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Mobile Ambulanzen zur Durchführung der Geburtenkontroll-Politik in Tibet
Mit der Einsetzung von 64 speziell ausgerüsteten Fahrzeugen, die in verschiedenen Bezirken als Ambulanzen fungieren sollen, haben die Behörden in der Autonomen Region Tibet ihre Bemühungen zur Umsetzung der Familienplanungspolitik erheblich verstärkt. Obwohl die Ausgabe von Kontrazeptiva durch diese Ambulanzen in manchen Gebieten begrüßt wird, befürchten doch im Gesundheitswesen Tätige, diese Ambulanzen könnten dazu führen, daß der Druck auf tibetische Frauen, sich den Maßnahmen zur Geburtenkontrolle zu unterziehen, noch größer wird. Ein Bericht von Xinhua vom 3. Mai führt aus: "Der Zweck der 'mobilen Kliniken' ist die Überprüfung des Gesundheitszustandes der Frauen vor Ort, die Ausgabe von Verhütungsmitteln, der Krankentransport, und außerdem für die Familienplanungspolitik auf lokaler Ebene zu werben".
Tibetische Frauen, die in entlegenen ländlichen Gebieten leben, haben normalerweise keinen Zugang zu billigen und sicheren Verhütungsmitteln, und man hörte in den letzten Jahren von vielen Frauen auf dem Land, daß mobile Familienplanungs-Teams und Mitarbeiter des Gesundheitswesens ihre Regionen nicht erreichen. Die Bereitstellung dieser neuen Ambulanzen wird wahrscheinlich die Reichweite der Maßnahmen zur Geburtenkontrolle sowie zur Durchführung der Familienplanungspolitik in ländlichen Gebieten, die sich von Bezirk zu Bezirk stark unterscheidet, erhöhen. Der Xinhua-Bericht nennt keine Einzelheiten bezüglich der Bezirke und Präfekturen, in welche die Ambulanzen geliefert werden sollen, und es scheint auch nicht, daß die Ambulanzen sich auf dem Gebiet der Gesundheitserziehung betätigen werden. Bei der Familienplanungspolitik in Tibet und China liegt der Hauptakzent auf Empfängnisverhütung und Geburtenkontrolle, die als wichtiger erachtet werden als die Frauen über Gesundheit und Wohlbefinden aufzuklären oder eine sorgfältige Vorsorgeuntersuchung.
Ein westlicher Gesundheitsexperte, der auf verschiedenen Krankenstationen in der TAR gearbeitet hat, sagte: "Natürlich begrüßen einige der Frauen auf dem Lande die Möglichkeit, empfängnisverhütende Mittel zu bekommen, weil sie nicht mehr als ein oder zwei Kinder haben möchten. Wir hörten aber auch oft von Frauen mit zwei oder drei Kindern, auf die starker Druck ausgeübt wurde, diese Ambulanzen aufzusuchen und irgendeine Form der Empfängnisverhütung anzuwenden oder sich sterilisieren zu lassen, wenn diese Eingriffe vorgenommen werden können.
Die neuen mobilen Teams sollen den tibetischen Frauen vermutlich das Norplant-Hormon-Implantat und das IUD (Intra-Uterin-Pessar) verpassen. Es ist nicht klar, ob auch die Möglichkeit zur Sterilisation (Tubenligatur) angeboten wird oder ob die Fahrzeuge die Frauen einfach in das nächstgelegene Krankenhaus, das diesen Eingriff durchführt, transportieren werden. Die meisten Bezirkskrankenhäuser in der TAR sind nicht in der Lage, Sterilisationen vorzunehmen, da es an qualifiziertem Personal mangelt, das die Operationen und Narkosen durchführen kann, weshalb die Frauen oft lange Anreisewege zum Präfektur-Krankenhaus haben.
Der westliche Gesundheitsexperte sagte, daß die Nachricht, wann solch eine Ambulanz eine Gegend besucht, von der Abteilung für Familienplanung und Reproduktionsmedizin in den Bezirkskrankenhäusern und den Vertreterinnen der Frauenföderation bis zu den medizinischen Hilfskräften und dem Frauenverbrand auf Gemeindeebene weitergegeben wird. Die Arbeit der Vertreterin des Frauenverbandes auf dörflicher Ebene ist es, festzustellen, welche verheiratete Frauen bereits die erlaubte Anzahl von Kindern haben, doch keine Verhütungsmittel benutzen und diese Frauen dann zu den Ambulanzen zu schicken.
Das Fachwissen der Mitarbeiter im Gesundheitsbereich, die in den "mobilen Kliniken" eingesetzt werden, ist sehr unterschiedlich. Häufig haben sie nicht die Kenntnisse oder Erfahrung, um die Nebenwirkungen bestimmter Verhütungsmittel mit den Frauen besprechen zu können oder sie zu untersuchen und herauszufinden, welche Form von Verhütung die geeignetste für sie ist. Die verschiedenen Verhütungsmethoden betreffen im allgemeinen immer nur die Frauen, und meistens ist nur eine Sorte Verhütungsmittel verfügbar, auch wenn es die für die betreffende Frau gar nicht das am besten geeignete ist.
Tibetische Frauen, die in ländlichen Gebieten leben, haben keinerlei Zugang zu angemessener Gesundheitsfürsorge; die Krankenstation der Gemeinde ist unter Umständen viele Tagesreisen entfernt und im Winter und in der Regenzeit gänzlich unerreichbar. Selbst wenn die Frauen sie irgendwie aufsuchen können, ist das Personal dort häufig jung und unerfahren und hat lediglich eine ein- oder zweimonatige Ausbildung hinter sich. Für Frauen in Tibet besteht ein erhöhtes Risiko während der Schwangerschaft und der Geburt - die enorm hohe Müttersterblichkeit in Tibet ist zumindest teilweise dem Umstand zuzuschreiben, daß die Frauen in ländlichen Gegenden nur eingeschränkten Zugang zur Gesundheitsfürsorge haben.
Dies ist ein weiterer Bericht aus der Reihe unabhängiger Berichte von Kate Saunders, beauftragt von Australia Tibet Council, Free Tibet Campaign und International Campaign for Tibet. Diese Berichte erscheinen auch auf den TSG-Listen, einem internationalen Mailservice für Tibet-Unterstützer, und in World Tibet News, einer Sammlung von Nachrichten zu Tibet, archiviert unter: www.tibet.ca/wtnnews.htm.
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