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Sorge um den vermissten politischen Gefangenen Lobsang Khendup
Sangay Trinley gelang vor kurzem die Flucht aus Tibet, er traf im Januar 2005 in Dharamsala ein. Er erzählte, daß sein Sohn Lobsang Khendup aus Kardze im Jahr 2003 kurz nach dem tibetischen Neujahrsfest verhaftet wurde. Seither gebe es keine Informationen mehr über seinen Aufenthaltsort.
Der 1983 geborene Lobsang Khendup wird auch Khega genannt. 1993 kam er im Alter von zehn Jahren nach Indien und ging im südindischen Kloster Sera sechs Jahre lang religiösen Studien nach. Im Jahr 2000 kehrte er nach Tibet zurück, weil er seine Familie in Kardze wieder sehen wollte. Er wurde jedoch unterwegs festgenommen und vier Monate lang im Gefängnis Nyari in Shigatse inhaftiert. Nach seiner Freilassung konnte er zu seinen Angehörigen nach Kardze gehen. Von dort aus wollte er zu seinem Onkel und seinem Vater nach Toe Gangri reisen. Auf dem Weg dorthin wurde er erneut festgenommen und vier Tage in der Polizeistation Bhakor festgehalten, wo er unter schweren Schlägen vernommen wurde. Mit Hilfe seines Freundes Trigay gelang es ihm, freizukommen. Danach erreichte er schließlich Toe Gangri und traf dort seinen Vater und seinen Onkel. Ein Cousin verschaffte ihm einen Job als Übersetzer in einem Guest House in Ngari. Während er dort arbeitete, wurde er zweimal wegen seiner Reise nach Indien vernommen.
Im Jahr des Pferdes 2002, das als viel verheißend gilt, unternahm er eine Pilgerfahrt zum Berg Kailash. Er hatte tibetische Flaggen mit verschiedenen Farben vorbereitet. Eine davon brachte er am Dolma-La an und eine weitere am Manasarova See. Außerdem ritzte er Parolen für tibetische Unabhängigkeit in Felsblöcke in der Nähe des Kailash. Ein Freund, der bei der Polizei angestellt war, warnte den Vater, daß die Verhaftung seines Sohnes unmittelbar bevorstünde. Der Vater und der Onkel schickten Lobsang sofort weg und rieten ihm über Porog Gyalche Dzong und Lhasa nach Kongpo zu gehen. Kaum war er verschwunden, wurden Vater und Onkel von den Behörden zu einem Verhör einbestellt.
2003 trafen sich Lobsang Khendup, sein Vater (Sangay Trinley) und sein Onkel in Lhasa. Von dort begaben sie sich in ihre Heimatstadt Kardze, weil sie gemeinsam mit der ganzen Familie das tibetische Neujahrsfest begehen wollten. Danach kehrte der Onkel nach Toe Gangri zurück. Eines Abends gegen 17.00 Uhr kamen 30-40 Polizisten und nahmen Lobsang fest. Zu diesem Zeitpunkt waren nur Vater und Sohn zu Hause, die übrigen Familienangehörigen waren mit ihren Tieren zu den Weiden aufgebrochen. Das Haus wurde gründlich durchsucht, wobei 50 kleine Bildchen des Dalai Lama, ein tibetisches Gewehr und fünf verschieden große Messer zum Vorschein kamen. Diese Gegenstände der Familie wurden beschlagnahmt, und Lobsangs Vater mußte ein intensives Verhör über sich ergehen lassen.
Am folgenden Tag begab der Vater sich mit den Ortsvorständen Tsenor und Yeshi Tsenor zur Polizeistation von Kardze, um den Grund für die Festnahme seines Sohnes herauszufinden. Lobsang sei wegen seiner Reise nach Indien und wegen politischer Aktivitäten verhaftet worden, wurde ihm mitgeteilt. 15 Tage danach kamen ein Polizist und eine Frau zu dem Haus der Familie und sagten, sie könnten eine Decke und 600 Yuan zur Polizeistation bringen. Der Onkel Tsering Dhondup ging hin und konnte Lobsang eine Decke und 100 Yuan übergeben.
Kurz danach begab sich Sangay Trinley nach Toe Gangri, um der ihm drohenden Verhaftung zu entgehen. Er traf dort den ehemaligen politischen Gefangenen Sangay Dorjee, der zu dieser Zeit schwer erkrankt war. Sangay Trinley verhalf ihm zu der notwendigen medizinischen Behandlung und versteckte ihn dann mehr als 16 Tage lang. Als sie später zusammen auf dem Weg zur nepalesischen Grenze waren, trug er Sangay Dorjee manchmal sogar auf seinem Rücken, denn dieser war immer noch sehr schwach. 12 Tage lang hielten sie sich in der Nähe der nepalesischen Grenze auf. Sangay Dorjee gelang die Flucht und er kam sicher in Indien an. Sangay Trinlay mußte ebenfalls fliehen, denn sein Sohn war im Gefängnis und er hatte Sangay Dorjee zur Flucht verholfen. Er erreichte Dharamsala im Januar 2005. Er verfügt über keinerlei Informationen bezüglich des Aufenthaltsorts seines Sohnes Lobsang Khendup und macht sich seinetwegen große Sorgen. Auch die Guchusum-Bewegung ist tief besorgt wegen des Verbleibs von Lobsang Khendup und seines Zustandes.
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