Ultimatum an „Missetäter“, sich freiwillig zu stellen, und Ankündigung von Geldgeschenken an Denunzianten
Die chinesischen Behörden in der Region Malho in Osttibet kündigten an, daß sie diejenigen, welche auf die augenblickliche Welle von Selbstverbrennungen bezogene „Verbrechen aufdecken“, mit Bargeld belohnen würden, und stellten jenen, die „einen Fehler begingen“, ein Ultimatum, sich bei den Behörden zu melden.
Die Ankündigungen wurden von dem Mittleren Volksgericht Malho und dem für die tibetischen Wohngebiete von Rebkong, Tsekhog und Chentsa zuständigen Büro für Öffentliche Sicherheit gemeinsam herausgegeben.
Viele der Selbstverbrennungsproteste ereigneten sich in der Region Malho in Qinghai (ehemals Amdo) ebenso kam es dort zu Massendemonstrationen Tausender von Tibetern, sowie von Schülern und Studenten. Seit Oktober 2012 haben sich 44 Tibeter selbst angezündet und dabei mehr Freiheit und die Rückkehr des Dalai Lama gefordert, zuletzt die Schülerin Bhenchen Kyi aus Tsekhog im Teenageralter am 9. Dezember.
Phayul gingen Kopien der Ankündigungen zu, in denen die Behörden Tibetern, die „einen Fehler begingen“, ein Ultimatum stellten, daß sie mit einer „milderen“ Strafe davonkämen, wenn sie sich bis zum 30. November freiwillig stellten.
Die auf Tibetisch und Chinesisch verfaßten Mitteilungen mahnen die Leute, „ihre Verbrechen zuzugeben“, als da sind: Aufhetzung zur Selbstverbrennung, Zur-Schau-Stellung von Portraits des Dalai Lama bei den Massenversammlungen zur Beisetzung von Selbstverbrennern, das Rufen von separatistischen Slogans, Beileidsbekundungen für die Familien der Selbstverbrenner, das „rechtswidrige“ Fotografieren und Filmen von Selbstverbrennungen und der Versand solchen Bildmaterials ins Ausland, das Ausstreuen von Gerüchten und das Führen provokativer Gespräche.
Die Behörden wiesen warnend darauf hin, daß gegen Personen, die wegen derartiger Verbrechen nach Ablauf der genannten Frist festgenommen werden, gemäß dem Gesetz hart vorgegangen würde.
In den letzten Wochen starteten die Behörden eine Verfolgungskampagne gegen Tibeter in dieser Region und nahmen mehrere Personen aus Rebkong und Tsekhog im Zusammenhang mit Selbstverbrennungsprotesten fest.
Zusammen mit dem Ultimatum griff die Regierung wieder zu ihrer altbewährten Taktik, Argwohn in der Gesellschaft zu säen, indem sie hohe finanzielle Belohnungen für das Zutragen von Informationen über Selbstverbrenner und Leute, die zu solchen Protesten “anstacheln“, aussetzte.
Die Behörden stellten für die Überbringer von Informationen über beabsichtigte Selbstverbrennungen, über Leute, die zu solchen aufhetzen, und über Personen, die die Familien der Selbstverbrenner zu Kondolenzzwecken aufsuchten, Bargeldgeschenke von 1.000 Yuan (US$ 160) bis 200.000 Yuan (US$ 32.000) in Aussicht. Belohnungen gibt es auch, wenn jemand in letzter Minute eingreift und es gelingt, eine Selbstverbrennung am Ort des Protestes zu verhindern.
Die Behörden garantierten ferner den Schutz der Identität der Informanten. Sie sagten, die Selbstverbrennungsproteste hätten „einen schlechten Einfluß“ auf die soziale Harmonie und Stabilität nicht nur dieser Region, sondern der gesamten Nation.
Ähnliche Taktiken und das In-Aussicht-Stellen von Barauszahlungen an die Familien der Selbstverbrenner, wenn diese erklären, daß die Proteste sich nicht gegen die chinesische Regierung gerichtet hätten, wurden bereits zuvor und auch in anderen Teilen Tibets angewendet.
Ein Telefonanruf von Phayul beim Public Security Bureau von Tsekhog war erfolglos, weil der Beamte, der den Anruf in der angeblich tibetischen Abteilung annahm, nicht Tibetisch, sondern nur Mandarin sprach.
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