8. Mai 2014
Free Tibet, www.freetibet.org

Tibeter stürzt sich aus Protest gegen chinesischen Bergbau zu Tode

Am 7. Mai sprang der 39jährige Phakpa Gyaltsen von einem Schulgebäude im Bezirk Dzogang, Präfektur Chamdo, um gegen den Bergbaubetrieb in der Gegend zu protestieren. Er starb auf der Stelle.

In letzter Zeit tat sich viel im Straßen- und Brückenbau in der Gegend, und die Tibeter haben von Plänen gehört, daß an zwei Stellen im Mazatso Tal, sowie auf einem anderen Areal in der Nähe des Gyalmo Ngulchu Flusses Bodenschätze abgebaut werden sollen. Sie hatten den Behörden ihre Bedenken vorgetragen, daß der Bergbau Naturkatastrophen wie etwa Erdbeben auslösen könnte. Sie sind fest davon überzeugt, daß das Erbeben, das 2010 Yushu ereilte, die Folge des Bergbaus war.

Phakpa Gyatsen

Am 28. April wurden ungefähr 20 junge Männer bei einer Demonstration gegen den Abbaubetrieb festgenommen. Obwohl die Demonstranten wieder freigelassen wurden, nachdem Ortsansässige sich für sie eingesetzt hatten, wiesen die Behörden die zuvor Festgehaltenen und die anderen Tibeter der Gegend an, den Bergbaubetrieb nicht mehr zu stören. Den einzelnen Familien boten sie je 10.000 Yuan (US$ 1.600), damit sie sich der Anordnung fügten, doch diese wiesen das Angebot zurück.

Am Abend des 6. Mai wurden Phakpa Gyaltsen und andere von den Lokalbehörden einbestellt. Nach seiner Rückkehr erklärte er den anderen Tibetern, sie könnten aufhören zu protestieren, weil er nun in Aktion treten würde. Am Morgen des 7. Mai kletterte er auf das Dach eines hohen Gebäudes der Gemeindeschule und rief „Wir Tibeter haben keine Freiheit, Tibet braucht Unabhängigkeit, möge Gyalwa Rinpoche [der Dalai Lama] nach Tibet zurückkehren“. Als versucht wurde, ihn zu stoppen, stieß er sich ein Messer in den Leib und sprang von dem Gebäude.

Die Direktorin von Free Tibet Eleanor Byrne-Rosengren kommentierte:

„Auch fünf Jahre nach den ersten Selbstverbrennungen nehmen sich Tibeter noch selbst ihr Leben, um gegen die Politik und Herrschaft Chinas zu protestieren. Eine der großen Ungerechtigkeiten dieses Regimes ist, daß ihnen das Recht verweigert wird, über ihre eigenen Naturschätze und ihr Land zu bestimmen. Die Tibeter müssen stumme Zeugen der Zerstörung ihrer einzigartigen Umwelt zum Profit chinesischer Unternehmen und des chinesischen Staates werden. Ihre fortlaufenden Proteste gegen diese Ausbeutung sind zu einem zentralen Element ihres Widerstandes gegen die chinesische Besatzung geworden“.

China beutet die Umwelt Tibets massiv aus. Dazu gehören der Abbau von Gold und Kupfer, der in den kommenden Jahren ein Gesamtvolumen im Wert von einer Billion Dollar erreichen wird, der Bau von Staudämmen für Wasserkraftwerke und die Bohrungen nach fossilen Brennstoffen.

Förderung von Bodenschätzen und die Ausbeutung der Umwelt sind häufig Auslöser von Protesten in Tibet. Ein Protest gegen den Bergbau im Bezirk Driru in der benachbarten Präfektur Nagchu im Mai letzten Jahres gab den Anlaß zu einer intensiven „politischen Umerziehungskampagne“ in der Gegend, die wiederum eine Welle von Repressionen nach sich zog, als die Tibeter chinesische Flaggen in einen Fluß warfen. In Driru kam es zu Todesfällen im Polizeigewahrsam, Klöster wurden geschlossen, die Sicherheitskräfte schossen mit scharfer Munition auf Demonstranten und es gab harte Strafurteile für die Beteiligung an den Protestaktionen, wobei ein Mann zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt wurde.

Phakpa Gyaltsen ist in letzter Zeit der erste bestätigte Fall eines Selbstmordprotestes, bei dem es sich um keine Selbstverbrennung handelt. Bisher gab es 2014 sechs Selbstverbrennungen, die Gesamtzahl der bestätigten Feuerproteste seit 2009 in Tibet beträgt 129, wozu noch zwei mögliche, jedoch unbestätigte Fälle kommen.