4. April 2017
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie, www.tchrd.org

Ein Tibeter, der versucht hatte, sich zu verbrennen, nach sechs Jahren beinamputiert aus dem Gefängnis entlassen

Einer von zwei Mönchen, die sich 2011 gemeinsam in Brand setzten (1), wurde letzten Monat aus dem Gefängnis entlassen, allerdings hat er nur noch ein Bein.

Seit Lobsang Konchok am 28. März aus dem Gefängnis Deyang in der Provinz Sichuan entlassen wurde, wird er im Hause seiner Angehörigen in der Stadt Meruma im Bezirk Ngaba der TAP Ngaba, Provinz Sichuan, streng bewacht.

Er darf sein Haus nicht verlassen und ist in seiner Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. So darf er nicht mehr in sein Kloster zurückkehren, noch nicht einmal die Kreisstadt besuchen. Freunde und Verwandte durften von ihrer Begegnung mit Lobsang Konchok keine Bilder machen.

Lobsang Konchok

Dies ist die erste Nachricht über Lobsang Konchoks Zustand, seit er am 26. September 2011 von Sicherheitskräften vor Ort festgenommen wurde. Er war damals 18 Jahre alt. Zusammen mit seinem Freund, dem 19jährigen Lobsang Kelsang, veranstaltete er einen Selbstverbrennungsprotest in der Kreisstadt Ngaba. Beide waren Mönche aus dem Kloster Kirti. Zur Zeit seiner Festnahme war Lobsang Konchok in kritischem Zustand. Er konnte kaum Nahrung zu sich nehmen, und seiner Familie wurde mitgeteilt, daß ihm Arme und Beine amputiert werden müßten. Es heißt, daß man ihm im chinesischen Regierungshospital diskriminierend und feindlich gegenübertrat. Das Personal machte verunglimpfende Bemerkungen, er sei ein „Feind des Landes“ und ein „Feind der Stabilität der Gesellschaft“.

Sechs Jahre nach seiner Tat weiß man immer noch nicht, wegen welcher Anklagen er inhaftiert wurde. Wahrscheinlich wurde er der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angeklagt; dies geht aus einer behördlichen Anordnung, die im Mai 2016 in Ngaba herausgegeben wurde, hervor.

Von den 147 Personen, die in Tibet Feuer an sich legten, haben nach unserem Wissensstand nur 18 überlebt. Sie wurden wahrscheinlich alle der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit angeklagt, ein Delikt, das mit einer Gefängnisstrafe von drei bis zehn Jahren bestraft wird, wobei in sehr ernsten Fällen sogar die Todesstrafe verhängt werden kann.

Im März 2016 wurde ein Mönch namens Samdup, der zur Zeit seines Selbstverbrennungsversuchs 16 Jahre alt war, nach Verbüßung einer dreijährigen Gefängnisstrafe entlassen. Und im September 2016 stellte sich heraus, daß Tapey, der Mönch, der sich als erster in Tibet selbst verbrennen wollte (2), im Gefängnis Deyang einsitzt.

Über Lobsang Kelsang weiß man überhaupt nichts. Seit seiner Festnahme am Ort des Selbstverbrennungsprotests hat man nichts von ihm gehört oder gesehen.

Das TCHRD appelliert an die chinesischen Behörden, Lobsang Konchok die Wahrnehmung seiner grundlegenden Menschenrechte zu gestatten, darunter das Recht auf Freizügigkeit, Bildung, Redefreiheit usw. Durch die langjährige und willkürliche Inhaftierung Lobsang Konchoks wurde sein Recht auf freie Meinungsäußerung verletzt, oder genauer gesagt, sein Recht zu protestieren. Selbstverbrennungsproteste gefährden nicht die öffentliche Sicherheit. Vielmehr wird diese verletzt, wenn eine Regierung mit Gewalt und Tyrannei die Menschen unterdrückt und zum Schweigen bringt

(1) 26. September 2011, Trauer über die tragische Selbstverbrennung zwei junger Mönche aus dem Kloster Kirti in Ngaba

(2) 27. Februar 2009 „Chinesische Polizei schießt auf tibetischen Mönch, der sich in Brand setzte