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Drei weitere Flüchtlinge aus Nepal nach Tibet abgeschoben
ICT Kathmandu - Am 13. Januar 2004 übergaben nepalesische Beamte (örtlichen ICT-Quellen zufolge) am Grenzposten Dram an der Freundschaftsbrücke drei tibetische Flüchtlinge, darunter einen Minderjährigen, an die chinesische Grenzpolizei. Der jetzigen Auslieferung gingen Ende Dezember mindestens drei weitere, von nepalesischen Beamten durchgeführte zwangsweise Rückführungen von Tibetern voraus.
ICT-Informanten in Dram berichteten, Angehörige der Königlich-Nepalesischen Armee (Royal Nepalese Army = RNA) aus Tatopani hätten die drei Tibeter ungefähr 20 km südlich der nepalesisch-tibetischen Grenze festgenommen. Die Militärs brachten die Flüchtlinge in einem Transporter zurück an die Grenze und übergaben sie dort nepalesischen Einwanderungsbeamten. Berichten zufolge marschierten diese mit den Flüchtlingen über die Freundschaftsbrücke und lieferten sie dann den chinesischen Grenzpolizisten aus.
Radio Free Asia berichtete am 9. Januar, drei Flüchtlingsgruppen von insgesamt 21 Personen seien von nepalesischem Sicherheitspersonal an der Grenze den chinesischen Behörden überstellt worden. ICT schilderte ausführlich die brutale Behandlung, die diesen Tibetern nach ihrer Auslieferung an die chinesischen Behörden in dem neuen, speziell für die an der Grenze gefaßten Flüchtlinge errichteten chinesischen Gefängnis zuteil wird. Bei Gesprächen mit einer von ICT gesponserten Delegation von Kongreß-Mitgliedern wiederholten führende nepalesische Regierungsvertreter in Kathmandu, sie fühlten sich weiterhin der Politik des fairen und menschlichen Umgangs mit Flüchtlingen verpflichtet. Sie behaupteten, sie seien nicht in der Lage, die Abschiebung der 21 Flüchtlinge zu bestätigen, deuteten jedoch an, bei den in den Grenzgebieten operierenden Sicherheitskräften seien solche Vorkommnisse auf Grund von ungenügender Kommunikation und mangelhafter Kenntnis der Regierungspolitik durchaus möglich.
Jedenfalls hat sich das Innenministerium bisher nicht darum bemüht, den an der Grenze stationierten Sicherheitskräften bzw. deren Befehlshabern diesbezügliche schriftliche Anweisungen zu geben. Außerdem deuteten die nepalesischen Gesprächspartner an, sie stünden unter dem massiven Druck der Chinesen, gegenüber Tibetern die nepalesischen Einwanderungsbestimmungen rigoros durchzusetzen, während westliche Länder - einschließlich der USA - darauf bestehen, daß Nepal sich an seine Verpflichtung, tibetische Flüchtlinge nicht auszuliefern und für ihren sicheren Transit nach Kathmandu zu sorgen, zu halten hat.
Seit der maoistische Volksaufstand vor zwei Jahren eskalierte, unterstehen die Sicherheitskräfte an der Grenze im Gebiet der Freundschaftsbrücke dem Oberkommando des "Unified Command", das sich aus Mitgliedern der bewaffneten nepalesischen Polizei, der Polizei und der Armee zusammensetzt. Die Befehlsgewalt hat ein Kommandeur der RNA. Die RNA untersteht dem Verteidigungsministerium, während Polizei und Einwanderungsbehörde dem Innenministerium zugeordnet sind. Einem führenden RNA-Offizier in Tatopani zufolge hat das Armeepersonal strikte Order, alle Tibeter ohne gültige Pässe der Einwanderungsbehörde zu überstellen. Aus Furcht, chinesischen Grenzpolizisten in die Hände zu fallen, entledigen sich tibetische Flüchtlinge üblicherweise aller Ausweispapiere, ehe sie die tibetisch-nepalesische Grenze überqueren.
"Man könnte sich zwar noch vorstellen, daß die RNA-Kommandeure über die Politik ihrer Regierung gegenüber den tibetischen Flüchtlingen nicht im Bilde sind. Die Einwanderungsbeamten gehören jedoch zum Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums, weshalb ihnen die politischen Richtlinien absolut klar sein sollten", sagte die mit der Kongreß-Delegation reisende und für Regierungsbeziehungen zuständige ICT-Direktorin Kelly Currie. "Die Tatsache, daß sich diese Tibeter vor ihrer Abschiebung im Gewahrsam der Einwanderungsbehörde befanden, erweckt ernsthafte Zweifel, inwieweit sich Nepal tatsächlich seiner offiziellen Politik der Nicht-Auslieferung von Flüchtlingen verpflichtet fühlt", fügte Currie hinzu.
ICT ruft Nepal zum wiederholten Male dazu auf, seinen Grenzschutzkräften diese Richtlinie schnellstmöglich schriftlich zur Kenntnis zu bringen". Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde haben den Menschenrechtsbeobachtern von ICT in den letzten beiden Jahren des öfteren erklärt, an der Grenze aufgegriffene Tibeter, die nicht ausdrücklich um Asyl bitten oder sich darauf berufen, Flüchtlinge zu sein, würden von der nepalesischen Einwanderungsbehörde an die chinesische Grenzpolizei übergeben. In der Vergangenheit gab es häufig Kommunikationsprobleme zwischen den tibetischen Flüchtlingen und den nepalesischen Grenzbeamten. Des weiteren fehlt es ihnen an fachlicher Ausbildung, die sie dazu befähigen würde, festzustellen, ob ein Tibeter tatsächlich ein Flüchtling oder Asylsuchender ist. Und nach Nepals Dafürhalten sollte dies auch der Verantwortung des UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) in Kathmandu überlassen bleiben. "Die nepalesische Regierung kann kein doppeltes Spiel treiben - sie hat sich der internationalen Gemeinschaft gegenüber dazu verpflichtet, keine Tibeter zu zwingen, in den chinesischen Einflußbereich zurückzukehren, dennoch kommt es immer wieder zu derartigen Vorkommnissen", sagte Currie.
"Es ist höchste Zeit, konkrete Maßnahmen zu ergreifen, damit künftig sichergestellt wird, daß das Personal in den Grenzgebieten - sowohl Sicherheitskräfte als auch Einwanderungsbeamte - die politischen Richtlinien kennen und dazu verpflichtet werden, sich an sie zu halten. Das, was während der letzten Wochen in der Grenzregion geschehen ist, legt die Vermutung nahe, Nepal praktiziere die Politik der Zwangs-Rückführung von Flüchtlingen und nicht ihrer humanitären Behandlung durch ihre Überstellung an das UNHCR".
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