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Der tibetische politische Gefangene Ngawang Gyaltsen wurde nach Verbüssung seiner Strafe entlassen
In der Autonomen Region Tibet (TAR) sind die Restriktionen besonders einschneidend, die Mobiltelefone werden abgehört, und jeder, der eine Information weitergibt, die die Behörden geheim halten wollen, muß mit strengen Strafen rechnen. Deshalb kann es Wochen oder Monate dauern, bis Nachrichten aus dieser Gegend die Außenwelt erreichen.
Erst jetzt erhielten wir von Tibet Watch, unserem für Recherchen zuständigen Partner, die Nachricht, daß Ngawang Gyaltsen, ein tibetischer politischer Gefangener, im März dieses Jahres nach Vollendung seiner Strafe aus dem Gefängnis entlassen wurde.
Bis zu seiner Festnahme war Ngawang Gyaltsen Mönch im Shag Rongpo Gaden Dargyaling Kloster im Bezirk Nagchu, Präfektur Nagchu, TAR, wo er schon als Kind eingetreten ist. Er hatte Thangka-Malerei studiert und war ein bekannter Maler und Meister im Ritualtanz geworden.
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Ngawang Gyaltsen |
Der Grund für Ngawang Gyaltsens Festnahme war ein Vorfall am 20. Mai 2010, als er eine Auseinandersetzung mit den in seinem Kloster stationierten chinesischen Regierungsbeamten hatte. Diese führten eine Umerziehungskampagne in dem Kloster durch, bei der von den Mönchen verlangt wurde, den Dalai Lama und andere hohe Lamas zu diffamieren.
Weil Ngawang Gyaltsen sich der Umerziehung widersetzte, schikanierten ihn die Beamten und stellten ihn unter strenge Überwachung, was ihn und mehrere andere Mönche veranlaßte, das Kloster zu verlassen.
Sogar nach seinem Weggang hörten die Behörden nicht auf, ihn zu drangsalieren. Er durfte nicht reisen und ohne behördliche Genehmigung sich nicht mit Freunden und Angehörigen treffen.
Am 24. Februar 2015 wurde Ngawang Gyaltsen schließlich im Bezirk Nagchu festgenommen. Lange Zeit wußte man nichts über seine Lage noch seinen Verbleib, bis es sich schließlich herausstellte, daß er in die Stadt Nagchu gebracht worden war.
Es gab damals auch keine Information über einen Gerichtsprozeß oder eine Verurteilung, doch jetzt wissen wir, daß er später in das Drapchi Gefängnis nach Lhasa verlegt worden war, wo die meisten politischen Gefangenen in der TAR inhaftiert sind. Während er dort eine dreijährige Strafe verbüßte, starb sein Vater.
Free Tibet setzte sich im Rahmen der Kampagne „Robed Resisters“ für Ngawang Gyaltsens Freilassung ein. Diese Kampagne wurde in den Jahren 2015-2017 durchgeführt und hob die Rolle tibetischer Mönche und Nonnen im Widerstand gegen die chinesische Herrschaft hervor, sowie die Menschenrechtsverletzungen und die Risiken, denen sie sich bei ihren mutigen Widerstandsakten aussetzen.
Nach Ablauf seiner Haftzeit im März dieses Jahres wurde er insgeheim freigelassen. Die Behörden hatten die Familien vorher nicht informiert. Als sie von seiner Freilassung erfuhren, suchten ihn seine Verwandten und Freunde aus seiner Heimatgemeinde Tarchen im Bezirk Nagchu auf. Sie begrüßten ihn herzlich und hießen ihn mit Khatags willkommen.
Es gibt keine weitere Information über Ngawang Gyaltsens Gesundheitszustand noch darüber, wie er im Gefängnis behandelt wurde.
Während wir Ngawang Gyaltsens Freilassung und Rückkehr nach Hause begrüßen, wissen wir, daß Tausende politischer Gefangener in Tibet inhaftiert bleiben wegen Taten, die keine Verbrechen darstellen. Wir müssen uns weiterhin für ihre Freilassung einsetzen und für ein Ende der repressiven Politik der KPCh in ganz Tibet. |