21. März 2009

China Digital Times

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Aus Woesers verborgenem Tibet-Blog: Schreckliche Bilder - Chinesische Militärpolizisten schlagen Tibeter tot

Dieser Beitrag von Woeser enthält nähere Informationen zur Entstehung des von der Tibetischen Zentralverwaltung am 20. März 2009 veröffentlichten kurzen Videos über Chinas Brutalität in Tibet (siehr hier).

China bezichtigte die Exilregierung, das Video fabriziert zu haben und blockierte YouTube, wo es eingestellt wurde. Die Mitarbeiter des Dalai Lama, die die Echtheit des Videos betonten, sagten, die Familienmitglieder von Tendar seinen inzwischen verschwunden.

Bei einer Pressekonferenz in New Delhi anläßlich des 50. Jahrestages seiner Ankunft in Indien am 31. März im Hotel Taj Palace in New Delhi kritisierte der Dalai Lama die Unterdrückung dieses Videos durch China. In Beantwortung der Frage einer Journalistin nach der Echtheit des Videos sagte er: “Ich hörte, nach der Veröffentlichung dieses Videos sei der Vater von Tendar verschwunden, seine ganze Familie ist verschwunden, warum wohl?”

Bild: Der junge Telekom-Angestellte Tendar

„Das Video dokumentiert die extreme Grausamkeit, mit der die chinesischen Militärpolizisten seit dem 14. März vergangenen Jahres festgenommene Tibeter behandeln. Man sieht Personen auf dem Boden liegen, die sich nicht mehr bewegen können. Einige Mönche in ihren Roben liegen auch gefesselt und reglos da. Dazwischen weint ein Kind…

Tendar wird auf Chinesisch Danda oder Tanda genannt. Er war ein junger Mann in den Zwanzigern und wohnte in Lhasa. Er war Angestellter in der Kunden-Service-Abteilung bei der Tibet Mobile Telephone Gesellschaft.

Ich hörte von dieser tragischen Geschichte schon Anfang März, es war so entsetzlich, es war schwer zu glauben. Vor kurzem stellten einige Tibeter ein Video über seine Mißhandlungen her, das sie mit Erläuterungen versahen, von denen ich zuvor nichts gewußt hatte; es sind Augenzeugenberichte über extreme Grausamkeiten, die sehr überzeugend wirken.

Auch dieser Sohn einer Mutter war Angestellter bei der tibetischen Telekom-Gesellschaft. Am 14. März sah er auf dem Heimweg von seiner Arbeitsstelle einige bewaffnete Volkspolizisten auf einen wehrlosen älteren Mönch einschlagen. Er konnte nicht anders, als sie anzuflehen, Erbarmen mit dem Mönch zu haben. Doch die PAP-Kräfte schlugen statt dessen auf ihn ein und stießen ihn. Sie traten ihn so lange, bis er am Kopf blutete und dann nahmen sie ihn mit. Lange Zeit wußte keiner, ob er noch lebte oder bereits tot war.

Seine Mutter, eine pensionierte Krankenschwester, setzte alle ihre Bekannten in Bewegung und ließ nichts unversucht, um herauszubekommen, was mit ihrem Sohn geschehen war. Schließlich brachte sie in Erfahrung, daß ihr Sohn in einem Haftzentrum in Lhasa festgehalten wird. Als sie ihn schließlich fand, bot sich ihr ein entsetzlicher Anblick. Man hatte ihren blutbedeckten Sohn in Plastikbahnen eingewickelt und auf den Zementfußboden der Zelle gelegt. Eines seiner Beine zeigte viele blutige Messerstiche und unter einem Zehennagel des rechten Fußes steckte ein Nagel. Eine Menge Fleisch war von seinem Gesäß weggeschnitten worden, die Wunde war in Nekrose übergegangen und wimmelte von Insekten. Dort, wo er an der Taille mit elektrischen Schlagstöcken traktiert worden war, begann das Fleisch zu faulen. Er hatte viele Verletzungen am Rücken und im Gesicht. Eine Wunde war mit einem Klebeband abgedeckt worden. Weil seine Wunden nicht behandelt worden waren, stand er an der Schwelle des Todes.

Der todgeweihte Tendar im TAR-Volkshospital

Die verzweifelte Mutter tat alles, um ihr Kind in ein Krankenhaus einzuliefern. Das Militärhospital von Lhasa gilt als das beste Krankenhaus des Bezirks, aber dort weigerte man sich, ihren Sohn aufzunehmen und wies sie ab. Dann ließ sie ihn in das Volkshospital der TAR bringen. Bei der Notoperation mußten 2,5 kg seines Fleisches, das bereits verfault war, entfernt werden. Die Nekrose war jedoch zu weit fortgeschritten, und er genas nicht mehr. Schließlich holte ihn seine Mutter heim in der Nähe des Drepung Klosters und pflegte ihn zu Hause, bis er starb. Am 19. Juni ging das Martyrium dieses jungen Mannes zu Ende.

Mehrere Hundert Tibeter wohnten den letzten Zeremonien für ihn bei. Auch viele, die ihn nicht gekannt hatten, kamen aus tiefer Sympathie für einen Menschen, der eine so schreckliche Tragödie durchgemacht hatte. Bei dem Bestattungsritual sagte die Mutter dieses jungen Mannes unter Tränen: „Ich weine nicht nur um meinen Sohn, der eines so tragischen Todes starb, ich weine noch mehr um all jene Söhne all jener Mütter, die gefoltert werden. Als eine Mutter kann ich mir die Qualen und das Leid, das mein Sohn im Gefängnis durchmachte, überhaupt nicht vorstellen…“. Als der Körper nach der traditionellen tibetischen Bestattungsweise den Geiern überlassen wurde, entdeckte sie, daß ein Nagel in seinen Fuß geschlagen worden war.

Inzwischen wurde diese Mutter unter strenge polizeiliche Überwachung gestellt und von jeglichem Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten. Einige sagen, sie habe den Verstand verloren ob dieses fürchterlichen Schicksalsschlages. Die Nachricht über diese schreckliche Tragödie verbreitete sich schnell in ganz Lhasa, wo viele Tibeter davon hörten und sehr traurig und wütend über das Geschehen sind.

Am 2. April 2008 nahm Zhang Qingli, der höchste chinesische Parteifunktionär in Tibet, im Fernsehen zu der Repressionskampagne Stellung: ‚Die Streitkräfte, die diese Schlacht schlagen, sind sehr tapfer und kämpfen vorzüglich’. Er lobte sie über alle Maßen, weil ‚sie den Direktiven der Partei gehorchen, dem Volk dienen und eine tapfere Armee sind, die sich aus den Söhnen und jüngeren Brüdern des Volkes rekrutiert’. Das Video führt uns vor Augen, wie ‚tapfer und vorzüglich diese Soldaten’ kämpfen.

Einen Tag nach dem 19. Juni 2008, an dem der unschuldige junge Tibeter Tendar eines grausamen Todes starb, kam die Pekinger Olympische Fackel nach Lhasa.

Wie viele andere Tibeter sind noch hinter schwarzen Vorhängen weggesperrt, und erleiden wie Tendar eine grausame, unmenschliche Behandlung durch den Staatsapparat? Wie viele andere Tragödien von Tibetern gibt es, von denen die Welt nichts erfährt? Liebe Mitmenschen, falls Ihr noch ein Gewissen habt, bitte schweigt nicht länger zu dem tragischen Schicksal des tibetischen Volkes und erhebt Eure Stimme!

Leichen von Tibeters vor der Himmelsbestattung

Deshalb ist dieses kurze Video ein sehr wertvolles historisches Dokument. Leider ist es für uns in China sehr schwierig, es bei YouTube oder auf der Website von Phayul anzuschauen. Wir müssen ‚über die Mauer springen’ und einen Proxy Server verwenden, was sehr lange dauert. Ich benötigte drei Stunden, um es vollständig anschauen zu können“.

Quelle: http://chinadigitaltimes.net/2009/03/woeser-%E2%80%9Cthe-snow-lion-roaring-in-the-year-of-the-mouse-a-chronicle-of-the-events-in-tibet-of-2008/

Unter folgenden Links ist das 7minütige Video zu sehen:

http://www.youtube.com/watch?v=xiZL9zvQ3Sc

http://media.phayul.com/?av_id=147&av_links_id=323

http://footage.tibetanbridges.com/

http://blip.tv/file/1903244/