24. Oktober 2004
Radio Free Asia, www.rfa.org
gesandt vom Tibet-Bureau Genf

Des Separatismus verdächtigte Tibeter zu Gefängnis verurteilt

Washington, 23. September 2004 - Die chinesischen Behörden haben zwei Mönche und einen Laien zu dreijährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie Plakate mit der Forderung nach Unabhängigkeit für Tibet angebracht haben sollen.

Einer Mitteilung an den tibetischen Dienst von RFA zufolge wurden die beiden Mönche Topden und Dzokar aus dem Kloster Chogri und der Laie Lobsang Tsering im August zu jeweils drei Jahren Haft verurteilt. Das Kloster Chogri befindet sich im Distrikt Drakgo (chin. Lu Huo), einer traditionell tibetischen Region, die heute unter der Verwaltung der Provinz Sichuan steht.

Die Informanten, welche ungenannt bleiben wollen, berichteten, die Behörden hätten offenbar Mönche des Klosters Chogri verdächtigt, im Juli eine Reihe von Plakaten, auf denen die Unabhängigkeit gefordert wurde, an verschiedenen Regierungsgebäuden in der Gegend angebracht zu haben. Ein per Telefon kontaktierter Mitarbeiter des chinesischen Public Security Bureau (PSB) im Distrikt Lu Huo weigerte sich, Auskunft zu dem Fall zu geben, der als "geheim" eingestuft worden sei.

Unter der Bedingung der Anonymität vertrauten uns Informanten an, die drei Männer hätten zu den 60 Personen gehört, welche bei der Empfangszeremonie für den aus der Schweiz gekommenen Draksey Rinpoche, der dem Kloster einen Besuch abstatten wollte, am 27. Juni festgenommen wurden.

Augenzeugen berichteten, die Gäste hätten im Rahmen der Zeremonie religiöse Banner geschwenkt, wobei auf einigen ein Schneelöwe abgebildet war, der einem Objekt nachjagte, das der verbotenen tibetischen Flagge ähnlich gesehen haben soll.

Weiter hieß es, nach einigen Tagen im Gewahrsam seien die meisten der Festgenommenen wieder freigelassen worden, manche von ihnen hätten allerdings 6.000 Yuan Geldstrafe bezahlen müssen. Einige seien in der Haft auch verprügelt worden. "Zwei Männer wurden im Gefängnis so schwer geschlagen, daß sie nicht mehr auf ihren Füßen stehen können", sagte ein Zeuge.

Infolge dieses Vorfalls kürzte Draksey Rinpoche seinen Heimatbesuch ab und kehrte in die Schweiz zurück, obwohl sein Visum noch nicht abgelaufen war. Für einen Kommentar stand er nicht zur Verfügung. "Draksey Rinpoche hatte ursprünglich vorgehabt, zwei Monate lang in seiner Heimat zu bleiben, aber nach all den Schikanen zog er es vor, nach einem nur elftägigen Aufenthalt in die Schweiz zurückzureisen", berichtete ein anderer Informant, der ebenfalls anonym bleiben wollte.

Dem Bericht des US State Department über die Beachtung der Menschenrechte in aller Welt von 2003 zufolge ist die Zahl der Verhaftungen aus politischen Gründen in der TAR seit ihrem Höchststand 1996 zurückgegangen. Die Anzahl der politischen Gefangenen in gewissen Teilen der Provinz Sichuan - und hier vor allem in der Präfektur Kardze, zu er auch das Kloster Chogri gehört - ist allerdings gestiegen.

"Es liegen glaubhafte Berichte über anhaltende Mißhandlungen der Gefangenen vor", heißt es in dem Bericht. "Auch wenn es weiterhin einige positive Entwicklungen gibt, ist die von der Regierung zu verantwortende Menschenrechtslage in den tibetischen Gebieten Chinas weiterhin ungenügend."

"Die Regierung schränkte die Informationen über alle tibetischen Gebiete ein, und auch der Zugang zur TAR (Tibetan Autonomous Region) wurde streng kontrolliert, wodurch die exakte Beurteilung des Ausmaßes der begangenen Menschenrechtsverletzungen beträchtlich erschwert wurde. Die Behörden ließen sich ernste Menschenrechtsverletzungen zuschulden kommen, wie Hinrichtungen ohne angemessenen Prozeß, willkürliche Verhaftungen, Gefängnisstrafen ohne öffentliches Gerichtsverfahren und langjährige Inhaftierung von Tibetern, weil sie ihre politischen oder religiösen Auffassungen auf friedliche Weise zum Ausdruck gebracht hatten."

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