8. November 2005
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
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Junger Mönch nach "Patriotischer Erziehung" unter mysteriösen Umständen im Kloster Drepung gestorben

Dem TCHRD liegen zuverlässige Informationen über den Tod des 28 Jahre alten Mönches Ngawang Jangchub vor, der in der ersten Oktoberwoche unter ungeklärten Umständen in seiner Zelle im Kloster Drepung verstarb. Einen Tag nach einer heftigen Auseinandersetzung mit den Kadern des "Arbeitsteams" für die "Patriotische Erziehung" wurde er im Kloster tot aufgefunden.

Die Kader waren Anfang Oktober im Kloster eingetroffen, um die Kampagne durchzuführen. Entsprechend ihren Vorgaben wurde von den Mönchen verlangt, den Dalai Lama als "Separatisten" zu verurteilen und Loyalität gegenüber der chinesischen Regierung zu geloben. Einige Mönche wollten sich jedoch nicht "umerziehen" lassen, weshalb es zum Streit mit den Kadern kam. Wie berichtet, weigerte sich Ngawang bei der Auseinandersetzung rundweg, den Dalai Lama zu verunglimpfen und bezeichnete ihn als den "Erlöser im jetzigen und im nächsten Leben". Er erklärte den Kadern, er würde selbst dann nichts bereuen, wenn er aus dem Kloster ausgeschlossen würde. Ngawang widersprach weiterhin dem offiziellen Standpunkt der Regierung, Tibet sei ein integraler Bestandteil Chinas. Wörtlich sagte er: "Tibet war niemals ein Teil Chinas, und ich weise Euren Anspruch auf Tibet zurück." Als Antwort hierauf beschimpften ihn die Kader und drohten ihm schwerwiegende Konsequenzen an. Nach dem Streit zog Ngawang sich wütend in sein Quartier zurück; am folgenden Tag erschien er nicht zur Schulung. Als die anderen Mönche nach ihm schauen wollten, fanden sie ihn tot in seinem Zimmer liegen. Die genaue Todesursache ist nicht bekannt, die Mönche vermuten jedoch Selbstmord wegen des extremen psychologischen Traumas.

Ngawang Jangchub, alias Aku Ril Ril, wurde im Dorf Lakhang, Gemeinde Phodo, Distrikt Phenpo Lhundrup, Stadtbezirk Lhasa, geboren.

Die Kampagne der "Patriotischen Erziehung" nimmt den Mönchen und Nonnen in den Klöstern ihr inneres Gleichgewicht und veranlaßt sie manchmal zu extremen Reaktionen. Die ständige politisch motivierte Gehirnwäsche während der Kampagne, mit der die Geistlichen gezwungen werden, die Prinzipien der Partei unablässig zu wiederholen, verursacht den Mönchen und Nonnen ungeheure psychische Qualen und treibt sie in manchen Fällen bis zum Suizid.

Tashi Rabten aus dem Kloster Thentok verstarb am 1. Mai 2000 unter ungeklärten Umständen unmittelbar nach einem Verhör durch ein 30-köpfiges "Arbeitsteam". Gewaltsam wurde er in den Privatbereich der Mönche gezerrt, wo er nach Fotos des Dalai Lama suchen sollte. Er wurde später in einer Blutlache liegend aufgefunden und starb kurz danach.

Seit Beginn 2005 wird die "Patriotische Erziehungs-Kampagne" wieder verstärkt durchgeführt. Eine ganze Reihe von neu angekommenen Flüchtlingen berichten über die Kampagne in den Klöstern Talung und Sera sowie den Nonnenklöstern Gyabdrak und Shugseb. Es gab auch Berichte über Ausschlüsse und Verhaftungen in den betreffenden Klöstern.

Die Kampagne zur "Patriotischen Erziehung" wurde 1996 gestartet und ist eines der wichtigsten Instrumente zur religiösen Unterdrückung in Tibet. Sie ist ein Verstoß gegen die internationalen Bestimmungen über Religionsfreiheit. Die Klostergemeinschaften sollen mittels Drohungen, Ausweisung, Verhaftung und Zwang dazu gebracht werden, den offiziellen Direktiven Folge zu leisten, obwohl diese die Menschenrechtsbestimmungen der UNO in Religionsfragen verletzen. Das TCHRD hat die Ausweisung von 11.383 Mönchen und Nonnen von Januar 1996 bis August 2004 als Folge der Kampagne "Patriotische Erziehung" dokumentiert.