27. Februar 2009
Free Tibet
28, Charles Square, London N1 6HT, Tel. -44(0)20 734 4605, email: mail@freetibet.org,
www.freetibet.org

Seite drucken

Chinesische Polizei schiesst auf tibetischen Mönch, der sich in Brand setzte - gespannte Lage im Bezirk Ngaba

Heute schossen chinesische bewaffnete Sicherheitskräfte auf einen tibetischen Mönch, der sich aus Protest gegen die religiösen Restriktionen in der unruhigen Gegend Ngaba (chin. Aba) in der Provinz Sichuan selbst angezündet hatte.

Free Tibet erfuhr von Augenzeugen, daß der etwa 20jährige tibetische Mönche Tabe aus dem dortigen Kloster Kirti um etwa 13:40 Pekinger Zeit [6:40h MEZ] vom Kloster zu der Marktstraße in der Stadt Ngaba gegangen war. Er rief Parolen und hielt eine selbst angefertigte tibetische Nationalflagge hoch.

Als er im Stadtzentrum angekommen war, übergoß Tabe sich mit Benzin und steckte sich in Brand. Den Quellen zufolge war er sofort von mehreren bewaffneten Polizisten umgeben. Die Augenzeugen berichteten, daß sie sahen, wie die bewaffnete Polizei ihre Gewehre auf Tabe richtete, und dann hörten sie drei einzelne Schüsse. Der Mönch stürzte sofort zu Boden. Nach den Augenzeugen erstickten die Polizisten die Flammen praktisch sofort, nachdem Tabe zusammengebrochen war. Dann brachten sie seinen Körper in ein bereitstehendes Fahrzeug und transportierten ihn an einen unbekannten Ort.

Die Augenzeugen waren nicht in der Lage anzugeben, ob Tabe infolge seiner Verletzungen gestorben ist oder nicht.

[Nach anderen, nicht bestätigten Berichten wird angenommen, daß er nicht mehr am Leben ist; 500 Mönche des Klosters Kirti sollen schon mit der Durchführung der letzten Riten für ihn begonnen haben. A.d.Ü.]

Knapp eine Stunde vor diesem Zwischenfall hatten sich etwa eintausend Mönche des Klosters Kirti vor dessen Hauptgebetshalle versammelt, um das Monlam Gebetsfest abzuhalten, das traditionell am dritten Tag von Losar, dem tibetischen Neujahr, stattfindet. Die Mönche hatten sich eingefunden trotz des wenige Tage zuvor von den chinesischen Behörden in Ngaba erlassenen Verbots, die Mönlam-Gebete durchzuführen. Als sie sich um etwa 13 Uhr Ortszeit vor der Gebetshalle versammelten, stellten sie fest, daß die Türen verschlossen waren. Angehörige des Demokratischen Verwaltungskomitees und der Abt des Klosters Kirti kamen herbeigeeilt und baten die Mönche, schnell in ihre Zimmer zurückzugehen. Alle folgten dieser Aufforderung, außer Tabe, der sich um etwa 13.40 in Richtung Stadtzentrum auf den Weg machte.

Hintergrund: Auf das Massaker im Bezirk Ngaba im März 2008 folgte ein Jahr intensiver Repressionen:

Das Kloster Kirti steht seit März 2008 unter starker polizeilicher Überwachung. Es wurde in seiner Funktion drastisch eingeschränkt, seit bewaffnete chinesische Truppen am 16. März vergangenen Jahres das Feuer auf unbewaffnete tibetische Demonstranten eröffneten. Nach Angaben von Augenzeugen starben damals 13 bis 30 Tibeter im Kugelhagel der Chinesen, während viele weitere Verletzungen erlitten. Die Körper der getöteten Demonstranten wurden in das Kloster Kirti gebracht, Bilder der Leichen gelangten auf elektronischem Wege ins Ausland und wurden über das Internet verbreitet*. Das Gebiet um das Kloster Kirti wurde seit März 2008 streng abgesperrt. Keine Journalisten, die unabhängig die weitverbreitete Nachricht von den Schießereien hätten untersuchen können, konnten seitdem zum Kloster vordringen. Im September 2008 berichtete Free Tibet über weitere Repressionen in Kirti, als 50 Mönche von den paramilitärischen Kräften mit Gewehrläufen, Spaten und Fleischmessern angegriffen wurden.

Die Protestbereitschaft in ganz Tibet wächst, seit China provozierenderweise Tausende von zusätzlichen Truppen in die Region entsandte.

Die Spannung und die Verbitterung über die chinesische Politik spitzen sich bei den Tibetern immer mehr zu nach einem Jahr ständig wachsender Repression und der Überflutung Tibets mit Tausenden von Extratruppen, was den Tibetern ganz klar zeigen soll, daß auch gegen den geringsten Ausdruck von Dissens in aller Härte vorgegangen wird.

Die heutigen Schüsse auf den Mönch im Bezirk Ngaba folgen auf eine Serie von Protestaktionen in den letzten Tagen in anderen unruhigen Gegenden auf dem tibetischen Hochland. Letzte Woche berichtete Free Tibet über einen zwei Tage lang anhaltenden Protest von Hunderten von Tibetern in der Gegend von Lithang. Free Tibet veröffentlichte Fotos, die die provokative und offene Militärpräsenz in der Klosterstadt Labrang (chin. Xia He, Provinz Gansu) in Osttibet aufzeigen. Einen ähnlichen Truppenaufmarsch wie in Labrang gab es Augenzeugen zufolge auch in anderen Gegenden Tibets. Am 21. Februar berichtete The Times, daß zwei Divisionen, was etwa 20.000 Soldaten entspricht, nach Osttibet verlegt worden seien. Trotz dieser sichtbar provokativen Militärverstärkung setzten die Tibeter ihre Protestbekundungen fort. Gestern berichtete Radio Free Asia über einen friedlichen Protestmarsch der Mönche des Klosters Lutsang in der TAP Tsolho, Provinz Qinghai.

Stephanie Brigden, die Direktorin von Free Tibet erklärte:

„Der Akt des Mönchs Tabe, der sich selbst anzündete, spiegelt die Verzweiflung des gesamten tibetischen Volkes wider, das im letzten Jahr unerbittlichen Repressionen ausgesetzt war. Der heutige Einsatz von Feuerwaffen gegen einen Protestler ist eine deutliche Warnung, daß China nicht davor zurückschreckt, mit übertriebener und tödlicher Gewalt gegen jeden vorzugehen, der es wagt, zu protestieren. Da auch die Tibeter trotz des hoch provokativen Militäraufmarsches in Tibet eine wachsende Entschlossenheit zeigen, ihre Meinung kundzutun, wird eine Wiederholung der blutigen Ereignisse vom letzten Jahr immer wahrscheinlicher. Um eine solche Katastrophe abzuwenden, sollten Regierungen und Politiker in aller Welt dringend von China eine Garantie verlangen, daß man den Sicherheitskräften nicht erlauben wird, die gleichen schweren Menschenrechtsverletzungen und die Tötung von tibetischen Demonstranten zu begehen, wie im vergangenen Jahr.“

* Bilder der am 16. März 2008 ins Kloster Kirti gebrachten Leichen, siehe: http://www.freetibet.org/newsmedia/photos-kirti-monastery-discretion-advised

Weitere Informationen bei:

Matt Whitticase, External Communications: t: +44 (0)20 7324 4605 (o) / +44(0)7515 788456 or email: matt@freetibet.org
Stephanie Brigden, Director: t: +44 (0)20 7324 4605 (o) / +44 (0)7530 528264