7. November 2012
HighPeaksPureEarth, www.HighPeaksPureEarth.com

Der Schriftsteller Tashi Rabten schreibt einen Brief aus dem Gefängnis

High Peaks Pure Earth übersetzte einen von dem tibetischen Schriftsteller, Dichter und Herausgeber Tashi Rabten, der mit dem Namen Therang signiert, im Gefängnis geschriebenen Brief. Der Brief erschien am 4. November 2012 einfach so auf einem tibetischen Blog ohne irgendwelche Hintergrundinformationen.

Therang (Bildadaption Khabdha)

Aus dem Brief erfahren wir, dass Tashi Rabten gegenwärtig im Gefängnis Mianyang in der Provinz Sichuan eingesperrt ist. Zuerst berichteten tibetische Blogger im Juli 2009 von Tashi Rabtens Verschwinden. Im Juli 2011 hieß es dann, dass er zu vier Jahren Gefängnis verurteilt worden sei (1). Tashi Rabten war einer der Haupteditoren des verbotenen Journals „Shar Dungri“ (Östlicher Schneeberg), in dem Kommentare über die Proteste von 2008 und von dem äußerst scharfen Vorgehen der Behörden dagegen veröffentlicht wurden. Tashi Rabten publizierte auch eine Essay- und Gedichtsammlung unter dem Titel „Mit Blut geschrieben“. Auszüge daraus finden sich in englischer Übersetzung auf der Blogsite von Students for a Free Tibet.

In seinem Brief nennt Tashi Rabten viele seiner Freunde und Kollegen, ebenfalls Autoren und Intellektuelle. Einige davon sitzen mit ihm im Gefängnis, wie etwa die Co-Editoren von „Shar Dungri“ Garmi und Nyen. Er erkundigt sich nach Me Che, einem Intellektuellen, der im Oktober 2011 festgenommen wurde. High Peaks Pure Earth übersetzte bereits früher ein Me Che gewidmetes Gedicht: „Die Flammen der Wahrheit auf dem dornigen Pfad“.

Nach dem Brief fügen wir noch einige der 27 Kommentare hinzu, die tibetische Netzbürger zu dem Blog geschrieben haben.

„Ein Brief aus dem Gefängnis“

„Freunde, seid Ihr wohlauf? Wie geht es unserem geliebten Kind mit dem Aussehen einer Muschelschnecke, dem gebirgigen Leib, der einen Panzer aus Buchstaben trägt und mit lebendigem Geiste wirkt? Wie alt ist er nun? Leben Me Che und Gyaltsig in Freiheit? Ich frage mich, wo Zhog, Gyen, Yang und Me sind? Lassen sie ihre Stimmen noch inmitten von Sturm und Regen erschallen?

Wie geht es unseren Verwandten Shogjan, Nodring, Byangdong, Dronpo und Choleb Dawa? Teilen Ruthur und Dzumdrug von der Nord-West-Universität noch ihre Geistesblitze und ihre erleuchtenden Gedanken mit Euch allen?

Ich hoffe, der uns allen so teure Traum wird bald wahr werden. Mir und meinen Schicksalsgenossen Nyen, Garmi, Chenag, Tsagbig, Choleb Dawa geht es gut. Wo immer wir uns befinden, werden wir die Wahrheit laut hinausschreien.

Obwohl unsere Körper hier in der Dunkelheit eingesperrten Leichen gleichen, sind unsere Gedanken hell leuchtend wie Gold. Die Weisheit großer Denker wie Tolstoi, Rousseau, Hugo und Baudelaire sind mir ein Licht in der Finsternis, sie haben mich gelehrt, daß Freiheit grenzenlos ist.

Therangs Brief aus dem Gefängnis

Meine Freunde, diesmal war ich gezwungen, die dunkle Seite des Kommunismus kennenzulernen, und wurde von einer Gesellschaft weggeschafft, die von Schmutz und Anomalien verunstaltet ist. Ich fühle, daß ich dieser Gesellschaft nichts schulde. Deshalb solltet Ihr zwischen der Arbeit für den Staat und Euren persönlichen Visionen weise die Balance halten. Wenn ich meine Haftzeit durchstehen kann und lebend hier herauskomme, welche Wahl sollte ich dann treffen? Es fällt mir schwer, so eine Entscheidung zu treffen. Ich bewundere die Entscheidungen, die Ihr gefällt habt.

Ich hatte das Glück, das von meinem Freund Me Che herausgegebene Buch „Jugend macht den Unterschied“ zu lesen, das mir die Augen öffnete. Das Buch, das die Gedanken drei großer Männer (eines Ausländers, eines Tibeters und eines Chinesen) bespricht, ist ausgezeichnet, ich lobe und schätze dieses Buch sehr. Ich brauche noch ein paar Bücher, bitte schickt sie mir.“

Mit verheißungsvollen Grüßen

Therang, 26. September 2012, Mianyang Gefängnis

Kommentare

16: Therang, Garmin, Nyen, Byangnag, Tzagbig, deren Bilder sich bei den Tibetern tief ins Gemüt eingeprägt haben und deren Stimmen von allen tibetischen Lesern vernommen werden: Ich bin froh zu wissen, daß sie am Leben sind und hoffe, sie bald wieder sehen.

15: Ein großer Stern geht am Himmel auf, er ist wundervoll.

14: Großartig zu hören, daß der einsichtsvolle und talentierte junge Mann Therang wohlauf ist. Von Shawo Rinchen von der Nordwest-Universität.

12: Außer Therang sind also Nyen und viele andere noch am Leben, ich hoffe, sie werden bald nach Hause zurückkehren. Von A. Tsebar.

11: Das erinnert mich an meine eigene Zeit im Gefängnis in Jar. In Mianyang stellten die Häftlinge Ziegelsteine her. Wenn Therang und die anderen dort eingesperrt sind, dann ist es sehr wahrscheinlich, daß ihre Gesundheit Schaden nimmt und sie am Ende ein Wrack sein werden. Welche Traurigkeit und Sorge! Von Dza Tsering Tashi.

(1) 6. Juni 2012, „Tibetischer Autor Tashi Rabten zu vier Jahren Gefängnis verurteilt“