Issue 83 June 2019
Free Tibet, www.freetibet.org

Ein Bild der Repression – Die Versuche der Kommunistischen Partei, den Dalai Lama in Tibet auszulöschen

Nichts definiert die einzigartige Identität Tibets, noch den Widerstand der Tibeter gegen die Besetzung ihres Landes besser als der tibetische Buddhismus. Jahrzehntelang waren die Tapferkeit der Mönche und Nonnen Tibets und das internationale Eintreten für den Dalai Lama der herrschenden Chinesischen Kommunistischen Partei (KPC) ein gewaltiger Dorn im Auge. Die Partei fordert Loyalität. Über die Jahre hin hat sie immer wieder versucht – und ist wiederholt daran gescheitert – die tibetischen Buddhisten zum Gehorsam zu zwingen, ja sogar, ihre Religion ganz und gar auszumerzen.

Ein Haus-Schrein für Xi Jinping

Eine Schlüsselposition nimmt bei diesem scharfen Durchgreifen die Politik ein, die tibetischen buddhistischen Führer zu diskreditieren und zu marginalisieren. Die Geschichte des Panchen Lama, der als kleiner Junge entführt wurde und seit 24 Jahren verschwunden ist, steht ebenso dafür wie die grimmigen Angriffe der KPC auf den Dalai Lama. Der prominenteste und hochgeachtete Vertreter des tibetischen Buddhismus wurde von mehreren chinesischen Funktionären zum „Terroristen“ gemacht, also Saddam Hussein gleichgesetzt, und beschuldigt, den Buddhismus zum „Gespött zu machen“. Tibeter, die sich zu ihm bekennen, wurden festgenommen und sein Portrait aus Klöstern, von öffentlichen Plätzen wie Läden und sogar aus dem eigenen Heim verbannt.

Dieses Jahr nahmen die Bemühungen der KPC, den Dalai Lama in Tibet verschwinden zu lassen, noch ganz andere Ausmaße an. Im Januar befahlen die Lokalbehörden den Tibetern, Schreine für Xi Jinping und andere kommunistische Parteiführer in ihren Häusern und Heimen anzubringen. Die traditionelle religiöse Anbetung wurde auf den Kopf gestellt: Die Behörden wiesen die Tibeter an, sich vor den Bildern niederzuwerfen, in einem Akt der Ehrerbietung und des Respekts, der gewöhnlich nur buddhistischen Persönlichkeiten vorbehalten ist. Die Behörden drohten sogar, Tibetern, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind, die Hilfe zu streichen, falls sie die Bilder der heiligen Lamas nicht ersetzten. Die KPC mag erklärtermaßen atheistisch sein, doch im besetzten Tibet scheint es, daß die Parteigrößen als Gottheiten behandelt werden müssen.

Diese Angriffe auf die religiöse Freiheit der Tibeter werden jetzt auf die Spitze getrieben. Seit vielen Jahren versucht die KPC schon, die Kontrolle über die Religion in Tibet zu übernehmen, doch seit Oktober 2017 gab es eine erkennbare Steigerung. Als nämlich Xi Jinping in seiner Eröffnungsrede zum 19. Nationalkongreß der KPC erklärte, daß die chinesische Kultur revitalisiert werden müsse, daß „irrige“ Ideologien verworfen werden müßten und daß die Religion „in ihrer Orientierung chinesisch“ sein müsse.

Xi Jinping auf einem Thangka dargestellt
Foto: Free Tibet

Seit der Zeit wurden Tausende von Parteikadern in die Klöster, Städte und Dörfer Tibets geschickt, um die Tibeter über diese Sichtweise der Religion zu unterrichten. Es gab neue Restriktionen für Klöster, einigen wurde verboten, ihre lokalen Gemeinschaften in Tibetisch zu unterrichten, und für andere wurden Prüfungen eingeführt, bei denen die Klosteransässigen Fragen über chinesisches Recht und Xi Jinpings Ansichten über den Sozialismus beantworten mußten.

Diese Ausübung von Zwang in Bezug auf die Religion ist besorgniserregend, doch sie hat auch ihre Grenzen. Staatliche Medien mögen Photos zeigen von tibetischen Familien, die lächelnd vor diesen Schreinen stehen oder diese Portraits mit Khatags schmücken und ihnen tibetische Leckereien anbieten. Die kommunistischen Führer mögen sich rühmen, daß sie bestimmen können, wie die Tibeter ihre Religion in ihren Klöstern und ihren Häusern ausüben. Doch die KPC kann nicht kontrollieren, was die Tibeter wirklich denken, ebensowenig wie die Staatspropaganda die wahren Gefühle der Tibeter einfangen kann. Schauen wir nur auf die Proteste in Tibet und die Verurteilung der KPC durch Tibeter in aller Welt, die ihre Meinung frei äußern können. Die KPC, die chinesischen Sicherheitskräfte und die Behörden, die Tibet wie ein Gefängnis verwalten, können zwar die Tibeter dazu zwingen, so zu tun, als ob sie Xi Jinping verehrten, aber sie können nicht erwarten, daß sie sie bekehren.