3. Oktober 2010 |
Phayul, www.phayul.com und DIIR, www.tibet.net
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Nepalesische Polizei sprengt Wahlen der Tibeter in KathmanduDie nepalesische Polizei in Kathmandu setzte am Sonntag den vorläufigen Wahlen der Tibeter für das Amt des Premierministers der tibetischen Regierung-im-Exil und der Abgeordneten des tibetischen Parlamentes-im-Exil ein gewaltsames Ende. Eine Stunde vor dem Abschluß des Wahlgangs beschlagnahmte die Polizei Wahlurnen, in denen sich bereits Tausende von Stimmzetteln befanden. Wie ein Tibeter aus Boudha, einem vorwiegend von Tibetern bewohnten Stadtteil Kathmandus, Phayul mitteilte, stürmten mehrere bewaffnete Polizisten in die diversen Wahllokale, die im Tal von Kathmandu eingerichtet worden waren, und konfiszierten die mit Tausenden von Stimmzetteln gefüllten Urnen (1). Die Exiltibeter in der ganzen Welt gingen am Sonntag zu den Wahlurnen, um ihre Stimmzettel für die Nominierung der Kandidaten für das Amt des Premierministers der tibetischen Regierung-im-Exil und der Abgeordneten des tibetischen Parlamentes-im-Exil für die im nächsten Jahr stattfindenden allgemeinen Wahlen abzugeben. Die Abstimmung sollte zwischen 9.00 und 17.00 Uhr Ortszeit gleichzeitig auf der ganzen Welt stattzufinden. Nach der Information eines tibetischen Wählers namens Wangdu konfiszierten 50-60 bewaffnete Polizisten um etwa 16.00 Uhr alle Wahlurnen und brachten sie in einem Polizeiauto weg. Tsering Dhondup, dem für die Gegend Boudha-Jorpati zuständigen Wahlleiter, zufolge nahm die Polizei die Wahlurnen von mindestens drei Wahllokalen in Swayambhu, Boudha und der Innenstadt von Kathmandu mit. In Boudha entfernten sie 15 und in Swayambhu 5 Wahlurnen. „Man sagte uns, daß dieser Befehl in letzter Minute direkt von dem Innenministerium erteilt worden sei. Im übrigen haben wir die nepalesischen Behörden rechtzeitig über die Orte und den Ablauf der Wahlen informiert und die einzige Auflage, die sie uns machten, war, daß wir den Wahlvorgang auf die genehmigten Wahllokale beschränken sollten. Anfänglich gab es sonst keine Einwände von ihrer Seite“, fügte Dhondup hinzu. Es habe zwar keine Festnahmen gegeben, aber in einigen Fällen hätte die Polizei die Wähler geschlagen, ehe sie die Wahlurnen gewaltsam entfernte. „Wir wissen nicht, wohin sie die Wahlurnen gebracht haben, und alle hier schauten sehr verdutzt und hilflos drein. Einige Tibeter, die zur Wahl gekommen waren, wollten sogar eine Protestaktion starten, doch die tibetischen Wahlleiter hielten sie davon ab“, sagte Wangdu weiter. Ein tibetischer Augenzeuge der Beschlagnahmung der Wahlurnen sagte: „Das war ein schrecklicher Tag für die Tibeter in Nepal, die Leute sind verzweifelt. Viele der älteren Tibeter unserer Gemeinschaft fingen zu weinen an, aber wir konnten nichts tun, weil es so viele Polizisten und sie sich so aggressiv waren“. Der regionale Wahlleiter sagte weiter, man werde die nepalesische Regierung ersuchen, die entwendeten Wahlurnen zurückzugeben. „Wir bitten auch Menschenrechts- und Flüchtlingsorganisationen in Nepal um Hilfe, es ist jedoch völlig ungewiß ob wir die Wahlurnen zurückbekommen“, fügte er hinzu. Die Tibeter in Nepal machen sich große Sorge wegen der Entwendung der Wahlurnen, denn auf den Wahlzetteln stehen ja die persönlichen Identifikationsdaten der Wähler. Die Regierung Nepals gelobte neulich, alle „anti-chinesischen Aktivitäten“ zu unterbinden, um die freundlichen Beziehungen zu China zu festigen. China leistet dem verarmten Land massive Hilfe. Die gewaltsame Beendigung des tibetischen Wahlgangs am Sonntag folgt auf einen Besuch einer hochrangigen 21 Personen umfassenden chinesischen Delegation unter der Führung von He Yong, dem Sekretär des 17. Zentralkomitees der KPCh, im vergangenen Monat in Nepal. Während des Besuchs habe die chinesische Delegation sich über die „Ein-China-Politik Nepals und die Wachsamkeit der Regierung im Hinblick auf die Tibet-Problematik“ zufrieden geäußert. Vor dem Besuch der Delegation vereinbarten die Regierungen der beiden Länder, eine gemeinsame Einrichtung zu schaffen, damit Informationen über „anti-chinesische Aktivitäten“ in Nepal einander sofort zugänglich gemacht werden können. Nepal, wo heute etwa 20.000 Tibeter leben, beherbergt seit Jahrzehnten tibetische Exilanten, wird aber nun von China immer stärker unter Druck gesetzt, keine politischen Aktivitäten der Tibeter mehr zuzulassen. Unter Pekings Einfluß und in der Abwesenheit einer stabilen Regierung in dem verarmten Land werden die tibetischen Flüchtlinge in Nepal immer angreifbarer, und die Flüchtlinge sehen sich der Gefahr der Festnahme und Abschiebung ausgesetzt. (1) Ein kurzes Video des Polizeiüberfalls bei YouTube |