18. März 2008
Erklärung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama
Nicht-autorisierte Übersetzung

Originaltext auf der website des Genfer Tibet Office http://www.tibetoffice.ch.


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Ich möchte diese Gelegenheit benutzen, um den führenden Persönlichkeiten der Welt und der internationalen Gemeinschaft meine tiefe Dankbarkeit auszusprechen für ihre Besorgnis angesichts der schmerzlichen Wende der Ereignisse in Tibet sowie für ihre Versuche, die chinesischen Machthaber zur Mäßigung beim Umgang mit den Demonstrationen aufzurufen.

Da die chinesische Regierung mich beschuldigt hat, der Anstifter der Proteste in Tibet zu sein, fordere ich eine gründliche Untersuchung durch ein angesehenes Gremium, dem auch Vertreter Chinas angehören würden und das diese Anschuldigungen prüfen soll. Ein solches Gremium müßte Tibet [TAR], die traditionell tibetischen Gebiete außerhalb der Autonomen Region Tibet sowie die zentrale tibetische Verwaltung hier in Indien besuchen. Damit die internationale Gemeinschaft und vor allem die mehr als eine Milliarde chinesischer Menschen, die keinen Zugang zu unzensierten Informationen haben, sehen können, was tatsächlich in Tibet vorgeht, wäre es außerordentlich hilfreich, wenn Vertreter der internationalen Medien ebenfalls solche Untersuchungen vornähmen.

Ich glaube, daß in Tibet, ob beabsichtigt oder nicht, eine Art kultureller Völkermord stattfindet, bei dem die tibetische Identität permanenten Angriffen ausgesetzt ist. Infolge eines massiven Transfers von Nichttibetern nach Tibet sind die Tibeter auf den Status einer unbedeutenden Minderheit im eigenen Land reduziert worden. Das spezifische tibetische kulturelle Erbe mit seiner charakteristischen Sprache, seinen Sitten und Traditionen schwindet dahin. Statt sich um die Einigung seiner Nationalitäten zu bemühen, diskriminiert die chinesische Regierung diese ethnischen Minderheiten, darunter auch die Tibeter.

Es ist allgemein bekannt, daß die tibetischen Klöster, die nicht nur die hauptsächlichen Stätten unserer Bildung, sondern auch die Horte der tibetischen buddhistischen Kultur sind, sowohl nach ihrer Anzahl als auch nach der Zahl der dort Studierenden stark reduziert worden sind. In den Klöstern, die es noch gibt, ist ein ernsthaftes Studium des tibetischen Buddhismus nicht mehr gestattet, ja selbst die Zulassung zu diesen Lernzentren wird streng reguliert. Tatsächlich gibt es in Tibet keine Religionsfreiheit. Selbst wenn man nur nach etwas mehr Freiheit ruft, riskiert man, als Separatist abgestempelt zu werden. Es gibt in Tibet auch keine wirkliche Autonomie, obwohl diese Grundfreiheiten von der chinesischen Verfassung garantiert sind.

Ich glaube, daß die Demonstrationen und Proteste, die gegenwärtig in Tibet stattfinden, die spontane Manifestation öffentlicher Verbitterung ist, die sich im Laufe vieler Jahre der Unterdrückung angestaut hat und sich gegen eine Staatsmacht richtet, die die Gefühle der örtlichen Bevölkerung mißachtet und irrtümlich annimmt, weitere Repressionen seien der Weg, auf dem das erklärte Ziel dauernder Einheit und Stabilität erreicht werden könne.

Was uns betrifft, so halten wir an unserem Konzept des Mittleren Weges fest und betreiben weiter den Weg des Dialogs, um eine Lösung der Tibetfrage zum beiderseitigen Wohl zu finden. In diesem Sinne ersuche ich auch um die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft für unsere Bemühungen, die Probleme Tibets durch Gespräche zu lösen, und ich bitte Sie nachdrücklich, auf die chinesische Führung einzuwirken, im Umgang mit der jetzigen aufgewühlten Situation größtmögliche Mäßigung walten zu lassen und diejenigen, die verhaftet werden, menschlich und fair zu behandeln.

DALAI LAMA
Dharamsala 18. März, 2008

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