20. August 2003
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India
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Pressemitteilung

Enger Mitarbeiter von Chadrel Rinpoche immer noch in Haft

Dem Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD) liegen zuverlässige Informationen vor, nach denen Champa Chung (56), ein ehemaliger Mitarbeiter von Chadrel Rinpoche, selbst nach Verbüßung seiner vierjährigen Haftstrafe 1999 nicht freigelassen wurde. Er wurde 1995 wegen der Rolle, die er bei der Kontroverse um die Reinkarnation des Panchen Lama spielte, verhaftet und zu vier Jahren Haft verurteilt. Außerdem wurden ihm für zwei Jahre die Bürgerrechte aberkannt.

Aus verläßlicher Quelle wird bestätigt, daß Champa Chung immer noch festgehalten wird. Unter der Bedingung strikter Anonymität berichtet unser Informant: "Er befindet sich immer noch in einer Art von Gewahrsam. Als ich fragte, ob es sich dabei um "las mi rukhag" (Zwangsarbeit, chin: jiyue) handle, erhielt ich zur Antwort, es gehe um etwas ganz anderes. Daraus schloß ich, daß er irgendwo im gleichen gora oder Gefängniskomplex festgehalten wird, obwohl er seine Strafe eigentlich verbüßt hat".

Im revidierten chinesischen Strafverfahrensrecht vom März 1996 wurde festgelegt, daß der Zeitpunkt der Festnahme ausschlaggebend für die Errechnung des Haftendes ist. Champa Chungs vierjährige Strafe wäre also gemäß dem chinesischen Gesetz am 16.05.99 zu Ende gewesen, denn er wurde am 17.05.95 verhaftet. Die Tatsache, daß er weiterhin festgehalten wird, verstößt somit sowohl gegen das chinesische als auch das internationale Recht.

Champa Chung (alias Chung la, chin: Qamba Qung) war früher Sekretär der Kommission für die Auffindung der Reinkarnation des Panchen Lama und stellvertretender Verwaltungsdirektor des Klosters Dechen Kelsang Potrang (chin: Deqen Gaisang Phozhang), der Residenz des Panchen Lama in Shigatse, TAR. Er wurde zusammen mit Chadrel Rinpoche (64), vormals Abt des Klosters Tashilhunpo sowie Vorsitzender der Suchkommission nach der Reinkarnation des 10. Panchen Lama, und Samdrup, einem Geschäftsmann Mitte dreißig aus dem Distrikt Panam in der Präfektur Shigatse verhaftet.

Am 14.05.95 erklärte der Dalai Lama den damals siebenjährigen Gedhun Choekyi Nyima zum 11. Panchen Lama von Tibet. Die Behörden in Peking setzten diese Proklamation umgehend außer Kraft und bezeichneten die Erklärung des Dalai Lama am 24.05.95 als "illegal und ungültig". Bereits am 17.05.95 verschwanden Gedhun Choekyi Nyima und seine Familie. Sie wurden bis zum heutigen Tag nicht mehr gesehen. Zwar wird immer wieder versichert, es gehe dem Jungen "gut", trotzdem wurde weder Vertretern westlicher Regierungen noch unabhängigen Organisationen oder Einzelpersonen gestattet, den Jungen, der im April vierzehn wurde, aufzusuchen. Im November 1995 ernannte die chinesische Regierung einen anderen sechs Jahre alten Jungen namens Gyaltsen Norbu zum 11. Panchen Lama.

Am 21.04.97 fällte das Mittlere Volksgericht der Präfektur Shigatse (chin: Xigaze), TAR, die Urteile über Champa Chung, Chadrel Rinpoche und Samdrup. Champa Chung wurde zu vier Jahren Haft in der Haftanstalt Seitu (Gefängnis des Sicherheitsbüros der TAP) in Lhasa verurteilt, weiterhin wurden ihm für einen Zeitraum von zwei Jahren die Bürgerrechte aberkannt. Chadrel Rinpoche erhielt eine Haftstrafe von sechs Jahren, die er im Gefängnis Nr. 3 in Chuandong, Distrikt Tazhu, Provinz Sichuan, verbüßte, des weiteren wurde eine dreijährige Aberkennung der Bürgerrechte über ihn verhängt. Samdrup wurde zu zwei Jahren Gefängnis und einem Jahr Verlust der Bürgerrechte verurteilt; vermutlich verbüßte er die Strafe ebenfalls in der Haftanstalt Seitu.

Einem Xinhua-Bericht vom 07.05.97 zufolge wurden die drei Angeklagten nach Artikel 92 des chinesischen Strafgesetzbuchs wegen "Verschwörung zur Spaltung des Mutterlandes" verurteilt. Dieser Artikel befaßt sich mit "Komplotten zum Sturz der Regierung und zur Auflösung des Staates". Die Mindeststrafe für dieses Vergehen beträgt zehn Jahre Gefängnis, obwohl die Angeklagten mit ihren Strafen weit darunter lagen. Xinhua berichtete, in Anbetracht der "Umstände dieses Falles" habe das Gericht Milde walten lassen und Strafen unterhalb des vorgesehenen Mindestmaßes verhängt.

Offiziellen Berichte zufolge wurde Chadrel Rinpoche dem Urteil entsprechend im Januar 2002 entlassen. Das TCHRD erhielt jedoch eine Exklusivinformation, der zufolge angenommen werden kann, daß Chadrel Rinpoche an einem isolierten Ort (chin: dujian cun) südlich des Militärcamps Din (tib: srib din dmag khang) in Lhasa unter Hausarrest steht. Unser Informant konnte diese Information bestätigen und sagte: "Chadrel Rinpoche wird ebenfalls irgendwie weiter festgehalten, obwohl er seine sechsjährige Strafe vollständig verbüßt hat. Es gab Gerüchte, daß im Gefängnis in Chongqing eigens für ihn ein neues Haus gebaut würde".

Die Tatsache, daß sowohl Champa Chung als auch Chadrel Rinpoche nach wie vor in Gefangenschaft sind, ist bezeichnend für die politische Brisanz des Falles. Das TCHRD bittet die internationale Gemeinschaft, die sofortige und bedingungslose Freilassung von Chadrel Rinpoche und Champa Chung und die Bekanntgabe des Aufenthaltsortes von Gedhun Chokyi Nyima zu fordern.