März 2007
Human Rights Update

Inhalt

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  1. Eine Tibeterin bei Verbrennung von Räucherwerk festgenommen
  2. Weiterhin erbärmliche Haftbedingungen für tibetische politische Gefangene
  3. Der Fall des verschwundenen Panchen Lama vor dem UN-Menschenrechtsrat
  4. In Tibet wird die Religionsfreiheit weiterhin mißachtet
  5. Nancy Pelosi erinnert an den tibetischen Aufstand
  6. UN-Experte fordert China zur Veröffentlichung der Resultate der     Nachforschungen zu den Schüssen am Nangpa-Paß auf
  7. Drei Jahre Haft für den Besitz von CDs mit Belehrungen des Dalai Lama
  8. Portrait eines ehemaligen politischen Gefangenen: Kalsang Thutop

Eine Tibeterin bei Verbrennung von Räucherwerk festgenommen

Wie von RFA berichtet, nahmen chinesische Polizisten mindestens eine Person fest, als sich am 14. März 2007 eine große Anzahl Tibeter am Bumpa Ri (Vasenberg) in Lhasa versammelte, um Räucherwerk zu verbrennen und Gebete darzubringen. Diese Rituale standen im Zusammenhang mit einer Gebetszeremonie für das lange Leben Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, die von der tibetischen Regierung-im-Exil sowie der tibetischen Exilgemeinschaft am 14. März 2007 im Haupttempel von Dharamsala abgehalten wurde.

Als die Polizei merkte, was vor sich ging, schritt sie ein, um die Tibeter an der Teilnahme zu hindern. Dabei wurde eine 42jährige Frau aus Jomda im Bezirk Amdo, TAR, festgenommen und eine ältere Frau angegriffen.

Mehrere hundert Polizisten wurden am Nachmittag in Lhasa postiert, um die Menschen zu überwachen und am Abbrennen von Räucherwerk zu hindern. Wie berichtet, beteten zahlreiche Tibeter im Tsuglhakhang, dem Haupttempel von Lhasa, und verbrannten dort Räucherstäbchen. Die tibetischen Läden auf dem Barkhor-Markt blieben an diesem Tag geschlossen.

Unsere Kontaktperson in Tibet sagte: "Normalerweise dürfen sich Tibeter nicht in Massenversammlungen oder Gebeten und Räucherwerkzeremonien zusammenfinden. Dennoch kam an diesem Tag in Lhasa eine große Zahl von Tibetern zusammen und beteiligte sich an den Ritualen."

Die chinesische Regierung hatte im Vorfeld eine Verordnung herausgegeben, die den tibetischen Mitgliedern der KP und Regierungsbediensteten der Besuch der Tempel für eine Woche untersagte. Ein chinesischer Beamter namens Wang aus einem nahegelegenen Dorf äußerte sich gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, man hätte den Tibetern mit Parteiausschluß und Verlust ihres Arbeitsplatzes gedroht, falls sie die buddhistischen Tempel in Lhasa aufsuchten. Das wurde während der Jahressitzung des Nationalen Volkskongresses in Peking bekanntgegeben. Allerdings war damals nicht klar, worauf sich dieses Verbot genau bezog, jedoch hat es offenkundig mit dem anhaltenden Einfluß des Dalai Lama in Tibet zu tun, und sein Zweck ist, die Tibeter daran zu hindern, Gebete für ein langes Leben ihres spirituellen Oberhaupts darzubringen.

Trotz der offiziellen Verordnung versammelten sich am 14. März zahlreiche Tibeter in Lhasa, um Räucherwerk zu verbrennen und für ein langes Leben Seiner Heiligkeit zu beten.

Die tibetische Regierung-im-Exil und die tibetische Exilgemeinschaft veranstalteten am selben Tag eine große Opferzeremonie für ein langes Leben Seiner Heiligkeit des Dalai Lama. Die Exilregierung rief alle Tibeter, jung und alt, dazu auf, diesen Tag für verdienstvolle Taten zu nutzen.

Weiterhin erbärmliche Haftbedingungen für tibetische politische Gefangene

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie veröffentlichte kürzlich seinen neuesten Gefangenenreport. Der Bericht, der heute bei einer Randveranstaltung im Rahmen der gerade eröffneten 4. Sitzung des Menschenrechtsrats in Genf vorgestellt wurde, beleuchtet, welch tragische Folgen es für die Tibeter hat, wenn sie ihre grundlegenden Rechte auf Rede-, Meinungs- und Gewissensfreiheit ausüben.

Die Tibeter sind die Opfer eines autoritären Regimes, das sich nicht scheut, gegen jeden, der seine grundlegenden Menschenrechte wahrnehmen will, mit willkürlichen Strafen vorzugehen, obwohl diese Rechte vom Völkerrecht garantiert und auch durch die chinesische Verfassung nominell geschützt werden. Gemäß der derzeit in China herrschenden Rechtspraxis werden Tibeter entweder von einem Gericht im Schnellverfahren zu Gefängnisstrafen oder auf administrativem Wege zu Haftstrafen bis zu vier Jahren verurteilt. Es ist schlechterdings unmöglich, die genaue Zahl aller politischen Gefangenen zu ermitteln, weil China unabhängigen Organisationen keinen Zutritt zu Gefängnissen, Arbeitslagern und Haftzentren gewährt.

Wie aus den Aufzeichnungen des TCHRD hervorgeht, sind gegenwärtig 116 namentlich bekannte Tibeter aus politischen Gründen inhaftiert. 51 von ihnen haben zehn oder mehr Jahre Haft zu verbüßen. Mönche oder Nonnen machen 80% bzw. 69% aller politischen Gefangenen in Tibet aus. Die tatsächliche Anzahl der aus politischen Gründen Inhaftierten dürfte allerdings weitaus höher liegen als die genannte Zahl. Unsere wichtigste Informationsquelle in dieser Hinsicht stellen die ins Exil geflohenen ehemaligen politischen Gefangenen dar, doch auch von Freunden und Angehörigen ehemaliger Gefangener erhalten wir wertvolle Hinweise. Jegliche Information über politische Inhaftierung wird in China gemeinhin als "Staatsgeheimnis" behandelt, und ein jeder, der bei deren Weitergabe erwischt wird, kommt wegen "Spionage" vor Gericht und wird zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Die Tibeter leben in einer Atmosphäre der Angst und spürbaren Selbstzensur, während der Staat gegenüber jeglicher Aktivität oder Meinung keinerlei Toleranz kennt, die er als eine Infragestellung der Kontrolle der KP über die Bereiche der Gesellschaft ansieht, die in seinen Augen die entscheidenden sind.

In den chinesischen Gefängnissen in Tibet ist Folter an der Tagesordnung. Seit 1987 sind 88 namentlich bekannte tibetische politische Gefangene an den direkten Folgen der Folter und unmenschlicher Behandlung in den Haftanstalten gestorben.

Viele Jahre lang war Drapchi das Gefängnis, das die meisten tibetischen politischen Gefangenen beherbergte. Es war berüchtigt für seine unmenschliche Behandlung. Anfang 2005 wurde das neue Gefängnis Chushul (chin. Qushui) in Betrieb genommen, und inzwischen wurde der Großteil der politischen Gefangenen in diese neue Anstalt verlegt. Sie liegt weit außerhalb von Lhasa (etwa 120 km). Dieser Umstand erlaubt den Behörden, Besucher fernzuhalten und eine noch strengere Kontrolle über die Gefangenen auszuüben. Manfred Nowak, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, der dieses Gefängnis am 27. November 2005 besuchte, berichtete später, die Häftlinge hätten ihm geklagt, daß die elementaren Haftbedingungen in Drapchi immer noch besser gewesen seien als in Chushul. Der Bericht enthält eine kurze Darstellung der meisten tibetischen politischen Gefangenen.

Der Fall des verschwundenen Panchen Lama vor dem UN-Menschenrechtsrat

Am 22. März 2007 wurde dem UN-Menschenrechtsrat eine gemeinsame Erklärung von 15 NGOs vorgetragen, in der diese das Verschwinden des XI. Panchen Lama Tibets als ein „Verbrechen, das bis heute anhält", bezeichneten. Die gemeinsame Erklärung wurde als Reaktion auf den Bericht der Arbeitsgruppe für Zwangsverschleppung oder unfreiwilliges Verschwinden (Working Group on Enforced or Involuntary Dissapearance - WGEID) verfaßt, der am 21. März 2007 vorgelegt wurde. Bei dieser Arbeitsgruppe handelt es sich um einen der Ausschüsse des Menschenrechtsrats. Ein Vertreter der Bewegung gegen Rassismus und Freundschaft unter den Völkern (Movement Against Racism and Friendship among All Peoples = MRAP) bezog sich direkt auf den Bericht der WGEID und sagte: "Die Arbeitsgruppe befaßt sich solange mit Fällen von Zwangsverschleppung, bis sie geklärt sind. Das Verbrechen des erzwungenen Verschwindens wie es in der Erklärung über den Schutz aller Personen vor dem Verschwindenlassen definiert wird, gilt als ein prolongiertes Verbrechen solange bis das Schicksal oder der Aufenthaltsort der verschwundenen Person bekannt wird."

"Demzufolge ist die Zwangsverschleppung Gedhun Choekyi Nyimas, des XI. Panchen Lama Tibets, ein Verbrechen, das bis heute anhält", hieß es in der Erklärung der NGOs an den Rat. In ihrer gemeinsamen Erklärung stellten die NGOs aus Asien, Europa, Nordamerika und Afrika die Frage, weshalb die WGEID bisher keine neue Anfrage im Fall des Panchen Lama an China gerichtet habe.

"Die Tibeter und alle anderen Anhänger des tibetischen Buddhismus sind weiterhin tief besorgt über den Verbleib, das Wohlbefinden und das Schicksal des jungen Mannes. Aus diesem Grund möchten wir wissen, weshalb der Bericht der Arbeitsgruppe nichts über die Neuaufnahme dringlicher Nachforschungen in diesem Fall enthält, zumal diese am 2. Mai öffentlich erklärt hatte, ihre erste Sitzung im Jahr 2006 erfolge just am 17. Geburtstag des Panchen Lama, der im Alter von sechs Jahren verschwand."

Diese Erklärung wurde von folgenden NGOs verfaßt: Asian Indigenous and Tribal Peoples Network, Asian Forum for Human Rights and Development (FORUM-ASIA), Society for Threatened Peoples, International Fellowship of Reconciliation, Interfaith International, France Libertés - Fondation Danielle Mitterrand, Pax Romana, International Educational Development, International Federation for the Protection of the Rights of Ethnic, Religious, Linguistic and other Minorities, Transnational Radical Party, Nonviolence International, Women’s International League for Peace and Freedom (WILPF), Femmes Africa Solidarité (FAS), Commission africaine des promoteurs de la santé et des droits de l’homme (CAPSDH).

In Tibet wird die Religionsfreiheit weiterhin missachtet

Der 26jährige Jamphel Nyima, alias Dhondup, aus Meldrogungkar, Bezirk Lhasa, TAR, traf kürzlich in Dharamsala ein und berichtete dem TCHRD, wie die Religionsfreiheit in Tibet unterdrückt wird.

"Mit sieben Jahren wurde ich in der Kreisgrundschule von Meldrogungkar eingeschult. Nach der zehnten Klasse wechselte ich auf die Lhasa Higher Secondary School über, wo ich bis zur zwölften Klasse blieb. Ich hätte in der Schule so gerne etwas über unsere eigene Kultur, Geschichte und Religion erfahren, aber dazu gab es keine Gelegenheit, denn die meisten Fächer werden auf Chinesisch gelehrt. Ferner hat die chinesische Regierung eine Anordnung getroffen, der zufolge keine religiösen Zeremonien und Rituale in den Schulen abgehalten werden dürfen. Es ist den Schülern verboten, Amulette (sakrale religiöse Schnürchen) zu tragen und Tempel aufzusuchen. Wer bei der Übertretung dieser Bestimmungen ertappt wurde, hatte mit einschneidenden Konsequenzen wie dem Ausschluß aus der Schule zu rechnen. Wenn jemand nur die tibetische Sprache erlernt, hat er kaum Berufschancen, ja sogar junge Tibeter mit einem Abschluß in Chinesisch finden nur schwer Arbeit. Unter diesen Umständen gibt es in Tibet natürlich immer weniger junge Leute, die ihre eigene Sprache, Religion und Kultur wirklich gut kennen.

Nach der zwölften Klasse brach ich meine reguläre Schulausbildung ab, weil ich mich einem der drei großen Zentren buddhistischer Gelehrsamkeit (Sera, Drepung und Gaden) anschließen wollte. So trat ich im Januar 2000 in das westlich von Lhasa gelegene Kloster Drepung ein. Obzwar ich nicht als Mönch registriert war, hielt ich mich zwei Jahre dort auf. Die Chinesen haben für Drepung eine Obergrenze von 720 Mönchen festgelegt. 2003 wurden 120 neue Mönche registriert, und so wurde auch ich schließlich ein regulärer Mönch dieses Klosters.

Nach meiner offiziellen Aufnahme beabsichtigte ich, mich eifrig dem Studium der buddhistischen Philosophie zu widmen. Allerdings mußte ich zu meiner großen Enttäuschung sehen, wie jeden Monat 15-20 Mitarbeiter des Büros für religiöse Angelegenheiten in Lhasa (Lhasa Religious Affairs Bureau = RAB) ins Kloster kamen und etwa 18 Tage lang den patriotischen Unterricht durchführten. Während dieser Zwangsschulungen wurden die Mönche angehalten, den Dalai Lama zu verurteilen, die sogenannten Separatisten zu beschimpfen und Tibet als Bestandteil der VR China anzuerkennen. Zusätzlich zwangen die Kader die Mönche, vorbereitete Erklärungen desselben Inhalts zu unterschreiben. Die Mönche gerieten in eine Zwickmühle, denn wenn sie die Erklärung unterschrieben, handelten sie gegen ihr Gewissen, wenn sie sich aber weigerten dies zu tun, riskierten sie bestraft oder sogar des Klosters verwiesen zu werden. Die Mönche haben es wirklich sehr schwer, sie leben in ständiger Anspannung und Furcht.

Am 25. November 2005 kamen wieder einmal an die 30 Kader vom Büro für religiöse Angelegenheiten nach Drepung. Sie zitierten uns zu einer Versammlung in die Gebetshalle von Drepung Loseling. Nachdem sich alle Mönche dort eingefunden hatten, trugen die Beamten fünf Punkte vor und erläuterten sie den Mönchen. Wir sollten: 1. Den Dalai Lama schmähen, 2. Widerstand gegen Separatisten leisten, 3. Tibet als Teil Chinas anerkennen, 4. Loyalität gegenüber der VR China geloben, 5. Feedback über die Erfahrungen bei der Umerziehung an das Arbeitsteam abgeben.

Während des Meetings erhob sich Lobsang Wangchuk, der Vorsitzende des Demokratischen Managementkomitees des Klosters, und erklärte: ‚Ein Mönch kann unmöglich seine wichtigsten Lehrmeister kritisieren. Wenn er das tut, verletzt er seine klösterlichen Gelübde. Deshalb ist es unmöglich für uns, den Dalai Lama zu beschimpfen’. Auf diese kühne Äußerung hin wurde Lobsang mehrfach verhört.

Später teilten die Beamten die Mönche in kleinere Gruppen auf, um sie zur Akzeptanz der genannten fünf Punkte zu bringen. Da die Mönche die verlangte Antwort verweigerten, wurden sie gezwungen, sich individuell zu jedem einzelnen Punkt zu äußern. Als Phuntsok Jangchup* aus dem Kreis Phenpo an die Reihe kam, weigerte er sich nicht nur, der Forderung der Kader Folge zu leisten, er legte sich sogar mit ihnen an. Phuntsok kehrte nach der Sitzung in seine Kammer zurück, und die Kader beschlossen, sich ihn am nächsten Tag noch einmal vorzuknöpfen.

Als sie ihn am nächsten Morgen abholen wollten, fanden sie seine Kammer von außen verschlossen vor und dachten, er hätte sich aus dem Staube gemacht. Drei Tage später versuchte ein Mönch des Klosters, Puntsok auf dessen Mobiltelefon anzurufen und wunderte sich, als er es in dessen Zimmer klingeln hörte.

Der Mönch holte sofort eine Leiter, schaute durch das Fenster in Phuntsoks Zimmer und sah ihn auf dem Bett liegen. Er benachrichtigte die Kader. Mitglieder des Arbeitsteams und Mönche eilten in Phuntsoks Kammer, wo sie seinen Leichnam, der bereits in Verwesung übergegangen war, auf dem Bett liegend vorfanden. Anscheinend hatte sich Phuntsok nach der Auseinandersetzung mit den Mitarbeitern der Arbeitsteams das Leben genommen. Da die Kader auf den Selbstmord Phuntsoks hin mit Problemen im Kloster rechneten, setzten die Kampagne kurzzeitig aus.

15 Tage später kamen sie aber schon wieder und machten weiter. Mehrere Mönche weigerten sich, den Dalai Lama zu verunglimpfen. Daraufhin bestellten die Kader eines Morgens in aller Frühe insgeheim die fünf Mönche Ngawang Namdo aus Phenpo, Ngawang Nyingpo aus Phenpo Paenag, Phuntsok Tharlam aus Lhoka, Phuntsok Thubwang aus Lhasa und Ngawang Phelgye aus Gyantse ein. Diese fünf wurden des Klosters verwiesen und durch den Vorsitzenden der Bezirksregierung ihren Familien zwangsweise überstellt.

Noch am selben Abend riefen die fünf Mönche ihre Kollegen im Kloster an und berichteten, was vorgefallen war. Gleich darauf gingen alle Mönche gemeinsam zum Büro des Arbeitsteams und verlangten, den Grund für den Ausschluß ihrer Brüder zu erfahren. Drei Stunden lang, von 15 bis 18 Uhr, argumentierten die Mönche mit den Kadern des Arbeitsteams.

Am nächsten Tag versammelten sich die Mönche erneut vor dem Büro des Arbeitsteams, setzten sich auf den Boden und traten für einen Tag in den Hungerstreik. Sie forderten ein Treffen mit dem Leiter des Arbeitsteams. Angesichts des Ernstes der Lage informierten die Beamten ihre Vorgesetzten. Ein paar Stunden später trafen vier Militär-Lastwagen mit bewaffneten Soldaten im Kloster ein.

Noch in derselben Nacht, nachdem die Mönche in ihre Kammern zurückgekehrt waren, riefen die Kader die Amtsträger des Klosters zu sich und befahlen ihnen, die Mönche unter Kontrolle zu halten, damit die Situation nicht weiter eskaliere. Mehrere Tage lang wurden keine Gläubigen und Pilger von außerhalb ins Kloster eingelassen. Alle Leute, die das Kloster besuchen wollten, wurden abgewiesen und bekamen zu hören, es sei wegen einer Feuerwehrübung vorübergehend geschlossen worden.

Es gibt keine Religionsfreiheit in Tibet, und die Mönche stehen wegen der vielen Kampagnen für Patriotische Umerziehung unter ständigem erheblichem Streß. Viele verlassen deshalb das Kloster. Seit 2003 wurden über 100 Mönche aus Drepung ausgeschlossen oder haben das Kloster aus eigenem Antrieb verlassen. Derzeit befinden sich rund 500 registrierte Mönche im Kloster Drepung.

Der Mangel an religiöser Freiheit bewog mich zum Verlassen meines Klosters und zur Flucht ins Exil. Mein einziger Wunsch ist nun, ins Kloster Drepung in Südindien einzutreten und dort meine Studien der buddhistischen Philosophie wiederaufzunehmen. Ich traf am 27. Februar 2007 in Dharamsala ein. Ich werde um eine Audienz bei Seiner Heiligkeit dem Dalai Lama nachsuchen und mich danach zum Kloster Drepung Loseling nach Südindien begeben.

* In der Mitteilung des TCHRD vom 29. November 2005 wurde dieser Mönch als Ngawang Jangchub genannt.

Nancy Pelosi erinnert an den tibetischen Aufstand

Nancy Pelosi, die Sprecherin des Repräsentantenhauses der USA, gab am 10. März 2007 folgende Erklärung heraus: "Am 48. Jahrestag des tibetischen Aufstandes ehren wir die vielen tapferen Tibeter, die ihr Leben im Kampf um die Freiheit opferten".

Sie verwies auf den US-amerikanischen Jahresbericht über die Menschenrechte weltweit, der sich auch mit den gravierenden Menschenrechtsverletzungen befaßt, die China sich in Tibet zuschulden kommen läßt. Den Dialog zwischen der tibetischen Regierung-im-Exil und China wertete sie als positives Zeichen, brachte aber gleichzeitig ihre Besorgnis über die von China betriebene Verzögerungstaktik bei den Gesprächen mit den Gesandten Seiner Heiligkeit zum Ausdruck.

Um sie selbst zu zitieren: "Der amerikanische Kongreß steht weiterhin fest zum tibetischen Volk. Im vergangenen Jahr verabschiedete er ein Gesetz, das die Auszeichnung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama mit der Goldmedaille des Kongresses ermöglichte, die ihm auf Grund seines persönlichen Einsatzes für Frieden, Gewaltlosigkeit und der Förderung des religiösen Verständnisses verliehen wurde. Ich bin stolz, zu den Initiatoren dieser bedeutenden Gesetzesänderung zu gehören."

Ferner betonte sie, wie notwendig es sei, der Botschaft des Dalai Lama für den Frieden sowie dem nicht nachlassenden Kampf der Tibeter die zustehende Aufmerksamkeit zu schenken.

UN-Experte fordert China zur Veröffentlichung der Resultate der Nachforschungen zu den Schüssen am Nangpa-Pass auf

Im Rahmen der Sitzung des Menschenrechtsrats forderte der UN-Sonderberichterstatter für außergerichtliche, summarische und willkürliche Hinrichtungen, Philip Alston, China zur Veröffentlichung der Resultate der Nachforschungen über die Schüsse am Nangpa-Paß im September 2006 auf. Er bezog sich dabei auf sein Schreiben vom 18. Oktober 2006, in dem er eine uneingeschränkte öffentliche Rechenschaftslegung für die vom chinesischen Staat bzw. seinen Grenztruppen begangenen Taten gefordert hatte. Zudem stellte er die Frage, ob die Familien der Opfer inzwischen finanziell entschädigt worden seien.

Ferner hieß es in dem Schreiben: "…ohne die Genauigkeit der bisherigen Informationen zu werten, möchte ich betonen, daß in derartigen Situationen die grundlegenden Prinzipien der Vereinten Nationen für die Anwendung von Gewalt und Feuerwaffen zu berücksichtigen sind. Diese Grundsätze besagen unter anderem, daß die Vollzugsbeamten ‚soweit wie möglich gewaltlose Mittel einzusetzen haben, bevor sie zu Gewaltanwendung und zu Feuerwaffen greifen’ und daß ‚ein gezielter Gebrauch von tödlichen Feuerwaffen auf jeden Fall nur dann zulässig ist, wenn alle anderen Maßnahmen versagen oder Menschenleben auf dem Spiel stehen’. Ferner möchte ich die Aufmerksamkeit Ihrer Exzellenz auf den Verhaltenskodex für Strafvollzugsbeamte lenken, der als Resolution 34/169 (1979) von der Generalversammlung angenommen wurde und der sich ausführlich mit der eng begrenzten Rolle von Gewaltanwendung mit tödlichen Folgen bei allen Aktionen von Strafverfolgungsbehörden befaßt."

Alston stellte auch die Frage an die chinesische Regierung, ob die Familien der Opfer finanziell entschädigt wurden und welche juristischen Schritte gegen die Personen ergriffen wurden, die für die Todesschüsse am Nangpa-Paß verantwortlich sind. "Ich bitte um Angabe der genauen Einzelheiten und die Vorlage sämtlicher vorhandenen Resultate der angestellten Nachforschungen, medizinischen Untersuchungen und juristischen sowie aller sonstigen Ermittlungen zu den oben erwähnten Todesschüssen."

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums hatte im Vorfeld zugesichert, die Anschuldigungen gegen die Bewaffnete Volkspolizei zu untersuchen, die beschuldigt wird, am 30. September 2006 auf Tibeter geschossen zu haben, die im Begriff waren, über den Nangpa-Paß nach Nepal zu fliehen. Der UN-Menschenrechtsexperte forderte von China eine unverzügliche, unabhängige und gründliche Untersuchung der Todesfälle in Übereinstimmung mit den Grundätzen der UNO für die wirksame Vermeidung und Untersuchung von außergesetzlichen, willkürlichen und summarischen Hinrichtungen.

Drei Jahre Haft für den Besitz von CDs mit Belehrungen des Dalai Lama

Wie Radio Free Asia am 9.März 2007 berichtete, verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof den in der Gemeinde Tsakor, Kreis Dingri, Präfektur Shigatse, TAR, geborenen Penpa zu drei Jahren Haft, nur weil er im Besitz von CDs mit Belehrungen des Dalai Lama war.

Penpa wurde im Juni 2006 auf den Verdacht hin verhaftet, daß er 100 Schafe vor den Schlachthof gerettet haben könnte, um dem Dalai Lama zu einem langen Leben zu verhelfen. Bei der Durchsuchung seines Hauses fand die Ortspolizei zwei CDs mit Belehrungen des Dalai Lama. Die 100 Schafe, die Penpa gerettet hatte, wurden nach seiner Verhaftung konfisziert.

Anfänglich war Penpa in Dingri inhaftiert; im Dezember 2006 wurde er dann ins Nyari-Gefängnis in Shigatse verlegt, wo er nun seine Strafe zu verbüßen hat. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung war Penpa Dorfvorsteher und ein erfolgreicher Geschäftsmann.

Portrait eines ehemaligen politischen Gefangenen: Kalsang Thutop

Kalsang Thutop, alias Bhagdro, wurde im Dorf Takthong, Gemeinde Sangda, Kreis Toelung Dechen, Bezirk Lhasa, TAR, geboren. Er besuchte fünf Jahre lang die Grundschule in seinem Dorf und arbeitete später als Angestellter und Buchhalter bei der Dorfverwaltung. 1980 wurde er im westlich von Lhasa gelegenen Kloster Drepung zum Mönch ordiniert.

Kalsang gehörte zu jener Gruppe von Mönchen aus Drepung, die am 27. September 1987 die erste große Demonstration für die Unabhängigkeit seit 1959 anführten. Er klebte im Kloster und im Stadtgebiet von Lhasa Plakate an, auf denen die Unabhängigkeit gefordert wurde, und verteilte Heftchen mit den Lehren des Dalai Lama sowie Artikel über die tibetische Unabhängigkeit.

Am 5. März 1988 nahm er an einer friedlichen Massendemonstration in Lhasa teil. Ferner gehörte er der „Tibetischen Freiheitsbewegung“ an, einer Untergrundorganisation, zu der sich im selben Jahr zehn Mönche aus Drepung zusammengeschlossen hatten. Mehrmals brachte er auch heimlich Freiheits-Plakate an.

Kurz nachdem die Chinesen am 5. März 1988 das Kriegsrecht über Lhasa verhängt hatten, wurde ein Mitglied der Gruppe festgenommen. Bald darauf wurden weitere Mitglieder in Haft genommen. Schließlich schöpfte die Polizei auch Verdacht gegen Kalsang und traf Vorbereitungen, ihn zu verhaften. Deshalb verließ er gemeinsam mit Ngawang Gyaltsen das Kloster und versuchte, ins Exil zu entkommen. Kurz vor Dram an der nepalesischen Grenze ereilte ein Unfall ihr Auto, bei dem Ngawang Gyaltsen erhebliche Kopfverletzungen erlitt. Die zwei Mönche mußten ihre Flucht daher unterbrechen.

Sie gingen zurück in ein nahegelegenes Dorf, wo Ngawang seine Verletzung behandeln lassen konnte, die nächsten drei Tage hielten sie sich versteckt. Danach nahmen sie ihre Flucht wieder auf, gingen aber nur nachts. In der Nacht des 13. März 1989 heftete sich die Bewaffnete Volkspolizei (PAP) an ihre Fersen. Ngawang konnte auf Grund seiner Verletzung nicht schnell laufen, weshalb die beiden schließlich an der Grenze gefaßt wurden. Drei Tage lang wurden sie im Lager der PAP festgehalten, bevor sie ans PSB übergeben und in deren Haftzentrum inhaftiert wurden. Dort wurden sie mehrmals verhört und dabei unmenschlich gefoltert.

Am 28. November 1989 verurteilte der Mittlere Volksgerichtshof von Lhasa Kalsang und seine neun Freunde wegen Bildung einer „konterrevolutionären Gruppe“, der „Spionage“, der „Weitergabe von Staatsgeheimnissen und des „illegalen Grenzübertritts“ zu Haftstrafen zwischen fünf und 19 Jahren. Kalsang wurde zu 18 Jahren Gefängnis und Verlust der politischen Rechte auf fünf Jahre verurteilt.

Nach der Gerichtsverhandlung gab die chinesische Regierung über Radio, TV und Printmedien bekannt, daß einer geheimen „tibetischen Freiheitsbewegung“ und „Separatistengruppe“ das Handwerk gelegt wurde. Am 15. Januar 1990 wurden die Verurteilten ins Gefängnis Drapchi verlegt, wo man sie sogleich brutal verprügelte. Sie mußten Häftlingskleidung anlegen und wurden gezwungen, ihre eigenen Kleider und alle anderen Habseligkeiten in Brand zu stecken.

Kalsang mußte in Drapchi ständig Schwerarbeit verrichten, wodurch er schwächer und schwächer wurde. Dennoch wurde ihm die angemessene medizinische Behandlung verweigert. An einem Junimorgen im Jahr 1996 wurde er zum Verhör geholt. Als er zwei Stunden später zurückkam, war er infolge der schweren Schläge, die man ihm verabreicht hatte, nicht mehr ansprechbar. Er wurde unverzüglich in ein nahegelegenes öffentliches Krankenhaus gebracht, wo er wenige Stunden später verstarb. Kalsang war zum Zeitpunkt seines Todes erst 50 Jahre alt. Ein Freund brachte seinen Leichnam ins Kloster Drepung. Bei der traditionellen Himmelsbestattung, die in der Nähe des Klosters vorgenommen wurde, stellte sich heraus, daß einer von Kalsangs Hoden auf brutalste Weise zerquetscht worden war.