12. Juli 2007
World Tibet News, www.tibet.ca


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Einige Argumente gegen Autonomie für Tibet

von Tsoltim N. Shakabpa*

Der in Nepal aufgetauchte Paß, der 1948 Tsepon Wangchuk Deden Shakabpa (Vater des Autors dieses Artikels) ausgestellt wurde, ehe die Chinesen das Land 1950 besetzten, liefert einen eindeutigen Beweis für die ehemalige Unabhängigkeit Tibets Dieser Paß, in Form eines großen Blattes traditionellen tibetischen Papiers, wurde von der tibetischen Regierung 1947 dem damaligen tibetischen Finanzminister Tsepon Wangchuk Dedhen Shakabpa ausgestellt, als er eine Handelsdelegation nach China, den USA und Großbritannien leitete.

Das Dokument weist Sichtvermerke mehrerer Nationen wie den USA, Großbritanniens, Indiens, Frankreichs, Italiens, der Schweiz und Ägyptens auf. In der Mitte ist der Stempel der tibetischen Regierung, und darum herum die Stempel der diversen Regierungen, die dem hohen Beamten ein Visum ausstellten. Dieser Paß, der 1992 von Shakabpa einem indischen Freud anvertraut wurde, landete schließlich bei einem Antiquitätenhändler in Kathmandu. Tibet-Aktivisten mußten 10.000 $  aufbringen, um ihn einzulösen.

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Warum fordert die Tibetische Regierung-im-Exil (TGIE) vom kommunistischen China eine Autonomie für Tibet, die den Tibetern beträchtlich weniger Freiheit zugestehen würde, als wir im Exil sie heutzutage haben? Gegenwärtig sind wir frei, unsere Religion zu praktizieren, unsere Meinung über politische und nationale Belange zu äußern, zu reisen, unsere Religion und Kultur und Traditionen zu bewahren, und wir sind sogar frei, unser Exilparlament zu wählen. Warum strebt die TGIE eine Übereinkunft an, bei der wir aller dieser Rechte verlustig gingen?

Was die Tibeter in Tibet betrifft, so mögen sie vielleicht durch den wirtschaftlichen Fortschritt des kommunistischen Chinas ein paar materielle Vorteile gewonnen haben, doch sie können ihre eigene Kultur nicht ausüben, sie können nicht nach Unabhängigkeit streben oder in irgendeiner Weise gegen das kommunistische chinesische Regime aktiv werden. Aber was für einen Sinn hat „Autonomie“, wenn sie nur die Einschränkung unserer einzigartigen kulturellen und friedlichen politischen Tätigkeiten mit sich bringt?

Warum also wollen wir uns in eine offizielle autonome Lage begeben, die tausendmal schlimmer sein wird als die gegenwärtige Situation?

Vom kommunistischen China eine offizielle Vereinbarung über Autonomie zu fordern, bedeutet, daß wir viele der Rechte veräußern, die wir nun genießen, und uns für immer in eine eingeschränkte und unsichere Situation, aus der wir nie mehr herauskommen, begeben.

Wenn wir eine offizielle Vereinbarung über Autonomie mit den Chinesen treffen, so stehen wir unter anderem den folgenden Restriktionen gegenüber, einschließlich der vollständigen Handlungsunfähigkeit in allen außenpolitischen und militärischen Angelegenheiten:

  1. Die Ausübung der tibetischen Religion, Kultur und Tradition in einem „autonomen“ Tibet wird nur unter strenger chinesischer Überwachung stattfinden können. 

  2. Die Förderung der tibetischen Kultur, Religion und Traditionen im Ausland wird entweder verboten oder eingeschränkt sein, da dies in den Bereich Außenpolitik fällt.

  3. Alle Reisen ins Ausland werden der Kontrolle und Einschränkung durch die Chinesen unterliegen.

  4. Tibeter müssen chinesische Pässe besitzen, wenn sie ins Ausland reisen wollen.

  5. Tibet kann niemals in einem internationalen Gremium vertreten sein.

  6. Ausländische Investitionen in Tibet werden von China kontrolliert werden.

  7. China wird das Recht haben, alle wertvollen tibetischen Ressourcen mit Beschlag zu belegen oder aus Tibet zu exportieren, unter Berufung darauf, daß diese Tibets auswärtige Angelegenheiten und den Außenhandel betreffen.

  8. China wird volle Kontrolle über die Wasserläufe des Drichu und des Machu in Tibet ausüben, denn es wird behaupten, diese Flüsse seien maßgeblich für die Wassermenge des Yangtse und des Huang Ho in China, weil der Drichu in China zum Yangtse und der Machu zum Huang Ho wird. Alle derartigen Eingriffe werden ernsthafte Auswirkungen auf Ökologie und Umwelt in Tibet haben.

  9. Den Tibetern innerhalb Tibets wird es niemals erlaubt sein, all die Untaten, die China in Tibet verübt hat, für die Geschichte festzuhalten.

  10. Den Tibetern wird niemals erlaubt sein, von China Wiedergutmachung zu fordern für all das Grausame (Tötungen und Folter), das ihnen angetan wurde.

  11. Die Chinesen werden niemals zustimmen, daß der gesamte ethnisch-tibetische Siedlungsraum einer einzigen tibetischen Verwaltung unterstellt wird.

  12. Die Chinesen werden im Falle einer Autonomie-Vereinbarung durch Trug und Geschick einer tibetischen Administration ihre eigenen Marionetten aufzwingen.

  13. Die Tibeter werden niemals ihre Nationalflagge hissen dürfen.

Dies sind nur ein paar der Einschränkungen, die auf die Tibeter zukommen, wenn eine Autonomie-Vereinbarung unterzeichnet wird. Auf der Website der International Tibet Independence Movement, www.rangzen.org, habe ich noch wesentlich mehr aufgelistet.

Selbst wenn Tibet irgendwann echte Autonomie erlangen sollte, werden die Tibeter der Lage nie wirklich trauen, und ebenso wie im heutigen Hongkong (das angeblich „autonom“ ist), werden die Tibeter mit einem Bein in Tibet und mit dem anderen außerhalb von Tibet stehen. Sie werden sich niemals vollständig an die Chinesen anpassen oder das kommunistische Regierungssystem akzeptieren, weil

1) die Kommunisten die Religion für Gift halten, und die Religion des Buddhismus den Tibetern heilig ist, und

2) der Kommunismus im Grunde genommen eine Diktatur ist, und die Tibeter fest an die Demokratie glauben.

Ich ersuche daher in aller Demut die Tibetische Regierung-im-Exil, ihre Politik zu überdenken. Selbst der leibliche ältere Bruder des Dalai Lama, der edle Taktser Rinpoche, kämpft trotz seines hohen Alters und seiner körperlichen Gebrechlichkeit unbeirrt für die Unabhängigkeit, nicht für die Autonomie. Mein eigener verstorbener Vater, der Historiker Tsepon Wangchuk Deden Shakabpa, trat sein ganzes Leben lang unerschütterlich für unabhängiges Tibet ein.

Autonomie ist keine Alternative. Es gibt keine andere Wahl, als im Hinblick auf wirkliche Freiheit unseren Kampf fortzusetzen, um die vollständige Unabhängigkeit vom kommunistischen China zu erringen. Eines glücklichen Tages wird Tibet – ganz gleich, wie lange es dauert – frei und unabhängig sein, wenn wir nur den Kampf nicht aufgeben.

Bod Gyalo! Kundun ko-tse ring-po thob-pa sho!

*Tsoltim N. Shakabpa, der Sohn von Tsepon Wangchuk Deden Shakabpa, dem angesehenen einstigen Finanzminister im unabhängigen Tibet, Historiker, Politiker und Freiheitskämpfer, ist ein ehemaliger international bekannter Bankier und ein gefeierter Dichter mit einer Reihe von Veröffentlichungen, außerdem Geschäftsführer der Tsepon Wangchuk Deden Shakabpa Memorial Foundation.