28. Januar 2003
Department of Information and International Relations (DIIR),
Central Tibetan Administration, Dharamsala, 176 215, H.P. India,
Kontakt: Thubten Samdphel/Sonam N. Dagpo, phone: +91-1892-222510/222457,
e-mail: diir@gov.tibet.net, website: www.tibet.net

Tibeter im Exil betrauern die Hinrichtung von Lobsang Dhondup durch die Chinesen

Aus zuverlässigen Quellen erfuhren wir, daß Lobsang Dhondup tatsächlich am 26. Januar 2003 um 7 Uhr morgens in Dartsedo, das von den Chinesen als Kangding bezeichnet wird, hingerichtet wurde. Die tibetischen Gemeinden in Delhi, Dharamsala und an anderen Orten organisierten Gebetsveranstaltungen, um des Opfers von Lobsang Dhondup für das tibetische Volk und seiner Taten zu gedenken.

Üblicherweise wird aus Hinrichtungen in China eine öffentliche Schau gemacht, um potentielle Unruhestifter abzuschrecken. Lobsang Dhondup wurde jedoch nicht vor den Augen des Publikums hingerichtet, um ein Aufflammen tibetischen Widerstandgeistes zu vermeiden. Die chinesischen Behörden richteten Lobsang Dhondup unter der Anklage der "versuchten Spaltung des Mutterlandes und der Stürzung der Regierung durch Bombenlegen" hin. Sie sagen, er habe Gelegenheit gehabt, bei einer höheren Instanz Berufung einzulegen, doch keinen Gebrauch davon gemacht.

Lobsang Dhondup wurde am 15. Juni 1974 in dem Dorf Duphutse in Ngyachu in Kham geboren, das jetzt zur chinesischen Provinz Sichuan gehört. Sein Vater Phuntsok verstarb vor einigen Jahren und seine Mutter Kathar Lhamo ist um die 50 Jahre alt. Als Junge half Lobsang Dhondup seinen Eltern bei der Bestellung ihres kleinen Ackers. Einige Jahre später heiratete er und wurde Vater von zwei Söhnen. Später verließ er seine Familie und wurde Mönch in einem von Tulku Tenzin Deleg geleiteten Kloster. Nach einem Jahr wandte er sich dem Geschäftsleben zu und verkaufte Pilze an chinesische Kunden.

Lobsang Dhondup läßt seine Mutter und zwei Söhne zurück. Als die Tibeter in seinem Heimatdorf von der Hinrichtung erfuhren, versammelten sie sich spontan und ohne Kenntnis der Behörden zu einem Gebetstreffen, um des Hingerichteten zu gedenken.

BBC Online-News, 28. Januar: Die USA verurteilen die Hinrichtung eines Tibeters, Menschenrechtsgruppen sagen, der Prozeß sei nicht fair gewesen.

Die Vereinigten Staaten haben die Hinrichtung eines Tibeters, der einer Reihe von Sprengstoffattentaten in Südwest-China beschuldigt wird, scharf verurteilt. "Wir schließen uns der internationalen Gemeinschaft an und drücken unsere Bestürzung aus über die Vollstreckung des Todesurteils an Lobsang Dhondup, sowie über das über Tenzin Deleg Rinpoche verhängte Todesurteil mit Aufschub", sagte Amanda Blatt, eine Sprecherin des State Departments.

Der 28-jährige Lobsang Dhondup wurde am Sonntag hingerichtet, nachdem er in einer nicht-öffentlichen Gerichtsverhandlung im Dezember einer Reihe von Bombenanschlägen in der Provinz Sichuan zwischen 1998 und 2002 überführt worden war. Menschrechtsaktivisten kritisierten den Prozeß von Lobsang Dhondup und dem tibetischen Mönch Tenzin Deleg Rinpoche, dessen Todesurteil mit Aufschub nun bestätigt wurde, als unfair. Das US State Department sagte, es verfolge genau Berichte, wonach weitere 10 Tibeter in dem selben Zusammenhang festgenommen wurden.

Die tibetische Exilregierung in Dharamsala drückt in einer Erklärung ihre "tiefe Enttäuschung" über die Hinrichtung Lobsang Dhondups aus und fügt hinzu, sie hoffe, Tenzin Deleg Rinpoche möge nicht dasselbe Schicksal ereilen. "Wir appellieren an die internationale Gemeinschaft, Druck auf die chinesische Regierung auszuüben, um das Todesurteil aufzuheben und das Verfahren von Tenzin Deleg Rinpoche unter fairen und transparenten Bedingungen wieder aufzunehmen", heißt es weiter in der Erklärung.

Prozeß hinter geschlossenen Türen: China sagt, Lobsang Dhondup habe seine Beteiligung an den Anschlägen von 1998-2002 zugegeben. Zwei der Attentate hätten sich in der Region Ganzi in der Nähe der Ostgrenze Tibets und ein weiteres, das ein Todesopfer forderte, im April in der Provinzhauptstadt Chengdu ereignet.

Dem Direktor von Tibet Information Network in London, Thierry Dodin, zufolge ist es nicht möglich zu sagen, ob Lobsang Dhondup schuldig war oder nicht, weil es keine öffentliche Gerichtsverhandlung gab. "Solche Bedingungen sind nicht vertrauenserweckend, und wir wissen, daß die chinesische Regierung in vielen Menschenrechtsfragen nicht aufrichtig ist", sagte Dodin am Montag BBC Online. "Einerseits scheint sich China darum zu bemühen, in Sachen Menschenrechte besser eingestuft zu werden, aber wenn die Gerichte in einer solchen Weise mit den Leuten verfahren... dann sind wir wieder dort, wo wir vor 20 Jahren waren", fügte Dodin hinzu.

"Unschuldig": Der 52-jährige Tenzin Deleg Rinpoche legte Berufung gegen das Urteil ein. Letzte Woche strahlte ein von der US Regierung finanzierter Radiosender eine aus China geschmuggelte Tonband-Botschaft aus, in der er seine Unschuld beteuerte: "Ich wurde zu Unrecht beschuldigt, weil ich immer aufrichtig war und mir die Interessen und das Wohl der Tibeter am Herzen lagen", wurde er von Radio Free Asia zitiert.

Aufmüpfige Gegend: Die Stadt Ganzi (tib. Kandze), wo sich zwei der Anschläge ereignet haben sollen, erlebte wiederholte Razzien der chinesischen Polizei, um den Unabhängigkeitsaktivisten den Garaus zu machen. Die Mehrheit der Bevölkerung sind ethnische Tibeter, und die Gegend gilt als Brutstätte tibetischer Unabhängigkeitsbestrebungen. Der westliche Teil Sichuans hieß ursprünglich Kham und gehörte zu Tibet. Nach der Machtübernahme der Kommunisten in China 1949 wurde Kham der Provinz Sichuan einverleibt.