate cruel, inhuman and degrading treatment and violation of the right to life;
  • Expressing concern that relatives of the detainees, and other Tibetan residents of the Kardze (Ganzi) region, have reportedly been threatened and prevented from discussing the case publicly, and urging the authorities to ensure that they are not subject to further intimidation or other human rights violations.

Chinesische Schriftzeichen
Bitte verwenden Sie die chinesischen Schriftzeichen für Tenzin Deleg Rinpoche und Lobsang Dhondup, wenn Sie an die chinesischen Behörden schreiben:

A'an Zhaxi (Tenzin Deleg Rinpoche)

Luosang Dengzhu (Lobsang Dhondup)


Fussnoten 1) Zahlen, die diese Behauptung bestätigen würden, wurden bislang nie veröffentlicht, weil die Statistik über die Todesstrafe in China ein Staatsgeheimnis bleibt.

2) Xinhua, "Two Tibetans sentenced to death in SW China", 26. Januar 2003.

3) Ebd.

4) Radio Free Asia, "Tibetans were denied lawyers in bomb trial - Chinese judge says men confessed to bombings", 6. Dezember 2002.

5) Ebd.

6) Radio Free Asia, "Tibetan monk protests innocence in smuggled audiotape", 21. Januar 2003.

7) China Daily, 27. Februar 2003.

8) Außerdem wurde er wegen "Aufwiegelung zum Separatismus" zu zwölf Jahren sowie wegen "illegalen Besitzes von Feuerwaffen und Munition" zu drei Jahren Gefängnis verurteilt.

9) Das Strafgesetzbuch der Volksrepublik China legt fest, dass alle Todesurteile von dem Obersten Volksgericht überprüft werden müssen. Zwei vom Obersten Volksgericht 1983 und 1997 herausgegebene Interpretationen haben dieses Prinzip etwas abgeschwächt. Sie gestatten den Oberen Volksgerichten die meisten Fällen, in denen ein Todesurteil verhängt wurde, als endgültige Berufungsinstanz zu verhandeln. Eine Ausnahme bezieht sich auf Verurteilungen in Zusammenhang mit Staatsgeheimnissen. Sogar nach der Interpretation von 1997 muss das Oberste Volksgericht alle Todesurteile bestätigen, die im Zusammenhang mit Staatsgeheimnisse verhängt wurden. Einige chinesische Rechtsexperten argumentierten, die Interpretationen des Obersten Volksgerichts seien verfassungswidrig, weil sie von einer Instanz gebilligt wurden, die unter den Gesetzen steht, die sie aufheben sollen. Dieser Logik zufolge sollten alle Fälle von Todesurteilen vom Obersten Volksgericht geprüft werden.

10) Congressional Executive Committee on China, "The Execution of Lobsang Dondrub and the Case Against Tenzin Deleg. The Law, the Courts and the Debate on Legality".

11) Human Rights Watch, "Tibetans Lost in Chinese Legal System: Activist Released, But Others Still Held", 15. Juli 2003.

12) "Umerziehung durch Arbeit" ist eine Form der Administrativhaft, die ohne Anklage, Prozess oder gerichtliche Überprüfung verhängt wird. amnesty international fordert schon seit langem die Abschaffung der "Umerziehung durch Arbeit", da diese die internationalen Grundsätzen für einen fairen Prozess verletzt.

13) Radio Free Asia, "Disciples of Condemned Monk Call for Leniency, 80 Tibetans Reportedly Detained", 30. Mai 2003.

14) Tibet Information Network, News Update, 6. Dezember 2002.

15) Radio Free Asia, "Chinese Police Detain Tibetans for Discussing Death Sentences in Bombing Case", 11. März 2003.