13. November 2018
Free Tibet, www.freetibet.org, Radio Free Asia, www.rfa.org

Zweiter Erdrutsch ereilte die Gegend von Chamdo: Kloster Polo von den Fluten des Drichu unter Wasser gesetzt, Tausende evakuiert

Vor einem Monat berichteten wir über einen massiven Erdrutsch und die Überflutung von Dörfern im Bezirk Chamdo, TAR (1). Der Erdrutsch verursachte eine Blockade des Flusses Drichu, so daß über 400 Menschen aus der Gemeinde Polo evakuiert werden mußten.

Am 3. November traf ein weiterer heftiger Bergrutsch dieselbe Gegend, dort wo die Kreise Phayul, Bhatang und Derong zusammentreffen, was zu heftigen Überschwemmungen führte. Das Wasser steigt seitdem ständig an.

Fluß Drichu in der Nähe von Polo durch Erdrutsch blockiert

Global Times zufolge wurden über 25.000 Menschen evakuiert und in Notlagern untergebracht, 100 Häuser kollabierten vollständig und 843 wurden schwer beschädigt. Die Katastrophe hat über 30.000 Bewohner in 15 Kreisen der TAR und der Provinz Sichuan getroffen.

Insgesamt 34.200 Personen seien chinesischen Medien zufolge entlang des Drichu (chin. Jinsha), der den Oberlauf des Yangtse bildet, evakuiert worden. Der Drichu ist die natürliche Grenze zwischen dem Bezirk Chamdo in der TAR und der Präfektur Kardze in der Provinz Sichuan. Der Stausee bildete sich in der Gemeinde Polu im Bezirk Chamdo. Am 11. November war er bis zu 58 m Tiefe angestiegen. Der Stausee vom 11. Oktober war drei Tage später zurückgegangen, nachdem die Barriere gebrochen war und er sich entleert hatte.

Die reißende Flut riß ganze Dörfer und Gemeinden mit sich und zerstörte wichtige Infrastrukturnetze wie Straßen, Brücken und Schulen. Besonders betroffen sind Gemeinden im Kreis Phayul, in der TAP Kardze, der Gemeinde Polo im Kreis Jomda und im Großraum Chamdo.

Das 900 Jahre alte Kloster Polo, das Tsering Woeser zufolge der wichtigste und älteste buddhistische Tempel in der Region ist, wurde vollständig vom Wasser überflutet (2), seine religiösen Kunstschätze wurden irreparabel ruiniert und Mönche und Ortsansässige in die Berge evakuiert.

Das Kloster Polo überflutet

„Wir versuchten unser Bestes, um das Kloster vor den Fluten zu schützen, indem wir es durch einen Wall abzuriegeln suchten, doch das half nichts“, verlautet aus der Quelle von RFA, die anonym bleiben muß. „Wir konnten das Kloster nicht retten“. „Jetzt können wir nichts mehr tun, außer zu versuchen, es wieder aufzubauen, und wir appellieren an alle, uns dabei zu helfen“.

Die Videoclips, die unser Partner Tibet Watch uns zusandte, zeigen das Ausmaß der Katastrophe, man sieht darauf, wie eine Flutwelle die Schlucht hinunterstürzt, während sich gerade ein weiterer Erdrutsch ereignet (3).

Die Alarmstufe bei diesem Erdrutsch vom 3. November ist viel höher als bei dem vom 11. Oktober. Die Flutwelle könnte bald die flußabwärts gelegenen Wasserkraftwerke erreichen, was ein hohes Katastrophenrisiko für die Städte in der Nähe bedeutet.

Die chinesischen Behörden verboten streng, Aufnahmen oder Videos von der betroffenen Gegend zu machen. Trotz ihrer Bemühungen, die Wahrheit zu verbergen, beweisen die auf den sozialen Medien zirkulierenden Aufnahmen, daß die Katastrophe viel größer ist, als die offizielle Schilderung es scheinen läßt.

Dies ist das zweite Mal in weniger als einem Monat, daß tibetische Familien und Haushalte in der Gegend schwer getroffen wurden und ihnen die Gefahr der Überflutung droht. Trotz Chinas Versuch, diese Ereignisse als bloße Naturkatastrophen darzustellen, ist es jetzt klar, daß die exzessiven Bergbauaktivitäten, die Infrastrukturentwicklungen und die Staudammprojekte die Hauptfaktoren hinter diesen Katastrophen sind.

Die Gemeinde Polo steht unter Wasser

Am Drichu im Südosten des tibetischen Plateaus bauten die Chinesen eine ganze Reihe von großangelegten hydroelektrischen Staudämmen. So wurden entlang des Drichu 25 Staudämme und 20 Wasserkraftwerke gebaut.

In den letzten Jahren hat Chinas Plünderung der Naturschätze Tibet gewaltig an Tempo zugelegt. Während China sich die Umwelt und die Ressourcen Tibets zunutze macht, um seine wachsende industrielle Nachfrage zu decken, sind die Tibeter unfähig, ihr Land zu schützen, und sie sind die ersten, die die Folgen der Umweltzerstörung erleiden.
   
(1) 17.10.18, Exzessive Bergbau- und Bauprojekte: Erdrutsche und Überschwemmungen in Chamdo,
http://www.igfm-muenchen.de/tibet/ftc/2018/ErdrutschDrichu_17.10.18.html


(2) Videoclip: https://www.freetibet.org/files/polu%20monastery%28%20540p%20%29.mp4

(3) Videoclip: https://www.freetibet.org/files/drichu.mp4

Kloster Polo stürzt ein