25. August 2009 |
The Tibet Post International, http://www.tibetpost.net/
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Chinesische Regierung siedelt 50.000 tibetische Nomaden in speziellen Siedlungen anDie chinesische Regierung teilt mit, daß „fast 50.000 tibetische Nomaden in 86 neuen Gemeinwesen angesiedelt wurden. Zweck der Maßnahme ist, die empfindliche Ökologie der entlegenen Bergregion vor deren Herden zu schützen“. Unter dem Deckmantel des Umweltschutzes werden sich diese Maßnahmen jedoch verheerend auf das Leben der Nomaden auswirken, die ihrer gewohnten Lebensweise entrissen werden, und damit ist eine besondere Form der tibetischen kulturellen Identität ernstlich bedroht. Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete, daß in den vergangenen vier Jahren im Rahmen dieses Programms 49.631 nomadisierende Tibeter seßhaft gemacht worden seien. Tibet-Unterstützer sehen in dieser Politik hingegen einen schweren Schlag gegen die alte Kultur der buddhistischen Region. Die Nomaden wurden nämlich fern ihrer traditionellen Lebensräume angesiedelt, den gebirgigen Gefilden des tibetischen Hochlandes, wo sich die Quellgebiete der drei größten Flüsse Asiens, des Gelben Flusses, des Jangtse und des Mekong befinden. Zusätzlich zu der Abschaffung der nomadischen Lebensweise und damit der Vernichtung einer alten tibetischen Tradition könnte sich diese Politik auch höchst verderblich auf das gesamte tibetische Hochland auswirken und so Millionen von Menschen auf dem indischen Subkontinent in Mitleidenschaft ziehen. Wie gesagt, liegen in Tibet die Quellen der größten Flüsse Asiens, und Wissenschaftler warnen davor, daß der in dieser Region von China betriebene offene Bergbau sich auf den gesamten Subkontinent verderblich auswirken könnte. In der Tat wirken sich am schädlichsten auf die Umwelt wirken die staatlichen Infrastrukturprojekte wie der massive Abbau von Bodenschätzen und die Anlage der Eisenbahnlinien aus. In dem Artikel von Xinhua steht, daß die Umsiedelungspolitik den Zweck habe, die Ökologie der Region von der Überweidung durch die Viehherden der Nomaden zu schützen. Andererseits ist es eher erstaunlich, wie die einzigartige und hoch entwickelte Kultur des nomadischen Hirtentums der Invasion Chinas ab 1950 überhaupt standgehalten und überlebt hat. Seit dieser Zeit wurde die nachhaltige Kultur der Nomaden nämlich durch eine ganze Reihe von unheilvollen Maßnahmen der in Peking sitzenden Bürokraten bedrängt, die keine Ahnung von den tatsächlichen Lebensbedingungen auf dem ihnen so fernen tibetischen Hochland haben. Ihre Anordnungen basieren auf den jeweils herrschenden politischen Prioritäten, ohne den speziellen Erfordernissen der Nomaden und des Ökosystems des tibetischen Hochlandes Rechnung zu tragen. Die Kollektivierung und neue Viehhaltungsmethoden, die ihnen in den 50er und 60er Jahren von dem kommunistischen Regime aufgezwungen wurden, führten zur Überweidung des Graslandes und gipfelten in Hungersnöten. Statt der traditionellen Gerste mußte plötzlich Weizen angebaut werden. In dem kalten Klima Tibets kann dieser nicht gut gedeihen, der intensive Anbau dieser ungeeigneten Getreidesorte laugte die Böden aus, was in den 50er, 60er und 70er Jahren zu ökologischen Schäden führte, zu einer weitverbreiteten Degeneration des Graslandes und immer wiederkehrenden Hungersnöten. Nach Angabe chinesischer Wissenschaftler schmelzen die Gletscher Tibets rapide: Sie warnen davor, daß es in Zukunft zu großflächigen Überschwemmungen in den flußabwärts gelegenen Gebieten kommen könnte. Infolge des Rückgangs der Gletscher ist die Wasserversorgung ganz Asiens gefährdet. Nach Ansicht der Tibeter wird durch die Umsiedlungspolitik der Chinesen die umweltfreundliche und nachhaltige Nomadenkultur der einheimischen Rinder- und Schafhirten vernichtet. Über 4000 Jahre lang zogen die Nomaden mit ihren Yak- und Bergschafherden über die weiten Weidegründe Tibets. Die Herden sind maßgeblich für die Identität der Nomaden und ihr Überleben in der herben, hochgelegenen Gegend des tibetischen Hochplateaus. Die Tiere liefern ihnen nicht nur Fleisch und Milch, sondern ihre Häute werden in getrocknetem Zustand auch für die Abdichtung der hergebrachten Zelte verwendet. Auch der Dung der Tiere wird getrocknet, er hält die Zelte warm und dient als Brennmaterial fürs Kochen. Aus der Wolle und den Fellen fertigen die Nomaden ihre Kleidung an. Xinhua zitierte einen dortigen Regierungsbeamten, dem zufolge die Regierung den Nomaden eine berufliche Ausbildung angeboten und einen Fonds eingerichtet habe, um ihnen beim Start ihres eigenen Geschäfts zu helfen, ebenso daß neue Schulen und andere Zweckbauten errichtet würden. 2007 verkündeten chinesische Behördenvertreter, das Ziel sei, schließlich 100.000 tibetische Nomaden seßhaft zu machen. John Isom vom Tibet Justice Centre, California, zufolge entfernt die chinesische Regierung die Nomaden oft gewaltsam von ihren angestammten Gradlandschaften, um die tibetische Bevölkerung noch mehr unter Kontrolle zu bringen. „Ihr begeht einen kulturellen Genozid, indem ihr die Leute der Lebensweise entreißt, an die sie seit Jahrtausenden gewohnt sind, und sie in Betonmauern steckt, in denen sie nie zuvor gelebt haben. Man reißt doch nicht Leute gewaltsam aus ihrem Lebensraum und setzt sie in ein Umfeld, das sie nicht gewohnt sind und wo sie nicht wissen, wie sie sich ernähren sollen. Und dann gebt ihr ihnen Säcke voller Reis, wo sie sich doch seit eh und je von Gerste ernähren“, sagte er. Siehe auch: „China siedelte 2008 über 300.000 Tibeter in festen Behausungen an“, 27. Dez. 2008 Tibet 2003: Umwelt und Entwicklungsfragen Human Right Watch: “No one has the liberty to refuse”, |