28. Juli 2008

Free Tibet Campaign (FTC)
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China ordnet umfassende Säuberungen der tibetischen Klöster  an

Einem auf einer chinesischen Regierungsseite veröffentlichten offiziellen Dokument zufolge, das von Free Tibet Campaign übersetzt und von Tsering Topgyal, einem Experten an der London School of Economics überprüft wurde, hat die chinesische Regierung Pläne erstellt für die Säuberung der als subversiv geltenden Klöster in der Region Kardze (chin. Ganzi) in der chinesischen Provinz Sichuan.

Die geplanten Maßnahmen wurden am 18. Juli auf der staatlichen Tibet-Informations-Seite* ausschließlich in tibetischer Sprache veröffentlicht. Sie basieren auf einem bereits früher in der Zeitung Tibet Daily erschienen Artikel.

Dem Dokument zufolge müssen Mönche und Nonnen, die „ziemlich ernster [mittelschwerer] Verbrechen beschuldigt werden, gründlichen Erziehungsmaßnahmen unterzogen und in Gewahrsam gehalten werden, bis sie kooperieren, d.h. die Wahrheit sagen, ihre Schuld bekennen und eine Selbstanklage (tib. shuyig) abgeben. Sie müssen aufrichtig und freiwillig die Wahrheit sagen“.

Schwere Strafen sind für all diejenigen Klöster vorgesehen, deren Mönche und Nonnen im März und April Protestaktionen durchgeführt haben. In den Klöstern, in denen zwischen 10 % und 30 % der Mönche oder Nonnen an den Protesten beteiligt waren, „werden alle religiösen Aktivitäten eingestellt. Die Bewegungen der Mönche und Nonnen werden genauestens überwacht werden“.

Infolge der Tibet-weiten Proteste früher in diesem Jahr geht die chinesische Regierung nun sehr scharf gegen die Klöster vor. Lie Que, der Propaganda-Chef Tibets, wurde am 2. Juni von der offiziellen Zeitung Tibet Daily mit den Worten zitiert: „Wir müssen die Klöster säubern und die Verwaltungskomitees stärken“.**

Diesen Maßnahmen ist große Bedeutung beizumessen, da sie von der Regierung der Tibetisch-Autonomen Präfektur (TAP) Kardze (chin. Ganzi) umgesetzt werden. Kardze ist eine Präfektur in einem hauptsächlich von Tibetern bewohnten Teil der chinesischen Provinz Sichuan, in der es in den zurückliegenden Monaten verstärkt zu Protesten gekommen war. Augenzeugenberichten zufolge eröffneten chinesische Sicherheitskräfte am 3. April in der Gemeinde Tongkor in der Präfektur Kardze (chin. Ganzi) das Feuer auf tibetische Demonstranten, wobei mindestens acht Tibeter ums Leben kamen. Über diesen Vorfall wurde weithin berichtet.

Stephanie Brigden, Direktorin von Free Tibet Campaign, sagte: „Im Jahre 2006 kam Manfred Nowak, der UN-Sonderberichterstatter für Folter, zu dem Schluß, daß die Folter nach wie vor in China weit verbreitet ist. Free Tibet Campaign ist tief besorgt, daß die vorgesehenen Maßnahmen die Bedingungen, unter denen unmenschliche Behandlung und Folter stattfinden können, zusätzlich begünstigen. In einem größeren Zusammenhang bedeuten sie einen Freibrief für weitere Unterdrückung. Ferner sind sie der wohl erdrückendste Beweis dafür, daß China seit Jahrzehnten nicht mehr so hart gegen die Religion in Tibet vorgegangen ist wie jetzt.

Die führenden Persönlichkeiten dieser Welt, die zur Olympiade nach Peking reisen, sollten ihren Besuch als eine Gelegenheit nutzen, um mehr zu tun, als sich nur die Sportwettkämpfe anzuschauen. Sie müssen öffentlich ihre Besorgnis über die anhaltende und sich zusehends verschärfende Repression in Tibet äußern. Und gerade, weil China die olympischen Spiele dazu benutzt, um sich einen Platz  am Tisch der führenden Nationen in der Welt zu ergattern, müssen diese Persönlichkeiten der chinesischen Führung erklären, daß China, wenn es eine solche Position anstrebt, auch verpflichtet ist, die Menschenrechte zu respektieren.“

Brigden hat außerdem einen Brief an den britischen Premierminister Gordon Brown gerichtet und die britische Regierung darin aufgefordert, „öffentlich und entschieden die in dem genannten Dokument enthaltenen Maßnahmen zu verurteilen“.

Für weitere Informationen:

Matt Whitticase: +44(0)20 7324 4605 (office), +44 (0)7515 788456 (mobile)
Anne Holmes:  +44(0)20 7324 4605 (office), +44(0) 7798 666658 (mobile)

* http://www.tibet.cn, obwohl diese Website normalerweise dreisprachig ist (Chinesisch, Tibetisch und Englisch), erschien dieser Eintrag nur in tibetischer Sprache: http://zw.tibet.cn/news/

**Lie Que’s Worte sind einem Artikel in The Sunday Times vom 13. Juli entnommen.