Januar 1999
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy

Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala, H.P. 176 215, India, Tel: 0091/1892 23363; Fax: 0091/1892 25874, e-mail: dsala@tchrd.org, www.tchrd.org

TALES OF TERROR: TORTURE IN TIBET

Schreckensgeschichten: Folter in Tibet

Inhalt
  1. Begriffserläuterung
  2. Vorwort

  3. EINFÜHRUNG
    a) Brutale Niederschlagung friedlicher Demonstrationen
    b) Kriegsrecht verhängt
    c) Die jüngsten Ausbrüche

  4. TALES OF TERROR
    a) Tod in der Gefangenschaft
    b) Innere Verletzungen und Mangel an medizinischer Behandlung
    c) Zwangsweise Blut- und Flüssigkeitsentnahmen
    d) Folterung von Minderjährigen
    e) Gefolterte Frauen
    f) Die Schutzlosigkeit der Schwangeren
    g) Zwangsarbeit und Zwangsdrill
    h) Zum Selbstmord getrieben

  5. LETZTER APPELL:
    Chronologie der Todesfälle durch Folter von 1987 bis 1998

  6. PERSÖNLICHE ZEUGNISSE VON FOLTEROPFERN
    a) Aufgehängt und elektro-gefoltert
    b) 'sprich nicht über Freiheit!'
    c) Mit vorgehaltener Pistole vernommen
    d) Ohne Gerichtsverfahren verurteilt
    e) Sexuell mißbraucht mit Elektrostäben
    f) 'Ich verlor den Mut nicht'
    g) Eine ganze Reihe von Mißhandlungen
    h) Elektro-geschockt, ins Gesicht geschlagen und verhauen
    i) Heiße Chili-Verbrennungen
    j) Gefoltert und vergewaltigt
    k) Gefoltert wegen des Panchen Lama
    l) Pflicht-Militärdrill für die Jungen
    m) Junge Nonne festgenommen"

  7. DIE FOLTERMETHODEN
    a) Bei Festgenommenen und Gefangenen angewandte Foltertechniken
    b) Aufhängen in der Luft
    c) Die Handschellen
    d) Elektroschock
    e) Aussetzung an extreme Temperaturen
    f) Wilde Hunde
    g) Sexuelle Belästigung
    h) Schocktechniken mit scharfen Instrumenten
    i) Einzelkerker
    j) In den Mund des Opfers uninieren
    k) Brief von politischen Gefangenen

Teil 1

Begriffserläuterung

Amdo: eine der drei Provinzen Tibets
Barkhor: Markt und Umrundungsweg um den Jokhang Tempel in Lhasa
Distrikt: (tib. dzong, chin. xian) Verwaltungseinheit, etwa Landkreis, Distrikt
CAT: Konvention der Vereinten Nationen gegen die Folter
CRC: Konvention der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes
Haftzentrum: (chin. kanshousuo): Ort, wo die Festgenommenen vor der Anklage und Urteilsprechung vernommen werden
Drapchi: Offizieller Name "Gefängnis No. 1 der Tibetischen Autonomen Region" (chin. Di yi jiangyu, "No. 1 Prison"), im Nordosten Lhasas gelegen
Gutsa (oder Gurtsa): (chin. Di si ke, "No. 4 Unit"), Haftzentrum für die Region Lhasa, drei Meilen östlich von Lhasa in der Nähe des Kyichu Flusses gelegen; für festgenommene Personen, die untersucht werden und noch nicht formell "verhaftet", also angeklagt wurden oder sich in Administrativhaft befinden
Gyama (tib.): Maßeinheit, etwa gleich 500 g
Kham: eine der drei Provinzen Tibets
Khampa: Bewohner der Region Kham
Kongpo: ein anderer Name für die Nyingtri (chin. Ningchi) Region im Südosten der TAR.
ICCPR: International Covenant on Civil and Political Rights (Internationales Abkommen über bürgerliche und politische Rechte)
Monlam (tib.): Kurzform von Monlam Chenmo, das Große Gebetsfest, das traditionell in der dritten Woche des Tibetischen Neujahrsfestes gehalten wird.
Outridu (oder Authitu): Als "Unit No. 5" bekannt (chin. Di wu zhidui), früher ein Arbeitsreformzentrum (chin. laogai), aber nun ein "Umerziehung-durch-Arbeits" Lager. Enthält fast keine politischen Gefangenen, denn die meisten wurden Mitte 1992 nach Trisam verlegt, ebenfalls in Lhasa.
Panchen Lama: der zweithöchste religiöse Würdenträger in Tibet
PAP: People's Armed Police (bewaffnete Volkspolizei)
Powo Tramo Labour Camp: Umbenannt in TAR Gefängnis No. 2. Es liegt etwa 500 km östlich von Lhasa in der fernen Gegend Dzona, Distrikt Tramo
PRC: People's Republic of China (Volksrepublik China)
PSB: Public Security Bureau (chin. Gong An Ju), lokale Polizeibehörde, welche Verdächtige in der Vorprozeßphase festhält und verhaftet.
Umerziehung: Indoktrinierung in chinesisch-kommunistischer Ideologie und nationaler Einheit; wird intensiv in Klöstern, Gefängnissen und Arbeitslagern in Tibet durchgeführt.
Sangyip Gefängnis: Gelegentlich auch als "Yitridu Unit No. 1" (chin. Di yi zhidui) bezeichnet, in den nordöstlichen Vororten Lhasas gelegen
Seitru (oder Sitru): Auch als "No. 4 Branch" (chin. Di si chu) TAR Haftzentrum (tib. Tasungkhang Shipa) bekannt. Es ist die regionale Vernehmungs- und Festsetzungsanstalt der TAR (chin. kanshousuo) für Gefangene, die nicht "verhaftet" (d.h. nicht angeklagt) wurden
Separatisten: Ein von China zur Bezeichnung der Befürworter der tibetischen Unabhängigkeit oder des Dalai Lama geprägter Begriff
TAR: "Tibet Autonomous Region" (Autonome Region Tibet); formell von den Chinesen 1965 geschaffen, stellt dieses Gebilde aus Zentral- und Westtibet die einzige von China als "Tibet" anerkannte Region dar
TCHRD: Tibetan Centre for Human Rights and Democracy in Dharamsala
Thamzing (tib.): öffentliche Form der Demütigung, erstmals in den 50-er Jahren eingeführt
Topdhen (tib.): Person, welche die Himmelsbestattung ausführt, indem die Leiche zerschnitten und den Geiern zum Fraß hingeworfen wird
TIN: Tibet Information Network, London
Tingmo (tib.): eine Art von Dampfweckchen
Trisam Gefängns: Manchmal auch als Toelung Dechen oder Toelung Brücke bezeichnet, ein neues Umerziehung-durch-Arbeits-Lager für den Großraum Lhasa, liegt in Toelung, 10 km westlich von Lhasa
Tsampa (tib.): geröstetes Gerstenmehl und Volksnahrungsmittel der Tibeter
Tsuglhakhang (oder Jokhang): Der heiligste Tempel in Tibet, im Zentrum Lhasas
UNDHR: Universal Declaration of Human Rights (Universelle Deklaration der Menschenrechte)
Arbeitsteam: (chin. gongzo dui, tib. lae doen ru khag) speziell gebildete temporäre Abordnungen von Parteigenossen, die zur Durchführung von Untersuchungen oder zur Umerziehung in eine Institution oder Gegend entsandt werden
WTN: World Tibet Network News
Yuan: chin. Währung; acht Yuan entsprechen annähernd einem US$.

Teil 2

Vorwort

Folter als Waffe gegen tibetische politische Gefangene wird seit der Besetzung Tibets durch die Chinesen Anfang der 50-er Jahre eingesetzt. Trotz Chinas Beteuerung, daß es sich an die internationalen Abmachungen halte, welche Folterung ächten, hat das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) zahlreiche Berichte von ehemaligen politischen Gefangenen vorliegen, die beweisen, daß Folter routinemäßig eingesetzt wird. Dabei stehen die politischen Häftlinge am meisten in Gefahr, gefoltert zu werden. Diese Gefangenen, darunter viele Mönche und Nonnen, werden oft nur deshalb eingesperrt, weil sie offen ihre Treue zum Dalai Lama und einem unabhängigen Tibet ausgesprochen haben. Nach internationalem Gesetz haben sie ein Recht dazu.

Am 4. Okt. 1988 ratifizierte die PRC die Konvention der Vereinten Nationen gegen Folter und andere grausame und entwürdigende Behandlung oder Bestrafung (CAT = Convention against Torture) und unterzeichnete sie am 12. Dez. 1986. Ein Angehöriger der chin. Delegation bei der UNO Vollversammlung verkündete im Nov. 1988, daß "China in gutem Glauben seine im Rahmen der Konvention eingegangenen Verpflichtungen einhalten wird". Seit China diese Konvention unterschrieb, sind mindestens 60 Personen den Verletzungen durch Folter im Gefängnis erlegen. Dutzende weitere wurden getötet, während sie für Unabhängigkeit demonstrierten, und viele begingen Selbstmord aus Nötigung, weil sie gezwungen wurden, ihrem religiösen Glauben abzuschwören oder die Haftbedingungen nicht mehr aushalten konnten.

1993 und 1996 forderte das UN Komitee gegen die Folter, eine Juristengruppe, China auf, eine wirklich unabhängige Justiz zu schaffen und die Gesetze so zu ändern, daß alle Formen von Folter ausgeschaltet werden. Im Mai 1996 kam das Komitee zu dem Schluß: "Es wurde verfehlt, eine Definition der Folter in das chin. Rechtssystem einzubauen, die den Bestimmungen der Konvention Genüge tun würde". Am 5. Okt. 1998, also 12 Jahre nach Unterzeichnung der CAT, unterschrieb China die Internationale Vereinbarung über bürgerliche und zivile Rechte. Somit hat China nun alle wichtigen Gesetzeskodexe der Vereinten Nationen hinsichtlich der Menschenrechte unterschrieben. Das Beweismaterial der letzten Jahre bezeugt jedoch wenig Verbindlichkeit der chin. Regierung, sich an ihre internationalen rechtlichen Verpflichtungen zu halten.

Die persönlichen Berichte in TALES OF TERROR zeigen, daß die chin. Regierung fortfährt, die Menschenrechte in übelster Weise zu mißbrauchen. Das TCHRD interviewte ehemalige politische Gefangene in Indien und Nepal, um sich ein Bild der gegenwärtigen Situation hinsichtlich des Einsatzes der Folter in Tibet zu machen. Die persönlichen Aussagen über Folterung, die dem TCHRD zugänglich sind, stellen natürlich nur einen Bruchteil der tatsächlichen Situation in Tibet dar. Für die Zwecke dieser Veröffentlichung richteten wir uns bei dem Begriff Folter nach der Definition von CAT, die sowohl physische als auch mentale Folterung beinhaltet. Wir beschränkten uns auf Berichte von Tibetern, deren Festnahme und Inhaftierung von dem massiven Einsatz von Folter gekennzeichnet war.

Teil 3

EINFÜHRUNG

In Tibet wird man wegen jeder beliebigen politischen Aktivität zugunsten der Unabhängigkeit, wie Demonstration, Verteilen von Flugblättern oder Anbringen von Wandplakaten oder Rufen von "Free Tibet" und anderen Parolen festgehalten. Dann wird der Betreffende gewöhnlich zuerst in ein Haftzentrum gebracht, wo er ein Geständnis zu machen hat, ehe die formelle Verhaftung stattfinden kann. Solche "politischen" Vergehen werden gewöhnlich als "konterrevolutionäre" oder neuerdings als "Verbrechen gegen die Staatssicherheit" bezeichnet.

Auf dieser Stufe werden die Vernehmungen meistens von der bewaffneten Volkspolizei (PAP), einer chin. paramilitärischen Einheit, durchgeführt. Die Verdächtigen können auch in einer örtlichen Polizeistation, "öffentliches Sicherheitsbüro" (PSB) genannt, festgehalten werden. Vernehmungen werden durchgeführt, um ein Geständnis von der festgehaltenen Person zu bekommen. In der Mehrheit der Fälle werden diese Vernehmungen unter Folter durchgeführt. Es gibt auch einige Berichte, wo Folter von Mitgliedern der Prokuratur und der Gerichte angewandt wurde. Sowohl Chinesen als auch Tibeter sind in diesen Staats-Apparaten angestellt.

Ein Untersuchungshäftling wird allgemein zwei bis sechs Monate festgehalten, ehe ein Urteil durch ein administratives oder ein richterliches Gremium gesprochen wird. Es gibt kaum Raum für eine Verteidigung, die in Betracht gezogen würde. Obwohl die Richter oft genau wissen, daß Schläge und Folter angewandt wurden, um das notwendige Geständnis zu erpressen, tendieren sie dazu, der Empfehlung des Prokurators zu folgen. In dem geltenden Justizsystem sucht dieser Gerichtsbeamte den Gefangenen vor der Gerichtsitzung auf. Ein Gerichtsurteil kann lebenslange Haft oder sogar die Todesstrafe bedeuten. Alternativ dazu kann ein administratives Tribunal ein Urteil bis zu drei Jahren (um ein Jahr verlängerbar) zur "Umerziehung-durch-Arbeit", was chin. als laojiao bekannt ist, verhängen. Ob die Gefangenen gerichtlich oder administrativ verurteilt werden, scheint dem Gutdünken der Behörden überlassen zu sein.

Verschiedene Foltertechniken werden während der Untersuchungshaft eingesetzt. Über die Jahre lassen die Berichte schließen, daß die Techniken im Zuge der Einführung einer neuen Art von Elektroschlagstöcken (manchmal auch als elektrische Viehstöcke bezeichnet) immer raffinierter wurden und der Absicht dienen, die Opfer eher an den inneren Organen zu verletzen, als sichtbare äußere Zeichen zu verursachen. Frauen werden oft mit diesen Folterwerkzeugen sexuell belästigt, wobei Nonnen ein bevorzugtes Opfer sind. Den während der Untersuchungshaft oder im Gefängnis durch Folter Verletzten und Geschädigten wird allgemein die nötige medizinische Hilfe verweigert. In einigen Fällen hat dies zu permanenter physischer Verstümmelung geführt, in anderen zum Tod. Wenn die Gefangenen jedoch kurz vor dem Sterben sind, dann werden sie gewöhnlich zu ihren Familien oder ins Hospital geschickt, damit die Behörden nicht verantwortlich gemacht werden können.

3a)

Brutale Niederschlagung friedlicher Demonstrationen

Die meisten Berichte in dieser Broschüre stammen von Tibetern, die wegen ihrer Beteiligung an Unabhängigkeits-Demonstrationen, die von 1987 bis 1993 im ganzen tibetischen Raum stattfanden, eingesperrt wurden. Man schätzt, daß es in diesen sechs Jahren über 200 Demonstrationen gab, die von einer anfänglich friedlichen Unabhängigkeitsbekundung am 27. Sept. 1987 ausgelöst wurden. Der September-Protest in Lhasa war seit der Volkserhebung in Lhasa von 1949 ohne Parallele. Noch weitere größere Proteste folgten in den nächsten Monaten, wobei jeder gewaltsame Reaktionen der bewaffneten Kräfte, einschließlich Schießerei, Festhaltung und Folterung auslöste, was die Unterzeichnung der internationalen Konvention gegen Folter durch China bedeutungslos machte. Annähernd 3.500 politische Verhaftungen gab es in dieser Zeit, hauptsächlich von Personen, die beim Protestieren ergriffen wurden. Die Beteiligten, oft Mönche und Nonnen, wurden als politische Feinde gebrandmarkt, und den Verletzten wurde jede medizinische Hilfe verweigert, weil sie bei der Demonstration mitgemacht hatten.

Die erste größere Demonstration am 27. Sept. 1987 wurde von einer Gruppe von Mönchen aus dem Kloster Drepung begonnen. Ausgelöst wurde sie durch die öffentliche Hinrichtung vor einer Menschenmenge von 15.000 Köpfen von zwei Tibetern und die Verurteilung von neun anderen. In einem Bericht in dem "Tibetan Bulletin", einem von der Tibetischen Administration herausgegebenen Amtsblatt heißt es, daß die Hinrichtung noch ein weiteres Motiv hatte: "Die Volksmenge war von den Chinesen zusammengetrommelt worden, um den Dalai Lama und die internationale Unterstützung für seinen Friedensvorschlag zur Wiederherstellung der Menschenrechte in Tibet zu kritisieren" (Tibetan Bulletin, Nov/Dec 1997, "Battered, but not beaten"). Als Antwort darauf trugen 20-30 Mönche aus Drepung und über 100 Laien Flaggen und riefen am Barkhor, dem Hauptmarkt von Lhasa, nach Unabhängigkeit, ehe sie den Tempel umschritten. Viele von ihnen wurden augenblicklich verhaftet, gefoltert und bis zu vier Monaten eingekerkert.

Eine zweite friedliche Demonstration, diesmal von einer Mönchsgruppe vom Sera Kloster angeführt, wurde am 1. Okt. 1987 herausgeführt und eskalierte zu einem Schauplatz der Gewalt. Die Chinesen verhafteten bis zu 60 Personen und hielten sie in der Polizeistation am Barkhor fest. Eine Menschenmenge von ca. 3.000 Köpfen lief vor der Station zusammen. Steine wurden geworfen, Fahrzeuge umgekippt und die Polizeistation in Brand gesetzt, während die Protestierenden drinnen waren. Die Besatzer reagierten panikartig, indem sie von dem Dach der Station aus wahllos in die Menge schossen. Man nimmt an, daß mindestens 19 Personen getötet und Hunderte verletzt wurden. Am folgenden Tag, während Soldatenkommandos die Stadt bewachten, stürmte die Sicherheitspolizei das Sera Kloster und führte Massenverhaftungen durch.

Am 6. Okt. 1987 wurden bei einer weiteren friedlichen Demonstration um die 12 Personen getötet. Zahlreiche Personen, man schätzt bis zu 600, wurden im Oktober festgenommen, darunter die an der Demonstration Beteiligten. Es gibt auch Berichte über Folterung während der Inhaftierung.

Der 5. März 1988 ist jedoch der Tag des heftigsten Ausbruchs von Protesten in dieser Zeit. Am letzten Tag des Monlam Gebetsfestes, das immer Hunderttausende von Pilgern aus ganz Tibet anzieht, forderten die Mönche aus Kloster Gaden während der Abschlußzeremonie die Freilassung des politischen Gefangenen Yulo Dawa Tsering. Die genaue Abfolge der Ereignisse ist nicht ganz klar, aber ein Chinese schoß und tötete einen Khampa, und die Situation eskalierte rasch. Die Behörden setzten Tränengas ein und feuerten in die Menge, während die Leute begannen, Parolen zu rufen.

Während ihrer letzten Runde am Barkhor suchten die Mönche Schutz im Jokhang Tempel. Die chin. Polizei erwartete sie bereits innen, schloß die Tore und griff über 100 Mönche mit nagelbesetzten Keulen und Messern an. Zeugen berichteten, daß die Mönche geschlagen und vom Dach heruntergeworfen wurden. Tränengas wurde eingesetzt. Bis zu fünfzehn Mönche wurden von den PAP Soldaten im Jokhang zu Tode geschlagen. Viele wurden nach der Demonstration in Lhasa verhaftet, möglicherweise über 1.000 Personen, darunter um die 100 Mönche. Viele davon wurden auch gefoltert.

Vom 1. Okt. 1988 an wurde Lhasa abgeriegelt, und außer den Sicherheitskräften, welche durch die Stadt patrouillierten, wurde eine Spezialtruppe von 12.000 Soldaten stationiert, um weitere Demonstrationen sofort niederzuwerfen. Einige Quellen schätzen, daß um diese Zeit bis zu 200.000 chin. Truppen in und um Lhasa einquartiert waren. Zwei Monate später, am 10. Dez. 1988, markierte eine weitere Demonstration den Menschenrechtstag. Die chin. Polizei feuerte ohne Vorwarnung in die Menge und tötete etwa achtzehn Leute.

3b)

Kriegsrecht verhängt

Ein Jahr nach dem Massaker der Mönche beim Monlam Gebetsfest brach Anfang März eine Welle von Demonstrationen aus. Eine Gruppe von etwa 12 Mönchen, Nonnen und Jugendlichen führte am 5. März 1989 eine friedliche Demonstration am Jokhang. Als immer mehr Leute sich anschlossen, begann die Polizei von Stellungen auf den Dächern aus zu schießen. Die meisten der anfänglichen Demonstranten wurden getötet. Die Proteste setzten sich am nächsten Tag fort mit etwa 1.500 Tibetern auf den Straßen. Es gab Akte der Gewalt wie Anzünden von Läden etc. Einem chin. Zeugen, Tang Daxian, zufolge und wie von TIN berichtet, "massakrierten die Chinesen zum ersten Mal offen die Demonstranten. Etwa 400 starben, viele Tausende wurden verletzt und 3.000 Personen wurden gefangenen genommen."

Als Antwort auf diese Proteste wurde mit Wirkung von Mitternacht des 7. März 1989 Kriegsrecht verhängt. Eintausend bewaffnete chin. Soldaten marschierten in der Nacht in das Zentrum Lhasas und begannen die Häuser nach Verdächtigen zu durchsuchen. Dutzende von Tibetern, darunter auch Kinder, wurden aus ihren Häusern geschleppt und in Militär-Lastwagen geworfen. Man nimmt an, daß in den ersten drei Tagen dieser Besatzung etwa 75 Personen den Tod fanden. Alleine im März kamen 30.000 Militärs nach Lhasa. Während des 13 Monate währenden Kriegsrechtes hatten die Behörden praktisch freie Hand uneingeschränkt Gewalt zu üben, angefangen von Schlägen bis zu wildem Schießen auf unbewaffnete Volkshaufen.

Das Kriegsrecht und die dominierende Militärpräsenz verhinderten bis 1993 jede größere Manifestation des Volkswillens. Am 24. Mai dieses Jahres wurde dann in Lhasa demonstriert, anfänglich ein Protest gegen steigende Lebensmittelpreise, woran mindestens 1.000 Personen beteiligt waren. Nach 6 Stunden, als die Leute nach Unabhängigkeit zu schreien begannen, wurde die Demonstration zerschmettert. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein, verletzten die Protestierenden und nahmen eine ganze Reihe fest. Etwa 289 politische Gefangene wurden 1993 festgenommen, was eine Zunahme von 150 gegenüber dem Vorjahr bedeutet.

3c)

Die jüngsten Ausbrüche

Ungeachtet der internationalen Instrumente, an welche China sich zu halten gesetzlich verpflichtet ist, zeigt die Welle der kulturellen und religiösen Repression gegen die Tibeter kein Anzeichen der Linderung. Chinas Akt der Unterzeichnung der Internationalen Konvention über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) am 5. Okt. 1998 folgt auf einen Ausbruch von Gewalt und Folterung im Drapchi Gefängnis im Mai 1998. Elf Tote wurden genannt, seit die Gefängnispolizisten am 1. und 4. Mai auf die Demonstranten feuerten. Unter den Gestorbenen waren auch sechs Nonnen, die mit demonstriert hatten. Berichte vom TCHRD und anderen Menschenrechtsgruppen besagen, daß die Teilnehmer gefoltert und in Einzelhaft gesteckt wurden. Trotz des internationalen Druckes nach diesem Vorfall hat es über 5 Monate gedauert, bis die Chinesen überhaupt zugaben, daß geschossen wurde. Im Okt. 1998 behaupteten die chin. Politiker, daß die Wachen nur in die Luft gefeuert hätten, aber sie leugnen weiterhin, daß es Todesfälle gegeben hätte.

Zusätzlich zu den Todesfällen ist einer der beunruhigendsten Aspekte der Drapchi Affaire die ungewöhnlich lange Zeit, welche der Staat ein Heraussickern von Nachrichten über den Zwischenfall an die Außenwelt verhindern konnte. Einzelheiten über den Tod und die Folterung der betroffenen Gefangenen brauchten diesmal Monate, um aus Tibet herauszukommen. Das TCHRD weiß, daß politischen Gefangenen in Drapchi das Besucherrecht verwehrt wurde, während die Besatzung ständig abgelöst wurde, um Durchsickern von Nachrichten zu vermeiden. Dieser letzte Zwischenfall zusammen mit den individuellen Fällen von politischer Repression bietet überhaupt kein Anzeichen, daß China sich an die Menschenrechtsabkommen halten würde oder gewillt wäre, seine historische Repression des tibetischen Volkes zu lockern.

Teil 4

TALES OF TERROR

Seit 1986, als China die UN Konvention gegen die Folter unterschrieb, gibt es 60 uns bekannte Fälle von tibetischen politischen Gefangenen, die als Folge der Folter in der Untersuchungshaft oder im Gefängnis starben.

Obwohl Folterung hauptsächlich ein physischer Mißbrauch ist, kann sie zu einer permanenten psychischen Schädigung der Überlebenden führen. Die folgenden Zeugnisse sind Berichte von Menschen, welche die Folter in der Haft und im Gefängnis überlebten. Folterung in der Untersuchungshaft ist gewöhnlich mit Vernehmung gekoppelt und kann alle Formen annehmen von dem Stehen in einem Raum mit Frosttemperaturen bis zu Elektroschock mit Viehkeulen. Die meisten der Häftlinge haben eine ganze Reihe dieser Varianten erlitten.

Die Folterung während der Gefängnishaft nimmt eine andere Form an, etwa als Zwangsarbeit und Zwangstraining. Auf einer täglichen Basis müssen die Gefangenen Arbeitspensen erfüllen, sogar wenn sie sich unwohl fühlen oder von den Mißhandlungen verletzt sind. Manche haben diese physischen Herausforderungen als noch schlimmer als die Schläge beschrieben. Es gibt auch manche Techniken, die noch tiefer auf die Psyche wirken, wie Blut- und Flüssigkeitsentnahme und Nahrungsentziehung. Mönche und Nonnen sind oft den schlimmsten Formen psychologischer Tortur ausgesetzt, weil sie gezwungen werden, ihre religiösen Überzeugungen in den Staub zu treten. Eine Methode des psychischen Terrors ist beispielweise, Mönche und Nonnen zu zwingen, menschliche Exkremente auf ihrem Rücken über einer Thangka zu tragen.

"Die schlimmste Folterung, die ich erduldete, war, als ich mit meinem Armen um ein heißes Kamin in Handschellen gelegt wurde und so einen ganzen Tag ohne Nahrung und Wasser hängengelassen wurde. Durch die sengende Hitze des Kamins bildeten sich Blasen am ganzen Körper. Flüssigkeit rann aus diesen Blasen und meine Wunden stachen schmerzhaft von dem heftigen Schwitzen. Abends, als die Gefängniswachen schließen kamen und meine Fesseln lösten, waren meine Stiefel voll mit Wasser von dem Schweiß meines Körpers", erinnert sich Lobsang Dhargay, ein Mönch von Kloster Ragya, der verhaftet wurde, weil er Zettel mit "Free Tibet" und "Chinese quit Tibet" verteilt hatte. Ein Jahr wurde er in dem Regionalgefängnis von Golok ohne Prozeß festgehalten. Bei jeder Vernehmung wurde er mit Stöcken geschlagen, gestoßen, gekniffen und am ganzen Körper mit Elektrowaffen schockiert. Im April 1997 floh er aus Tibet und erreichte Dharamsala im selben Monat.

Gefangene an der Decke aufzuhängen mit einem brennenden Feuer unter ihnen, ist eine weitere Pein, die vielfach von ehemaligen Häftlingen erwähnt wird. Oft wird noch Chili-Pulver ins Feuer geworfen, was einen dichten Rauch hervorruft und das brennende Gefühl verschärft. "Als sie Chili-Pulver ins Feuer streuten, verursachte dies ein schreckliches Brennen an meinem ganzen Körper und jedes Mal konnte ich stundenlang hinterher meine Augen nicht mehr öffnen", sagte Jampel Tsering, ein Mönch aus Kloster Gaden. Er war fünf Jahre lang im Drapchi Gefängnis wegen Anführung einer Demonstration in Lhasa 1989.

Seile werden auch bei den Vernehmungen benützt. Das Seil wird zuerst über die Brust des Gefangenen gelegt und dann die Arme spiralförmig damit umwickelt. Dann werden die Handgelenke zusammengebunden und rückwärts über den Kopf der Person gezerrt. Danach werden die Seilenden unter jeder Achselhöhle hindurchgezogen, durch die Schlinge auf der Brust gefädelt und abrupt nach unten gezogen. Augenblicklich werden die Schultergelenke ausgekugelt, das Opfer wird in eine grausam entstellte Lage verzerrt, ohne jedoch gleich erdrosselt zu werden.

Dies ist nur eine der vielen Foltermethoden, die Palden Gyatso überlebte, der 33 Jahre aus politischen Gründen im Gefängnis verbrachte: ".. zuerst banden sie unseren Hals fest, dann wurden uns die Hände über dem Nacken gefesselt. Dann befestigten sie Seile, als ob sie einen Sack zuschnüren wollten und benützten die Wand als Stütze. Bei den Vernehmungen wurden wir angebunden und dann an die Decke gehängt. Wenn wir nicht die richtigen Antworten gaben, wurden wir nackt ausgezogen und wieder von der Decke herabgehängt, wobei die Peiniger heißes Wasser über uns gossen."

Eine andere von Palden Gyatso, der 1992 entlassen wurde und nun Dharamsala lebt, beschriebene Art der Peinigung ist die von selbst zuziehende Handschelle oder die gelbe Handfessel. "Die gelbe Handschelle wurde speziell in China entworfen. Sie hat Zähne am Innenrand, und wenn das Opfer sich bewegt, dann springen diese automatisch hervor und schneiden in das Handgelenk". Ein anderer Typ von Handschellen konnte so angebracht werden, "daß sich das Handgelenk ringsherum mit Blasen bedeckte, diese Wunden sich später entzündeten und zu Brandwunden wurden." Derartige Handschellen sind immer noch üblich in den Haftanstalten.

Der 30-jährige Lhundup Ganden (Ganden Tashi) war ein Mönch aus Kloster Gaden, der ursprünglich für drei Jahre in 1989 eingesperrt und 1992, als er durch die extreme Folterung gelähmt war, entlassen wurde. Er war einer der Teilnehmer an der Demonstration vom 5. März 1988, wo es um die Menschenrechte und die Befreiung von Yulo Dawa Tsering ging. Nachdem die Polizei Tränengas auf die Demonstranten geworfen hatte, wurde Lhundup Ganden verhaftet und mit 7 anderen Mönchen in ein Zimmer gebracht. Die chin. Polizisten entblößten die Mönche und schlugen sie dann mit Stöcken, Gewehrenden, Gummiknüppeln und Elektrostäben, während sie zusätzlich Wasser über sie gossen, um den Schock zu intensivieren: "Als ich wieder zu mir kam, begriff ich, daß ich mit gefesselten Händen in der Gutsa Haftanstalt war. Die fürchterlichste Tortur war, als ich mich ausziehen mußte, und sie mich am ganzen Körper elektrisierten. Danach konnte ich nicht mehr auf dem Rücken schlafen. Meine Haut schwoll an, wurde grün und blau und riß auf. Elektrische Stöcke und Drähte werden ständig gebraucht; sie binden den Draht um das Handgelenk und der Schock ist unendlich schmerzhaft. Ich wurde oftmals in Gutsa aufgehängt, so immer 10-15 Minuten lang. Es gibt eine Menge von Arten, wie sie die Leute aufhängen. Sie binden dem Gefangenen die Hände, lassen ihn von der Decke herabbaumeln und schlagen dann auf ihn ein".

In der Gutsa Haftanstalt wurden Lhundup und zwei andere tibetische Jugendliche und eine Frau ausgezogen, während die Polizisten sie in dem Vernehmungszimmer umringten. Die vier wurden mit Elektrostöcken mißhandelt, und Lhundup wurde mit einem Gewehrlauf auf den Kopf geschlagen. Als er später wieder zur Vernehmung gerufen wurde, konnte er nicht mehr gehen und mußte von Mitgefangenen getragen werden. Lhundup erlitt durch die Folter schwere Kopfverletzungen und leidet auch heute, so viele Jahre nachdem der Schaden angerichtet wurde und fünf Jahre nach seiner Entlassung noch unter Migräne.

Eine der übelsten Erinnerungen Lhundups an seine Zeit in Gutsa war der Tag, als ein Lastwagen voll mit tibetischen politischen Gefangenen in dem Gefängnis ankam: "Ein jeder von ihnen war so schrecklich gefoltert worden, daß sie nicht mehr auf ihren Füßen stehen konnten, daher warfen die Chinesen sie einfach von dem LKW auf den Boden. Die PSB Leute warfen die Gefangenen einen auf den anderen. Manche von ihnen konnten sich noch bewegen und versuchten aus dem Haufen herauszukriechen. Der Flur der Haftanstalt war voller Blut. Drei Gefangene wurden tot in dem Haufen gefunden und in demselben LKW abtransportiert."

Lhundup sah mehrere Insassen von Gutsa an Folter und an Hunger sterben. Nach dieser Zeit, als er in dem Outridu Gefängnis war, hörte er von drei Selbstmordfällen. In Outridu wurde er 34 Tage lang in Einzelhaft gesetzt ohne jeden Kontakt zur Außenwelt: Der Karzer hatte einen Metallfußboden und kein Bett, Hände und Füße waren ihm gefesselt, er bekam nur zwei magere Essensrationen am Tag und durfte nicht einmal zur Toilette hinausgehen.

4a)

Tod in der Gefangenschaft

Tod im Zusammenhang mit Folterung in der Inhaftierung oder im Gefängnis hat vierschiedene Merkmale. Wenn ein Gefangener am Rande des Foltertodes steht, dann wird er oder sie gewöhnlich entlassen oder ins Krankenhaus gebracht. Die Person stirbt dann bereits außerhalb der Gefängnismauern, was den Staat schuldlos erscheinen läßt. Der Tod kann auch nach langer, medizinisch nicht behandeltes Dahinsiechen durch die Peinigung eintreten. Das TCHRD hat 17 bestätigte Fälle seit 1986, wo der Tod unmittelbar nach der vorzeitigen Entlassung aus dem Gefängnis eintrat, entweder im Hospital oder zuhause. All diese Opfer sind gefoltert worden.

Jampel Thinley, ein Mönch, der 1997 wegen Anklebens von "konterrevolutionären" Plakaten an einem Kloster angeklagt wurde, starb nur vier Stunden nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis. Im Krankenhaus hörten seine engen Freunde sein Murmeln, daß er in den neun Tagen und Nächten, die er geschlagen und gefoltert wurde, keinen einzigen Tropfen Wasser und Nahrung bekommen hätte. Von den Behörden wurde keine Todesursache genannt. Als er begraben wurde, sahen einige Mönche, daß sein Körper rot und blau gefärbt war.

Ein anderer Mönch von Kloster Chamdo, Jamyang Thinley, starb fünf Tage nach seiner plötzlichen Entlassung aus dem Gefängnis am 13. Sept. 1996. Er war 25 Jahre alt. Er war im Mai 1996 verhaftet worden, nachdem die Chinesen politische Blätter in seinem Zimmer entdeckt hatten. Vier Monate lang erlitt er schwere Folterung und Schläge in dem Gefängnis von Chamdo, und als er entlassen wurde, war er bereits in kritischer Lage. Ein anderer Mönch, der Jamyangs Körper vor der Kremation gesehen hatte, sagte: "Sein ganzer Rücken und Nacken hatten Blasen von der Elektroschockierung. Er trug so schreckliche Zeichen von den Schlägen, daß er ganz schwarzblau war. An manchen Stellen seines Bauches waren Flecken von geronnenem Blut zu sehen."

Phurbu Tsering (auch Phurtse genannt) nahm am 5. März 1989 an einem gewaltlosen Protest in Lhasa teil. Er wurde am selben Tag von einem PSB Polizisten festgenommen, der ihn in der Polizeistation neben dem Jokhang mißhandelte. Phurbu Tsering erholte sich nie mehr von einem heftigen Schlag mit einer Eisenstange auf den Kopf. Er wurde in das Volkshospital von Lhasa eingewiesen und seine Verwandten wurden informiert, daß er operiert werden müsse. 18 Tage lang blieb er im Koma. Als er dann nach Hause kam, war eine Seite seines Körpers teilweise gelähmt und er bekam Krämpfe. Mit 36 Jahren starb er am 7. Febr. 1996.

Kalsang Thutop war einer von vier führenden Mitgliedern einer geheimen Demokratie Gruppe in dem Drepung Kloster, das eine Broschüre über Demokratie (Die Kostbare Demokratische Verfassung Tibets, 1988) gedruckt hatte, sowie eine Übersetzung der Universellen Deklaration der Menschenrechte. Die Broschüren wurden später von der Polizei entdeckt. Er war einer von 10 Mönchen, die am 30. Nov. 1989 zu 15 Jahren im Drapchi Gefängnis verurteilt wurden. "Am Morgen des 4. Juli 1996 wurde er zur Vernehmung gebracht. Als er einige Stunden später zurückkehrte, konnte er kein Wort mehr herausbringen. Offenbar hatte er durch die grausamen Schläge schwere Verletzungen erlitten. Er wurde sofort in das Gefängnishospital gebracht und verschied am nächsten Morgen", erzählte Jampel Tsering, ein ehemaliger politischer Gefangener.

Rinzin, ein 61-jähriger Mann aus Mugrum Trehte, Distrikt Labrang, Nyari, war drei Jahre lang eingesperrt, aber wurde nie vor Gericht gestellt. "Er hatte offen ein Photo des Dalai Lama auf seinen Altar gestellt, lange nachdem die Chinesen ein Verbot dieser Bilder verhängt hatten", heißt es in unserer Quelle. "Als er von drei Chinesen, welche das Bild sahen, zur Rede gestellt wurde, antwortete er: 'Wenn wir die Person schon nicht mit eigenen Augen sehen können, was ist dann Schlimmes an einer Photographie?'" Seine Aufrichtigkeit führte zu seinem Tode. Einen Monat lang wurde er im Stadtgefängnis festgehalten, durfte keine Besucher empfangen und als er in das Ngari Gefängnis verlegt wurde, soll er bereits sehr schwach und unterernährt ausgeschaut haben. In der Haft litt er an Tuberkulose. "Niemand weiß, was er im Gefängnis alles durchmachte, einen Monat lang war er im Gefängnishospital, wonach er entlassen wurde, weil sein Zustand sehr ernst geworden war. Nach seiner Entlassung lebte er nur einen Monat zuhause. Er war so krank, daß er kaum sprechen konnte und war völlig bettlägerig. Am 11. Febr. 1997 verschied er."

4b)

Innere Verletzungen und Mangel an medizinischer Behandlung

Die Verursachung von inneren Verletzungen ist eine raffinierte Methode, um die sichtbaren Zeichen der Folter zu verschleiern. Nierenschaden ist eine häufige Todesursache. Das läßt schließen, daß die Peiniger bewußt auf diesen Teil des Körpers zielen, um die inneren Verletzungen zu verschlimmern und den äußeren Schaden gering zu halten. Wenn die Verletzungen dann so schwer sind, daß sie zum Tode führen könnten, wie in dem Fall der Nonne Rinzin Choeden, dann wird der Betreffende gewöhnlich entlassen. Eine Woche nach Rinzins Verhaftung am 8. März 1989 anläßlich einer Demonstration wurde sie in kritischer Verfassung in ihr Kloster zurückgeschickt. Ihre Nieren waren durch die Folterung beschädigt. Sie starb 1990 im Alter von 25 Jahren. Ein anderer ehemaliger politischer Gefangener, Lobsang Shakya, ein Mönch, der festgehalten wurde, weil er den von den Chinesen bestimmten Panchen Lama nicht anerkennen wollte, sagte, daß die Peiniger bewußt vermieden, sichtbare Folterspuren zu verursachen, als sie ihn schlugen. Er hörte einen sagen: "Verletze ihn nicht äußerlich, mach' ihm durch innere Verletzungen den Garaus."

Sogar nachdem die Gefangenen durch die Folter Verletzungen davontragen, erhalten viele von ihnen nicht die nötige medizinische Behandlung oder werden zu spät behandelt. Bei denjenigen, die überleben, ist der Schaden oft nicht rückgängig zu machen. Eine Nonne, Kunchok Tsomo, verbrachte drei Jahre mit einem nicht behandelten gebrochenen Arm im Gefängnis, nachdem sie bei ihrer Verhaftung im Mai 1993 mit einem Gewehrkolben geschlagen worden war. Ihre Verletzung verschlimmerte sich noch durch die Gefängnisarbeit, wo sie Wolle reinigen und trennen mußte. Nach der Entlassung fand ein Arzt, daß wildes Fleisch um und in dem gebrochenen Knochen gewachsen war. Auch 1998 hat sich ihr Zustand noch nicht gebessert und sie steht immer noch in ärztlicher Behandlung.

Tashi Tsering, eine prominente Figur in Shigatse, wurde am 28. Nov. 1989 wegen Verteilens von Unabhängigkeitsliteratur in Yangmo, Shigatse verhafte und wegen "konterrevolutionärer Propaganda und Aufstachelung" zu 7 Jahren Gefängnis verurteilt. Im April 1991 wurde er wegen Herzerkrankung in die Gefängnisklinik eingewiesen. Im Sept. 1994 wurde er aus medizinischen Gründen entlassen, weil er durch die Folterung in erbärmlichem Zustand war, aber er starb bald darauf, denn die ärztliche Behandlung kam zu spät.

Lhakpa Tsering starb 13 Monate nach seiner Verhaftung am 15. Dez. 1990, nachdem ihm mindestens dreimal ärztliche Hilfe versagt worden war. Sein Fall wurde international aufgegriffen und eine Erklärung der chin. Regierung verlangt. Vor dem Besuch einer ausländischen Delegation im Drapchi Gefängnis im Dez. 1990 hatte Lhakpa kühn die Instruktion, er solle sagen, daß Tibet niemals unabhängig und schon immer ein Teil Chinas gewesen sei, ignoriert. Er wurde daraufhin brutalen Vernehmungen unterworfen und schwer geschlagen. Gefangene in einer nebenliegenden Zelle hörten ihn schreien "Mutter, bitte rette mich, sie bringen mich um". Er war erst 20 Jahre alt, als er starb.

Nach seinem Tod inszenierten 93 Gefangene von Drapchi einen schweigenden Protest. Stückchen von Lhakpas Steppdecke wurden an alle Gefangenen verteilt, um daraus Wimpel zu schneiden, und der Überzug diente als Banner, als die Gefangenen zur Arbeit geführt wurden. Dieser Protest hatte zur Folge, daß am 16. Dez. PLA Truppen in das Gefängnis eindrangen und bis zum nächsten Morgen dort blieben. Die Autopsie von Lhakpas Körper ergab eine Reihe von Quetschungen, Blutklumpen unter der Haut und getrocknetes Blut aus der Nase. Die Fingernägel waren blau. Lhakpa war als Folge einer inneren Infektion gestorben, weil die durch die Schläge verursachten Organverletzungen nicht behandelt wurden.

Eine urgent action wurde von Amnesty International gestartet, um eine Aufdeckung der Autopsie-Befunde zu erwirken mit der Forderung, daß der Bericht sofort veröffentlicht würde. Im Jan. 1991 verlangte Asia Watch, eine weitere internationale Menschenrechtsgruppe, von dem chin. Premierminister Li Peng" eine volle und objektive Untersuchung, um die Ursachen des Todes von Lhakpa Tsering festzustellen, und falls der Verdacht auf Folterung sich als zutreffend erweist, alle Verantwortlichen zu belangen". Am 6. April 1991 zitierte Xinhua, die offizielle chin. Nachrichtenagentur, eine Bemerkung von Gyaltsen Norbu, dem Vorsitzenden der TAR, gegenüber dem US Botschafter James Lilley, daß Lhakpa Tsering im Okt. 1990 erkrankt und an Appendizitis und Peritonitis gestorben sei. Unerklärt blieb, warum Lhakpa Tsering keine klinische Behandlung erfahren hatte.

4c)

Zwangsweise Blut- und Flüssigkeitsentnahmen

Blutentnahme ist eine Methode der physischen und psychischen Folter. Physisch gesehen sollen die Gefangenen geschwächt werden. In solchen Höhen wie Tibet würde Blutverlust schon eine Person in normaler Gesundheit schwächen. Aber bei der kargen Gefängnisernährung und der Schwächung durch die vielen Schläge können wiederholte Blutentnahmen zum Tode führen. Phuntsok Zomkyi, eine Nonne, die ab 1989 drei Jahre lang gefangen war, mußte nach wiederholten Mißhandlungen und Folterungen in Trisam Blut spenden.

Blut wird auch unter dem Vorwand von medizinischer Kontrolle entnommen. Thupten Tsering, ein 70-jähriger Mönch, der im Nov. 1996 aus Tibet floh, berichtete, daß den politischen Gefangenen in Drapchi 1990 erklärt wurde, daß sie alle medizinisch untersucht würden. "Jedem von uns wurde von den Ärzten Blut abgenommen, aber wir bekamen hinterher keinen ärztlichen Bericht".

Psychologisch gesehen können diese Entnahmen ernste mentale Effekte auslösen, besonders bei Mönchen und Nonnen. Sogar zu Zeiten der Hungersnot in den 60-ern, als China Nahrungsmittel für Blut anbot, trat kein Tibeter freiwillig hervor. Dies führte zu einer Kampagne, wo das Blutspenden während des indisch-chinesischen Grenzkrieges von 1962 obligatorisch wurde. In seinem Buch "In Exile from the Land of Snows" sagt John Avedon, daß Tibetern zwischen 15 und 35 Jahren eineinhalb Mal der normalen Blutmenge abgezapft wurde. "Klassenfeinde" waren die Hauptspender. Viele starben damals, weil die Leute schon vom Hunger derart geschwächt waren.

Jimpa Lhamo, eine Nonne, die 1991 ein halbes Jahr in Seitru eingesperrt war, wurde eines Tages in das Krankenhaus beordert, um Blut zu spenden: "Ich kam in ein Militärhospital, wo die Belegschaft tibetisch war. Der Arzt erklärte dem PSB, daß mein Blut unbrauchbar und nicht zu entnehmen sei. So kam ich in eine chin. Klinik in der Nähe des Gefängnisses, wo sie mir zwei Flaschen Blut extrahierten. Dann befahlen sie mir aufzustehen, aber ich war zu schwach dazu. So begann der Chinese mich mit Stöcken zu schlagen. Sie preßten mir ein Gummirohr in den Mund und urinierten hinein. Sie stießen mich unentwegt, so daß ich schließlich ärgerlich sagte: 'Wenn ihr mich töten wollt, dann tut es nur!' Statt dessen brachten sie mich in meine Zelle zurück, die voller Staub und Dreck auf dem Boden war."

Punktionen werden auch vorgenommen, um Körperflüssigkeiten zu gewinnen. Phuntsok Yangkyi, eine Nonne aus dem Kloster Michungri, Lhasa, die im Febr. 1992 verhaftet wurde, wurde von chin. Ärzten zweimal am Rücken punktiert, als sie Mitte 1994 in ein Polizeihospital kam. Sie entnahmen ihr Körperflüssigkeit, welche nach chin. Vorstellung die Vitalität erhöht. Phuntsok fiel nach dieser Punktierung in ein Koma und bald färbten sich ihre Nägel, Zunge und Lippen blauschwarz (ein Zeichen von Vergiftung). Sie starb am 4. Juni 1994 im Alter von 20 Jahren, sechs Tage nachdem sie in die Klinik kam. Die Behörden erlaubten ihren Eltern nur unter Polizeigeleit und der Bedingung, daß sie niemals etwas darüber verlauten lassen, Zugang zu der Leiche. Als Phuntsoks Leiche dem topdhen übergeben wurde, weigerte er sich, die Bestattung auszuführen, weil der Körper ganz entstellt war. Nach tibetischer Tradition kann die Himmelsbestattung nur stattfinden, wenn der Tod auf natürliche Weise erfolgt ist. Dies erklärte er vor der chin. Gefängnisleitung und den Eltern. Die Leiche war durch die schweren Mißhandlungen blauschwarz verfärbt, und Augen und Mund waren blutverschmiert.

4d)

Folterung von Minderjährigen

Die UN Konvention über die Rechte des Kindes trat formell am 1. April 1992 in China in Kraft. Im Rahmen dieser Konvention darf die Festhaltung oder Verhaftung eines Kindes nur als letzter Ausweg innerhalb der Schranken des Gesetzes stattfinden. 1994 gab sich China in seinem Erstbericht über die Befolgung der Konvention an die Vereinten Nationen als einen "konsequenten Bewahrer und Befürworter der Rechte der Kinder" aus. Gegenwärtig gibt es über 39 uns bekannte jugendliche politische Gefangene, die in verschiedenen chin. Gefängnissen in Tibet schmachten, während eine ganze Reihe der heutigen politischen Gefangenen bei ihrer Verhaftung noch unter 18 Jahre alt waren.

Diese jungen Leute wurden ins Gefängnis geworfen, weil sie versuchten, ihr Recht auf Meinungsfreiheit geltend zu machen und an öffentlichen Plätzen nach einem freien Tibet riefen. Sie werden in Erwachsenen-Gefängnissen festgehalten, gesetzlicher Beistand und Kontakt zu ihrer Familie werden ihnen verweigert, sie müssen Zwangsarbeit gleich den erwachsenen Gefangenen leisten und werden ebenso gefoltert und mißbraucht wie diese. Für einen jungen Menschen kann der psychologische Effekt der Folter besonders schwerwiegend sein. Die Zeitspanne der Einsperrung, selbst wenn es nur für einen Monat ist, mag endlos lange erscheinen, und Kinder sind oft unfähig, die Ursache ihrer Festhaltung rationell zu erfassen.

Die jüngste politische Gefangene, die in Tibet gestorben ist, war wohl die 15-jährige Sherab Ngawang. Sie starb am 17. April 1995, zwei Monate, nachdem sie aus dem Trisam Gefängnis entlassen wurde. Sie wurde mit Elektrostäben und einem mit Sand gefüllten Plastikrohr geschlagen, weil sie zusammen mit anderen Nonnen Freiheitslieder im Gefängnis gesungen hatte. Eine Quelle sagte: "Sie schlugen sie, bis sie so von Wunden entstellt war, daß man sie kaum mehr wiedererkennen konnte". An anderer Stelle hieß es, daß Sherab nach drei Tagen der Einzelhaft ernste Rückenschmerzen und Nierenprobleme bekam. Sie litt auch unter Gedächtnisausfall und konnte nichts mehr essen. Auf Verlangen der anderen Insassinnen wurde sie zweimal hospitalisiert. "Als sie entlassen wurde, war sie durch die Folter und Mißhandlung so krank, daß sie in verschiedene Kliniken in Lhasa gebracht wurde". Die Ärzte diagnostizierten Niereninsuffizienz und Lungenverletzung. In einem Bericht vom 26. Febr. 1995 bezeichnete der chin. Staatsrat Anschuldigungen, daß Sherabs Tod auf die im Gefängnis verabreichten Schläge zurückzuführen sei, als "eine reine Entstellung der Tatsachen", bei ihr sei nämlich "zerebrale Tuberkulose" diagnostiziert worden. Amnesty International verwarf Chinas Erklärungen als unzutreffend.

Luesang wurde persistent 4 Monate lang vernommen, nachdem er mit 16 Jahren im Dez. 1994 festgenommen wurde, weil er Unabhängigkeits-Poster angebracht hatte. Er und seine Freunde, Lobsang Jampa, 17, und Sherab Gantsen, 14, waren Novizen aus dem Kloster Shengnyak. Sie wurden alle in das Distriktgefängnis von Taktse gebracht: "Drei Polizeibeamte, zwei, die uns Fragen stellten, und einer zum Protokollieren, führten die Vernehmungen durch, die jedesmal eine Stunde lang dauerten. Sie fragten uns: 'Was habt ihr getan? Wie habt ihr diese Plakate angeklebt? Wer steht hinter euch? Kennt ihr andere Leute, die politischer Aktivität nachgehen?' Immer, wenn meine Antworten nicht überzeugend genug waren, wurde ich gestoßen und geschlagen."

4e)

Gefolterte Frauen

Die Behandlung von Frauen in der Gefangenschaft ist in keiner Weise weniger grausam als die ihre männlichen Gegenüber. Sie sind in der Tat noch verletzlicher als Männer, und die Handlanger des Staates benützen sexuelle Folter als ein Mittel der Bestrafung und Vernehmung bei weiblichen Gefangenen, besonders bei Nonnen. Sogar schwangere Frauen, die dem internationalen Recht zufolge Schutz genießen, wurden gefoltert, so daß sie Fehlgeburten hatten. Es gibt Berichte von Angriffen mit Stöcken und elektrischen Viehkeulen, die gewaltsam in Vagina, After und Mund gepreßt werden. Die Mißhandlungen der Frauen werden gewöhnlich von Gefängniswärterinnen ausgeführt.

Ende 1997 war nahezu ein Viertel der 1.216 uns bekannten Gewissensgefangenen in chin. Gefängnissen in Tibet Frauen. Im selben Jahr berichtete das TCHRD von vier Todesfällen von Frauen durch Folter. 1998 starben sechs Nonnen im Drapchi Gefängnis auf die Demonstrationen vom 1. und 4. Mai hin.

Tenzin Choedens Bericht von 1998 demonstriert die Art des Mißbrauches, dem tibetische Frauen in chin. Gefängnissen ausgesetzt sind. Sie war mit 18 Jahren im Febr. 1988 festgenommen worden, weil sie zusammen mit 12 anderen Nonnen friedlich am Barkhor demonstriert hatte. Zwei Monate lang wurde sie in der Gutsa Haftanstalt festgehalten, wo sie täglich vernommen und gefoltert wurde. Sie beschreibt die von vier weiblichen Wachen ausgeführte sexuelle Mißhandlung: "Wir wurden alle nacheinander in ein Zimmer gebracht, in dem vier Frauen waren. Ich wurde völlig nackt ausgezogen und mußte mich auf den Boden legen, als ob ich eine Niederwerfung mache. Ich sah, wie sie geknotete Seile, Elektrostöcke und Knüppel herbeischleppten." Die Frauen, die ihre Gesichter verhüllt hatten und Handschuhe trugen, bearbeiteten Tenzin mit den Stöcken am ganzen Körper. Nach den ersten fünf Schlägen verlor sie das Bewußtsein. "Als ich wieder zu mir kam, sah ich, daß sie meinen Mitgefangenen Elektroschlagstöcke in den After gesteckt hatten. Als sie dann den Stock bei mir anwandten, war mir, als ob einer meiner Herznerven herausgezogen würde."

Tenzin mußte aufstehen und sich an eine Wand lehnen. Nach einem Wortwechsel mit den Peinigerinnen "stießen sie viermal mit voller Wucht einen Stab in meine Vagina. Dann wurde der Stab in meinen Mund gesteckt. Ich versuchte, den Mund fest zu schließen, aber sie zwangen ihn hinein, weshalb meine Lippen bluteten und zwei meiner Zähne sich lockerten." Danach konnte Tenzin sich nicht mehr bewegen und die Frauen schleppten sie in eine kleine dunkle Zelle. Tenzin hatte drei Tage lang Schmerzen und war sehr schwach. Sie hatte Probleme beim Wasserlassen. Ihre Haut war ganz grün geworden war und ihr Rücken zeigte Male der Mißhandlung. Nach ihrer Entlassung floh Tenzin 1991 nach Indien. Durch die Folterungen ist sie nun zu einem Drittel behindert, besonders auf der rechten Körperseite. Sie leidet noch täglich an Kopfweh und Rückenschmerzen.

Die Nonne Tsultrim Dolma wurde sowohl während ihrer Gefangenschaft sexuell mißbraucht als auch nach ihrer Entlassung vergewaltigt. Sie war aus dem Chubsang Kloster und wurde im April 1988 verhaftet. Am ersten Tag in der Gutsa Haftanstalt wurde sie bei der Vernehmung schwer geschlagen, aber das Schlimmste sollte noch kommen: "Am nächsten Morgen wurde ich in ein Zimmer gebraucht, wo drei Polizeileute hinter einem Tisch saßen. Auf dem Tisch lag ein Sortiment von Gewehren, Elektrowaffen und Eisenstangen. Einer von ihnen fragte: 'Warum hast du demonstriert? Warum lädst du dir Folter und Schläge ein?' Meine Knie begannen zu zittern und ich antwortete: 'Viele Mönche, Nonnen und Laien wurden verhaftet, aber wir wissen, daß Tibet den Tibetern gehört. Ihr behauptet, es gebe Religionsfreiheit, aber das ist keine echte Freiheit" Diese Antwort erzürnte sie und sie standen alle von ihren Stühlen auf und griffen zu den verschiedenen Folterwerkzeugen. Einer packte einen Elektrostab und schlug sie so fürchterlich, daß sie zu Boden fiel. "Sie schrieen mich an, ich solle aufstehen, aber ich konnte nicht mehr, und so zogen sie meine Robe nach oben und der andere Mann steckte das Instrument in meine Vagina. Der Schock und der Schmerz waren entsetzlich. Er wiederholte diese Tortur mehrere Male und traf auch andere Teile meines Körpers. Dann stellten sie mich wieder auf die Füße und schlugen mich mit Stöcken und kickten mich. Mehrere Male fiel ich zu Boden. Wieder steckten sie das Instrument in mich hinein und zogen mich nach oben, um die Schläge zu wiederholen."

Tsultrim machte diese Qualen über vier Monate durch, ehe sie entlassen wurde. Danach versuchte sie, in ihr Kloster zurückzukehren: "Als ich in Chubsang ankam, wurde mir die Wiederaufnahme verweigert und zu meiner Überraschung sah ich, daß eine chin. Polizeistation vor dem Kloster eingerichtet worden war. Gerade unterhalb des Klosters war ein chin. Polizeigelände. Als ich an diesem vorbeiging, sah ich drei chin. Soldaten auf Fahrrädern. Sie folgten mir ein kurzes Stück und hielten mich dann an. Einer von ihnen nahm Mantel und Hemd ab und dann wickelten sie das Hemd um mein Gesicht und steckten mir die Ärmel in den Mund, damit ich nicht schreien und heulen konnte. Ich wurde von den dreien an der äußeren Mauer des Geländes vergewaltigt. Dann rannen die drei Soldaten einfach davon." Tsultrim konnte nicht mehr in ihr Kloster gehen.

4f)

Die Schutzlosigkeit der Schwangeren

Obwohl die besonderen Bedürfnisse schwangerer Frauen in der Haft von den Standard Mindest-Vorschriften für die Behandlung von Gefangenen geschützt werden, gibt es in Tibet Fälle von schwangeren Frauen, die geschlagen wurden. Die UNO sieht dagegen vor, daß für Frauen im Stadium vor und nach der Geburt "eine besondere Unterbringung" vorzusehen ist.

Damchoe Pelmo war drei und einhalb Monate schwanger, als sie im Juni 1993 verhaftet wurde. Obwohl sie wegen der schlechten Behandlung eine Fehlgeburt hatte und dies auch bei Gericht bezeugte, wurde sie unter dem Verdacht der Mitgliedschaft bei einer Untergrund-Bewegung für Unabhängigkeit, der Snowland Youth Association, zu weiteren drei Jahren Gefangenschaft verurteilt.

In der Nacht ihrer Verhaftung mußte sie in einem kalten Zimmer stehen, während sie über ihre Aktivität befragt wurde. Ihr Kopf wurde gegen die Wand geschlagen. Damchoe sagte den Vernehmern, daß sie schwanger wäre und sich schwach fühle, aber ihr Flehen wurde ignoriert und die Fragen gingen weiter. "Als der nächste Morgen kam, war ich 14 Stunden ununterbrochen gestanden und so steif, daß ich mich kaum bewegen konnte. Ich litt so schrecklichen Schmerz, daß ich meine Beine nicht abwinkeln und sitzen konnte." Am nächsten Tag nach ihrer Verhaftung wurde Damchoe in eine Ambulanz gebracht, wo die Ärzte sagten, sie müsse sofort in eine Klinik eingewiesen werden. Das Gefängnis ließ es jedoch nicht zu und sie mußte zurückkehren. "Am folgenden Tag, als ich zur Toilette gehen wollte, wurde mir plötzlich schwindelig und ich fiel bewußtlos hin. Ich begriff, daß ich mein Baby verloren hatte." Schließlich wurde Damchoe im Juni 1993 für eine Woche hospitalisiert. Obwohl noch nicht genesen, wurde sie wieder ins Gefängnis geholt, wo die Vernehmungen weitergingen. "Diesmal sagten die Schergen, daß es mein eigener Fehler gewesen sei und mein Problem, daß ich mein Kind verloren hätte und indoktrinierten mich: 'Das nächste Mal solltest du dir vorher überlegen, ehe du dich in politische Dinge einmischst." Obwohl sie vor Gericht aussagte, daß sie ihr Baby wegen der Mißhandlungen der Gefängniswachen verloren hatte, wurde sie zu drei Jahren Haft verurteilt.

4g)

Zwangsarbeit und Zwangsdrill

Intensive Arbeit wird von allen Gefangenen in chin. Gefängnissen in Tibet gefordert. Die tägliche harte Arbeit geht oft Hand in Hand mit Zwangsdrill und einer unzureichenden Ernährung, was alles angelegt ist, um die Gefangenen zu schwächen. Luesang, der zuvor erwähnte 16-jährige Häftling, mußte zwei Jahre lang in dem Toelung Trisam Gefängnis Bauarbeit leisten: "Manchmal arbeiteten wir beinahe 24 Stunden lang an einem Stück: von 8-12 Uhr, von 12-18 Uhr, von 19-1 Uhr nachts und wieder am Morgen von 2-6 Uhr. Die Nahrung war sehr karg: zwei Brötchen und heißes Wasser am Morgen, gekochtes Gemüse und ungekochten Reis zu Mittag, zwei Brötchen und gekochtes Gemüse zum Abend und nur gekochtes Wasser in der Mitte der Nacht."

Die Gefangenen können auch zu strenger landwirtschaftlicher Arbeit, Bergbau oder Heranschleppen von menschlicher Gülle zum Düngen eingesetzt werden. Manchmal arbeiten sie in trostlosen, unwirtlichen Gegenden und müssen dazu noch das herausfordernde ideologische Training über sich ergehen lassen. Die Gefangenen bekommen einen "Pflichtsoll", den sie erfüllen müssen. Diese Quoten sind ein unbedingtes Muß, selbst wenn der Gefangene krank ist. In anderen Fällen wiederum läßt man die Gefangenen nicht außerhalb der Gefängnismauern zur Arbeit gehen, aus Furcht, sie könnten mit anderen Menschen reden. Das ist beispielsweise bei allen politischen Gefangenen in Powo Tramo, das in Dzona, Distrikt Tramo in der Nyingtri Region der TAR liegt, der Fall.

Lhundup Monlam war ab Febr. 1990 vier Jahre lang in Einsperrung: "Zwei Jahre lang arbeitete ich in dem Gemüse-Gewächshaus von Drapchi. Ich war ständig den Pestiziden ausgesetzt und mußte ohne richtige Ventilation in erstickender Luft arbeiten. Aber wie meine Mitgefangenen hatte ich keine Wahl. Heute habe ich etliche gesundheitliche Probleme. Ich höre schlecht, leide unter Arthritis und kann mich nicht lange auf etwas konzentrieren."

Der 23-jährige Ngawang Lhundrup wurde nach den Vernehmungen und Mißhandlungen in der Gutsa Haftanstalt zur Zwangsarbeit abkommandiert. Er war aus dem Kloster Shedrupling, Lhogongkar, Lhoka und wurde am 12. Aug. 1992 verhaftet, als er am Barkhor mit einem großen Bild des Dalai Lama und der tibetischen Nationalflagge demonstrierte. Die Gefängnisleitung von Gutsa hatte einen Vertrag zum Bau eines Dammes bei Toelung Trisam geschlossen und Ngawang und andere wurden dorthin geschickt: "Wenn wir am Abend endlich aufhören durften, dann waren unsere Hände voller Blasen und wir waren ganz schwach vor Erschöpfung." Ngawangs Haft war im August 1994 zu Ende.

Seit 1994 gibt es Berichte, daß die Gefängnisbehörden äußerst anstrengende physische Trainingsübungen in Verbindung mit einem noch strengeren Regime einführten. Manchmal bedeutete dies Dauerlauf von 8.00 bis 12.30 und wiederum von 15.00 bis 18.00 ungeachtet des Wetters und der körperlichen Verfassung der Gefangenen. So wurde ein Mönch von Kloster Gaden (Tenzin) zum Krüppel, weil er trotz Knieschmerzen zum Rennen gezwungen wurde. Als sein Zustand sich verschlimmerte, wurde er aus medizinischen Gründen vom Gefängnis beurlaubt. Heute kann er nur mit Hilfe von Krücken gehen.

Choekyi Wangmo, eine 28-jährige Nonne aus Phenpo, TAR, wurde nach ihrer Verhaftung in 1993 wegen Beteiligung an einer Demonstration zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. 5-6 Monate war sie in Gutsa, wo sie den üblichen Mißhandlungen ausgesetzt war. Als sie nach ihrer Verurteilung nach Drapchi verlegt wurde, war sie in sehr geschwächtem Zustand. Trotzdem mußte sie zusammen mit den anderen Gefangenen an den Laufübungen teilnehmen. Sie soll auch jetzt noch bei sehr schwacher Gesundheit sein.

Eine andere Nonne, die 24-jähirge Gyaltsen Kalsang von dem Kloster Shugseb, wurde ebenfalls zu dem alleranstrengendsten Dauerlauf-Drill gezwungen, obwohl sie im Nov. 1994 im Krankenhaus war, wo ein schweres Nierenleiden diagnostiziert wurde. Nachdem sie am 14. Juni 1993 wegen Unabhängigkeits-Aktivitäten verhaftet worden war, wurde sie zu zwei Jahren Haft in Drapchi verurteilt. Sie starb am 20. Febr. 1995.

4h)

Zum Selbstmord getrieben

Es gab Fälle, wo die Gefangenen die wiederholten physischen und mentalen Torturen nicht mehr aushalten konnten und Selbstmord begingen. Dabei spielt auch der Druck, daß sie ihren religiösen Glauben verleugnen müssen, eine Rolle. Während der ersten Jahre der Besatzung begingen die Leute Selbstmord, nachdem sie den sogenannten thamzing Verhören, eine Art öffentlicher Demütigung und Verunglimpfung, ausgesetzt wurden. Außerdem geben die Chinesen oft Todesfälle einfach als Selbstmorde aus, ganz im Widerspruch zu den Zeugenberichten. Die jüngsten "Selbstmord" Fälle nach chin. Version bezogen sich auf den Vorfall in Drapchi 1998, wo fünf Nonnen sich selbst erstickt haben sollen. Das klingt wenig plausibel, wenn man bedenkt, daß sich jede der Nonnen, die alle am selben Tag starben, in Einzelhaft befand.

Tenchok Tenphel, 26, war der Verwalter des Sakya Truphai Lakhang Klosters bei Shigatse. Ein Arbeitskommando kam 1996 in das Kloster. Als Tenchok sich weigerte, den Dalai Lama schriftlich zu beschimpfen, verlor er seinen Posten und wurde verhaftet. In dem Distrikt-Gefängnis von Sakya wurde er vernommen, bedroht und gefoltert, aber er weigerte sich weiterhin, sich vom Dalai Lama abzukehren. Nach zwei Wochen Gefangenschaft beging er im Sept. 1997 im Gefängnis Selbstmord, indem er sich an seinem Gürtel aufhängte. Das "Arbeitsteam" brachte seinen Leichnam in ein Zimmer des Sakya Gästehauses, statt ihn dem Kloster zu übergeben. Den Mönchen wurde verboten, nach Tenchoks Tod Gebetsrituale für ihn auszuführen, und sein Vater wurde einen Tag lang festgehalten, ehe er den Leichnam seines Sohnes verbrennen durfte. Die von dem "Arbeitsteam" abgegebene Erklärung war, daß "Thenchok wegen einer finanziellen Betrugsaffaire in seiner Zeit als Kloster-Aufseher Selbstmord begangen hätte".

Kalsang Dawa, ein 29-jähriger Maler aus Phenpo in Zentraltibet, wurde im April 1993 verhaftet, weil er eine tibetische Flagge gemalt und Unabhängigkeitsblätter angeklebt hatte. In dem Sangyip Gefängnis wurde er wiederholt gefoltert und einmal grob von einem betrunkenen Gefängniswärter verschlagen, weil er im Gehorsam gefehlt hatte. Danach traten Zeichen psychischer Störung bei ihm auf, er bedeckte seine Ohren mit beiden Händen und schrie: "Sie stecken mir Elektrostäbe in die Ohren". Nach 9 Monaten in Sangyip wurde Kalsang zu Zwangsarbeit verurteilt und nach Trisam verlegt. Am 14. Okt. 1995 wurde Kalsang tot, von der Decke herabbaumelnd, in seiner Zelle gefunden. Er hatte sich an einem Strick erhängt und war dazu auf einen Nachttopf, der als Schemel diente, gestiegen.

Teil 5

LETZTER APPELL

Chronologie der Todesfälle durch Folter seit 1987

Die folgende Liste beschränkt sich auf namentlich bekannte tibetische politische Häftlinge, die nach 1986, dem Jahr also, in welchem die PRC die UNO Konvention gegen die Folter unterzeichnete, unter der Hand der chin. Besatzer starben. Bis heute wurden dem TCHRD 60 Todesfälle durch Folter, darunter 11 Tote nach den zwei Demonstrationen in Drapchi vom Mai 1998, bekannt. Dabei sind jene Tibeter, die erschossen oder auf der Stelle bei Demonstrationen getötet wurden, nicht erfaßt. Viele andere Tibeter, deren Fälle unbekannt blieben, starben auf ähnliche Weise. Die Informationen über Todesfälle erreichen uns meistens verzögert, da die Besatzer in Tibet keine Details über den Tod von Gefangenen herausgeben. Es ist an der Regel, daß das TCHRD von ehemaligen politischen Gefangenen über Todesfälle informiert wird, die Monate oder gar Jahre zurückliegen. Der Tod in der Gefangenschaft oder durch Folter in der Inhaftierung trägt in Tibet eigene Züge. Er tritt sich meistens erst außerhalb des Gefängnisses ein, ist aber direkt auf die unmenschlichen Schläge und Folterungen während der Vernehmungen zurückzuführen. Die Gefängnisoberen entlassen in der Regel Gefangene, die dem Tode nahe sind, um die Schuld von sich abzuwälzen. Viele erliegen auch den langen, durch die Folter verursachten Gebrechen oder bleiben nach den Mißhandlungen ohne ärztliche Versorgung.

1987

1. Geshe Lobsang Wangchuk: Aus Amdo Shogchung in Distrikt Nagchu. Während des Volksaufstandes von 1959 in Lhasa galt er als einer der wichtigsten religiösen Persönlichkeiten der Region. Geshe Lobsang Wangchuk wurde 1960 verhaftet und zu 10 Jahren verurteilt. Seine Gesundheit war durch die zahlreichen thamzing ("Kampf-Sitzungen") zusammengebrochen. Am 3. Dez. 1981 wurde er erneut verhaftet, weil er ein Buch "Geschichte der tibetischen Unabhängigkeit – dreieinhalb Jahre lang" geschrieben hatte. Anfang 1987 hieß es, daß sein Zustand wegen der vielen Schläge sehr schlecht sei und er seine Hände nicht mehr gebrauchen könne. Er starb am 7. Nov. 1987 im Drapchi Gefängnis.

2. Dawa: Er nahm am 1. Okt. 1987 an einer Demonstration am Barkhor teil und wurde von der PAP verhaftet und gefoltert.

3. Lobsang Dhonyoe: Geboren in Shigatse 1959, wurde Mönch im Jokhang Tempel in Lhasa. Er wurde wegen der Demonstration am 1. Okt. 1987 gefoltert und starb wenige Tage später.

4. Rabgang Gonpo Sonam: Geboren in Gyaltse Rabgang, Tsang, wurde viele Male verhaftet, weil er von Freiheit für Tibet gesprochen hatte. 1993 wurde er ins Drapchi Gefängnis gesteckt und dort schwer gefoltert und mißhandelt. Als Folge davon erkrankte er an Epilepsie und seine Gesundheit brach zusammen. Er starb am 23. Dez. 1987 mit 61 Jahren.

1988

5. Lobsang Dolma: Aus Nyethang in der Region Lhoka, eine Nonne des Shugseb Klosters. Am 17. Mai 1988 mit 26 Jahren wurde sie in Gutsa eingekerkert und schwer gefoltert. Als ihr Zustand kritisch wurde, entließ man sie im Juli. Trotz ihrer Gebrechen versuchte sie Ende Juli aus Tibet zu fliehen, aber starb auf ihrem Weg nach Indien an den in der Haft erlittenen Verletzungen.

6. Yeshi Lhundup: Ein ehemaliger Angehöriger der tibetischen Exilregierung, der 1987 nach Tibet zurückkehrte. Er wurde Anfang 1988 in Nyanam verhaftet und kam in das Sangyip Gefängnis. Dort wurde er gefoltert und nach sieben Monaten entlassen. Zwei Wochen später starb er in Tsomoling.

7. Tashi Tsering: 1951 geb., ein Mönch von Kloster Nechung. Wurde wegen Demonstrierens am 5. April 1988 verhaftet und so brutal von der Polizei zusammengeschlagen, daß er den Gehirnverletzungen erlag.

8. Tashi Yeshi: 1976 in Taktse, Großraum Lhasa, geboren, war ein Mönch von Gaden. Während einer Umerziehungsklasse wurde er verhaftet und zu 2 Jahren in Trisam verurteilt. Im Mai 1988 wurde er entlassen, nachdem er schwer von einem Gefängniswächter geschlagen worden war, aber starb sechs Tage später zuhause.

9. Lhakpa Dhondrup: Aus Meto Changse in Tsemonling, Lhasa, beteiligte sich an einer friedlichen Demonstration am 5. März 1988 und wurde in Gutsa inhaftiert, wo er gefoltert und zu Tode geschlagen wurde.

10. Lobsang Sonam: geb. 1959, war ein Fabrikarbeiter in dem tib. Shin Ha Verlag. Lobsang wurde von den Chinesen in die Hüfte geschossen, als er am 5. März 1988 friedlich demonstrierte. Im Krankenhaus wurde ihm wegen seiner Beteiligung an der Demonstration jede medizinische Hilfe verweigert und er starb am 5. April 1988.

11. Lobsang Choephel: geb. 1967, wurde wegen Beteiligung an der Demonstration vom 5. März 1988 verhaftet und starb, nachdem er von der Polizei geschlagen und gefoltert wurde.

12. Tenzin Sherab: Ein junger LKW-Fahrer aus Lhasa, der am 5. März 1988 demonstrierte. Er wurde ins Bein getroffen und dann von der PAP mißhandelt, dabei mit einer Eisenstange durchbohrt. Am 23. März wurden seine Verwandten informiert, sie sollen seine Leiche abholen. Sein Gesicht war so zerschlagen und entstellt, daß ein Auge heraushing. Viele seiner Knochen waren gebrochen.

1989

13. Migmar: Aus Kyi-Rae, Lhasa, beteiligte sich am 5. März 1989 an der Demonstration, wurde im Seitru Gefängnis gefoltert und dadurch chronisch krank. Er starb an seinen Verletzungen.

14. Ngawang Zegay: geb. in Toelung, war Mönch in Drepung. Am 27. Sept. 1988 nahm er an einer Demonstration teil und wurde am selben Tag nach Gutsa gebracht, wo er grausam von den Chinesen gefoltert wurde. Er wurde 1989 entlassen und starb wenige Tage später.

15. Chonzed Tenpa Choephel: Ein Gärtner im Norbulingka Palast in Lhasa, wurde am 15. Dez. 1987 mit 66 Jahren verhaftet, weil er ein Bild des Dalai Lama besaß. Er starb im Gefängnis von Sangyip am 25. Aug. 1989 nach schweren Schlägen und Mißhandlungen.

16. Yeshi: Der 23-jährige Yeshi wurde 1989 in Drapchi gefangengesetzt. Er starb nach der exzessiven Folterung im Gefängnis.

17. Lobsang Khedup: Wurde am 6. März 1988 in Gutsa festgehalten. Starb kurz nach seiner Entlassung am 10. Okt. 1989. Bei seiner Bestattung wurde entdeckt, daß die zerbrochenen Rippen in Lungen und Herz eingedrungen waren und diese völlig zerstört hatten.

18. Yeshi: Er wurde um Mitternacht am 7. März 1989 verhaftet und 3 Monate in Gutsa festgehalten. Als er am 22. Aug. 1989 starb, wurde entdeckt, daß seine Leber und Genitalien durch die Folter ganz zerquetscht waren. Offiziell wurde behauptet, er hätte sich vergiftet.

19. Phala: Er wurde in Distrikt Chamdo geboren und im Dez. 1988 verhaftet. In der Haft in Drapchi starb er im Alter von 46 Jahren.

1990

20. Kalsang Tsering: Ein Mönch aus Kloster Sera, geb. im Distrikt Lhundup. Am 10. Dez. 1989 führte er eine Demonstration. Als die Chinesen zu schießen begannen, wurde er schwer verwundet. Nach einem Monat erfolgloser Behandlung starb Kalsang in dem Volkshospital von Lhasa im Alter von 29 Jahren.

21. Lhakpa Tsering: Aus Kyi-Ra, Lhasa, starb mit erst 19 Jahren. Er hatte Anfang 1989 die Gangsen Jungendgruppe gegründet und Dokumente verteilt. Wurde am 4. Nov. 1989 verhaftet. Lhakpa kam in das Drapchi Gefängnis und wurde zu 3 Jahren verurteilt. Dort wurde er ständig gefoltert, weil er den chin. Peinigern herausfordernde Antworten gab, was zu seinem Tod am 15. Dez. 1990 führte. Gefangene in der anliegenden Zelle berichteten, daß sie ihn während der Mißhandlungen schreien hörten: "Mutter, bitte rette mich, sie bringen mich um!"

1991

22. Jampa Gelek: geb. in Meldro Gongkar, starb mit 26 Jahren. 1983 trat Jampa dem Kloster Gaden bei und war an der Unabhängigkeits-Bekundung vom 5. März 1988 beteiligt. Er wurde am 7. März verhaftet und beständig geschlagen und mißhandelt. Oft wurde er unter Schlägen vernommen und auf den Kopf getroffen, was zu Kopfschmerzen und Gehörverlusten führte. Jampa wurde nach 5 Monaten rigoroser Haft entlassen, aber wegen der fortgesetzten Torturen war seine Gesundheit zusammengebrochen und er verschied 1991.

23. Laba Dunzhu: 1989 verhaftet, litt an einer Milzruptur und inneren Verletzungen, nachdem er in der Haft gefoltert wurde. Er kam schließlich in das Volkshospital von Lhasa, wo er im Nov. 1991 starb.

24. Tsamla: Eine Geschäftsfrau aus Lhasa, 39 Jahres alt, starb am 25. Aug. 1991, sechs Monate vor der Absitzung ihrer Zweijahresstrafe. Die genaue Todesursache ist nicht bekannt, aber man weiß, daß Tsamla an inneren Verletzungen litt, wahrscheinlich durch die wiederholten, brutalen Schläge, Stöße und Angriffe mit Elektrowaffen im Gefängnis hervorgerufen. Sie wurde im Mai oder Juni 1991 zur Untersuchung in die Klinik gebracht, wo eine geborstene Milz gefunden wurde. Nach zwei Monaten im Krankenhaus starb sie. Tsamla wurde am 10. Dez. 1988 verhaftet, nachdem sie angeblich Sicherheitspolizisten mit einer Stange auf den Arm getroffen hatte, um diese vom Schießen auf Demonstranten abzulenken.

1992

25. Dawa Dhondup: Dawa stammte aus Gyantse in der Region Shigatse, er wurde am 7. März 1989 wegen vermeintlichem Diebstahl verhaftet und in das Sangyip Gefängnis gebracht, wo er häufig gefoltert wurde. Am 7. März 1992 wurde er entlassen, aber litt weiterhin an den Folgen der ununterbrochenen Peinigung. Seine Gesundheit verschlechterte sich und er suchte das Volkshospital auf, wo er aber nicht richtig behandelt wurde. Nach seinem Tod am 2. Nov. 1992 berichtete der topdhen, daß Dawas Wirbelsäule beschädigt war und seine Arme und Beine durch die grausigen Schläge völlig zermalmt waren.

26. Rinzin Choendhen: War eine Nonne im Shugseb Kloster, stammte aus Gongkar in der Region Lhoka und wurde am 2. März 1989 verhaftet. Sie kam zuerst in die Gutsa Haftanstalt und dann in das Chushul Distriktgefängnis, wo sie vernommen und gefoltert wurde. Nach einer Woche wurde sie auf Intervention des Oberlamas von Shugseb entlassen, aber daraufhin innerhalb eines Monats aus dem Kloster vertrieben. Mit Nierenverletzungen, die sie in der kurzen Zeit in der Haft durch Schläge und Stöße erlitten hatte, wurde sie ins Krankenhaus eingeliefert. Mit 26 Jahren starb sie am 10. Okt. 1992.

1993

27. Lhadar: Ein tibetischer Mönch, der in der chin. Polizeihaft zu Tode gefoltert und geschlagen wurde. Er wurde am 20. Aug. 1993 zusammen mit anderen Mönchen von dem Lithang Kloster in Kham verhaftet. Es heißt, daß er im Aug. 1993 in dem Distrikt Gefängnis von Lithang starb.

28. Tsenyi: geb. 1970 in Lhasa, eine Mitarbeiterin der Zeitung Tibet Daily. Sie entkam im Febr. 1990 nach Indien, aber kehrte 1993 nach Tibet zurück, um die religiösen Riten für ihren kürzlich verstorbenen Vater durchzuführen. Am 24. Mai 1993 hatte Tsenyi an einer Demonstration gegen erhöhte Besteuerung von Waren teilgenommen, was zu einem Unabhängigkeitsprotest wurde. Sie wurde am 17. oder 18. Juni 1993 verhaftet, in das Seitru Gefängnis gebracht, wo sie geschlagen wurde, obwohl sie schwanger war. Sie wurde zwar zeitweilig entlassen, aber ständig verfolgt und belästigt. Tsenyi war psychisch völlig gebrochen, so daß sie mit 23 Jahren Selbstmord beging und ein noch nicht ein Jahre altes Kind hinterließ.

1994

29. Lobsang Yonten: geb. in dem Dorf Nharub in Gongkar, Region Lhoka, war allgemein bekannt als Tsasur Zhang-La (Onkel Tsasur). Er wurde im Mai 1993 verhaftet, weil er versuchte eine europäische Delegation, die Tibet besuchte, zu kontaktieren. Die chin. Polizei ließ ihn daraufhin verschwinden, und er wurde ständig gefoltert, was zu seinem gesundheitlichen Zusammenbruch führte. Er starb am 30. Okt. 1994 mit 65 Jahren.

30. Phuntsok Yangkyi: Eine 20-jährige Nonne, geb. in Taktse. Sie gehörte dem Michungri Kloster an und saß im Drapchi Gefängnis eine fünfjährige Strafe ab, weil sie im Febr. 1992 an einer Unabhängigkeitsdemonstration teilgenommen hatte. Sie wurde geschlagen, nachdem sie am 11. Febr. 1994 nationalistische Lieder im Gefängnis gesungen hatte. Im Mai 1994 fiel sie ins Koma, weil ihr Körperflüssigkeit entnommen wurde. Nägel, Zunge und Lippen wurden blauschwarz. Sie starb sechs Tage später am 4. Juni 1994.

31. Dawa Tsering: geb. in Lhasa; mit 28 Jahren im März 1989 nahm er an einer der größten jemals in Lhasa gehaltenen Demonstration teil und wurde am 8. März 1989 verhaftet. Dawa Tsering wurde in das Sangyip Gefängnis gebracht und bis März 1990 in Outridu (Unit No. 5) eingesperrt. In dem Jahr seiner Gefangenschaft wurde er immer wieder schwer gefoltert und sein Zustand wurde so kritisch, daß er kaum mehr stehen konnte. Sein Rücken war ganz vornüber geneigt. Die entsetzliche Folterung hatte seine Nieren geschädigt. Dawa wurde nach seiner Entlassung von seiner Familie in das Regionalkrankenhaus eingeliefert, aber sein Zustand besserte sich nie wieder. Er starb mit nur 23 Jahren zuhause am 14. Mai 1994 als Folge seiner Verletzungen.

1995

32. Kalsang Dawa: Ein Maler aus Phenpo in Großraum Lhasa, wurde 1993 wegen Hissens einer Flagge auf dem Gephel-Uste Berg verhaftet. Kalsang starb mit 29 Jahren, nachdem er zweieinhalb Jahre Gefängnisfolter, auch mit Elektroschlagstöcken, erduldet hatte. Am 14. Okt. 1995 fand man ihn in seiner Zelle erhängt.

33. Gyaltsen Kelsang: Eine Nonne aus Kloster Garu, die mit 24 Jahren starb. Sie wurde am 14. Juni 1993 wegen Beteiligung an einer Unabhängigkeitsdemonstration in Lhasa verhaftet und zu zwei Jahren verurteilt. In der Gutsa Haftanstalt und dann in Drapchi wurde sie gefoltert und geschlagen. Danach war sie 20 Tage lang ohne ärztliche Behandlung bettlägerig. Im Nov. 1994 wurde sie in die Klinik eingeliefert, aber ihr Zustand verschlechterte sich weiter. Nach Dreiviertel ihrer Haftzeit wurde sie aus medizinischen Gründen nach Hause geschickt. Ihr Zustand besserte sich nicht mehr und sie starb am 20. Febr. 1995.

34. Sherab Ngawang: Aus Drok Tashi Khang in Meldro Gongkar bei Lhasa. Mit 12 Jahren wurde sie verhaftet, weil sie an einer Unabhängigkeitsdemonstration teilgenommen hatte. Sherab Ngawang ist die jüngste Gefangene, die je als direkte Folge der chin. Mißhandlungen starb. Sie verschied am 17. April 1995 nach drei Jahren Haft in Trisam im Alter von 15 Jahren.

35. Tashi Tsering: Tashi kam aus Ngabring im Distrikt Shigatse. Er wurde am Morgen des 28. Nov. 1989 verhaftet, nachdem vermutet wurde, daß er Zettel zugunsten tibetischer Unabhängigkeit geschrieben und 73 davon angeklebt hatte. Tashi wurde in das Drapchi Gefängnis gesteckt, wo er als Folge der langen Mißhandlung und medizinischer Vernachlässigung am 17. Mai 1995 starb.

36. Dorjee Damdul: geb. 1933 in Lhasa, wurde 1992 von dem PSB verhaftet, weil er politische Flugblätter verteilt hatte. Er wurde vernommen, dabei geschlagen und wurde leidend. Er wurde daraufhin entlassen und starb 1995 als Folge der erlittenen Gesundheitsschäden.

37. Sonam Tashi: geb. 1939 in Lhasa, arbeitete als Zimmermann. Er nahm am 5. Mai 1993 an einer Demonstration teil und wurde am selben Tag verhaftet. Sonam wurde während der Vernehmung grausam geschlagen. Er wurde ein Jahr später entlassen, aber starb Anfang 1995 zuhause.

1996

38. Dorjee Khanghsiri: Stammte aus Tse-Gor Thang, 124 km von Chabcha in Amdo. Er starb im Juli 1996 mit 66 Jahren, nachdem er von Angehörigen der PAP und des PSB schwer geschlagen wurde. Die Offiziellen kamen in seine Stadt und durchsuchten alle Häuser und forderten Geldstrafen, wo immer sie Dalai Lama entdeckten. Dorjee war nicht in der Lage, die hohe Strafe von 8.000 Yuan (US$750) zu zahlen und bekam zu hören, er müsse bis 1997 zahlen, sonst würde die Hälfte seines Ackerlandes konfisziert. Als Dorjee zu argumentieren begann, wurde er so zugerichtet, daß er hospitalisiert werden mußte. 20 Tage später starb er.

39. Jamyang Thinley: 25 Jahre, ein Mönch aus Kloster Chamdo, wurde im Mai 1996 zusammen mit anderen Mönchen desselben Klosters verhaftet. Er wurde am 13. Sept. 1996 entlassen und starb 5 Tage später an den Folgen der schweren, im Gefängnis erlittenen Torturen.

40. Kalsang Thutop: Ein 49-jähriger Mönch aus Kloster Drepung, aus Sanga in Toelung Distrikt stammend. Kalsang Thutop wurde wegen Beteiligung an den Demonstrationen von 1989 verhaftet und zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt. Er war einer der vier Anführer einer geheimen Unabhängigkeitsgruppe in dem Kloster Drepung, das die Universelle Deklaration der Menschenrechte ins Tibetische übersetzt und ein geheimes Büchlein namens "Wertvolle Demokratische Verfassung in Tibet" herausgebracht hatte. Am 5. Juli 1996 wurde er in Drapchi zur Vernehmung gebracht. Als er zwei Stunden später zurückkehrte, konnte er nicht mehr sprechen, so war er geschlagen worden. Er wurde schnell ins Krankenhaus geschafft, aber starb wenige Stunden später. Manche Quellen sagen, daß Kalsang schon krank gewesen wäre, aber sein Tod war plötzlich und trat unerwartet ein. Seine Freude berichten, daß er brutal gefoltert worden war.

41. Phurbu Tsering: geb. 1960 und Einwohner von Banak Shol, Lhasa. Er arbeitete in einer Druckerei für heilige Schriften am Kloster Sera. Phurbu wurde wegen der Unabhängigkeitsdemonstration am 5. März 1989 verhaftet. Er wurde in der PSB Station in der Nähe des Jokhang in Lhasa festgehalten und mit einer Eisenstange auf den Schädel geschlagen, was ihm eine ernste Kopfverletzung beibrachte. Er war dann 4 Monate lang zu Operationen in der Klinik. Eine Seite seines Körpers wurde völlig gelähmt. Im Okt. 1989 wurde er aus der Klinik entlassen, aber erholte sich nie wieder. Phurtse starb im Febr. 1996.

42. Sangye Tenphel: Aus dem Dorf Uma, ein Mönch im Kloster Khangmar, Damshung bei Lhasa. Sangye wurde am 10. April 1995 mit 19 Jahren verhaftet, weil er sich in seinen Liedern und in Plakaten für tibetische Unabhängigkeit ausgesprochen hatte. Er wurde vier Monate in der Gutsa Haftanstalt festgehalten und später nach Drapchi verlegt. Er starb als Folge der entsetzlichen Mißhandlungen und Schläge in der Gefangenschaft am 6. Mai 1996.

43. Thinley Chodak: Ein 19-jähriger Mönch aus Karze in Provinz Sichuan, auch bekannt als Karze Tulku. Thinley wurde 1994 verhaftet und zu 3 Jahren verurteilt. Er starb als Folge der Peinigung im Drapchi Gefängnis 1996.

1997

44. Pasang: geb. 1973, war ein Mönch von Kloster Dechen Sangnak in Thaktse bei Lhasa. Er wurde nach einer Demonstration am Barkhor im Dez. 1994 verhaftet und zu 5 Jahren verurteilt. Im Drapchi Gefängnis benötigte er infolge der Schläge medizinische Versorgung. Täglich wurde er zur Ambulanz geschickt, aber sein Zustand verschlimmerte sich und er starb am 17. Dez. 1997 in dem Chide Hospital der TAR.

45. Rinzin: Einer anonymen Quelle zufolge starb der 61-jährige politische Gefangene am 11. oder 12. Febr. 1997 zuhause, einen Monat nachdem er vom Gefängnis entlassen wurde. Rinzin aus Mugrum Trehte, Distrikt Lhabrang, Region Ngari, wurde im Sept. 1996 wegen Besitz eines Dalai Lama Photos und weil er den chin. Beamten "wenn wir die Person schon nicht in Gestalt vor uns sehen können, was ist dann dabei, ihr Photo zu haben?" geantwortet hatte, verhaftet. Der Chinese entgegnete, er würde "ein schlechtes Beispiel für das Land" abgeben. Nach seiner Entlassung konnte er kaum sprechen und war völlig bettlägerig. Er war unterernährt und im Gefängnis hatte er Tuberkulose entwickelt.

46. Tenchok Tenphel: Ein 27-jähriger Mönch aus Sakya Truphai Lakhang bei Shigatse. Tenchok wurde am 1. Sept. 1997 verhaftet, weil er im Widerstreit zu den Forderungen der Umerzieher einen Aufsatz zum Ruhme des Dalai Lama geschrieben hatte. Nachdem er in das Haftzentrum von Sakya kam, wurde er dort vernommen, bedroht und gefoltert, aber weigerte sich immer noch, den Dalai Lama zu beschimpfen. Nach 15 Tagen in der Haft beging er im Sept. 1997 Selbstmord, indem er sich an seinem Gürtel erhängte. Die offizielle Version war: "Thenchok beging Selbstmord wegen eines Finanzbetruges in seiner Zeit als Verwalter des Klosters." Sein Körper wurde verbrannt, ehe seine Familie ihn sehen konnte.

47. Jampel Thinley: Im Frühling 1997 wurde der 28-jährige Jampel Thinley, ein Mönch in Kloster Chamdo, verhaftet und angeklagt, "konterrevolutionäre Poster" an das Kloster geklebt zu haben. Er wurde in der Haft gefoltert und dann in das Volkshospital von Chamdo gebracht, aber starb nach 4 Stunden. Seine engen Freunde hörten ihn murmeln, daß er während der 9 Tage und Nächte, die er geschlagen und gepeinigt wurde, keinen einzigen Tropfen Wasser oder Nahrung bekam.

1998

48. Ngawang Dekyi: Eine 25-jährige Nonne aus Kloster Poto in Phenpo Lundu, wurde in Gutsa festgehalten, nachdem sie an einer Demonstration in Lhasa beteiligt gewesen war. Sie wurde zu 6 Jahren in dem "Umerziehung-durch-Arbeit" Lager von Drapchi verurteilt. Im Jan. 1998 kam sie todkrank ins Krankenhaus und starb 16 Tage später. Die schweren Schläge durch die Gefängniswachen waren an ihrem Tode schuld.

49. Yeshi Samten: Ein 22-jähriger Mönch aus Kloster Gaden, starb eine Woche nach seiner Entlassung aus dem Trisam Gefängnis am 12. Mai 1998. Yeshi Samten wurde in der zweijährigen Inhaftierung schlimm gefoltert. Bei seiner Verbrennung bemerkte der die Begräbnisriten Durchführende, daß zwei seiner Rippen gebrochen waren. Er war am 6. Mai 1996 bei dem Protest in Gaden gegen die chin. Umerziehungsmethoden verhaftet worden. Am 6. Mai 1998 wurde er nach Ende seiner Haftfrist entlassen.

50. Karma Dawa: Es heißt, daß er am 1. Mai 1998 gegen die Absicht der chin. Gefängnisleitung, die Gefangenen bei einer Zeremonie zur Feier des Internationalen Arbeitstages einzusetzen, zu protestieren begann. Diese Zeremonie sollte nämlich gefilmt werden, um der Delegation der EU Botschafter, die gerade in Tibet zu Besuch weilte, ein positives Bild von Drapchi zu liefern. Karma war ein nicht-politischer Gefangener, der ein 13 Jahre Urteil abzubüßen hatte. Einigen Berichten zufolge wurde er innerhalb von 2 Wochen nach der Demonstration hingerichtet, aber möglicherweise wurde er auch gleich zu Anfang erschossen.

51. Lobsang Gelek: Ein Mönch, der am 1. Mai 1998, nachdem er sich dem Protest von Karma Dawa angeschlossen hatte, erschossen wurde. Er war 24 Jahre alt und stammte aus Damshung im Großraum Lhasa. Die Gefängnisleitung informierte seinen Vater, daß er Selbstmord begangen hätte.

52. Tashi Lhamo: Eine der 6 Nonnen, die am 7. Juni 1998 nach dem Protest vom 4. Mai im Drapchi Gefängnis gestorben sind. Diese zweite Bekundung fand während der Feier des Jugendtages statt. Tashi hatte ein 6-Jahres Urteil abzubüßen, das beinahe zu Ende war. Tashi Lhamo, Dekyi Yangzom und Khedron Yonten waren alle aus dem Distrikt Nyemo. Die Behörden gaben an, daß sie sich selbst erstickt hätten, indem sie sich Schals in den Mund stopften.

53: Ngawang Choekyi: Starb ebenfalls am 7. Juni 1998. Ngawang hatte ein fünfjähriges Urteil abzubüßen, weil sie im Juni 1994 am Barkhor demonstriert hatte. Sie war 26 Jahre alt und eine Nonne aus Phenpo Lhundrup. Ihren Eltern wurde erklärt, sie hätte sich aufgehängt.

54. Choekyi Wango: Eine weitere der am 7. Juni 1998 gestorbenen Nonnen. Choekyi war 21 Jahre alt und aus Kloster Sharbumba in Phenpo Lhundrup. 1994 hatte auch sie an einer Demonstration am Barkhor teilgenommen. Die Behörden sagten, sie hätte sich erhängt.

55. Dekyi Yangzom: Eine 21-jährige Nonne aus Nyemo Dowa Choeten Kloster. 1994 wurde sie verhaftet, weil sie in Lhasa demonstriert hatte. Sie starb ebenfalls am 7. Juni 1998.

56. Khedron Yonten: Wurde in Nyemo Pelshang, Distrikt Nyemo geboren. Khedron trat einem Jiwa Kloster in Nyemo bei und nahm an einer Demonstration teil. 1994 wurde sie verhaftet. Sie ist die fünfte Nonne, die am 7. Juni 1998 starb. Als Todesursache wurde ebenfalls Erstickung angegeben.

57. Lobsang Wangmo: geb. in Phenpo, wurde Nonne in dem Kloster Dode-nga in Phenpo-Lhundrup. 1994 wurde sie verhaftet und zu fünf Jahren Haft verurteilt. Ein Bericht von TIN besagt, daß Lobsang als Folge der Schläge in Drapchi nach den zwei Protesten starb.

58. Khedrub: 26-jährig, aus Meldro Gongkar in der Nähe von Lhasa. Er wurde 1994 verhaftet und soll infolge der Schläge gestorben sein. TIN zufolge wurde Khedrub nach dem Vorfall vom 4. Mai in Einzelhaft nach Outridu verlegt. Die Details seines Todes sind nicht bekannt, aber seine Verwandten mußten akzeptieren, daß er Selbstmord begangen hätte, obwohl sie niemals seine Leiche zu Gesicht bekamen.

59. Ngawang Tenkyong: Ein 28-jähriger Mönch, auch aus Meldro Gongkar, soll an den schweren Schlägen im Mai 1998 gestorben sein. Er hatte ein 10-Jahres Urteil wegen Beteiligung an einer Unabhängigkeitsdemonstration im Mai 1996 abzubüßen.

60. Ngawang Tenzin: Ein unbestätigter Bericht von TIN besagt, daß Ngawang am 7. Juni 1998 starb. Er wurde in Phenpo Lhundrup geboren und wurde Mönch in dem Kloster Phenpo Taklung, nördlich von Lhasa. Im Febr. 1995 war er bei einer Demonstration von der PAP verhaftet worden.

Teil 6

a)

PERSÖNLICHE ZEUGNISSE VON FOLTEROPFERN

Aufgehängt und elektro-gefoltert

"Mein Name ist Gaden Tashi und ich bin ein 29-jähriger Mönch aus Meldro Gonkar Shen. Ich wurde am 5. März 1988 am östlichen Barkhor von Lhasa verhaftet, weil ich einer der Verantwortlichen für das Monlam Gebetsfest war.

Bei der Verhaftung warfen zahllose chin. PSB und Armee-Soldaten Tränengas auf uns und schlugen mit Stöcken, Gewehrenden und Gummiknüppeln auf uns ein. Etwa sieben von uns wurden geschlagen und entblößt. Sie verwendeten elektrische Schlagstöcke und warfen kaltes Wasser über uns. Das ging etwa eine Stunde lang so. Später, als ich wieder zu mir kam, begriff ich, daß ich in Handschellen lag und in der Gutsa Haftanstalt war, wo sich etwa 20 Gefangene in jeder Zelle befanden.

Zuerst wurde ich wegen "konterrevolutionärer Aktivität" zu drei Jahren Haft verurteilt und kam ins Drapchi Gefängnis. Dort gründeten ich und einige andere Gefangene die "Snow Land for Youths Freedom Organisation". Am 17. Mai 1990 wurde mein Urteil aus diesem Grund auf 12 Jahre erhöht, aber schließlich wurde ich 1992 aus gesundheitlichen Gründen entlassen, nachdem ich ein Jahr im Krankenhaus gelegen hatte. Die schlimmste Peinigung war, als wir nackt ausgezogen und mit elektrischen Stöcken geschlagen wurden. Danach war es mir kaum mehr möglich, meine Hose und Robe anzuziehen. Als wir unsere Zelle erreichten, war ich so angeschwollen und zerschlagen, daß ich nicht auf dem Rücken schlafen konnte. Meine Haut war blau und grün geworden.

In Gutsa wurde ich häufig an der Decke aufgehängt, jedesmal 10 bis 15 Minuten lang. Elektrische Stöcke und Drähte wurden auch eingesetzt. Sie banden den Draht um mein Handgelenk und elektrisierten mich, was furchtbar schmerzhaft war. In Outridu gebrauchten sie hauptsächlich Stöcke, Elektrowaffen und kaltes Wasser. Nachdem sie kaltes Wasser auf den Gefangenen gegossen hatten, schlugen sie ihn mit einer Elektrowaffe, um ihn zu schockieren. Im großen und ganzen ließen sie aber die Gefangenen lieber verhungern als sie zu schlagen. In jener Zeit litt ich ernstlich an einer Wunde an meinem Kopf, die ich von einem besonders heftigen Schlag in Gutsa hatte.

Von Outridu wurde ich nach Seitru gebracht, wo ich in Einzelhaft gesteckt wurde. Seitru ist ein sehr strenges Gefängnis, und dort wurde ich am meisten geschlagen und aufgehängt. Die schlimmste Peinigung in Seitru war die Anwendung einer Handschelle, die sich von selbst zuzog ("gelbe Handschelle"). Während die Handschellen anzogen, mußten wir unsere gefesselten Hände auf den Boden legen und sie stießen mit den Füßen nach den Handschellen, was fürchterlich schmerzte. Später litt ich an geschwollenen Händen und noch heute sind sie voller Narben. Eines Tages, als ich in Drapchi war, wurde ich in Handschellen gelegt, ein Sack wurde mir über den Kopf gestülpt und so wurde ich nach Outridu gebracht, wo ich 34 Tage lang in Einzelhaft, an den Füßen gefesselt, verbringen mußte. Die Kammer war so dunkel, daß ich nur, wenn draußen ein sehr heller, sonniger Tag war, meine Hände sehen konnte. Wenn das Wetter schlecht war, konnte ich überhaupt nicht zwischen Tag und Nacht unterscheiden. Ich mußte meine Notdurft in derselben Kammer erledigen und bekam lediglich zwei kleine tingmo und eine Gemüsesuppe zweimal täglich. Am Ende meiner Einzelhaft fiel es mir sehr schwer, meine Augen wieder aufzukriegen.

Ich wurde zurück nach Drapchi gebracht und in die Abteilung der politischen Aktivisten gesteckt, wo ich Zwangsarbeit leisten mußte. Das war um so härter, als ich mit Fußschellen gefesselt war. Zwei Jahre später wurde ich aus medizinischen Gründen freigesetzt, nachdem ich ein Jahr im Krankenhaus war. Ich kam im Dez. 1996 in Indien an und leide auch jetzt noch unter Kopfschmerzen und schlechter Sicht."

6b)

'Sprich nicht über Freiheit!'

"Mein Name ist Jampel Tsering, ich bin 27 Jahre alt und ein früherer Mönch von Kloster Drepung, Lhasa. Ich wurde erstmals am 27. Sept. 1987 verhaftet, weil ich zusammen mit 21 anderen Mönchen von Drepung eine Demonstration um den Barkhor geführt hatte, und wurde vier Monate lang in verschiedenen Gefängnissen eingesperrt. Am 18. Juli 1989 wurde ich erneut festgenommen, weil ich mit anderen Mönchen in Lhasa demonstriert hatte; danach kamen die Polizisten in mein Kloster und sie fanden Menschenrechts-Schriften in meinem Zimmer. Zuerst war ich im Sangyip Gefängnis und 6 Monate später wurde ich nach Drapchi verlegt. Ich wurde zu 5 Jahren Gefängnis und 3 Jahren Verlust der Bürgerrechte verurteilt.

In Drapchi wurden meine Kleider und persönlichen Dinge, einschließlich der buddhistischen Schriften verbrannt. Ich wurde dann erbarmungslos geschlagen, wiederholt am ganzen Leib mit Fäusten geboxt und in den Rücken getreten. Diese schweren Mißhandlungen gingen einige Tage so weiter und auch danach bekam ich fast täglich Schläge. Ich wurde auf dem Gesicht und dem Mund mit einem Elektrostab für Vieh schockiert. Dabei schrieen die Peiniger mich an: 'Du darfst nicht über Freiheit reden!'.

1991 verlangten ich und einige andere Insassen Auskunft, wo die Gefangenen hingebracht wurden, die versucht hatten, einer ausländischen Delegation einen Brief über die entsetzlichen Gefängnisbedingungen zu übergeben. Dafür wurden wir bestraft, indem unsere Hände und Füße gefesselt wurden. Ich wurde am ganzen Körper gestoßen und geboxt und mit einem Gewehrkolben geschlagen. Wir wurden alle 12 Tage lang in Einzelhaft gesteckt.

Im ganzen war ich 5 1/2 Jahre lang eingesperrt, während dessen ich oft an der Decke über einem brennenden Feuer oder rauchendem Chili Pulver aufgehängt wurde. Das verursachte heftiges Brennen am ganzen Körper und ich konnte danach mehrere Stunden lang meine Augen nicht mehr öffnen. Im Gefängnis wurde ich in Handschellen gelegt, und manchmal wurde mein ganzer Körper mit Stricken gefesselt, was äußerst schmerzhaft war. Nach meiner Entlassung 1994 durfte ich nicht mehr in mein Kloster zurückkehren und floh daher im Okt. 1996 aus Tibet."

6c)

Mit vorgehaltener Pistole vernommen

"Mein Name ist Yeshi Togden und ich bin 31 Jahre alt. Ich wurde in der Gegend des Jokhang von Lhasa am 5. März 1988 verhaftet, weil ich mit einigen Freunden demonstriert hatte. Nach wenigen Minuten Konfrontation mit der chin. Polizei wurden wir festgenommen. Die ganze Szene glich einem Schlachtfeld: überall sah man Blut und in jeder Ecke lagen Mönchsgewänder.

Ehe wir ins Gefängnis kamen, wurden wir wahllos geschlagen, mit Fäusten geboxt und gestoßen. 13 Tage lang war in ich der Gutsa Haftanstalt, wo ich täglich 14 Stunden lang vernommen wurde, manchmal mit vorgehaltener Pistole. Später wurde ich nach Outridu verlegt und dort 6 Monate lang festgehalten. Wir bekamen kein sauberes Wasser und Essen und waren so hungrig, daß wir Seife und Zahnpasta aßen.

Ich wurde über drei Monate von zwei Polizisten, einem Tibeter und einem Chinesen, verhört. Sie gebrauchten Elektroschockgeräte und Viehstöcke, um mich am ganzen Körper zu elektrisieren und preßten diese auch in meinen Mund. Wilde Hunde wurden auf mich losgelassen. Nach den Folterungen wurden unsere Hände und Daumen in Schellen gelegt."

6d)

Ohne Gerichtsverfahren verurteilt

"Mein Name ist Phuntsok Zomkyi, ich bin eine 27-jährige Nonne aus Toelung, Großraum Lhasa. Ich wurde im Okt. 1989 wegen einer friedlichen Demonstration zusammen mit 5 anderen Nonnen festgenommen.

Wir wurden alle verhaftet und dann mit vorgehaltener Pistole nach Gutsa gebracht, wo ich 2 1/2 Jahre verbrachte, danach 6 Monate in Trisam. Ich wurde regelmäßig vernommen, geschlagen und gefoltert. Die schlimmste Peinigung, die mir zugefügt wurde, war, als ich über eine Stunde auf dem Kopf an eine Wand gelehnt stehen mußte. Mein Kopf wurde hochrot und schmerzte entsetzlich. Als es unerträglich wurde, fiel ich um, aber die Peiniger kamen und schlugen mich so wild, bis ich wieder diese Stellung einnahm. Eines Tages wurde mir Blut entnommen und eine meiner Leidensgenossinnen starb im Gefängnis, nachdem ihr zum dritten Mal Blut abgezapft wurde.

Ich wurde niemals vor ein Gericht gestellt, sondern bekam einfach erklärt, ich sei zu drei Jahren verurteilt. Ich wurde im Okt. 1992 entlassen, aber die Wiederaufnahme in mein Kloster wurde mir verweigert. Mein Leben wurde nutzlos und so floh ich im Sept. 1995 nach Indien. Ich lebe nun in dem Nonnenkloster Dolma Ling in Dharamsala. Dort gibt es noch andere 20 Nonnen, die auch im Gutsa Gefängnis inhaftiert waren. Ich bin immer noch sehr schwach gesundheitlich, aber der psychische Schmerz ist der schlimmste und ich habe oftmals Alpträume von dieser entsetzlichen Periode meines Lebens."

6e)

Sexuell mißbraucht mit Elektrostäben

"Mein Name ist Tenzin Choedon. Ich bin eine 28-jährige Nonne. Ich verbrachte zwei Monate im Gutsa Gefängnis, weil ich am 4. Febr. 1988 für Unabhängigkeit demonstriert hatte. Wir wurden von der chin. Polizei verhaftet und in die Gutsa Haftanstalt getrieben. Als eine der Nonnen 'Tibet ist unabhängig' rief, wurden wir alle mit Gewehrkolben geschlagen und bei unserer Ankunft in Gutsa erneut verhauen. Die Vernehmungen begannen sofort. Drei PSB Offiziere kamen in meine Zelle und stellten Fragen, wer die Demonstration begonnen hätte. Ich wurde geschlagen und alles endete plötzlich. Ein tibetischer PSB Genosse rief: 'Ihr schamlosen Nonnen, ihr rennt ja bloß den Mönchen hinterher, wenn ich mein Gewehr hier hätte, würde ich euch erschießen!' Dann ließ ein Offizier einen Hund auf mich los. Ich stand still, sogar als der Hund mich biß.

Dann wurden wir in eine Halle gebracht und erhielten den Befehl, uns auszuziehen, bis auf unsere Weste und den Unterrock, wonach wir einzeln in ein Zimmer geführt wurden. Darin waren vier Frauen, eine junge Chinesin und drei Tibeterinnen. Ich wurde entblößt und mußte mich auf den Bauch auf den Boden legen. Ich sah, wie sie Knotenstricke, Elektrostäbe und Stöcke brachten. Sie hatten ihr Gesicht bedeckt und trugen Handschuhe. Zuerst wurde ich mit einem Stock am ganzen Körper geschlagen. Nach fünf Schlägen verlor ich das Bewußtsein. Als ich wieder zu Sinnen kam, sah ich, wie meine Gefährtinnen mit Elektrostäben im After mißbraucht wurden. Als ich mit der Elektrowaffe bearbeitet wurde, war mir, als ob ein Nerv aus meinem Herzen herausgezogen würde und mein ganzer Bauch war in Qual.

Dann befahlen sie mir aufzustehen und an eine Wand zu lehnen. Nach einem Wortwechsel mit den Frauen stießen sie einen Stock mit voller Wucht viermal in meine Vagina, wonach ich drei Tage lang Schmerzen hatte und auch Beschwerden beim Entleeren der Blase bekam. Dann wurde mir der Stock in den Mund gepreßt. Da ich meinen Mund fest zukniff, mußten sie sehr stark drücken, wodurch meine Lippen verletzt und zwei meiner Zähne locker wurden. Danach konnte ich mich nicht mehr selbst bewegen und sie mußten mich in meine Zelle schleppen. Ich wußte nicht, ob es Tag oder Nacht war. Als ich zu mir kam, sah ich, daß meine Haut ganz grün geworden war.

Als wir entlassen wurden, warnten sie uns: 'Ihr seid alle jung und unreif, und könnt nicht richtig denken. Wenn ihr noch einmal beim Demonstrieren erwischt werdet, dann werdet ihr gleich hingerichtet.' Nach unserer Entlassung wurden wir streng von dem PSB überwacht.

Nach meiner Entlassung am 27. Juni 1988 blieb ich zwei Jahre in Tibet, ehe ich 1991 zusammen mit drei anderen nach Indien floh. Ich entschloß mich zu diesem Schritt, weil ich aus meinem Kloster vertrieben wurde, in meine Heimatstadt zurückgeschickt wurde und keiner anderen Institution mehr beitreten durfte. Ich weiß, daß meine Flucht für meine fünf Verwandten in Tibet problematisch sein könnte, aber ich hatte keine andere Wahl.

Als Ergebnis der Folterung büßte ich ein Drittel meiner physischen Fähigkeiten ein, besonders auf der rechten Seite des Körpers. Im Gefängnis wurde ich nie ärztlich behandelt oder untersucht, aber nach meiner Entlassung lag ich zwei Monate lang krank zu Bett und konnte nur Urinproben an den Arzt senden. Jetzt leide ich täglich unter Kopfweh, Rückschmerzen und habe ein Venenleiden. Es tut mir weh, wenn ich zu lange studiere oder Schriften lese."

6f)

'Ich verlor den Mut nicht'

"Mein Name ist Rinzin Kunsang, ich bin eine 31-jährige Nonne aus Nyemo Shen. Ich wurde im Mai 1988 wegen Demonstrierens verhaftet und in die Gutsa Haftanstalt gebracht. Auf dem Weg nach Gutsa wurden wir wiederholt mit Gewehrkolben geschlagen. Sobald wir ankamen, begannen die Befragungen.

Als ich vernommen wurde, wurde ich mit Stöcken und Gewehrkolben geschlagen. Ich kam in Einzelhaft und bis zum Tag meiner Entlassung sah ich meine Gefährtinnen nicht mehr. Während ich in Gutsa war, wurde ich regelmäßig gefoltert. Sie entkleideten mich ganz bis auf einen dünnen Unterrock. Zwei PSB Schergen befahlen mir vor einem kleinen Tisch niederzuknien und mein Kinn draufzulegen, und dann schlugen sie mich etwa eine Stunde lang erbarmungslos mit Stöcken. Die Wachen machten normalerweise eine fünfminütige Pause, während der sie einen Schemel auf meinen Rücken stellten und drohten, falls dieser herunterfalle, würde ich wieder gefoltert werden. Nach 15 Minuten geboten sie mir, aufzustehen.

Die PSB Offiziere erklärten mir, daß ich die Anführerin der Demonstration sei und eingesperrt würde. Plötzlich trat einer der Gefängniswächter mit einem Revolver auf mich zu. Er steckte ihn in meinen Mund und befahl mir die Wahrheit zu sagen, andernfalls würde ich hingerichtet werden. Ich sagte, daß ich nichts zu enthüllen hätte und wenn sie wollten, dann sollten sie mich eben umbringen.

Als sie vom Essen zurückkamen, brachten sie mich in eine Zelle, wo zwei Frauen und zwei männliche PSB Angehörige warteten. Ich wurde in eine kleine Halle gebracht, wo ich vor einer Schar von kriminellen Strafgefangenen völlig nackt ausgezogen wurde. Die zwei Frauen legten Handschuhe an und bedeckten ihren Mund. Sie drohten, daß sie mich mit einem Mönch verheiraten würden, damit ich meine Nonnengelübde brechen würde. Dann befahlen sie mir, mich auf den Boden zu legen. Sie begannen mich mit ihren Soldatenstiefeln zu treten und liefen mit den Schuhen über meinen Körper von Hals bis Zehen. Danach mußte ich auf die Knie gehen und wurde mit einem speziellen Gerät geschlagen: es hatte einen Griff und war an einem Ende etwas abgeflacht und mit gefalzten Nägeln besetzt. Der Schmerz war fürchterlich und meine Hinterbacken wurden übel verletzt. Am Ende der Tortur gaben sie mir meine Kleider zurück, behielten aber Gürtel und Schnürsenkel, damit ich mich nicht erhängen könnte. Ich hatte nicht einmal eine Matratze, auf der ich hätte schlafen können. Mein Rücken und Hintern waren ganz zerquetscht und ich konnte nicht sitzen. Auch danach wurde ich regelmäßig vernommen.

Ich erreichte Lhasa, wo ich einige Zeit in einem Krankenhaus war. Als ich in mein Kloster zurückkehren wollte, war dort ein chin. 'Arbeitskommando' zur Durchführung der Umerziehung einquartiert. Daraufhin wurden alle ehemaligen politischen Gefangenen aus dem Kloster hinausgeworfen. Schließlich floh ich vor etwa 6 Jahren nach Indien. Ich habe immer noch Beschwerden mit der Hüfte und den Venen."

6g)

Eine ganze Reihe von Mißhandlungen

"Mein Name ist Rinzin Choenyi und ich bin 26 Jahre alt. 1988 demonstrierte ich zusammen mit 11 Nonnen und 2 Mönchen. Ich wurde zwar nicht gefaßt, aber aus meinem Kloster ausgetrieben. Am 22. Sept. 1989 beteiligte ich mich an einer Demonstration zur Befreiung von politischen Gefangenen. Ich wurde zusammen mit fünf anderen Nonnen am Barkhor festgenommen und in das Gutsa Gefängnis gebracht.

Es war Nachmittag und wir mußten ohne uns zu bewegen bis 1 Uhr nachts im Freien stehen. Dann folgten zwei Monate lang die Verhöre, manchmal dreimal am Tag und gewöhnlich bis zu 2 Stunden dauernd. Verhöre bedeuteten stets Schläge mit Elektrostäben. Drei oder vier Männer kamen herein und banden uns die Hände auf den Rücken, hängten uns in der Luft auf und schlugen dann mit den Elektrokeulen auf uns ein. Sie rotierten auch grobe Seile, mit deren Wucht sie uns dann schlugen. Die Stöße und Schläge waren unzählbar und heftig. Dann nahmen sie uns herunter, bearbeiteten wieder unseren ganzen Körper mit Elektroschocks. Auch andere Arten der Folter gab es, wie Stehenlassen in der Sonne, Schlagen mit Bambusstangen oder Umwickeln unserer Finger mit Drähten, um uns zu elektrisieren.

Zwei Monate später wurde ich als "Konterrevolutionäre" vor Gericht gestellt und zu 7 Jahren Haft verurteilt. Am 5. März 1992 zu Losar beschlossen einige Gefangene und ich, gewöhnliche Kleider zu tagen, um der vergangenen Aufstände zu gedenken. Als sie uns anwiesen, die Kleider auszuziehen, protestierten wir und wurden schwer geschlagen. Die Soldaten hatten Plastikseile so dick wie Arme. Wenn sie einen damit schlugen, dann bekam man blauschwarze Blutergüsse und Krämpfe am nächsten Tag. Wenn immer wir aufbegehrten, setzten sie diese Seile bei uns ein.

Wir protestierten drei Tage lang, als sie zwei Gefangene, Acha Chungdak und Dadon, wegbrachten. Am Morgen des dritten Tages wurden wir zur Arbeit gerufen. Wir weigerten uns und sagten, wir würden nur gehen, wenn die zwei zurückkämen, aber 15 Wachen schlugen uns mit Gewehrkolben. Da auch die Strafgefangenen zu schreien begannen, versuchte die Hälfte dieser Wachen, sie ruhigzustellen. Am nächsten Tag konnte keiner sich auch nur einen Schritt bewegen. Sie hatten uns mit Gürteln geschlagen und viele von uns hatten schlimme Schnittwunden am Kopf und an der Stirne abbekommen.

1994 wurde in dem Gefängnis Pflichtdrill für die politischen Gefangenen eingeführt, der genauso streng, hart und höllisch wie eine Militärübung war. Er begann vor Morgengrauen und dauerte ganze Tage lang. Viele Nonnen brachen zu jener Zeit zusammen, und wenn sie dem Training nicht mehr richtig folgen konnten, dann wurden sie geschlagen. Es herrschte strenge Disziplin und jede falsche Bewegung bei diesem Training bedeutete Schläge und zusätzliche Bestrafung. Manchmal wurde bis Mitternacht gedrillt, auch im Regen, während die Aufpasser unter einem Schutzdach standen. Wegen einer Operation war ich ausgenommen, mußte aber statt dessen harte Arbeit leisten.

Ich sah andere Gefangene, die durch Folterung und Schläge zu Krüppeln geworden waren. Ich wurde am 9. Sept. 1995 entlassen."

6h)

Elektro-geschockt, ins Gesicht geschlagen und verhauen

"Mein Name ist Ngawang Rinchen und ich bin ein 32-jähriger Mönch aus Kloster Drepung. Ich verbrachte im ganzen 6 Jahre und 10 Monate im Gefängnis. Ich wurde erstmals am 27. Sept. 1987 verhaftet und war damals 4 Monate in Gutsa und Sangyip, weil ich friedlich demonstriert hatte.

Im Sangyip Gefängnis wurden wir alle in verschiedene Zellen gesteckt und 20 Tage lang vernommen. Am 1. Okt. gab es wieder eine Demonstration, und wir wurden alle zurück nach Gutsa gebracht. Dort wurde ich einen Monat lang vernommen, wobei ich elektro-geschockt, ins Gesicht geschlagen und verdroschen wurde. Aber das Schlimmste waren die Verhöre, denn die Fragen zielten darauf ab, Geheimnisse aus uns herauszupressen, wie den Namen von Organisationen und Personen. Später wurde ich an Händen und Füßen in Schellen gelegt. Nach 4 Monaten wurden wir schließlich freigelassen.

Am 17. Juli 1989 wurde ich wieder verhaftet und in das Sangyip Gefängnis gebracht, wo ich in Handschellen gelegt und sechs Monate lang in eine Einzelzelle gesteckt wurde. Ein Jahr lang wurde ich ohne Gerichtsprozeß festgehalten, wobei ich regelmäßig gefoltert und vernommen wurde. Nach dem Verfahren wurde ich zu 9 Jahren verurteilt, was später auf 6 1/2 Jahre und Verlust der Bürgerrechte auf 5 Jahre reduziert wurde.

Während meiner Jahre im Gefängnis wurde ich viele Male gefoltert. Dies geschah im einzelnen in Form von Mißhandlung durch Treten, Stoßen, Stöcke, Gewehrkolben und Peitschen, elektrische Schockierungen, langes Stehen in extremer Kälte, Blutabzapfungen, verbale Schmähungen auch Todesdrohungen für mich, meine Familie und Freunde, Versagung von Schlaf, Essen, Wasser, Toilette, Bad und medizinischer Betreuung, 6-monatige Einzelhaft, Zwangsarbeit, ausgedehnten militärischen Drill ohne Pause und Stillestehen über lange Perioden.

1994 führte die Gefängnisleitung eine neue Foltermethode ein in Form der äußerst anstrengenden Drillübungen mit noch härteren Regeln. Ausgenommen die Essenszeiten mußten sich alle Gefangenen aufstellen und wurden gezwungen, mehr als sieben Stunden am Tag zu rennen. Und dies ganz egal, ob draußen die Sonne schien oder ob es regnete. Viele Gefangene verloren wegen dieser anstrengenden Drillübungen in Verbindung mit der dürftigen Gefängnisernährung ihre physische Kraft.

Ich wurde am 17. Jan. 1996 entlassen. Wir durften uns aber keinem Kloster mehr anschließen, und wurden in unsere Heimatorte zurückgeschickt. Nachdem ich 6 Monate in Tibet geblieben bin, beschloß ich nach Indien zu fliehen, da ich von jeder Art von Weiterbildung und gesellschaftlichem Leben ausgeschlossen war.

Ich traf am 6. Nov. 1996 in Indien ein. Auch jetzt leide ich noch an posttraumatischen Stress-Symptomen, Rückenschmerzen, Kopfweh und den Nacheffekten der psychologischen Belastung."

6i)

Heiße Chili-Verbrennungen

"Mein Name ist Lobsang Dhargay. Ich bin 31 Jahre alt und schloß mich 1989 dem Ragya Kloster bei Chuva an. Am 15. Nov. 1992 fand die Inthronisierungs-Zeremonie der 6. Reinkarnation des Shingsa Rinpoche Tenzin Chokey statt. Während dieser Feier verteilte ich zusammen mit drei Freunden Flugblätter mit der Aufschrift "Free Tibet" und "Chinese quit Tibet". Gleichzeitig gaben wir Papierdrucke der tib. Nationalflagge aus und hißten eine Fahne auf dem Klostergebäude. Am nächsten Morgen kamen die Soldaten des PSB und der PAP zu dem Kloster. Sie nahmen 20 Mönche fest und begannen sofort sie zu schlagen und zu vernehmen, um die Namen der Initiatoren dieses Tun und Treibens herauszubekommen. 10 Tage später wurde ich verhaftet, als ich versuchte, mich in der Ortschaft Gyugo zu verstecken. Acht bewaffnete Polizisten fesselten mich an den Händen und warfen mich in einen Polizeiwagen.

Über ein Jahr wurde ich ohne Gerichtsverhandlung in dem Golok Gefängnis festgehalten. Jeden Tag wurde ich vernommen und gefoltert. Ich wurde mit Stöcken geschlagen, getreten, geboxt und am ganzen Leib mit einem Elektrostab schockiert. Die schlimmste Tortur, die ich aushalten mußte, war, als ich mit den Armen um ein heißes Kamin geschlungen und in Schellen gefesselt einen ganzen Tag ohne Nahrung oder Wasser hängengelassen wurde. Die sengende Hitze des Kamins ließ an meinem ganzen Körper Blasen entstehen. Flüssigkeit lief aus den Blasen und meine Wunden stachen schmerzhaft von dem salzigen Schweiß. Abends, als die Gefängniswachen schließlich meine Handschellen lösten, waren meine Stiefel ganz naß von dem Schweiß meines Körpers.

Als ich mich immer noch weigerte, ein 'Geständnis abzulegen', klagten sie mich der 'Weitergabe von konterrevolutionärer Propaganda und Aufstachelung' an. Ich wurde zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt, aber bereits im Mai 1995 entlassen, da meine Verwandten mich mit Waren im Wert von 50.000 Yuan (Yaks, Schafe und eine große Menge tibetischer Heilkräuter) bei den Gefängniswachen freigekauft hatten. Danach wurde mir befohlen, in dem Ort Gyugo zu bleiben, wo ich unter ständiger Überwachung stand. Im April 1997 entfloh ich mit Shingsa Rinpoche und erreichte Dharamsala am 28. April 1997."

6j)

Gefoltert und vergewaltigt

"Mein Name ist Tsultrim Dolma, ich bin 28 Jahre alt und wurde mit 17 Jahren in dem Kloster Chubsang aufgenommen. Mit vielen anderen Tibetern zusammen demonstrierte ich am 1. Okt. 1987 in Lhasa. Wir hörten Gewehrschüsse von dem Dach, als die Polizei in die Menschenmenge zu feuern begann. Viele Tibeter wurden getötet oder schwer verletzt.

Monate später am 6. April 1988, etwa 6 Wochen nach dem Massaker der Mönche während des Monlam Festes, demonstrierten sechs von uns um die Freilassung der festgenommenen Mönche am Barkhor. Bald kamen acht chin. Soldaten und packten uns. Zwei davon faßten mich grob an den Armen und verschränkten meine Hände hinter dem Rücken. Ich wurde mit den anderen Nonnen in einen Lastwagen geworfen und in die Hauptabteilung der Gutsa Haftanstalt gebracht. Dort wurden wir voneinander getrennt und durchsucht. Ich wurde in ein anderes Gebäude geführt, wo zwei Wachen warteten, um das Verhör zu beginnen. In dem Raum befand sich eine ganze Reihe von Folterwerkzeugen, darunter ein elektrischer Viehstock; ich wurde während der Befragung grimmig geschlagen.

Später im Gefängnishof mußten wir uns an vier Plätzen aufstellen. Ich stand in der Nähe der Tür und so trat mich jeder chin. Soldat, der vorbeikam. Unsere Hände wurden in Schellen gelegt, und wir mußten mit unseren Händen zur Wand stehen, als 6 Polizisten jede von uns der Reihe nach packten, uns niederdrückten und mit elektrischen Viehkeulen und einem kleinen zerbrochenen Hocker schlugen und uns mit Füßen traten. Ich wurde so heftig in die Brust getreten, daß ich kaum mehr atmen konnte. Dann sollten wir unsere Arme in die Höhe halten, aber wir konnten nicht mehr in dieser Stellung bleiben und wir fielen immer wieder hin. Sobald eine von uns umfiel, kamen sie und zwangen sie, aufzustehen.

Dabei wurden wir ständig gefragt und immer wieder getreten und geschlagen. Dann wurde ein großer Hund hereingebracht. Die Polizisten hetzten uns, damit wir rennen sollten, aber wir hatten keine Kraft mehr, so griff uns der Hund nicht an. Bei Sonnenuntergang schließlich wurden wir in Handschellen gelegt und in ein anderes Gebäude gebracht. Soldatengruppen, die an uns vorbeikamen, zwickten und kickten uns, gaben uns Ohrfeigen und zogen uns an den Ohren. Ich wurde in eine sehr kleine Kammer gesteckt, die außer einem Abwasserbecken und einem kleinen Eimer nichts enthielt. In jener Nacht kippte ich bewußtlos um und lag auf dem kalten Zementfußboden.

Am nächsten Morgen holten sie mich in ein Zimmer, wo drei Polizeileute hinter einem Tisch saßen. Darauf lag ein Sortiment von Gewehren, Elektrowaffen und Eisenstangen. Einer von ihnen fragte mich: 'Warum hast du demonstriert? Warum lädst du dir Folter und Schläge ein?' Meine Antwort erzürnte sie und die drei erhoben sich und griffen zu den verschiedenen Folterwerkzeugen. Einer schlug mich mit einem Elektrostab so sehr, daß ich umfiel. Sie schrieen mich an, ich solle aufstehen, aber ich konnte nicht mehr, und so zog einer meine Robe hinauf und die anderen Männer steckten das Instrument in meine Vagina. Der Schock und der Schmerz waren unbeschreiblich. Er wiederholte diese Handlung mehrere Male und traf auch andere Körperteile damit. Dann rissen sie mich in die Höhe und traten mich mit ihren Stiefeln. Immer wieder fiel ich auf den Boden. Dann zwangen sie wieder den Elektrostab in mich hinein und zerrten mich auf die Beine, um mich erneut zu schlagen.

Über vier Monate lang wurde ich auf diese Weise gefoltert. Anfänglich fürchtete ich mich entsetzlich, aber im Laufe der Zeit dachte ich an die Mönche und anderen Tibeter, die gefangen waren, von denen viele Familien hatten, um die sie sich sorgen mußten, und mir wurde klar, daß ich ja nichts zu verlieren hatte.

Im Spätsommer 1988 wurde ich aus Gutsa entlassen. Ich wurde von den Chinesen formell aus dem Kloster Chubsang ausgewiesen und in mein Dorf zurückgeschickt. Ich durfte keine Nonnentracht mehr tragen und keine religiösen Zeremonien besuchen oder frei mit anderen Dorfbewohnern reden. Jeden Abend mußte ich die Umerziehungsklassen besuchen.

Nach meiner Entlassung ließ ich mich in einer britischen Dokumentation filmen (ohne meine Identität zu verbergen), worauf ich in aller Munde war. Die meisten Tibeter hielten mich für sehr tapfer, aber einige Kollaborateure kränkten mich und es schien, daß meine Wiederverhaftung direkt bevorstehe. Ich begann um die Sicherheit meiner Eltern zu fürchten und wollte mich daher um Wiederaufnahme in dem Chubsang Kloster bewerben, weil ich dachte, das wäre der sicherste Platz für mich. Als ich in Chubsang ankam, sah ich, daß ein chin. Polizeiposten bei dem Kloster eingerichtet worden war.

Direkt unterhalb des Klosters Chubsang ist ein chin. Polizeigelände. Als ich daran vorbeiging, sah ich drei Soldaten auf Fahrrädern. Sie folgten mir ein kurzes Wegstück und stoppten mich dann. Einer von ihnen nahm seinen Mantel und Hemd ab, und dann wickelten sie das Hemd um mein Gesicht und steckten mir die Ärmel in den Mund, damit ich nicht aufheulen konnte. Alle drei vergewaltigten mich am Rand dieses Geländes; ich war in einem Schockzustand. Zwei Monate blieb ich unter der Obhut von tib. Freunden in Lhasa. In dieser Zeit verursachte die Veröffentlichung des britischen Dokumentarstreifens, der auch mein Interview enthielt, einen Aufschrei bei den chin. Behörden. Ich lebte nun in ständiger Furcht vor Verhaftung und selbst, wenn ich geblieben wäre, hätte es keinen Weg für mich gegeben, meinen lebenslangen Traum, Nonne zu sein, verwirklichen zu können. Die Grundlage unserer religiösen Gelübde ist ein reines Leben, und nachdem ich vergewaltigt worden war, konnte ich nicht mehr mit anderen Nonnen, die rein sind, zusammenleben. Im Dez. 1990 erreichte ich Dharamsala. Gegenwärtig bin ich im Laienstand und lebe in den USA."

6k)

Gefoltert wegen des Panchen Lama

"Mein Name ist Lobsang Shakya, ich bin ein 24-jähriger Mönch aus Shigatse. Im April 1995 kam eine 13-köpfige Abordnung in mein Kloster Tashi Lhungpo (der traditionelle Sitz des Panchen Lama) und fing mit den Umerziehungsklassen an. Einen Monat später wurde von den Mönchen verlangt, die von den Chinesen aufoktroyierten Grundsätze zu akzeptieren. Alle weigerten sich. Vier von uns schrieben einen Brief, daß die Frage der Reinkarnation religiöser Art sei und daß wir deshalb an dem vom Dalai Lama erwählten reinkarnierten Panchen Lama festhielten.

Am 25. Nov. 1995 wurde Gyaltsen Norbu, der von der chin. Regierung als der 11. Panchen Lama bestimmte Junge, in unser Kloster gebracht. Ich war gerade nicht da, und daher kamen dann um 1.30 nachts 6 PAP Soldaten in mein Zimmer, um mich festzunehmen. Sie zogen mich heraus und schafften mich in das Nyari Gefängnis von Shigatse. Ein schwarzer Sack wurde mir über den Kopf gezogen und meine Hände gefesselt. Von Nyari kam ich sofort in das Karthang Gefängnis von Shigatse. Am nächsten Morgen kam der lokale PSB Chef in meine Zelle, um mich zu vernehmen. Sie hängten mich an der Decke auf und schlugen und boxten mich am ganzen Körper, während sie mich fragten, warum ich nicht den Dalai Lama kritisiert hätte und mich weigere, die von der chin. Regierung bestimmte Panchen Lama Reinkarnation zu akzeptieren. Als ich keine Antwort gab, stießen sie mich mit den Ellbogen und Fäusten in den Bauch und gaben mir Fußtritte. Das ging mehrere Stunden so weiter. Immer wenn ich zur Toilette mußte, wurde ich von den Sicherheitspolizisten begleitet und meine Sicht war völlig verdeckt.

Ich wurde 6 Tage lang ununterbrochen verhört. Dann sagten sie, daß mein Urteil geringer ausfallen würde, wenn ich mein Verbrechen gestehen würde, andernfalls müßte ich den Rest meines Lebens hier ohne Gerichtsurteil verbringen. Dann fügten sie hinzu: 'Das raten wir dir aus Sympathie, deshalb solltest du gut darüber nachdenken.' Ich weigerte mich, zu gestehen, und wurde wieder von der Decke herab aufgehängt und wieder schrecklich geschlagen, meistens auf den Bauch. Ich blutete ziemlich und wurde oft bewußtlos. Wenn immer ich das Bewußtsein verlor, spritzten sie Abwasser auf mein Gesicht. Einmal hörte ich sie sagen: 'Verletzt ihn nicht äußerlich, macht ihn durch innere Verletzungen fertig!'

Fünf Stunden lang wurde ich von den PSB Offizieren mit Fragen belästigt. Die Vernehmungen gingen ohne Unterbrechung eine Woche lang fort, dann gab es eine Pause für 5 oder 6 Tage. In jener Zeit kamen meine Verwandten und viele Freunde aus Shigatse, die mich besuchen wollten. Sie brachten Essen und Kleidung für mich, aber ich bekam diese überhaupt nicht. Als einige sich hartnäckig zeigten, wurden sie bis zu 15 Tagen festgehalten. Erst nach einem Monat wurde meiner Mutter erlaubt, mich zu sehen, aber sie durfte nicht mit mir sprechen.

Weitere zwei Monate von Folter und Verhör folgten. Als meine Verwandten von meinem schlechten Zustand erfuhren, versuchten sie beharrlich, meine Einlieferung in ein Krankenhaus zu erwirken. Schließlich kam ich in das Volkshospital von Shigatse, wo Schädigungen von Magen, Pankreas und Gedärmen festgestellt wurden. Sogar im Krankenhaus gingen die Befragungen noch weiter. Mit Hilfe des Krankenhausleiters und eines Arztes von dem Tibetan Medical Institute bekam ich über zwei Monate lang medizinische Behandlung. Als mein Zustand sich etwas gebessert hatte, entfloh ich bei Nacht aus dem Krankenhaus. Ich versteckte mich über zwei Jahre lang und floh im Okt. 1997 nach Indien."

6l)

Pflicht-Militärdrill für die Jungen

"Mein Name ist Luesang und ich bin ein 16-jähriger Novize aus dem Kloster Dechen Sangak. Am 4. Dez. 1994 stellten ich und drei andere Mönche Wandplakate mit tibetischen Freiheitsparolen sowie eine Papierfahne her und klebten sie an Mauern im Bereich Taktse. Am folgenden Tag begannen zehn Mönche meines Klosters um den Tsuglagkhang zu demonstrieren. Innerhalb von wenigen Minuten verhafteten die Polizeisoldaten des Barkhor alle außer zweien, die entkommen konnten. Sieben Mönche wurden zu zwei bis sechs Jahren Haft verurteilt.

Am Morgen des 9. Dez. 1994 kamen 20 Polizisten in das Kloster und verhafteten Lobsang Jampa und mich. Ich wurde 4 Monate lang in dem Regionalgefängnis von Taktse festgehalten. In den ersten 3 Monaten, als ich das Urteil erwartete, wurde ich am schlimmsten geschlagen. Die Sicherheitswachen schlugen mich auf das Gesicht und am ganzen Körper. In der zweiten Märzwoche 1995 wurde ich in das Trisam Gefängnis verlegt. Ich hatte noch nichts über mein Urteil gehört, so schauten sie in ihren Akten nach und sagten, ich sei ab dem 9. Dez. 1994 zu 2 Jahren verurteilt worden.

Die Gefangenen von Trisam mußten von 10 bis 20 Uhr außerhalb des Gefängniskomplexes, meistens als Arbeiter in chin. Fabriken arbeiten. Ich wurde für Bauarbeiten eingesetzt. Manchmal mußten die Gefangenen fast 24 Stunden am Tag ohne genügende Ernährung außerhalb des Gefängnisses arbeiten. Ich sah viele Leute, die mit Elektrokeulen gefoltert und schwer geschlagen wurden.

Im Winter wurden wir zu hartem militärischem Drill gezwungen. Mitte 1995 konnte ich nicht mehr richtig sehen und hatte keine Kontrolle mehr über meine Gliedmaßen. Meine Arme und Hände hingen leblos herunter. Als mein Zustand sich verschlechterte, durfte ich schließlich eine tibetische Klinik in Lhasa aufsuchen, wo man mir 11 Glukoseflaschen verabreichte. Ich litt einen Monat lang.

Mir wurde versagt, in mein Kloster zurückzukehren oder eine Schule zu besuchen, und wenn immer es politische Zwischenfälle gab, wurde ich verhaftet und verhört. Schließlich beschloß ich, aus Tibet zu fliehen und verließ Lhasa im Aug. 1997. Nach einer langen und schwierigen Reise erreichten wir schließlich Nepal, aber wurden zwei Monate lang in Kathmandu festgehalten. Nach meiner Befreiung kam ich am 25. Nov. 1997 in Indien an."

6m)

Junge Nonne festgenommen"

Mein Name ist Lobsang Choedon, ich bin 21 Jahre alt und stamme aus Zentral-Tibet. Mit 16 wurde ich bei einer friedlichen Demonstration in Lhasa im März 1992 verhaftet. Ich wurde von 6 Polizisten umgeben, meine Hände wurden am Rücken gefesselt und ich wurde geschlagen, getreten und bekam Ohrfeigen, während sie mich zur Gutsa Haftanstalt brachten. Auch fünf weitere Nonnen, die demonstriert hatten, wurden auf der Stelle festgenommen.

In Gutsa wurde ich regelmäßig von 3-4 Polizisten gleichzeitig vernommen und gefoltert. Sie griffen oftmals zu den Elektroschockgeräten. Beim dritten Verhör wurde ich schwer mit Lederpeitschen und Elektrostäben mißhandelt. Sechs Gefangene wurden in einer kleinen Kammer zusammengepfercht. Die Nahrung war ungenügend: dreimal täglich ein Stückchen Brot und Suppe.

In Gutsa mußte ich Bambusbäume pflanzen, die Toiletten putzen und die Kleider der Gefängnisangestellten waschen. Ich war Zeuge von vielen Folterungen an Gefangenen. Manche starben daraufhin im Hospital. Zwei meiner Freundinnen starben nach der brutalen Folterung in Gutsa. Eine von ihnen war Sherab Ngawang. Wir sollten auf Chinesisch zählen lernen und wurden von dem Gefängnispersonal geprüft. Eines Tages wurde auch Sherab abgehört, aber sie vergaß, wie man richtig auf Chinesisch zählt. So lächelte sie einfach. Daraufhin wurde sie schrecklich mit Elektrowaffen und anderen Folterwerkzeugen mißhandelt. Nachdem sie 1995 aus gesundheitlichen Gründen entlassen wurde, war sie durch die Mißhandlungen so gebrechlich, daß sie ins Krankenhaus kam. Zwei Monate später starb sie im Alter von 15 Jahren.

Ich hatte noch eine Freundin, Phuntsok Yangkyi (eine Nonne aus Michungri), die auch an den Folterungen starb. Sie kam in das Gefängnishospital, wo sie nach 6 Tagen, am 4. Juni 1994 starb. Sie war erst 20 Jahre alt. Die Gefängnisleitung gab nicht einmal gegen Geld ihren Körper an ihre Eltern heraus und sagte, Phuntsok sei eines natürlichen Todes gestorben.

Ich wurde 18 Monate in Gutsa festgehalten, ehe mein Urteil ohne Gerichtsverhandlung gefällt wurde. Ich wurde einfach gezwungen, ein Dokument zu unterschreiben, daß ich eine "Konterrevolutionäre" sei und wurde zu 3 Jahren verurteilt. Ich wurde dann nach Trisung verlegt und im Febr. 1995 entlassen. Ich verbrachte noch 6 Monate in Tibet, darunter 2 Monate in Lhasa, um Bekannte zu treffen, ehe ich nach Indien trekkte. Ich leide immer noch unter Darmbeschwerden, die durch die Mißhandlungen in der Gefangenschaft verursacht wurden."

Teil 7

DIE FOLTERMETHODEN

Bei Festgenommenen und Gefangenen angewandte Foltertechniken

Es folgt eine Beschreibung der am häufigsten von dem Staat gegen Personen in Untersuchungshaft oder Gefängnis angewandten Foltermethoden. Diese Arten von Mißhandlung sind alle unter der UNO Konvention gegen die Folter, der auch China beigepflichtet hat, erfaßt. Darin wird Folter als "eine Handlung, durch welche einer Person absichtlich schwerer physischer oder mentaler Schmerz beigebracht wird," gekennzeichnet.

7a)

Aufhängen in der Luft

Der Häftling wird entweder mit in Schrauben gelegten Daumen oder an den hinter dem Rücken zusammengebundenen Händen an der Decke aufgehängt. Dies kann von einer Vernehmung begleitet sein. Während er in dieser Stellung ausharren muß, zünden die Peiniger oft noch Kohlen oder Chili Pulver unter den Opfern an. Das brennende Gefühl kann so entsetzlich sein, daß sie mehrere Stunden lang ihre Augen nicht mehr öffnen können. Der extreme Körperschweiß verschärft noch den Schmerz. Palden Gyatso, ein 33 Jahre lang politisch Gefangener, sagte, daß auch zuweilen heißes Wasser über die Häftlinge gegossen wird, während sie von der Decke herabhängen.

7b)

Die Handschellen

Die Chinesen haben verschiedene Arten von Handschellen erfunden, um als Folterwerkzeuge eingesetzt zu werden. Die Daumenschraube verbindet die Daumen hinter dem Rücken. Das Opfer wird dann an einer Stange zur Vernehmung aufgehängt. Auch Fußschellen verschiedenen Gewichtes werden eingesetzt und manche Häftlinge müssen mit gefesselten Füßen Schwerarbeit leisten. Ehemalige Gefangene berichteten, daß sie ein Loch in den Boden graben mußten, damit der Schmerz erträglich und die Arbeit in der Teppichweberei für sie überhaupt möglich war. Manche Gefangene berichten, daß die brutalste Handschelle die sich selbst-anziehende ist, auch die "gelbe" genannt. Bei jeder Bewegung wird diese enger. Sie hat innen scharfe Zähne, welche in die Handgelenke schneiden und sie zerfleischen, was zu Blutungen und permanenten Narben führt. Palden Gyatso erzählte von noch einer Art von Handschellen, bei deren Anwendung "die Handgelenke lauter Blasen bekamen, die sich dann entzündeten und zu Brandwunden wurden".

7c)

Elektroschock

Anfang der 80-er führten die Chinesen eine neue Foltertechnik in den Gefängnissen ein: den elektrischen Schlagstock oder die Viehkeule. Elektrische Schlagstöcke verschiedener Größe und Spannung werden verwendet. Manche gehören zu der üblichen Ausrüstung der Polizeisoldaten, die sie hauptsächlich bei Unabhängigkeits-Demonstranten einsetzen. Andere befinden sich in den Vernehmungsräumen und werden verwandt, um das Opfer auf Gesicht und Körper zu treffen oder als sexuelle Waffe bei weiblichen Häftlingen. Es gibt viele Berichte von Frauen, denen elektrische Schlagstöcke in Vagina oder Anus gesteckt wurden.

Dieses Folterwerkzeug wird auch häufig den Gefangenen in den Mund getrieben als eine Strafe für unrichtige Antworten, was ihre Zunge schrecklich anschwellen läßt. In manchen Fällen verloren die Häftlinge dadurch ihre Zähne. Das Opfer kann auch direkt elektrischem Strom ausgesetzt werden durch Drähte, die um das Handgelenk gewickelt oder an den Daumen und anderen Körperteilen befestigt werden. Zur Verstärkung des Schocks kann zusätzlich noch Wasser über das Opfer gegossen werden.

Die Schädigung durch diese Elektroschockpeinigung ist meistens sehr ernster Art und führt zu inneren Verletzungen oder mentalen Störungen. Lhundup Ganden (oder Ganden Tashi), der von 1988 an für drei Jahre einsaß, beschrieb den elektrischen Schlagstock als die schlimmste Form der Folterung: "... sie entblößten mich und dann schlugen sie mich mit Elektrokeulen überall am Körper. Danach konnte ich nicht mehr auf dem Rücken schlafen. Meine Haut war geschwollen, grün und blau gefärbt und überall aufgerissen".

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Aussetzung an extreme Temperaturen

Im Winter werden die Häftlinge oft gezwungen, einen ganzen Tag nackt oder ganz dünn bekleidet in der Kälte oder im Schnee zu stehen. Die Wintertemperaturen in Lhasa liegen im Durchschnitt zwischen 0 und minus 13° C. Im Westen und Norden Tibets wird es extrem kalt. Um den Schmerz noch zu vermehren, zwingen die Peiniger das Opfer nackt dazustehen, während sie kaltes Wasser über es gießen. Manche Einzelhaftzellen sind auch so gebaut, daß sie äußerst kalt werden.

Ebenso wird die Aussetzung in der Hitze praktiziert. Einige Häftlinge müssen stundenlang warm angezogen und mit Pelzmützen bekleidet in der heißen Sonne stehen. Eine andere Weise ist, das Opfer direkt zu versengen, indem man es an ein heißes Kamin bindet, es mit Zigaretten brennt oder des über einem Feuer oder brennendem Chili-Pulver aufhängt.

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Wilde Hunde

Kampfhunde werden manchmal während der Verhöre hereingelassen und auf den Gefangenen losgehetzt. Jede Bewegung oder Panik seitens des Gefangenen veranlaßt den Hund zum Angriff. Ein Mönch wurde auf diese Weise schlimm verstümmelt, als der Hund seine Wade abriß.

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Sexuelle Belästigung

Sexuelle Angriffe sind eine der barbarischsten Foltertechniken, die in den Haftanstalten in Tibet praktiziert werden. Sie sollen hauptsächlich den Glauben und Widerstandsgeist der schutzlosen buddhistischen Nonnen brechen, die an Unabhängigkeitsdemonstrationen teilnahmen. Stöcke und elektrisch geladene Stäbe werden in ihre Vagina oder den After gesteckt, was unsäglichen Schmerz verursacht und nicht zu reparierende innere Verletzungen wie Nierenschäden und psychisches Trauma hervorruft. Über Vergewaltigung durch das Gefängnispersonal in der Festhaltung wird allgemein berichtet. Vergewaltigt zu werden, ist jedoch ein schweres Stigma für Tibeterinnen, ganz besonders für Nonnen, weshalb anzunehmen ist, daß Vergewaltigung noch viel häufiger ist, als aus den Berichten hervorgeht.

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Schocktechniken mit scharfen Instrumenten

Weitere von ehemaligen Häftlingen angegebene Foltermethoden sind: das Opfer mit Brennesseln peitschen, die Haut mit Nadeln durchstechen, Bambusstöckchen unter die Fingernägel treiben, mit Werkzeugen wie Hammer auf Gelenke, besonders auf die Fußgelenke schlagen oder das Opfer mit einem nagelbesetzten Schläger verhauen. Manche berichten auch von Mißhandlungen mit hölzernen Knüppeln und Eisenstangen, einschließlich Holzkeulen mit gefalzten Nägeln, die am Ende hervorstehen, um das Fleisch zu zerreißen.

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Einzelkerker

Die Bedingungen der Einkerkerung in Einzelzellen sollen so unmenschlich wie nur möglich sein, mit Kammern die so klein sind (meistens 6 x 3 Fuß), daß der Gefangene nur sitzen kann. Die Zellen sind auch stockfinster, und in manchen ist der Boden aus Metall, was die Zelle unerträglich kalt macht. Der einzige Gegenstand darin ist ein kleiner Topf, der sowohl als Schale als auch als Toilette dient. Der in der Einzelhaft gehaltene Gefangene darf niemals seine Zelle verlassen außer zu den Verhören und wird gewöhnlich darin noch gefesselt. Die Zeit der Einzelhaft kann sich über Monate erstrecken.

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Foltervideos

Manchmal werden die Gefangenen gezwungen, Videos anzuschauen, wo Gewalttaten gegen Tibeter, etwa Massenhinrichtungen gezeigt werden. Am häufigsten wird ein Video gezeigt, wo ein buddhistischer Mönch barbarisch zu Tode gepeinigt wird. Zuerst wird er an Händen und Füßen mit Nägeln durchbohrt und gekreuzigt, dann wird er zweimal erschossen, ehe er über einem Scheiterhaufen aufgehängt und lebendig verbrannt wird.

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In den Mund des Opfers uninieren

Die Folterer in den chin. Gefängnissen haben viele Methoden erfunden, um die Häftlinge zu demütigen. Einmal zwingen sie die Opfer, große Mengen Flüssigkeit zu trinken und verbieten ihnen das Zimmer zu verlassen, bis er oder sie nicht umhinkönnen, sich an Ort und Stelle zu erleichtern. Eine andere qualvolle Verhöhnung, von der berichtet wird, ist, daß die Schergen, gewöhnlich durch ein Gummirohr, direkt in den Mund des Opfers urinieren.

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Brief von politischen Gefangenen

Es folgt Auszug aus einem Brief, den politische Gefangene am 10. Aug. 1988 aus Tibet senden konnten, worin der Zustand im Gutsa Gefängnis beschrieben wird, und der ein direktes Zeugnis der Mißhandlung von politischen Gefangenen durch die Chinesen in Tibet bietet:

"Im Gutsa Gefängnis befanden sich mit Datum 5. März 1988 etwa 400 Gefangene einschließlich Mönche und Nonnen. Die meisten von ihnen hatten durch die unmenschlichen Torturen gebrochene Gliedmaßen, verrenkte Gelenke und zerbrochene Rippen.

Dazu kommen die vielen Verletzungen durch den Einsatz der elektrischen Schockgeräte, Stöcke und der physischen Mißhandlung. Etwa 98 % der Gefangenen trugen durch die brutale Folterung Verletzungen davon. Gefangene aus allen Bevölkerungsschichten wurden in bewußtlosem Zustand in Krankenhäuser eingeliefert: Neun Mönche vom Jokhang Tempel in das Men-tse-khang Hospital, zwölf Mönche von Drepung, Gaden und Nyechung in das Arbeiterhospital, Norbulingkha, vier bis fünf aus Kham Stammende sind im Public Security Hospital ihren Verletzungen erlegen. Zwischen dem 5. und 25. März 1988 wurden etwa 200 Personen festgenommen."

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