29. August 2011 |
Phayul, www.phayul.com, TCHRD, www.tchrd.org
|
||
China verurteilt einen tibetischen Mönch, der seinen Neffen retten wollte, zu elf Jahren Gefängnis und einen Tag später zwei seiner Mitmönche zu 10 und 13 Jahren
|
Ein chinesisches Gericht in Osttibet (Volksgerichtshof des Bezirks Barkham, TAP Ngaba) verurteilte den Mönch Lobsang Tsundue unter der Anklage eines „vorsätzlichen Tötungsdeliktes“ zu 11 Jahren Gefängnis, weil er Phuntsog, der sich am 16. März aus Protest gegen die chinesische Politik in Flammen gesetzt hatte (1), „versteckt“ habe. Der 46jährige Lobsang Tsundue ist Phuntsogs Onkel und Lehrer im Kloster Kirti, TAP Ngaba, Provinz Sichuan. |
Die Nachrichtenagentur Xinhua zufolgte habe das Präfekturgericht von Ngaba Tsundue (chin. Drungdru) schuldig gesprochen, Phuntsog versteckt gehalten zu haben, weshalb sich die ärztliche Notfallversorgung um elf Stunden verzögert habe, so daß er starb.
Augenzeugen der Selbstverbrennung Phuntsogs vom 16. März besagen jedoch, daß Tsundue (oder Tsondru) versuchte, seinen Neffen vor weiteren Mißhandlungen und Schlägen der chinesischen Sicherheitskräfte zu retten. Nachdem diese die Flammen gelöscht hatten, droschen sie mit Knüppeln auf den schwer verbrannten Körper Phuntsogs ein. Die dort ansässigen Tibeter glauben, daß Phuntsog infolge dieser Schläge starb.
Tsundue wurde zuerst am 20. März festgenommen und nach fünf Tagen Haft wieder freigelassen. Am 12. April wurde er erneut verhaftet, und seitdem war sein Verbleib unbekannt, bis er bei der eintägigen Gerichtsverhandlung wieder auftauchte.
(1) 17. März 2011 „Tibetischer Mönch in Ngaba zündete sich selbst an Kloster Kirti im Belagerungszustand“
Einen Tag nach der Verurteilung von Tsundue zu elf Jahren Gefängnis bekamen am 30. August zwei weitere Mönche im Zusammenhang mit der Selbstverbrennung des 20jährigen Mönches Phuntsog lange Haftstrafen.
Die zwei Mönche des Klosters Kirti, Tsering Tamding, alias Tenzin Gyamokha, und Lobsang Tenzin, alias Nagten, wurden wegen „vorsätzlicher Tötung“ zu 13 bzw. 10 Jahren Gefängnis verurteilt nach Darstellung der staatlichen Medien, weil sie Phuntsog dabei halfen, sich selbst anzuzünden.
„Die zwei trieben ihren Mitmönch Rigzin Phuntsog dazu, sich selbst zu verbrennen, sie heckten den Plan aus und halfen ihm bei der Tat, wodurch sie seinen Tod herbeiführten“, meldete Xinhua unter Berufung auf das Gerichtsurteil.
Tsering Tamding, 22, und Lobsang Tenzin, 21, wurden im März festgenommen und waren bis zu ihrer Verurteilung verschwunden.
Das Exilkloster Kirti in Dharamsala erklärte, daß sowohl Tsering Tamding als auch Lobsang Tenzin die gegen sie erhobenen Anklagen vor Gericht zurückgewiesen hätten. „Das Recht, einen Anwalt ihrer Wahl zu ihrer Verteidigung heranzuziehen, wurde ihnen verweigert“, heißt es in der Meldung.
Xinhua berichtete, ein weiterer Mönch namens Dorje würde noch in dem Fall der Selbstverbrennung von Phuntsok vor Gericht gestellt werden, weil er „über das Internet Bilder von Phuntsog an einen im Ausland lebenden Mönch gesandt habe“.
Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie verurteilt diese Anklagen auf das Heftigste als falsch und ungerecht. Die Selbstverbrennung des Mönches Phuntsog erregte große internationale Aufmerksamkeit, ein solch tragischer Vorfall war das Resultat tiefer Verzweiflung über die repressive Politik Chinas in Tibet.
Nicholas Bequelin von Human Rights Watch sagte, diese Fälle seien politisch motiviert gewesen. „Dies offenkundig ungerechte Urteil ist ausschließlich das Ergebnis von politischer Verfolgung“, kommentierte er AFP gegenüber den Urteilsspruch über Lobsang Tsondru. „Er erfolgte vor dem Hindergrund des maßlos harten Vorgehens gegen das Kloster Kirti, aus dem die Regierung schon Dutzende von Mönchen willkürlich in Haft genommen hat“.
Und Jampel Monlam, der Vize-Direktor des TCHRD, bestätigte, daß die Mönche von Kirti versucht hätten, Phuntsog zu retten „Die Chinesische Kommunistische Partei will die Verantwortung für den Tod auf die Mönche des Klosters abwälzen, indem sie diese als Mörder hinstellt“, sagte er. „Sie verwechselt schwarz und weiß“.
„Einen Mönch zu verurteilen, der nur versuchte, Phuntsog nach seiner einsam durchgeführten Handlung zu beschützen, stürzt die Mönche des Klosters Kirti in noch schlimmere Seelenqual. Durch solch ein Vorgehen bezweckt die chinesische Regierung, die Aufmerksamkeit von den wahren Ursachen für die Selbstverbrennung abzulenken. Dieser Akt war nämlich das Resultat extremer innerer Qual und der Aufopferung wegen der intensiven Repression und neuer Maßnahmen zur Unterdrückung der religiösen Praktiken der Tibeter“, kommentierte Kate Saunders von ICT.
Es gibt keine Hinweise darauf, daß die drei Mönche in irgendeiner Weise für Phuntsogs Akt der Selbstverbrennung, zu dem er sich selbst entschlossen hatte, oder seinen darauffolgenden Tod verantwortlich sind. Sie wollten ihn nur vor weiterem Unheil schützen, ehe er im Krankenhaus starb.