22. Februar 2017
Central Tibetan Administration, www.tibet.net

Nichte von Tenzin Delek Rinpoche tritt beim 9. Internationalen Menschenrechtsgipfel in Genf auf

Eine Woche, bevor der UN-Menschenrechtsrat seine Sitzung 2017 in Genf eröffnet (wobei China seine dreijährige Amtsperiode antritt), sprach Nyima Lhamo, die aus Tibet geflohene Menschenrechtsaktivistin und Nichte von Tenzin Delek Rinpoche (1), bei der Konferenz zum 9. Gipfel für Menschenrechte und Demokratie.

Im Vorfeld zu dem Genfer Gipfel trafen Nyima Lhamo sowie andere Gastredner im Büro der ständigen Vertretung Kanadas mit UN-Diplomaten zusammen. Nyima Lhamo unterrichtete die Diplomaten über die gravierenden Menschenrechtsverletzungen an Tibetern in Tibet und bat die Diplomaten dringend, mit China wegen der sich verschlechternden Menschenrechtslage in Tibet ins Gespräch zu treten. „Kein Land ist immun gegen Druck. Nur durch internationale Druckausübung und Aufmerksamkeit kann China für seine Menschenrechtsverletzungen in Tibet zur Verantwortung gezogen werden“, sagte Nyima Lhamo.

Der Genfer Gipfel für Menschenrechte und Demokratie wird von einer Koalition von 25 Menschenrechts-Organisationen aus aller Welt gesponsert. Diese jährliche Konferenz baut auf dem Erfolg und der Dynamik der vorhergehenden Versammlungen auf, die in der internationalen Menschenrechtsszene große Anerkennung fanden.

Außer Nyima Lhamo, die für Tibet sprach, vertraten andere Gastredner Kuba, den Iran, Nordkorea, Rußland, Vietnam nebst weiteren Ländern. Hillel Neuer, der geschäftsführende Direktor von UN Watch kommentierte, hier seien einige der angesehensten „UN-Menschenrechtshelden“ zusammengekommen, um von ihren persönlichen Kämpfen für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit Zeugnis abzulegen.

Nyima Lhamo beeindruckte die über 300 Zuhörer, darunter UN-Diplomaten und Menschenrechtsvertreter, als sie von persönlichen Begebenheiten aus ihrem Leben in Tibet erzählte, und warum sie ihr eigenes Leben und die Sicherheit ihrer Mutter und ihrer sechsjährigen Tochter aufs Spiel setzte, um die Geschichte ihres Onkels, Tenzin Delek Rinpoches, vorzutragen. Er war ein tibetischer spiritueller Lehrmeister, der infolge von Folterung, unterlassener medizinischer Hilfeleistung und unter verdächtigen Umständen in einem chinesischen Gefängnis starb (2).

Nyima Lhamo meinte, das einzige „Verbrechen“ ihres Onkels sei sein Glaube an Seine Heiligkeit, den Dalai Lama, seine führende Rolle in der Gesellschaft und sein Einsatz für soziale und ökologische Belange gewesen.

Um sie zu zitieren: „Während er im Gefängnis eingesperrt war, sandte mein Onkel heimlich aufgezeichnete Botschaften nach draußen, in denen er mahnte, damit aufzuhören, irgendeinem Lebewesen, selbst kleinen Insekten wie Ameisen, Schaden zuzufügen. Er bekannte, daß ihm der Gedanke, anderen Schaden zuzufügen, noch nie in den Sinn gekommen sei. Er war ein Mann mit Prinzipien, der das Wohl der Tibeter über sein eigenes stellte“.

„Als er im Gefängnis saß, berichtete mein Onkel von der Erfahrung der Folter, und meiner Mutter erzählte er, daß die Gefängnisleitung ihn so schwerer Folterung unterworfen habe, daß er nur noch, kaum bei Bewußtsein, dahindämmerte. Die Gefängnisschergen schlugen ihn immer wieder, sie machten sich über seinen Titel als ‚geistlicher Lehrmeister’ lustig und forderten ihn auf, seine spirituellen Fähigkeiten dadurch zu beweisen, daß er die Schläge von sich ablenkte“.

Während sie die Ereignisse, die zur willkürlichen Festnahme ihres Onkels aufgrund erfundener Anklagepunkte, zu seiner Inhaftierung und seinem mysteriösen Tod im Gefängnis führten, schilderte, sagte Nyima Lhamo: „Heute stehe ich hier in der Hoffnung, daß die internationale Gemeinschaft, die für Menschenrechte, Freiheit und Gerechtigkeit eintritt, dafür sorgen wird, daß das, was China meinem Onkel angetan hat, keinem anderen unschuldigen Tibeter und keinem anderen Menschen auf dieser Welt mehr widerfahren wird“.

„Die chinesischen Behörden haben in zahlreichen Fällen keine Gerechtigkeit walten lassen, so wie in dem meines Onkels Tenzin Delek Rinpoche. Ihm wurde ein faires Gerichtsverfahren verweigert, ihm wurde die Freilassung aus medizinischen Gründen verweigert, und schließlich starb er unter verdächtigen Umständen, und sogar nach seinem Tod wurde ihm eine Bestattung nach buddhistischen Riten verweigert. Deshalb haben wir reichlich Gründe zu der Vermutung, daß er vergiftet wurde und daran starb“.

Abschließend sagte Nyima Lhamo: „China rechnet damit, daß der Fall meines Onkels allmählich in Vergessenheit gerät. Aber ich akzeptiere nicht die Ungerechtigkeiten, die uns zugefügt wurden, und daher traf ich im Alter von nur 26 Jahren die größte und kühnste Entscheidung meines Lebens, nämlich Tibet zu verlassen und ins Exil zu fliehen, um Gerechtigkeit für meinen Onkel zu fordern“.

„Ungeachtet der gewaltigen Herausforderungen, die mir bevorstehen könnten, bin ich entschlossen, eine internationale Untersuchung des Falles meines Onkels zu verlangen“.

„Ich stehe heute hier in der Hoffnung, daß die internationale Gemeinschaft, die sich den Menschenrechten, der Freiheit und Gerechtigkeit verpflichtet fühlt, eine gründliche Untersuchung starten und China dazu veranlassen wird, die Umstände, die zum Tod meines Onkels im Gefängnis führten, offenzulegen.“

„Kein Land auf der Welt, nicht einmal China, ist immun gegen internationalen Druck. Deshalb kann China nur durch internationalen Druck für seine groben Menschenrechtsverletzungen in Tibet zur Verantwortung gezogen werden“.

„Schließlich bin ich zutiefst überzeugt, daß eine friedliche Lösung für Tibet die Achtung für die Menschenrechte in aller Welt und die Würde des Menschen begünstigen wird“.

(1) 27.7.2016 Die Nichte von Tulku Tenzin Delek Rinpoche erreicht ein Jahr nach seinem Tod Indien und spricht mit der Presse

(2) 13.7.2015 Prominenter tibetischer Lama Tenzin Delek Rinpoche starb im Gefängnis