26. Juni 2022
Central Tibetan Administration (CTA), www.tibet.net

Wir fordern ein Ende der grausamen Folterung tibetischer Gefangener und die Einhaltung des Übereinkommens gegen Folter

Zu Ehren der tibetischen Gefangenen, die ihr Leben durch die Handlanger des chinesischen Staates verloren haben

Die Vereinten Nationen haben den 26. Juni zum Internationalen Tag der Unterstützung von Folteropfern erklärt, um an die Verabschiedung des UN-Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe im Jahr 1987 zu erinnern und um die vollständige Abschaffung der Folter und die wirksame Umsetzung des Übereinkommens zu erreichen. Jedes Glied der internationalen Gemeinschaft ist den internationalen Gesetzen verpflichtet, die jegliche Form von Folter verbieten, unabhängig davon, ob es den Vertrag, der Folter verbietet, ratifiziert hat oder nicht. Nachdem China die Konvention 1988 ratifiziert hat, sollte es sich bewußt sein, daß seine Behandlung von tibetischen Gefangenen Folter bedeutet und gegen eine Reihe von internationalen Gesetzen zum Schutz der Grundrechte der Menschen verstößt. Dennoch wird überall auf der Welt gefoltert, insbesondere in Tibet, wo die Folter endemisch ist.

Tibeter, die zu Tode gefoltert wurden

Folter wird in Artikel 1 des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe definiert als „jede Handlung, durch die einer Person zu diesem Zweck vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden ..., wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person oder auf deren Veranlassung oder mit deren Einwilligung oder Duldung zugefügt werden. Der Ausdruck umfaßt nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit
verbunden sind.“

In Tibet foltert und mißhandelt die chinesische Regierung weiterhin Tibeter, indem sie sie beschuldigt, die „nationale Sicherheit“ zu gefährden oder die „Spaltung innerhalb der Gemeinschaft anzustacheln“.

Die weit verbreitete unmenschliche Folter in Gefängnissen, Haftanstalten und Polizeistationen in Tibet hat nicht nur den Tod von Tibetern zur Folge, sondern fördert auch eine Praxis, die solange tradiert wird, bis Tibet vollständig der chinesischen Herrschaft unterworfen ist.

Chinesische Beamte verzeichnen eine grausame Erfolgsbilanz, indem sie Gefangene während der Haft schwer foltern und ihnen die medizinische Versorgung verweigern, was zu gesundheitlichen Problemen führt und bereits bestehende Gesundheitszustände verschlimmert. So wurden viele tibetische politische Gefangene in großer Gebrechlichkeit und auf Bewährung aus der Haft entlassen. Einige von ihnen blieben lebenslang verkrüppelt, während andere ums Überleben kämpften, bevor sie schließlich ihren Verletzungen erlagen.

Seit dem landesweiten Aufstand gegen die chinesische Herrschaft im Jahr 2008 sind mindestens 50 Fälle bekannt, in denen Tibeter in Tibet durch Folter ums Leben gekommen sind. Da die chinesische Regierung den Informationsfluß aus Tibet jedoch drastisch behindert, dürfte die tatsächliche Zahl noch viel höher liegen.

Bisher gibt es keine Hinweise darauf, daß die Folterung tibetischer Gefangener in Tibet jemals untersucht worden wäre, oder dafür, daß die chinesischen Behörden und die Polizei zur Rechenschaft gezogen worden wären, wie es das nationale und internationale Recht verlangen. Entschädigungen für Verletzungen, die während der Haft erlitten wurden, sind äußerst selten, da die Regierung nicht bereit ist, Fälle von Folter in Tibet zu untersuchen, oder sie einfach leugnet, obwohl Chinas innerstaatliche Gesetze und die Konvention gegen Folter den Folteropfern finanzielle Unterstützung bieten.

Darüber hinaus weigert sich die chinesische Regierung zweckdienlich, UN-Mandatsträgern und Sonderberichterstattern Zugang zu den drei traditionellen Provinzen Tibets zu gewähren, um die Lage vor Ort zu untersuchen. Bislang haben acht UN-Mandatsträger China besucht, doch paradoxerweise sind die meisten von ihnen mit sozialen und wirtschaftlichen Fragen befaßt und nicht mit bürgerlichen und politischen Rechten. Diejenigen, denen der Zugang nach Tibet gestattet wurde, wurden streng überwacht, und ihre Bewegungen wurden ununterbrochen verfolgt. Da China den Zugang zu den von ihm kontrollierten Gebieten verweigert, kann es seine umfangreichen und systematischen Menschenrechtsverletzungen in Tibet nahezu ungestraft begehen, einschließlich der routinemäßigen Anwendung von Folter und Mißhandlung von Tibetern.

Angesichts des Internationalen Tages zur Unterstützung von Folteropfern ist es absolut notwendig, daß die chinesische Regierung ihren internationalen Verpflichtungen nachkommt und die Folterung von Gefangenen, Häftlingen oder anderen Personen einstellt und sie statt dessen mit dem Respekt behandelt, der ihrer Würde und ihrem Wert als Menschen zukommt, wie es die internationalen und nationalen Gesetze verlangen. Darüber hinaus müssen alle Berichte über Folter und andere Mißhandlungen unparteiisch untersucht werden, damit die Verantwortlichen in fairen Verfahren vor Gericht gestellt werden und die Opfer und ihre Familien Wiedergutmachung und Entschädigung erhalten.

Todesfälle durch Folter

Die Zahl der Tibeter, die in der Haft oder kurz nach ihrer Freilassung gestorben sind, hat deutlich zugenommen, wobei es häufig Anzeichen von Folterung bei den Toten gab. Angesichts des stark eingeschränkten Zugangs zu Tibet und des harten Vorgehens gegen jegliche Informationsweitergabe ist es äußerst schwierig, eine umfassende Liste der Fälle von Tibetern zu erstellen, die in Haft aufgrund von Folter und anderen Mißhandlungen gestorben sind.

Seit 2008 sind mindestens 50 Fälle bekannt geworden, in denen Tibeter in ihrer chinesisch besetzten Heimat an den Folgen von Folter gestorben sind, von denen jedoch nur ein paar in diesen Bericht aufgenommen wurden.

Ein 19jähriger tibetischer Mönch namens Tenzin Nyima (1) starb im Januar 2021, nachdem er in chinesischem Gewahrsam Verletzungen erlitten hatte. Die chinesische Regierung ließ ihn Berichten zufolge am 9. Oktober 2020 in sehr kritischem Gesundheitszustand frei. Die chinesischen Behörden hatten die Familie des inzwischen schwerkranken Mönchs vorgeladen, damit sie ihn mit sich nehmen konnten. In den folgenden zwei Monaten wurden verschiedene Versuche unternommen, Nyimas Verletzungen zu behandeln - ohne Erfolg. Den Ärzten zufolge wurde er zu spät ins Krankenhaus gebracht, und seine Verletzungen waren schon zu alt. Von mehreren Krankenhäusern, in die seine Familie ihn gebracht hatte, wurde er für unheilbar erklärt. Schließlich fiel er ins Koma und verstarb.

Die chinesische Regierung meint, nichts mit dem Tod von Tenzin zu tun zu haben, da er aus dem Gefängnis entlassen wurde, ehe er starb. Es wurden niemals Beamte zur Verantwortung gezogen oder Entschädigungen an die Familie des Mönchs gezahlt.

Kunchok Jinpa (2), ein tibetischer Reiseleiter, der eine 21jährige Haftstrafe verbüßte, starb am 6. Februar 2021 in einem Krankenhaus in Tibets Hauptstadt Lhasa. Kunchok Jinpa wurde im November 2020 ohne das Wissen seiner Familie aus dem Gefängnis in ein Krankenhaus verlegt. Er starb einige Tage später, nachdem seine Familie erfahren hatte, daß er zu einer Notfallbehandlung ins Krankenhaus gebracht worden war. Im Januar 2021 erfuhr seine Familie, daß er nach einer Hirnblutung gelähmt war. Am 8. November 2013 wurde Kunchok Jinpa im Bezirk Driru in der Präfektur Nagchu in Zentraltibet (chin. Biru) verhaftet und später wegen „Weitergabe von Staatsgeheimnissen“ verurteilt, weil er Informationen über Proteste und die dortige Umwelt an ausländische Medien weitergegeben, und über soziale Medien verbreitet hatte. Die ganze Zeit über gab es keine Nachrichten über seinen Aufenthaltsort, und bis jetzt gab es auch keine über seinen Prozeß oder seine Verurteilung.

Lhamo (3), eine tibetische Viehhirtin aus dem Bezirk Driru in der Präfektur Nagchu in der Autonomen Region Tibet (TAR), starb im August 2020 in einem örtlichen Krankenhaus, nachdem sie aus dem Polizeigewahrsam dorthin verlegt worden war. Die 36jährige Mutter von drei Kindern wurde im Juni 2020 festgenommen und beschuldigt, Geld an Familienmitglieder oder andere Tibeter in Indien zu schicken. Vor ihrer Verhaftung war sie bei guter Gesundheit. Im August wurde Lhamos Familie vorgeladen, um sie im Krankenhaus zu besuchen, nachdem ihr Cousin Tharpa unter demselben Vorwurf verhaftet worden war. Als sie dort eintrafen, war sie in einem sehr schlechten Zustand und konnte nicht sprechen. Zwei Tage später starb sie, und ihr Leichnam wurde sofort eingeäschert, was eine Untersuchung der Umstände ihres Todes verhindert hat.

Ebensowenig wurde Tenzin Delek Rinpoche (4), ein bekannter Mönch mit führender Rolle in der Gemeinschaft, der 2015 im Gefängnis starb, von den chinesischen Behörden nach seinem Tod an seine Familie übergeben. Die chinesische Regierung ignoriert weiterhin die Forderung nach einer Untersuchung des Todes von Tenzin Delek Rinpoche am 12. Juli 2015, obwohl es Beweise für Folterungen während der Haft gibt.

Lesen Sie mehr in der Liste hier.

(1) 23.1.2021, Junger tibetischer Mönch stirbt nach Folter in chinesischer Haft,
http://www.igfm-muenchen.de/tibet/ctc/2021/Tenzin%20Nyima_23.1.21.html

(2)16.2.21, Tibetischer Reiseführer stirbt nach Mißhandlungen im Gefängnis,
http://www.igfm-muenchen.de/tibet/diir/2021/KunchokJinpa_16.2.21.html

(3) 29.10.20, Tibeterin in chinesischer Haft zu Tode gefoltert,
http://www.igfm-muenchen.de/tibet/diir/2020/LhamoTenzinTharpa_29.10.20.html


(4) 13.7.2015, Prominenter tibetischer Lama Tenzin Delek Rinpoche starb im Gefängnis, http://www.igfm-muenchen.de/tibet/TCHRD/2015/TenzinDekek-tot_13.7.html