1. Januar 2005
World Tibet News

Originaltext des Buches

Warren W. Smith: Rezension des Buches "Buying the Dragon's Teeth"

Jamyang Norbus neues Buch "Buying the Dragon's Teeth: How Your Money Empowers a Cruel und Dangerous Communist Regime in China and Undermines Labor, Industry and Freedom Worldwide" (Wie Ihr Geld ein grausames und gefährliches kommunistisches Regime in China unterstützt und Arbeitsplätze, ganze Industrien und die Freiheit zu Hause untergräbt", High Asia Press, New York) ist eine gut begründete und dokumentierte Anklageschrift, in der es um die von China begangenen Menschenrechtsverletzungen und die schlechten Arbeitsbedingungen der Arbeiterschaft geht, sowie ein Aufruf zum Boykott chinesischer Waren. "Buying the Dragon's Teeth" legt dar, daß die Kommunistische Partei Chinas die Menschenrechte des chinesischen Volkes verletzt und seine Arbeitskraft ausbeutet, in Tibet einen kulturellen Völkermord begangen hat, verantwortlich ist für die weltweite Verbreitung von Nuklear- und Raketentechnik und sowohl im eigenen Land als auch auf internationaler Ebene mit unfairen Geschäftspraktiken operiert. In lobenswerter und glaubhafter Weise dokumentiert Jamyang Norbu Chinas beklagenswerte Menschenrechts- und Geschäftspraktiken, was zu einem großen Teil sogar von denjenigen, die selbst Geschäfte mit China machen, nicht bestritten wird. Im Unterschied zu denjenigen, die um des höheren Ziels des Handels und der damit sich angeblich "ganz von selbst" einstellenden Demokratisierung willen eine Appeasementpolitik befürworten, oder denjenigen, die sich einbilden, China werde über die Tibetfrage verhandeln, wendet sich der Autor entschieden gegen eine solche Politik. Jamyang Norbu argumentiert, daß die wirtschaftliche Entwicklung in China eher zum Faschismus als zur Demokratie führe und daß China keinerlei Tendenz zu irgendwelchen Zugeständnissen in der Tibetfrage erkennen lasse. Abgesehen von der Aufgabe der Appeasementpolitik bietet er zwar keine Lösung an – dafür aber eine Taktik: den Boykott chinesischer Waren.

"Buying the Dragon's Teeth" nennt drei unmittelbare Gründe, warum man keine Waren "Made-in-China" kaufen soll: Erstens werden diese Produkte häufig in Gefängnissen oder Arbeitslagern hergestellt; zweitens werden sie von Unternehmen im Besitz des chinesischen Militärs (was inzwischen wohl seltener der Fall sein dürfte, da die Volksbefreiungsarmee etliche solcher Unternehmen abgestoßen hat) hergestellt; drittens werden diese Güter von einer völlig rechtlosen Arbeiterschaft produziert. In dem Buch werden auch noch andere Gründe angeführt, wozu die religiöse Unterdrückung in China, die Zwangsabtreibungen und Sterilisationen, die willkürliche Anwendung der Todesstrafe, der Verkauf von Organen Hingerichteter, die in den Gefängnissen ausgeübte Folter, die Psychiatrisierung von politischen Gefangenen, die militärische Besetzung und der kulturelle Genozid in Tibet, die Repression in Ostturkestan, die Zensur von Presse und Internet, die Proliferation der Nuklearwaffen, sowie das unfaire und korrupte Geschäftsgebaren zählen. Das Buch stellt sich auch den üblichen Fragen und Einwänden bezüglich der Durchführbarkeit und Effektivität eines solchen Boykotts.

Jamyang Norbu argumentiert, in der Vergangenheit hätten sich Boykotte häufig als außerordentlich effektiv erwiesen. Sogar was China betrifft, sagt er, hätten einige von Tibetern organisierte Boykotte durchaus eine Wirkung gezeigt, zumindest indem sie Aufmerksamkeit erregt haben – nämlich so lange, bis ihnen durch die Appeasementpolitik aus Dharamsala ein Ende gesetzt wurde. Weil die tibetische Regierung-im-Exil unrealistischerweise annimmt, China sei willens, in der Tibetfrage zu verhandeln, ist sie gegen alle Aktivitäten, welche China als kontraproduktiv für die Gesprächsatmosphäre erachten könnte. Diese unsinnige Politik, mit der sie sich selbst täuscht, hat letztlich der chinesischen Propaganda in die Hände gespielt, der zufolge es in Wirklichkeit gar kein Tibet-Problem gebe, während sie zu keinerlei Zugeständnissen seitens Chinas geführt hat. Statt dessen hat diese Politik, ebenso wie diejenige zugunsten der Akzeptanz tibetischer Autonomie unter chinesischer Herrschaft, sowohl die Tibeter als auch ihre internationalen Unterstützer gespalten und verwirrt. Von allen als anti-chinesisch betrachteten Aktionen, wie zum Beispiel Demonstrationen gegen die internationalen Reisen von chinesischen Diplomaten, wurde abgeraten. Es ist daher unwahrscheinlich, daß Dharamsala den Boykottaufruf des Autors gutheißen wird. Abgesehen von der Darstellung der absoluten Vergeblichkeit von Dharamsalas Politik propagiert Norbu die Boykott-Taktik gerade deswegen, weil sie gänzlich unabhängig ist von einer jeden Regierungspolitik, einschließlich der Dharamsalas.

Die Unterstützung eines Boykotts durch eine Regierung, sei es nun Dharamsala oder ein beliebiger westlicher Staat, ist nicht erforderlich. Überhaupt sind Boykotts erfolgreicher, wenn sie nicht von einer Regierung ausgehen, sondern von der Bevölkerung. Trotzdem stellt sich die Frage der Durchführbarkeit eines Boykotts gegen chinesische Waren durch das Volk. Dies gilt insbesondere für die Vereinigten Staaten, wo der Autor lebt und auf die sein Augenmerk gerichtet ist. Chinesische Produkte dominieren den amerikanischen Markt in vielen Bereichen, vor allem bei Ladenketten wie Wal-Mart. Es ist deshalb fast unmöglich, an ihnen vorbei zu kommen. Wie also kann dann eine Einzelperson den Kauf chinesischer Güter vermeiden – und selbst wenn es ihr gelingen sollte, wird es irgendwelche Auswirkungen hervorrufen? Die Antwort lautet, daß man beim gegenwärtigen Stand der Dinge den Kauf chinesischer Produkte kaum vermeiden könne, und selbst wenn man es schaffe, man außer einer gewissen Befriedigung über sein Handeln kaum irgendwelche Wirkung erzielen wird. Unter anderen Umständen stellen sich die Möglichkeiten jedoch ganz anders dar.

Während des EP-3 Vorfalls im Jahr 2001, als ein amerikanisches Aufklärungsflugzeug mit einem chinesischen Kampfflugzeug zusammenstieß und die US-Mannschaft daraufhin einige Tage lang in China festgehalten wurde, verschärften sich die Spannungen zwischen den USA und China enorm. Überall in den USA erhielten Wal-Mart-Filialen Anrufe von Hunderten von Kunden, die sich darüber beschwerten, daß Wal-Mart anscheinend ausschließlich chinesische Produkte verkaufe. Wal-Mart hegte den Verdacht, daß es sich hierbei um eine gesteuerte Kampagne handle, und versuchte die Identität der betreffenden Organisation festzustellen. Letztendlich stellte sich heraus, daß es diese ominöse Organisation gar nicht gab. In der Tat brachten Bürger mit den Anrufen ihre Besorgnis über die amerikanische Abhängigkeit von chinesischen Importen zum Ausdruck. Dieses Ereignis spiegelt das Unbehagen der Amerikaner über ihre Abhängigkeit von Produkten aus China wieder; ebenso ist es auch ein Indikator für das Potential eines breit angelegten Boykotts dieser Waren, falls sich die Beziehungen zwischen den USA und China verschlechtern sollten. Auch die Verwundbarkeit von Wal-Mart in dieser Angelegenheit wird aufgezeigt.

Trotz der US-Politik des konstruktiven Engagements gegenüber China sind Konflikte nicht auszuschließen; von manchen werden sie – beispielsweise in der Taiwan-Frage – sogar für wahrscheinlich oder unvermeidlich gehalten. China will Taiwan erklärtermaßen "zurückholen" und sieht darin eine geheiligte Mission, die notwendig ist für die Erreichung seiner nationalen Einheit und die Wiederherstellung seiner nationalen Würde. China anerkennt keinerlei Berechtigung oder Begründung für eine internationale Unterstützung oder gar eine Einmischung in Taiwan. Die Wahrscheinlichkeit für einen Konflikt um Taiwan ist ziemlich groß, und die Beteiligung der USA daran so gut wie unvermeidlich. Selbst wenn die USA nicht direkt involviert wären, könnte eine Krise der amerikanisch-chinesischen Beziehungen ausgelöst werden, falls China versuchen würde, Taiwan durch Gewalt zurückzuholen. Eine Verschlechterung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern könnte auch durch den Aufstieg Chinas zur Weltmacht und die damit verbundene Rivalität hervorgerufen werden. Das ist sogar recht wahrscheinlich. Es gibt noch weitere Szenarien, die zu einem ähnlichen Ergebnis führen würden. Sollte es zu einem derartigen Konflikt oder einer Verschlechterung der Beziehungen zu China kommen, wäre die allgemeine Ablehnung der bisherigen amerikanischen Abhängigkeit von chinesischen Waren als sicher anzunehmen. Solch eine Ablehnung wäre auch ohne einen solchen Konflikt möglich – auf Grund von Ereignissen in China, Handelskonflikten oder dem Widerwillen der Amerikaner gegen ihre Abhängigkeit von in China hergestellten Gütern.

Sollte in den Beziehungen zu China eine derartige Verschlechterung eintreten – die Verfechter der Appeasementpolitik täten gut daran, dies in Betracht zu ziehen – würde man einsehen, wie vorausschauend Jamyang Norbus unermüdliche Bemühungen zugunsten eines Boykotts gegen chinesische Waren gewesen sind. In einem solchen Fall würden sich zweifellos andere, insbesondere die mit Dharamsala in Verbindung stehenden Tibet-Organisationen, als die Anführer eines Boykotts präsentieren. Aufgrund ihrer bisherigen Appeasementpolitik werden sie jedoch als die Neville Chamberlains der chinesisch-amerikanischen und chinesisch-tibetischen Politik erscheinen, während Jamyang Norbu dann als ein Winston Churchill dastehen wird. Letzten Endes zeichnet sich das Buch "Buying the Dragon's Teeth" durch Jamyang Norbus wie üblich hervorragenden Stil aus und ist allein schon wegen seiner Analyse der chinesischen Menschenrechtsverletzungen lesenswert.

Das Buch kann bestellt werden unter
http://www.studentsforafreetibet.org/article.php?id=475

oder als pdf. heruntergeladen werden unter http://www.boycottmadeinchina.org/downloads/dragontext.pdf

weitere Texte