24.2.2004
Gesendet vom Tibet Büro, Genf
Quelle: www.rfa.org

Tibetischer Mönch bei seiner Rückkehr aus Indien verhaftet

Ein zurückgekehrter Flüchtling wird von seinen Angehörigen nach dreijähriger Suche im Gefängnis Drapchi entdeckt

Der tibetische Nachrichtendienst von Radio Free Asia berichtete über einen Mönch, der aus Indien nach Tibet heimgekehrt war, um seine kranke Mutter zu besuchen und der von den Behörden wegen seiner Teilnahme an Friedensmärschen in Indien verhaftet und zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Lobsang Chozen wurde vor kurzem von seiner Familie im berüchtigten Drapchi-Gefängnis in Lhasa gefunden, wo er eine fünfjährige Haftstrafe verbüßt, weil bei ihm Material gefunden worden war, das die Unabhängigkeit für Tibet fordert, und er sich in Indien an Friedensmärschen beteiligt hatte, wie ein Verwandter von ihm in einem Interview mit RFA kürzlich mitteilte. "Sein Vater Gonpo Sonam und sein jüngerer Bruder gingen nach Lhasa, um nach ihm zu suchen - sie fanden ihn schließlich im Drapchi Gefängnis. Am 21. November 2003 konnte er seinen Vater zehn Minuten lang sehen. Sein Bruder durfte jedoch nicht mitkommen, weil nur einer Person der Besuch bei ihm gestattet war". Kurz nachdem Lobsang Chozen einen nahen Verwandten in Nepal besucht und sich auf den Rückweg nach Tibet gemacht hatte, verlor seine Familie den Kontakt zu ihm. Lobsang war durch einen Brief über den schlechten Gesundheitszustand seiner Mutter unterrichtet worden und wollte deshalb nach Hause kommen. Einzelheiten über seine Verhaftung konnte er wegen der Kürze der Besuchszeit natürlich nicht mitteilen. "Er erwähnte die Dauer seiner Haftstrafe, aber konnte nicht ins Detail gehen", erzählte der Verwandte, den Lobsang in Nepal getroffen hatte und der anonym bleiben möchte, RFA. "Sie wurden ständig von der Gefängnispolizei belauscht, der Besuch dauerte nur zehn Minuten... Die chinesische Polizei erklärte seinen Angehörigen, Lobsang sei wegen Besitzes von Kassetten und Literatur, welche Unabhängigkeit für Tibet propagierten, verurteilt worden. Andere sagten, man habe Fotos bei ihm gefunden, die ihn bei der Teilnahme an Friedensmärschen in Indien zeigten... Wenn alles gut geht, wird er 2006 seine Strafe verbüßt haben, aber wir wissen immer noch nicht, wann er zu diesen fünf Jahren verurteilt wurde".

Wie besagter Verwandter berichtete, war Lobsang ihm 1991 als Flüchtling nach Indien gefolgt und in ein buddhistisches Kloster in Südindien eingetreten, um seine religiösen Studien zu vervollständigen. "Ich floh im Jahr 1990 nach Indien, wo ich nach einer Audienz bei Seiner Heiligkeit (dem Dalai Lama) ins Kloster Gaden Shartse in Mungod, Südindien, eintrat", sagte er. "Lobsang Chozen verließ auch seinen Heimatort, er floh 1991 nach Indien und ging ins Kloster Sera in Bylakuppe". Der Verwandte, der gegenwärtig in den Vereinigten Staaten lebt, erzählte weiter, Lobsang Chozen hätte während seines Aufenthalts in Indien an mehreren Friedensmärschen teilgenommen. "Dann, im Jahr 2000, erhielt er einen Brief von seinen Angehörigen zu Hause, in dem stand, der Gesundheitszustand seiner Mutter verschlechtere sich immer mehr und er möge eiligst heimkommen, um sie noch einmal zu sehen". Als Lobsang Chozen bei besagtem Verwandten in Nepal eintraf, warnte ihn dieser vor der Rückreise nach Tibet. "Ich riet ihm nicht zu gehen, sondern per Telefon mit seinen Eltern zu sprechen. Er war in seinen Studien schon weit fortgeschritten, und ich riet ihm, sie abzuschließen, doch er wollte nicht auf mich hören...So bat ich ihn mir zu schreiben, sobald er Lhasa erreicht hätte. Zusammen mit zwei anderen Tibetern, einer davon ein Mönch vom Kloster Chachung, verließ er Nepal am 18. August 2000. Wir heuerten einige Sherpas an, um ihn bis zur Grenze zu bringen". Es dauerte dreieinhalb Jahre, bis die Familie herausfand, was mit Lobsang Chozen geschehen war. Ein offizieller Brief habe sie von seiner Inhaftierung in Kenntnis gesetzt, ohne jedoch seinen Aufenthaltsort zu nennen, berichtete Lobsang Chozens Verwandter.

Das Gefängnis Drapchi ist als die härteste Strafanstalt in Tibet berüchtigt. Ungefähr 130 politische Gefangene, darunter auch einige Frauen, sind hier inhaftiert und werden regelmäßig gefoltert und geschlagen. Menschenrechtsgruppen zufolge sind seit 1987 in Drapchi 27 Gefangene den Mißhandlungen erlegen und weitere 47 erhielten wegen ihrer Proteste Strafverlängerungen. In einem Bericht des UN-Flüchtlings-Hochkommissars heißt es, im Jahr 2002 seien 1.268 tibetische Flüchtlinge durch Nepal gekommen. Viele von ihnen sind buddhistische Mönche und Nonnen, die der Verfolgung entrinnen wollen, oder die einfach nur nach einem Kloster Ausschau halten, wo sie ihre religiösen Studien fortsetzen können, ohne in ständiger Angst vor Schikanen leben zu müssen.