8. September 2014
The Tibet Post International (TPI), www.tibetpost.com, TCHRD, www.tchrd.org

Prominenter Mönch aus dem Kloster Labrang wegen Aufhetzung zur Spaltung der Nation zu fünf Jahren Haft verurteilt

Die chinesischen Behörden verurteilten einen ranghöheren Mönch des Klosters Labrang unter der Anklage von „aufrührerischen Tätigkeiten zur Spaltung der Nation“ zu fünf Jahren Gefängnis.

„Jigme Guri - auch als Jigme Gyatso bekannt - ein bedeutender Mönch im Kloster Labrang in Amdo (chin. Provinz Gansu), der wegen seines Widerstandes gegen das repressive chinesische Regime im Laufe der Zeit viermal (1) festgenommen wurde, ist von einem chinesischen Gericht in der Provinz Gansu zu fünf Jahren Haft verurteilt worden“, teilte der ehrw. Golog Jigme, der von Reporter-ohne-Grenzen zu einem „Helden der Information“ erklärt wurde, der TPI mit.

Jigme Guri nach seiner Genesung (Foto: Woeser)

„Als ich noch in Tibet war, redeten die Leute eine Menge über ihn und erzählten verschiedene Dinge über seine Lage. Doch ein chinesisches Gericht in Lanzhou, Hauptstadt der Provinz Gansu, gab am 5. September bekannt, daß es den gelehrten Mönch unter der Anklage der Aufhetzung zur Spaltung der Nation zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt hat“, fuhr er fort.

„Die chinesischen Behörden hielten ihn jahrelang an einem unbekannten Ort im Gefängnis und sein gesundheitlicher Zustand ist, wie es heißt, ernst. Unglücklicherweise sind sein gegenwärtiger Aufenthaltsort und sein Zustand trotz vielfältiger Bemühungen immer noch unbekannt“, verlautet aus Quellen.

Chinesische Beamte nahmen Jigme Guri am 20. August 2011 in der Stadt Tsoe, Provinz Gansu, fest. Es ist das vierte Mal, daß er von der Polizei festgenommen und in Haft gehalten wurde. Das erste Mal war 2006, nach der Rückkehr von einer Reise nach Indien, wo er an einer vom Dalai Lama erteilten Kalachakra-Initiation teilgenommen hatte.

Die zweite Festnahme erfolgte am 21. März 2008. Als er gerade von einem nahegelegenen Markt zu seinem Kloster zurückkehrte, wurde er von vier Sicherheitskräften festgenommen. Danach war er zwei Monate lang inhaftiert und wurde schwer gefoltert wegen seiner angeblichen Beteiligung an einer großen Protestkundgebung, zu der es am 14. März in Labrang gekommen war. Nach einigen Monaten in Polizeigewahrsam, wo er intensiven Verhören und der Folter unterzogen wurde, um ihn zu einem Geständnis zu bringen, wurde er aus gesundheitlichen Gründen entlassen (2).

Anfang September 2008 gab er Voice of America (VOA) ein Video-Interview, in dem er von seiner Zeit in der Haft sprach. Er beschrieb, wie er viele Tage und Nächte lang ununterbrochen in einer Position in Handschellen gelegt ausharren mußte. Bei den Vernehmungen wurde er an der Decke aufgehängt und seine Peiniger schlugen ihn und forderten, daß er seine Verbrechen gestehe. Ein Verhör dauerte zwei Tage lang, während derer Jigme Guri weder essen noch trinken durfte. Zweimal verlor er das Bewußtsein.

In dem Video-Interview (3) beschrieb Jigme Guri auch, daß 180 Mönche, darunter auch hochrangige Lamas, festgenommen wurden und die ganze Nacht über auf den Zehenspitzen stehen mußten, während die Wachen sie mit ihren Gewehrkolben schlugen. Er erwähnte weiterhin, daß andere Mönche, die mit den Reportern gesprochen hatten, durch die heftigen Schläge Beinbrüche davontrugen oder mit elektrischen Schlagstöcken am Kopf und im Mund traktiert wurden, so daß sie den Verstand verloren.

Trotz der immensen Gefahr versuchte Jigme Guri nicht seine Identität zu verbergen, als er zu VOA sprach. Kurz nach diesem Video-Interview tauchte er unter, denn er fürchtete die Vergeltung der Behörden, weil er das brutale Vorgehen der chinesischen Behörden gegen die Tibeter bloßgelegt hatte. Einen Monat nach Ausstrahlung des Videos kehrte er aus dem Versteck in das Kloster Labrang zurück. Am 4. November 2008 umstellten dann 70 Sicherheitskräfte seinen Wohnsitz im Kloster Labrang und nahmen ihn fest. Sechs Monate später wurde er dank der Bemühungen zweier chinesischer Menschenrechtsanwälte, Li Fangping und Jiang Tianyong, freigelassen.

Im August 2011 wurde er zum 4. Male festgenommen (5). Diesmal drangen 40 Polizeibeamte in sein Hotelzimmer ein. Am nächsten Tag durchsuchten sie sein Zimmer im Kloster Labrang und konfiszierten seinen Computer, CDs und Fotos des Dalai Lama.

Die chinesische Regierung weigerte sich, irgendeine Information über Jigme Guris Lage zu liefern und seine Freunde und Angehörigen sind besorgt, daß ihm keine medizinische Versorgung gewährt wird. Diese hatten zwei Menschenrechtsanwälte aus Peking, Wang Yajun und Zhang Kai, für ihn angeheuert, doch die Lokalbehörden verboten ihnen, Jigme Guri zu vertreten. Die Anwälte erfuhren, daß Jigme Guri der „Aufhetzung zu die Nation spaltendem Separatismus“ angeklagt war, daß es Anfang 2012 eine Anhörung mit vom Gericht ernannten lokalen Anwälten gegeben hat und daß er sofort nach dem Prozeß verurteilt wurde. Über seine Behandlung und seinen Gesundheitszustand konnten sie nichts in Erfahrungen bringen.

Screenshot aus seinem Video

Jigme Guri wurde nach Erscheinen seines Videos weithin berühmt und von den Tibetern in der ganzen Welt als Held gefeiert. Das 22minütige Video-Zeugnis über die Lage in Tibet fand weite Verbreitung im Internet (5).

„Das tibetische Volk macht ungeheures Leid durch. Ich persönlich bin ein buddhistischer Mönch im Kloster Labrang. Ich war unter denen, die dieses Jahr festgenommen wurden. Meinen Häschern sagte ich direkt ins Gesicht: Wenn ihr mich umbringt, dann war’s das. Aber wenn ich hinausgehen kann und die Gelegenheit sich bietet, dann werde ich von der Folter berichten, die ich erlebte. Ich werde den Menschen auf der ganzen Welt als ein direkter Zeuge von den Qualen berichten, die meine Freunde durchmachten und ich werde den Medien alles bekanntgeben“, sagte er in dem Video.

Die Schriftstellerin Tsering Woeser sagte, daß „Tibeter ihn überall als Held ihres Volkes betrachten und ihn nun „Labrang Jigme“ nennen.

(1) 27. August 2011, „Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit: Lama Jigme zum vierten Mal festgenommen!” - von Woeser

(2) 4. November 2008, Mönch erneut festgenommen, der ausländischen Medien Chinas brutale Repression enthüllt hatte

(3) 8. Oktober 2008, Eine Stimme aus Tibet: Video-Interview eines Mönches aus Amdo

(4) 24. August 2011, Mönch Jigme Guri vom Kloster Labrang, der 2008 eine kühne Videobotschaft an die Welt richtete, erneut festgenommen

(5) Video Teil 1: http://www.youtube.com/watch?v=GZLIKmInP24

Video Teil 2: http://www.youtube.com/watch?v=aADuMUd5iXE