4. Februar 2004
Free Tibet Campaign
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Urgent Action: Nepal bricht sein Versprechen und liefert tibetische Flüchtlinge aus

Sieben der achtzehn im Mai 2003 abgeschobenen Tibeter immer noch in Haft

Wie von International Campaign for Tibet berichtet, liefert Nepal immer noch tibetische Flüchtlinge an die chinesischen Behörden aus - und dies, obwohl die nepalesische Regierung in Reaktion auf die weltweiten Proteste wegen der Abschiebung von 18 Tibetern im Mai 2003 der internationalen Gemeinschaft zugesichert hatte, dies nicht mehr zu tun. Der jüngste Fall ereignete sich am 13. Januar 2004, als Einwanderungsbeamte drei tibetische Flüchtlinge, darunter ein Minderjähriger, die sich bereits auf nepalesischem Boden befanden, jedoch keine gültigen Papiere besaßen den chinesischen Behörden überstellten. Im August 2003 hatte Nepal zugestimmt, wieder zu dem "Gentleman's Agreement" zurückzukehren, auf dessen Grundlage das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) bisher für die sichere Weiterreise von tibetischen Flüchtlingen nach Indien gesorgt hatte.

Bereits am 9. Januar 2004 hatte Radio Free Asia über die Auslieferung von insgesamt 21 Tibetern berichtet, die drei verschiedenen Flüchtlingsgruppen angehörten. Als ICT sich bei den zuständigen nepalesischen Behörden erkundigte, sahen diese sich außerstande, diesen Vorfall zu bestätigen, deuteten jedoch an, falls sich tatsächlich so etwas ereignet habe, könnte es nur an mangelnder Kommunikation oder an einer Fehlinterpretation der Regierungspolitik gelegen haben. Dies ist natürlich eine unbefriedigende Antwort, denn es gehört zu den Aufgaben einer jeden Regierung, dafür Sorge zu tragen, daß ihre Bediensteten Änderungen in den politischen Richtlinien wahrnehmen und danach handeln. ICT zufolge hat sich das Innenministerium nicht darum bemüht, dem Grenzschutzpersonal die nötigen Informationen zukommen zu lassen, um Vorfälle dieser Art in Zukunft zu verhindern. ICT berichtet, die nepalesischen Armeekommandeure hätten immer noch den strengen Befehl, alle Tibeter ohne gültige Papiere an die Chinesen auszuliefern.

Diese Zwangs-Rückführungen von tibetischen Flüchtlingen sind ein Anzeichen für die sich zusehends verbessernden Beziehungen zwischen Nepal und China. Beide Länder haben in den vergangenen Jahren eine Anzahl von Vereinbarungen über politische, Handels- und Sicherheitsfragen geschlossen, und dies zu einer Zeit, in der Nepal infolge des maoistischen Volksaufstands große Probleme hat. Nepal ist es offenbar äußerst wichtig, die Chinesen nicht zu verärgern, wie eine Verlautbarung des nepalesischen Königs vom Juli 2002 beweist, in der es heißt: "Nepal wird keine gegen die chinesischen Interessen gerichteten Aktivitäten innerhalb seiner Grenzen dulden". Tatsächlich wurden die Aktivitäten von Tibetern seither spürbar eingeschränkt, wie man aus den Problemen, die ihnen vor dem Geburtstag des Dalai Lama im Juli bereitet wurden, deutlich ersehen kann.

Wie aus zuverlässigen Quellen verlautet, werden abgeschobene Flüchtlinge in einem neuen Gefängnis in Shigatse, das den Namen "Neues tibetisches Empfangszentrum" trägt, festgehalten. Dort sitzen beim Fluchtversuch gefaßte Tibeter ein, ebenso solche, die nach Ihrer Ausbildung oder von einem Verwandtenbesuch in Indien nach Tibet zurückkehren wollten. Es wurde auch bekannt, daß - im Gegensatz zu den Aussagen, die westlichen Journalisten gegenüber gemacht wurden - sieben der achtzehn im Mai 2003 zwangsweise rückgeführten Tibeter weiterhin inhaftiert und der Folter ausgesetzt sind. Die Behörden in Lhasa hatten behauptet, mittlerweile wären fast alle von ihnen freigelassen worden. Jüngsten Informationen zufolge wurden die 18 Abgeschobenen 11 Tage lang in einem Gefängnis in Nyalam nahe der tibetisch-nepalesischen Grenze festgehalten, bevor man sie am 10. Juni 2003 ins "Neue Empfangszentrum" in Shigatse schaffte. Ehemalige Insassen aus Nyalam berichteten ICT, die 18 wären brutal geschlagen und mit elektrischen Viehstöcken gefoltert worden.

Im Juni 2003 befanden sich nach Aussage früherer Gefangener ungefähr 300 Häftlinge im "Neuen Empfangszentrum", im November waren es bereits 450 bis 500. Bei fast allen handelte es sich um Tibeter, die am Nangpa-La oder in der Nähe des für den Warenaustausch wichtigsten Grenzübergangs von Nepal nach Tibet an der Freundschaftsbrücke bei Dram (chin: Zhangmu), gefaßt wurden.

Annähernd 2.500 tibetische Flüchtlinge begeben sich jedes Jahr ins Exil und durchqueren Nepal auf ihrer Reise nach Indien. Menschenrechtsorganisationen und das UNHCR erfahren von Verhaftungen durch chinesische Grenzpatrouillen oder von Abschiebungen durch nepalesische Grenzschutzbeamte meistens erst dann, wenn den Flüchtlingen ein erneuter Fluchtversuch gelingt. Ehemalige Mithäftlinge berichten, daß Flüchtlinge, die bei der Rückkehr aus Indien oder Nepal gefaßt werden, wesentlich brutaler behandelt werden und längere Strafen erhalten, als diejenigen, die bei der Flucht aus Tibet gefangengenommen werden. Wie Tibeter, die Strafen im "Neuen Empfangszentrum" oder im Nyari-Gefängnis in Shigatse abgesessen haben, erzählen, werden die meisten der gefaßten Flüchtlinge zu einer drei- bis fünfmonatigen Haftstrafe verurteilt. Außerdem müssen sie eine Geldstrafe zwischen 1.700 und 5.000 yuan (212 - 625 US$) entrichten und werden regelmäßig geschlagen und gefoltert (meistens durch Schläge mit elektrischen Stöcken). Zudem werden sie zu harter Arbeit gezwungen, meistens im Straßenbau in und um Shigatse.

Zusätzlich muß jeder Gefangene ein Dokument unterzeichnen, in dem steht, er werde niemals wieder versuchen, China zu verlassen und nach Indien zu gehen; auch seine Familienmitglieder müssen mit ihrer Unterschrift dafür bürgen, daß er keinen Fluchtversuch mehr unternehmen wird.

Aktion

Aufruf zu Appellen

Bitten Sie den nepalesischen Premierminister*, dafür zu sorgen, daß das nepalesische Innenministerium schriftliche Instruktionen an das Militär und die Grenzpolizei herausgibt, damit künftig alle tibetischen Flüchtlinge dem UNHCR zur Feststellung ihres Status und zum Transit nach Indien überstellt werden. Bitten Sie um die Zusicherung, daß sich Nepal an seine im August 2003 eingegangenen Verpflichtungen hält. Betonen Sie, 7 der 18 tibetischen Flüchtlinge, die zwangsweise nach Tibet abtransportiert wurden, befänden sich immer noch in Haft und würden zuverlässigen Berichten zufolge gefoltert (womit Sie zu verstehen geben, weshalb keine Flüchtlinge ausgeliefert werden sollten).
* Der Premierminister ist gegenwärtig auch für das Innenministerium zuständig.

Call on the Nepalese Prime Minister to instruct the Nepalese Home Ministry to issue written instructions to the Nepalese army and border police to hand over all Tibetan refugees to the UNHCR for assessment and transit to India. Ask for assurance that Nepal will adhere to the commitment it made in August 2003. Point out that seven of the 18 Tibetan refugees who were forcibly returned to Tibet are still in detention where it has been reliably reported that they have suffered torture (thus illustrating why they should not be forcibly returned).
Note: The Prime Minister retains responsibility for the Home Affairs portfolio currently.

Schreiben Sie an den chinesischen Außenminister Li Zhaoxing und fordern Sie ihn zur Freilassung der sieben tibetischen Flüchtlinge auf, die seit Mai 2003 inhaftiert sind. Bitten Sie ihn, eine Untersuchung einzuleiten in bezug auf zuverlässige Informationen, daß die sieben in "Tibets Neuem Empfangszentrum" gefoltert wurden.

Write to the Chinese Foreign Minister, Li Zhaoxing urging him to release the seven Tibetan refugees who have been held since May 2003. Urge him to investigate the reliable reports of torture of the seven at "Tibet's New Reception Centre".

Schreiben Sie dem für Nepal zuständigen britischen Minister, Mike O'Brien, und fordern Sie ihn auf, sich bei den nepalesischen Behörden dafür für einzusetzen, daß dem Militär und der Grenzpolizei die von Nepal eingegangene Verpflichtung, keine tibetischen Flüchtlinge mehr zu abzuschieben, ausreichend bekannt gemacht wird.

Write to the British Minister with responsibility for Nepal, Mike O'Brien urging him to make representations to the Nepalese authorities to ensure that border army and border police personnel are aware of Nepal's commitment not to forcibly return Tibetan refugees.

Schreiben Sie bitte in derselben Sache, in der sie sich an den Minister Mike O'Brien gewandt haben, auch an den Britischen Botschafter in Nepal.

Adressen Prime Minister
Surya Bahadur Thata
Prime Minister´s Office
His Majesty's Government of Nepal
Singha Durbar
Kathmandu
Nepal
E-Mail: infomo@most.gov.np
Fax: 00977 14 227 286
Anrede: Your Excellency

Minister of Foreign Affairs
Li Zhaoxing
Ministry of Foreign Affairs No. 2
Chaoyangmen Nandajie
Chaoyang District
Beijing, 100701
People's Republic of China
Anrede: Your Excellency

UK Minister with responsibility on Nepal
Minister of State, Mike O'Brien MP
Foreign and Commonwealth Office
King Charles St.
London SW1A 2AH
Fax: 0044 20 7219 2704
E-Mail: paul.clark@fco.gov.uk
Anrede: Dear Minister

HM Ambassador to Nepal
Ambassador Keith Broomfield
British Embassy
Lainchaur
PO Box 106
Kathmandu/Nepal
E-Mail: Britemb@wlink.com.np
Fax: 00977 14 11 789 oder 416723
Anrede: Dear Ambassador