Ein Bericht über die Unruhen in Tibet in der Zeit vom 10. bis 25. März 2008
Die tibetische Autorin Tsering Woeser berichtet in ihrem Internet-Tagebuch täglich über die Entwicklungen in Tibet. Hier folgen zeitnahe Berichte einer Insiderin über die Unruhen in Tibet.
Tsering Woeser ist derzeit die bedeutendste tibetische Schriftstellerin in Tibet oder China. Sie veröffentlichte diese Einträge in ihrem Blog, um die Vorfälle festzuhalten.
10. März 2008
Im Kloster Drepung in Lhasa, Tibet, kam es zu friedlichen Protesten von etwa 500 Mönchen. Sie wurden vom örtlichen Militär und der Polizei schwer geschlagen und mit Tränengas beschossen. Mehr als zehn Mönche wurden verhaftet. Das Kloster wurde umstellt, die Wasserversorgung unterbrochen, alle Restaurants in der Umgebung wurden geschlossen und die Mönche im Kampf ums Überleben sich selber überlassen.
Im Jokhang Tempel protestierten 14 Mönche des Klosters Sera, indem sie tibetische Flaggen trugen. Sie wurden von der örtlichen Polizei schwer geschlagen und anschließend verhaftet. Viele Tibeter flehten die Polizisten an, mit den Mißhandlungen aufzuhören, worauf auch von ihnen drei festgenommen wurden.
In Amdo, Tibet (Provinz Qinghai), zogen Mönche des Decha Tempels des Bezirkes Hualong durch die Straßen. Ihr friedlicher Protestmarsch wurde jedoch durch die örtliche Polizei abgebrochen.
Ebenfalls in Amdo, Tibet, zogen Mönche des im Bezirk Guinan gelegenen Luang Tempels friedlich durch die Straßen, sie wurden ebenfalls von der örtlichen Polizei angehalten.
11. März 2008
600 Mönche des Klosters Sera in Lhasa zogen friedlich durch die Straßen. Sie wurden von der Polizei schwer geschlagen und mit Tränengas beschossen. Einige Mönche wurden verhaftet. Die Polizei setzte die Bewohner des Klosters unter Druck, indem sie die zuvor benutzten Taktiken anwendete. So wurde die Wasserversorgung unterbrochen und Restaurants, die sich in der Nähe befinden, wurden geschlossen. Viele Tibeter gingen zum Kloster, um die Polizisten zu bitten, damit aufzuhören, die Mönche so unmenschlich zu behandeln.
12. März 2008
Zwei Mönche des Klosters Drepung in Lhasa schnitten sich die Pulsadern auf. Einige Mönche des Klosters Sera traten aus Protest in einen Hungerstreik.
An vielen Arbeitsstellen in Lhasa wurden aufgrund der Vorfälle vom 10. und 11. März kurzfristige Informationsmeetings abgehalten. Die Leiter dieser Arbeitsstätten berichteten ihren Angestellten über die Vorfälle. Manche erklärten kurz, daß einige hundert Mönche des Klosters Drepung gemeinsam in Richtung Lhasa marschiert und von der Polizei am Stadtrand von Lhasa gestoppt worden seien. Sie berichteten außerdem, daß einige hundert Mönche des Klosters Sera nach Lhasa gegangen seien, um dort zu demonstrieren, ein paar Leiter sprachen auch von Vorfällen, die Klöster in anderen Regionen beträfen.
Die Vorfälle konzentrierten sich jedoch auf die Gegend von Lhasa. Einige Regierungsbeamte teilten mit, daß es Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten gegeben habe. An vielen Arbeitsstätten wurde über die Situation berichtet, und die Angestellten und deren Familienmitglieder nachdrücklich gemahnt, weder über sensible Dinge zu reden, noch sich Klatsch und Spekulationen hinzugeben. Einige Produktionsleiter betonten die Ernsthaftigkeit der Situation, in dem sie diese als "eine direkte Bedrohung der langfristigen Stabilität in Tibet" bezeichneten oder erklärten, "die erwähnten Vorfälle haben die Tendenz sich in andere Regionen auszubreiten".
13. März 2008
Hunderte buddhistischer Mönche des Klosters Ganden wollten zusammen mit mehr als 150 Nonnen des Klosters Qusang eine friedliche Kundgebung in Lhasa abhalten, wurden aber von der Polizei und dem Militär gestoppt. Die berühmten "Großen Drei" (das Kloster Drepung, das Kloster Ganden und das Kloster Sera) sowie andere Klöster wurden von den Behörden geschlossen.
14. März 2008
Am Morgen dieses Tages zogen fast 100 Mönche des Ramoche Tempels durch die Straßen von Lhasa, um gegen die bereits seit Tagen andauernden Repressalien gegen die Klöster Drepung und Sera zu demonstrieren. Sie wurden von der Polizei aufgehalten und schwer geschlagen, was tibetische Zivilisten wütend machte. So kam es kurze Zeit darauf zu einem gewaltigen Protest mit Zehntausenden von Demonstranten. Es gab einige ernste Konfrontationen zwischen Demonstranten und Behörden. Eine große Anzahl von Soldaten marschierte in die Innenstadt Lhasas ein. Militärfahrzeuge und gepanzerte Fahrzeuge wurden überall in der Innenstadt eingesetzt und Tränengas und Gewehrkugeln in die protestierende Menge abgefeuert. In einigen Gegenden, wie beispielsweise in der Wohngegend Gamakusang oder in der Altstadt wurden Blockaden errichtet.
An diesem Abend kam es zu einer großen Anzahl von Verhaftungen und der Tötung von Demonstranten. Es wurde außerdem eine Ausgangssperre angeordnet. Dies war der größte Protest der Tibeter seit 1989. Die chinesischen Behörden behaupteten, daß 13 Personen ums Leben gekommen seien; die tibetische Exilregierung sprach, ausgehend von ihren Quellen, hingegen von ungefähr 100 Toten. Es wurde berichtet, daß ab dem 14. März das Verbot des Einsatzes von Schußwaffen aufgehoben wurde, so daß Polizei und Militär nun frei nach ihrem Willen Demonstranten erschießen können.
Im Kloster Labrang in Amdo (Bezirk Xiahe, Tibetisch-Autonome Präfektur Gannan, Provinz Gansu) fingen etwa 400 Mönche, nachdem sie ihre tägliche buddhistische Gebetszeremonie beendet hatten, zu demonstrieren an. Zusammen mit tibetischen Zivilisten gingen sie auf die Straße, sie schwenkten dabei zahlreiche tibetische Flaggen und riefen "Unabhängigkeit für Tibet!", "Lang lebe der Dalai Lama!", "Gebt uns religiöse Freiheit zurück!" und andere Slogans. Vor den Gebäuden des Bezirkskomitees der kommunistischen Partei, der Bezirksregierung und dem Polizeigebäude veranstalteten sie bis in die Abendstunden eine friedliche Demonstration; schließlich wurde bis die Menge durch Polizei- und militärische Streitkräfte vertrieben.
15. März 2008
Die Armee marschierte in Lhasa ein und nahm eine umfassende Durchsuchungsaktion in der Innenstadt vor. Es wird berichtet, daß mindestens 600 Personen dabei verhaftet wurden. Lhasa wurde unter Kriegsrecht gestellt und die Ausgangssperre fortgesetzt. Zahllose Polizisten und Soldaten wurden in hohe Alarmbereitschaft versetzt. In einer von den Behörden auf ihren Webseiten veröffentlichten Ankündigung wurde den Demonstranten ein Ultimatum gesetzt, bis zu dem sie sich den Behörden zu stellen haben. Dieses Ultimatum wurde für Montag, den 17. März, um Mitternacht angesetzt.
In einigen benachbarten Landkreises Lhasas, wie beispielsweise Darze, Qushui, Lin Zhou und Mozhugongka kam es ebenfalls zu Demonstrationen und Protesten.
Im Kloster Labrang (Bezirk Xiahe, TAP Gannan, Provinz Gansu) veranstalteten Mönche und Zivilisten eine große Straßendemonstration und lieferten sich heftige Auseinandersetzungen mit der örtlichen Polizei und dem Militär. Wenig später schickten die Behörden Panzer und gepanzerte Fahrzeuge, um das Feuer gegen die Demonstranten zu eröffnen. Viele Menschen kamen dabei ums Leben und ca. 20 wurden verhaftet.
An diesem Abend veranstalteten Mönche der größeren Klöster in der Hauptstadt der TAP Gannan eine Demonstration, wobei sie von Polizei und Militär scharf angegriffen wurden. Die Demonstranten, die sich in der Gegend um die DongYi-Straße, in der Innenstadt von Hezuo aufhielten, wurden ebenfalls von Polizei und Militär auseinandergetrieben.
Die Studenten der ethnischen Ausbildungsstätte für Lehrer von Hezuo hielten einen friedlichen Protest; wonach es jedoch zu einem heftigen Streit zwischen den Demonstranten und den kommunistischen Parteikadern des College kam.
Im Kloster Langmu (Bezirk Luqu, TAP Gannan, Provinz Gansu) kam es zu einer größeren Demonstration. Diese wurde von Polizei und Militär sofort wieder aufgelöst.
Im Bezirk Dawu, Kham (TAP Kardze, Sichuan) liefen Hunderte von Mönche und Zivilisten durch die Straßen und verteilten Flugblätter. Sie wurden von Polizei und Militär weggetrieben.
16. März 2008
In Lhasa gingen die Behörden weiterhin in aller Schärfe gegen Proteste vor. Quellen bestätigten, daß ca. 300 Personen verhaftet wurden. Nachmittags wurden in den Straßen von Lhasa mehr als 40 verhaftete Tibeter von Polizei und Militär der Menge vorgeführt. Diese jungen Männer und Frauen wurden, auf zwei Militärfahrzeugen stehend und mit gefesselten Händen gezwungen, ihre Köpfe zu senken. Hinter jedem Häftling stand ein bewaffneter Wachposten.
Im Bezirk Dazi, in der Nähe von Lhasa, wurden zwischen 30 und 40 Demonstranten verhaftet. Eine von Mönchen des Bezirkes Mezhugongka veranstaltete Demonstration wurde von der Polizei zerschlagen. Einige Mönche wurden verhaftet, andere konnten in benachbarte Dörfer fliehen.
In der Ortschaft Naque, die in der Nachbarschaft Shannan Songyishi liegt, kam es ebenfalls zu einigen Demonstrationen [Shannan entspricht der Präfektur Lhoka].
Im Kloster Tashilhunpo, dem Haupttempel des Panchen Lama, veranstalteten Mönche eine Demonstration. Auch an anderen Orten der Präfektur Shigatse protestierten Mönche zusammen mit Zivilisten.
Am Morgen schlug die bewaffnete Volkspolizei (PAP) im Bezirk Aba, Amdo (Tibetisch-Autonome Präfektur Ngaba der Provinz Sichuan), einen Protest nieder. Es wurde berichtet, daß mehr als 30 Demonstranten, unter ihnen Mönche, Schüler und Nomaden, von der Polizei erschossen worden seien. Unter ihnen befanden sich eine schwangere Frau, ein 5jähriges Kind und Lhundup Tso, eine 16jährige Schülerin der Zangwen Mittelschule. Um 4.00 Uhr morgens wurde der Intellektuelle Jueledawa, ein Lehrer, verhaftet. Momentan weiß niemand, wo er sich befindet. Die Bezirkshauptstadt wurde von der bewaffneten Volkspolizei (PAP) umstellt. Insgesamt wurden 18 Leichen zum Gede Tempel zur Himmelsbestattung geschickt - andere Leichen zu verschiedenen anderen Tempeln der Region. Viele Personen werden vermißt.
In Amdo schickten die Behörden Hunderte von Soldaten in den Bezirk Hongyuan (TAP Ngaba). Es ist unklar, wie viele Menschen bei der Demonstration im Langmu Tempel getötet oder verwundet wurden, als die Militärpolizei in die Menge schoß.
Am Nachmittag wurde eine Demonstration, die von Mönchen und Zivilisten im Bezirk Gonghe (TAP Hainan, Provinz Qinghai) abgehalten wurde, von der Polizei zerschlagen.
Im Dashilongwu Tempel im Bezirk Tongreng (TAP Huangnan, Provinz Qinghai) demonstrierten etwa 300 Mönche. Mehrere Tausend Mann der bewaffneten Volkspolizei (PAP) stürzten sich auf die Menge der Demonstrierenden. Am Ende wurden mehr als 10 Militärfahrzeuge und gepanzerte Fahrzeuge eingesetzt.
Im Lajia Tempel im Bezirk Maqing (Tibetisch-Autonome Präfektur Luozangze, Provinz Qinghai) wurde ein friedlicher Protest abgehalten.
Als nachmittags verschiedene Tempel im Bezirk Kangluhe (Tibetisch-Autonome Präfektur Kardze, Kham) eine Demonstration vorbereiteten, entsandten die Behörden Kader zu ihnen, um sie zu bedrohen. Danach wurden eiligst weitere Kräfte der bewaffneten Volkspolizei (PAP) dorthin verlegt.
Nachmittags fand im Bezirk Maque eine beispiellose Demonstration statt. Angeführt von dortigen Mönchen gingen einige 1000 Leute, darunter Grund- und Mittelschüler tibetischer Schulen, auf die Straße, um zu demonstrieren. Es kam zu Ausschreitungen und einige nicht-tibetische Geschäfte wurden verwüstet, 16 Autos in Brand gesteckt und einige Verwaltungsgebäude der Regierung beschädigt.
Die Bewaffnete Volkspolizei (PAP) feuerte auf die Demonstranten, wodurch eine unbekannte Anzahl von Personen verletzt wurde. Etliche wurden verhaftet. Am Abend des 17. März verhängten die Behörden das Kriegsrecht und ordneten an, daß die Mitarbeiter aller Abteilungen rund um die Uhr Dienst zu tun haben. Niemand darf ohne Befehl seinen Posten verlassen.
Auch im Bezirk Luque (Tibetisch-Autonome Präfektur Gannan) kam es zu Protesten. In der Hauptstadt der Präfektur demonstrierten die Leute. Ein Laden im Besitz eines Muslims wurde dabei niedergebrannt. In vielen Tempeln wie beispielsweise in Zhuoni und Qiagai wurde ohne Zwischenfälle demonstriert. Am Abend hielten 500 Studenten der Abteilung für tibetische Sprache der Northwest Nationalities University in Lanzhou, der Hauptstadt der Provinz Gansu, auf dem Sportplatz der Universität einen Sitzstreik ab, um die Sorge und Trauer mit den Tibetern in Lhasa zu teilen. Sie hängten Plakate auf, die auf die Situation in Lhasa hinwiesen. Der Sitzstreik begann um 16:00 Uhr. Einige tibetische Professoren, sowie der Dekan und der Lehrbeauftragte der Fakultät versuchten die Studenten zu überreden, sich zu entfernen. Die Studenten blieben jedoch die ganze Nacht über sitzen. Am Morgen saßen immer noch sieben Studenten da.
Um Protesten tibetischer Studenten vorzubeugen, patrouillierte eine große Anzahl von Militärpolizisten auf dem Campus der Southwest Nationalities University in Chengdu, Provinz Sichuan. Der Ahnentempel Wuhou, sowie alle tibetischen Einwohner der Stadt Chengdu wurden unter strenge Beobachtung gestellt.
Auch in der Provinz Sichuan kam es an diversen Schulen, wie z.B. am Hezuo Normal Training College, der Qinghai Normal School und anderen Schulen in den Präfekturen Ganze und Aba zu Protesten.
17. März 2008
In den von der Armee belagerten Stadtteilen Lhasas wurde ein Haus um das andere durchsucht. Wie viele Personen verhaftet werden wurden, ist noch unklar. An jeder Straßenkreuzung wurden Passanten von den Soldaten durchsucht. Alle Tibeter, die keinen Ausweis mit sich führten oder deren Angaben zu ihrer Person nicht verifizieren werden konnten, wurden festgenommen.
Zwölf Mönche des Dingguo Tempels im Dorf Deqing, im Bezirk Duilongdeqing, wurden verhaftet, als sie an einem Demonstrationszug teilnahmen. Fünf von ihnen sind bekannt. Es handelt sich hier um die Mönche Gamadawa, Gesangbazhu, Awangyingni, Awangtaqu und Jinmei. Acht Mönche des Kangma Tempels im Bezirk Dangxiong wurden ebenfalls verhaftet.
Am Morgen organisierten Nonnen des Mami Tempels im Bezirk Aba (Tibetisch-Autonome Präfektur Ngaba der Provinz Sichuan) eine Demonstration. Sie liefen durch die Straßen, hielten Fotos des Dalai Lama empor und riefen immer wieder "Frieden!".
Am Morgen wurde ebenfalls in den Tempeln im Bezirk Gonghe in Amdo (Tibetisch Autonome Region Hainan, Provinz Qinghai) Proteste veranstaltet.
Alle Mönche des Longwu Tempels in Amdo (Bezirk Tongren, Tibetisch Autonome Präfektur Huangnan, Provinz Qinghai) hielten am Morgen eine Gebetszeremonie am Eingang des Tempels vor dem westlichen Hügel ab. Gemeinsam sangen sie und huldigten dem Dalai Lama. Kurz darauf traf die Militärpolizei ein, um sie zu verjagen. Die Mönche hatten geplant, nach der Gebetszeremonie in die Innenstadt zu ziehen, um dort zu demonstrieren. Ortsansässige Tibeter baten sie inständig, dies nicht zu tun, da die Innenstadt unter starker Überwachung des Militärs stehe. Schließlich schrieben die Mönche die Forderungen nieder, die sie an die Regierung stellen wollten. Diese sollten vom lebenden Buddha Xiaricang stellvertretend für die Mönche des Klosters übergeben werden. Die Forderungen waren:
- die Militärpolizei darf nicht in der Umgebung des Tempels patrouillieren;
- alle Überwachungskameras müssen aus dem Tempel entfernt werden;
- ohne einen vernünftigen Grund darf die Regierung die buddhistischen Aktivitäten, wie beispielsweise die Gebetszeremonien, nicht verbieten.
Die lokalen Beamten stimmten all diesen Forderungen zunächst zu. Nichtsdestotrotz schickten die höheren Behörden noch am Nachmittag desselben Tages Kader zu den tibetischen Bewohnern, die sie bedrohten und zwangen, ein Schriftstück zu unterzeichnen, in dem sie sich verpflichteten, sich an keiner Demonstration zu beteiligen. Am nächsten Tag traf die Militärpolizei, die in der Stadt Xining stationiert ist, im Bezirk ein.
Tibetische Schüler der Krankenpflegeschule in der Stadt Hezuo veranstalteten eine Demonstration in der Innenstadt. Tibetische Schüler der dortigen Haupt- und Oberschulen wollten sich der Demonstration anzuschließen, wurden jedoch von der Schulbehörde davon abgehalten. In dieser Gegend demonstrierten Tibeter aus vier Dörfern gegen die Unterdrückung.
Im Bezirk Luqu veranstalteten 500 Personen, unter ihnen Mönche und Laien, eine friedliche Demonstration, um damit gegen die Unterdrückung zu protestieren.
Mönche des Taxiu Tempels (Tibetisch Autonome Region Guinan, Provinz Qinghai) veranstalteten einen friedlichen Protest. Auf dem Weg zum zentralen Viertel des Bezirkes wurden sie jedoch von der Polizei gestoppt und gezwungen zum Tempel zurückzukehren.
Mönche des Dalong Tempels im Bezirk Jiuzhi (TAP Golog, Provinz Qinghai) führten einen friedlichen Demonstrationszug an, an dem sich etwa 1000 Menschen beteiligten. Chinesische Flaggen wurden eingeholt und an ihrer Stelle tibetische Flaggen gehißt.
Mehr als 200 Mönche des Longgai Tempels im Bezirk Jiuzhi (TAP Golog, Provinz Qinghai) demonstrierten friedlich.
Hunderte von Nomaden veranstalteten eine Demonstration in Jiuzhi, wobei auch einige Läden verwüstet und Polizeiautos zerstört wurden. Nachdem sie von örtlichen Lamas gemahnt wurden, sich an das Prinzip der Gewaltlosigkeit zu halten, sahen sie von diesen Taten jedoch ab. Die Behörden entsandten prompt Einheiten der Militärpolizei, die noch am Abend eintrafen und eine Ausgangssperre verhängten.
Um 19:00 h hielten ca. 300 Personen im Stadtviertel Mentang des Bezirkes Jiuzhi eine friedliche Demonstration ab und hißten die tibetische Flagge.
Bewohner des Bezirkes Zhuoni (TAP Kanlho der Provinz Gansu) begannen zu revoltieren. Schüler schlugen Fenster von Geschäften und Restaurants ein. Die Schüler wurden kurz darauf von der Militärpolizei fortgejagt. Später trafen über 40 Polizeifahrzeuge in Zhuoni ein, um die Passanten auf den Straßen zu überwachen. Zudem wurde der Autoverkehr in Richtung der Hauptstadt blockiert.
Bewohner des Bezirkes Diebu, TAP Kanlho in der Provinz Gansu, veranstalteten ebenfalls eine Demonstration, um ihre tiefempfundene Abneigung gegen die Unterdrückung zu zeigen.
Die Central University of Nationalities in Beijing gilt als eine der besten Bildungseinrichtungen für Studenten aus den Minderheiten-Regionen. Mehr als 100 tibetische Studenten veranstalteten auf dem Campus des College einen Sitzstreik, der mehrere Stunden dauerte. Dies war das erste Mal, daß sich Unterstützer der unterdrückten Tibeter in Beijing gezeigt hatten. Zeugen zufolge schwiegen die Schüler während des Sitzstreikes, in aller Stille vergossen sie Tränen. Einige Lehrer versuchten die Schüler zu überreden den Sitzstreik zu beenden. Zudem war Polizei anwesend. Außerhalb des Schulgeländes waren Polizeifahrzeuge aufgefahren. Obwohl es keine Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Studenten gab, begann die Polizei zu ermitteln, wer der „Haupt-Rädelsführer“ des Sitzstreikes sei. Der Sitzstreik dauerte viereinhalb Stunden. Er begann um 19:00 h und dauerte bis 23:30 h. Mehr als 300 Studenten und Akademiker sollten sich an dem Sitzstreik beteiligt haben.
Studenten der Southwest University for Nationalities in Chengdu veranstalteten ebenfalls einen Sitzstreik auf dem Campus der Universität.
Auch in der TAP Hongyuan in der Provinz Sichuan organisierten Tibeter Protestaktionen. Oberschüler verließen ihr Schulgelände, um zu demonstrieren. Sie wurden jedoch von Lehrern und der Polizei aufgehalten. Einige Schüler, die die Demonstration angeführt hatten, wurden festgenommen, nachdem sich ihre Mitschüler durch die Abhaltung eines Sitzstreikes für sie eingesetzt hatten, jedoch wieder freigelassen. Ein Schüler wurde von einer Kugel im Fuß getroffen, ein anderer Schüler mit einem Messer verletzt. Beide wurden sie in eine Klinik eingeliefert.
Im Bezirk Seda in Kham (TAP Kardze in der Provinz Sichuan) hielten Tibeter eine Protestveranstaltung ab.
18. März 2008
In Lhasa wurde eine große Anzahl von Menschen von den Kommunistischen Behörden verhaftet. Die Zahl der verhafteten Personen bleibt unbekannt. Jede Straßenkreuzung wird von Soldaten bewacht. Ihre spezielle Aufmerksamkeit galt Tibetern, die tibetische Tracht trugen. Soldaten in großer Zahl stürmten Wohnblocks, um Einzelpersonen festzunehmen. Sie schlugen auf die verhafteten Menschen mit Knüppeln und Schlagstöcken ein und gingen gegen Unbeteiligte mit Tränengas vor. Allein im Dorf Xuexin wurden innerhalb einer halben Stunde, von 16:00 bis 16:30 Uhr, drei Personen abgeführt. Einer davon war ca. 50 Jahre alt und gut gekleidet; er sah wie ein örtlicher tibetischer Beamter aus. Obwohl er geschlagen und gefesselt wurde, hielt er würdig und furchtlos seinen Kopf hoch. Die anderen beiden waren junge Männer.
Um 10:30 Uhr veranstalteten ca. 200 Schüler des College für Minderheiten und der Qinghai Normal University einen Sitzstreik auf dem Sportplatz auf dem Campus; ihre Parole hieß "Trauer". Etliche Lehrer versuchten sie zum Abbruch ihrer Aktion zu bewegen. Der Sitzstreik wurde schließlich um 14:00 Uhr beendet.
Mönche des Datang Tempels in Amdo (Bezirk Xining, Provinz Qinghai) zogen friedlich durch die Straßen und protestierten. Schüler und Laien schlossen sich ihnen an. Es waren mehrere Tausend Demonstranten. Ihren Widerstand bekundeten sie ohne Gewalt, sie veranstalteten einfach eine friedliche Prozession.
Im Distrikt Guoluo (TAP Golog, Provinz Qinghai) kam es zu zahlreichen Protesten. In mehreren Stadtvierteln wurden die chinesischen Flaggen eingeholt und statt dessen tibetische Flaggen gehißt. Die Demonstranten wurden von der Militärpolizei in die Enge getrieben und es kam zu heftigen Konfrontationen. Einige Tibeter wurden erschossen. Die Anzahl der Opfer ist nicht bekannt. Die meisten verletzten und getöteten Personen waren Laien.
Augenzeugen zufolge fuhren am Nachmittag Hunderte Transportfahrzeuge des Militärs in Hezuo (TAP Kanlho in der Provinz Gansu) ein. Die Schüler der tibetischen Grund- und Oberschule, sowie des College wurden aufgefordert nach Hause zu gehen. Sie müßten einfach warten, bis der Unterricht wieder fortgesetzt werden könnte, sagte man ihnen.
Im Bezirk Maqu wurden die Schüler aller Schulen angewiesen im Schulgebäude zu verbleiben. Tibetischen Kadern wurde aufgetragen, für Ordnung auf den Straßen zu sorgen. Diejenigen, die dieser Anordnung nicht nachkämen, würden bestraft, hieß es.
Um 16:30 Uhr veranstalteten mehr als 300 Tibeter im Bezirk Lithang einen Protestmarsch (TAP Kardze in der Provinz Sichuan). Einige von ihnen wurden verhaftet.
In Ganzi (TAP Kardze in der Provinz Sichuan) veranstalteten Mönche und Laien eine Demonstration. Nomaden aus dem Bezirk Luhuo schlossen sich ihnen an. Berichten zufolge wurde mindestens einer der Anführer von der Militärpolizei erschossen. Weitere neun Personen wurden durch Schüsse verwundet. Ob diese neun Menschen noch leben ist nicht bekannt.
In der Gegend Huolu wurden zahlreiche Flugblätter verteilt. Abends zogen mehrere Tausende Mönche und Laien durch die Straßen des Bezirkes Seda (Serthar in der TAP Kardze in der Provinz Sichuan). Sie wurden von der örtlichen Militärpolizei auseinandergetrieben.
Des weiteren waren in allen Klassenräumen der Oberschule für Minderheiten im Bezirk Jiazha (Chentsa, TAP Malho in der Provinz Qinghai), auf der als einziger weit und breit die tibetische Sprache unterrichtet wird, auf Bannern folgende Worte zu lesen: "Free Tibet!" und "Lang lebe der Dalai Lama!". Die Nationalflagge Chinas wurde eingeholt, und die tibetische Flagge gehißt. Einheiten der Militärpolizei waren überall an den wichtigen Orten des Bezirkes stationiert. Den Lamas wurde verboten ihre Tempel zu verlassen.
Angehörige von Minderheiten, die an Universitäten in Beijing studieren, wurden aufgefordert, Formulare auszufüllen mit folgenden Fragen, die offensichtlich auf tibetische Schüler zugeschnitten sind.
1. Wie siehst du persönlich den Dalai Lama?
2. Gebe die genaue Adresse und die Arbeitsstätte deiner Eltern an.
3. Gebe deine Identifikationsnummer an.
4. Versprichst du weder an Demonstrationen noch an Sitzstreiks oder sonstigen politischen Aktivitäten teilzunehmen?
Allen ausländischen Journalisten wurde verboten, nach Lhasa zu reisen. Zudem wurde ihnen die Einreise in die tibetischen Regionen der Provinzen Qinghai, Gansu und Sichuan untersagt. An jeder Hauptverkehrsstraße in diesen Regionen wurden Wachposten der Militärpolizei eingerichtet, um Reisende zu inspizieren und den Verkehr aufzuhalten.
Ein ausländischer Journalist war 15 Stunden im Bus unterwegs, um in eine der tibetischen Regionen zu gelangen. Die Einreise blieb ihm jedoch verwehrt. Die Militärpolizei brachte ihn gegen seinen Willen zum Flughafen von Lanzhou und setzte ihn in ein Flugzeug nach Beijing. Die Maßnahme wurde damit begründet, daß Tibet ein unsicheres Gebiet sei. Dieser Journalist antwortete zynisch: "Meinen Sie denn, hier sei es, was die Sicherheit angeht,noch schlimmer als im Irak?"
Tibetische Schüler der Grundschulen in der Stadt Xining wurden aufgefordert, sich in eine Liste einzutragen und dabei die Namen, die Adresse und genaue Details zu ihrer Familie anzugeben. Schüler, die nicht in der Stadt Xining registriert waren, wurden gebeten, ihren Ausweis dorthin zu bringen, um ihn überprüfen zu lassen.
19. März 2008
In Lhasa fuhr die chinesische Polizei fort, viele Personen zu verhaften, wie viele, ist jedoch unbekannt. Bis zum heutigen Zeitpunkt haben sich 160 Personen den Behörden gestellt.
Die Klöster Drepung, Sera und Ganden wurden neun Tage lang von der Polizei belagert. Da die Behörden anordneten, die Wasserversorgung zu unterbrechen und benachbarte Restaurants zu schließen, befinden sich die Mönche dieser drei Klöster in einer schrecklichen Situation.
Der Kulturkanal von Tibet TV und der Fernsehsender von Lhasa gaben sowohl in tibetischer Sprache als auch in chinesischer Sprache (Mandarin) die Haftbefehle No. 1, 2 vom Büro für öffentliche Sicherheit (PSB) bekannt. 21 Tibeter werden steckbrieflich gesucht, darunter auch zwei Mönche und eine Frau. Ihre Fotos aus den Videos wurden auf den Fernsehbildschirmen vergrößert. Man sagt, daß mehr als 1000 Tibeter verhaftet worden seien. Drei Tibeter begingen Selbstmord, indem sie von einem Gebäude sprangen, um der Festnahme durch die Polizei zu entgehen. Alle verhafteten Tibeter werden von der Militärpolizei mit Metallknüppeln brutal zusammengeschlagen.
Tibeter unter den Schaulustigen zeigten entweder Sympathie oder sie wandten sich ab. Viele Han Chinesen jubelten jedoch und riefen: "Sie haben es verdient!". In den Straßen Lhasas wimmelt es von Soldaten, die Personalausweise oder Wohnsitznachweise tibetischer Fußgänger prüfen. Die meisten Tibeter blieben jedoch zu Hause und überließen die Straßen den Han Chinesen. Hongkongs Phoenix TV sagte, daß das Leben in Lhasa zur Normalität zurückgekehrt sei. Alle von diesem TV interviewten Personen waren jedoch Han Chinesen.
Das Volksprokurat in Lhasa erteilte für 24 Tibeter einen offiziellen Fahndungsbefehl. Die Liste dieser gesuchten Personen schließt zwölf Tibeter ein, auf die ein Kopfgeld ausgesetzt worden ist. Einer davon wurde bereits verhaftet.
Quellen in der Provinz Qinghai zufolge werden viele Dörfer von der Armee, der Polizei und der Militärpolizei belagert, die die Dörfer unter strengste Überwachung stellten. Das Militär wurde angeblich von Lanzhou aus in die Gebiete verlegt.
Tibetische Studenten des Nationalitäten-Instituts von Qinghai starteten eine Petition und organisierten auf dem Gelände der Schule einen stillen Sitzstreik.
Der Regierungssitz des Bezirkes Maqu, sowie viele andere Städte und Ortschaften in der TAP Gannan, Provinz Gansu, sind von Militärfahrzeugen umgeben. Mehrere Tibeter wurden verhaftet.
Im Bezirk Seda (Serthar, TAP Kardze) protestierten über 500 Tibeter. Einige Demonstranten wurden festgenommen.
In der Gemeinde Charima, Bezirk Hongyuan, in der Tibetisch Autonomen Präfektur Aba, protestierten 40 Tibeter. Sie holten die staatliche Flagge des Verwaltungsbezirks und die chinesische Flagge ein. Das Banner eines Polizeistaates wurde von ihnen durch die tibetische Flagge ersetzt.
20. März 2008
Angeführt von über 100 Mönchen veranstalteten Tausende von Menschen im Bezirk Zeku (TAP Malho/Huangnan) eine große friedliche Demonstration. Sie riefen immer wieder: "Tretet mit dem Dalai Lama in Gespräche. Gebt uns wahre Autonomie". Die Demonstranten hielten Fotos des Dalai Lama, des 11. Panchen Lama, und des 17. Karma Rinpoche in die Höhe. Die Gegend wurde von der örtlichen Polizei und der Militärpolizei unter strenge Überwachung gestellt, vorerst griffen sie jedoch noch nicht ein.
Das Dorf Hongyan, welches im Bezirk Ping'an in der Provinz Qinghai liegt, ist der Geburtsort des 14. Dalai Lama. Momentan ist der Zugang zu diesem Dorf für Reporter und Menschen des tibetischen Volkes untersagt. Die örtliche Polizei richtete Straßensperren ein.
21. März 2008
Lhasa erschien ruhig. Alle Regierungseinheiten, alle Arbeitseinheiten, alle Firmen und alle Nachbarschaftskomitees hielten Zusammenkünfte ab, in denen die Reden der obersten Funktionäre des kommunistischen Regimes verlesen wurden. Allen Kadern, Angestellten und Einwohnern wurde befohlen, "die Verbrechen des Dalai Lama und seiner Clique" offen anzuprangern und gegen die "Separatisten" zu kämpfen. Jedermann müsse Unterstützung zeigen, um diese Prüfung zu bestehen, wurden sie gemahnt.
Tibetische Beamte, Mitarbeiter des örtlichen Komitees der Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes und der buddhistischen Vereinigung müssen im Fernsehen auftreten und den Dalai Lama offen angreifen - um ihrer eigenen Sicherheit willen. Sogar Grundschülern wird befohlen, den Dalai Lama vor der Fernsehkamera zu kritisieren.
Auf dem Campus des Qinghai College for Nationalities veranstalteten tibetische Studenten der Fakultät für tibetische Sprache um 8 Uhr einen Sitzstreik.
Der Fernsehsender der kommunistischen Partei sendet immer wieder eine Dokumentation mit dem Titel: "Schlägereien, Räubereien und Brandstiftung in Lhasa", um die chinesische Bevölkerung noch mehr gegen die Tibeter aufzubringen und die Kluft zwischen den beiden Völkern noch mehr zu vertiefen.
Der Tibet-Kultursender und der Fernsehsender von Lhasa gaben sowohl in tibetischer Sprache als auch in chinesischer Sprache (Mandarin) den Haftbefehl No. 5 bekannt, der von dem Büro für öffentliche Sicherheit (PSB) herausgegeben wurde. Die Behörden fahnden nach 29 Tibetern. Unter ihnen sind zwei Mönche (von denen einer bereits festgenommen worden ist) und zwei Frauen. Chinas wichtigste Webseiten veröffentlichten Fotos von 19 verdächtigen Tibetern sowie Telefonnummern, unter denen man sachdienliche Hinweise auf diese Menschen mitteilen kann. Laut Xinhua haben sich bislang 183 Personen der Polizei gestellt. Die Zahl der Todesopfer wurde mit 19 angegeben. Die Militäreinheiten in Lhasa haben begonnen, Zelte aufzustellen, da die Unterkünfte nicht ausreichen.
Eine Person aus Dalian, Provinz Liaoning, hat eine Botschaft an „Free China“ mit folgendem Inhalt gesendet: "Es gibt schätzungsweise 300 tibetische Studenten in Dalian. Sie haben sich in einen Sitzstreik begeben. Es hat mich überrascht, daß Demonstrationen sogar in Dalian stattgefunden haben, tausend Meilen entfernt von Lhasa. Dies zeigt, daß dieses Gemetzel die Tibeter nur noch mehr vereint hat. Ich verurteile streng die Verbrechen, die die kommunistische Partei Chinas an Tibet verübt!"
22. März 2008
Mehrere hundert Mönche und Laien hielten im Bezirk Guinan (Tibetisch Autonome Präfektur Hainan, Provinz Qinghai) eine friedliche Demonstration am Verwaltungssitz ab. Dreihundert Tibeter demonstrierten friedlich im Zentrum des Bezirks Jianzha. Dabei riefen sie Slogans wie: "Lang lebe der Dalai Lama" und: "Erlaubt dem Dalai Lama, nach Hause zurückzukehren!". Die Demonstration begann um 09:00 Uhr, es wurden keine Zusammenstöße mit der Polizei gemeldet.
Im Bezirk Zeku veranstalteten Tibeter am Nachmittag eine Demonstration. Zunächst waren es nur 20 Personen, später wuchs die Zahl auf mehrere Hundert. Sie hielten Fotos des Dalai Lama und Fotos von Qoigyijabu (des 10. Panchen Panchen Lama) und des 17. Karmapa in die Höhe. Ihre Slogans waren: "Lang lebe der Dalai Lama!" und "Gebt den Tibetern ihre Freiheit zurück!". 20 Militärfahrzeuge fuhren vor, und es wurden ungefähr 20 Tibeter festgenommen.
In den Dörfern Xibo und Gongxiu hatten Tibeter bei einem Protest am 20. März in der Grundschule die tibetische Flagge gehißt. Die Situation in diesen beiden Dörfern ist unbekannt.
29 chinesische Intellektuelle veröffentlichten einen offenen Brief mit zwölf Vorschlägen zur Lösung der Tibet-Problematik.
Der Kultursender Tibet und der Fernsehsender von Lhasa gaben sowohl in tibetischer Sprache als auch in chinesischer Sprache (Mandarin) den Haftbefehl No. 6 bekannt, der vom Büro für öffentliche Sicherheit (PSB) herausgegeben wurde. Die Behörden fahnen darin nach 38 Personen, darunter auch vier Frauen. Seit der Bekanntgabe des ersten Haftbefehls am 19. März 2008 wurden durchschnittlich 9,5 Tibeter pro Tag unter Strafandrohung vorgeladen.
Die Kommunistische Partei Chinas benutzt Fernsehen und Radio, um Panik unter der Bevölkerung zu verbreiten. Die Gefängnisse in Lhasa sind gerammelt voll. Die neu festgenommenen Tibeter werden zum Teil in Gefängnisse in die angrenzenden Bezirke gebracht. Gestern wurden die ersten Tibeter, die nur zugeschaut, aber nicht demonstriert hatten, wieder freigelassen. Die chinesischen Medien behaupteten, sie seien "teilweise in die Demonstrationen vom 13. März involviert" gewesen.
23. März 2008
Der tibetische Zweig des chinesischen Mobilfunkanbieters sendete eine SMS mit folgendem Inhalt an ihre Kunden: "Das Büro der öffentlichen Sicherheit (PSB) weist nachdrücklich darauf hin, daß all diejenigen, die sich an den Demonstrationen vom 14. März beteiligten, sich unverzüglich der Behörde stellen müssen, um die Möglichkeit einer milderen Bestrafung zu erwirken. Wir fordern die Bürgerinnen und Bürger auf, uns Informationen über diese Personen zu geben. Die Telefonnummer, unter der uns erreichen können, ist 0891-6324422 oder 110."
Die offizielle SMS aus der Autonomen Präfektur Gannan, Provinz Gansu, lautet: "Die jüngsten Zwischenfälle waren von Unabhängigkeits-Aktivisten geplant und angezettelt. Die Zentralregierung und die Regierungen der Präfekturen und Provinzen sind dazu angehalten, diese Aktivitäten niederzuschlagen und die Aktivisten hart zu bestrafen."
Der Kultursender Tibet und der Fernsehsender von Lhasa gaben sowohl in tibetischer als auch in chinesischer Sprache (Mandarin) den Haftbefehl No. 7 des Büros für öffentliche Sicherheit (PSB) bekannt, mit dem nach 45 Tibetern gefahndet wird, darunter ein Mönch und sechs Frauen.
24. März 2008
In Lhasa wimmelt es immer noch von Militärpolizei .An den von der Polizei errichteten Kontrollpunkten in Lhasa und an anderen Orten werden die Tibeter noch immer streng kontrolliert. Die Truppen, die aus der Provinz Shanxi verlegt wurden, gingen angeblich sehr feindselig mit einigen Tibetern in der Stadt Anduo (Präfektur Gannan, Provinz Gansu) um und droschen willkürlich auf sie ein.
Am 23. März hielten Soldaten vier tibetische Schüler der Hezuo Fahrschule auf der Straße an und befahlen ihnen, in die Hocke zu gehen. Die Schüler wurden schwer geschlagen, weil sie dieser Aufforderung nur zögernd nachkamen. Diese und ähnliche Begebenheiten haben große Wut bei den ortsansässigen Tibetern ausgelöst.
Die Propaganda der chinesischen Führung, mit der der ethnische Konflikt und der Hass gegen die Tibeter angestachelt werden soll, trägt offenbar Früchte. So gibt es beispielsweise Berichte aus der Stadt Xining, Provinz Qinghai, nach denen sich Taxifahrer geweigert hätten, tibetische Fahrgäste zu transportieren.
In Anduo wurden Schilder an den Straßen angebracht: „Organisiert rühmliche und patriotische Aktivitäten; stärkt die Verwaltung der kommunistischen Partei"; während die Tibeter beschuldigt werden, der kommunistischen Partei gegenüber undankbar zu sein.
In einem Bericht von Xinhua, der am 21. März auf deren Website erschien, heißt es unter anderem: "Unsere Reporter haben von der Lokalregierung der TAP Gannan, Provinz Gansu, erfahren, daß 105 Verwaltungseinheiten auf Stadt- und Bezirksebene unter der direkten Verwaltung der Präfektur Gannan, 27 Städte und Gemeinden, 113 den Bezirken unterstehende Organisationen und 22 Dorfkomitees betroffen seien. Diese schließen Maqu, Xiahe, Luqu, Zhuoni and Hezuo mit ein“. Der Bericht bestätigte, daß die von Protesten erfaßten Gebiete sowohl was das Ausmaß als auch die Reichweite betrifft, weit über das hinausgehen, was China offiziell bekanntgab und was der Außenwelt zur Kenntnis gelangte.
Der Kultursender Tibet und der Fernsehsender von Lhasa gaben sowohl in tibetischer Sprache als auch in chinesischer Sprache (Mandarin) erneut Informationen über steckbrieflich gesuchte Tibeter bekannt, gegen die vom Büro für öffentliche Sicherheit (PSB) bereits ein Haftbefehl erlassen wurde. Die Behörden suchen acht Personen.
Die 52. steckbrieflich gesuchte Person ist der Mann auf dem berühmt gewordenen Foto, der als Tibeter verkleidet ein Messer in der Hand hält und an einer brennenden chinesischen Flagge vorbeirennt. Dieser Mann ist von einer thailändischen Touristin als chinesischer Polizist identifiziert worden. Es waren Fragen laut geworden, weshalb der verkleidete Polizeimann mit dem langen Messer bislang noch nicht von der Polizei gesucht worden war. Ironischerweise hatte der Bürgermeister von Lhasa im Fernsehen verkündet: "Die wichtigste Aufgabe ist es, die Wahrheit zu enthüllen".
Im Bezirk Luhuo (Tibetisch Autonome Präfektur Ganzi, Provinz Sichuan) veranstalteten laut unseren Quellen heute um 16:30 h 200 Nonnen, 200 Mönche und 800 Bauern einen friedlichen Protestmarsch. Sie riefen dabei Slogans wie: "Lang lebe der Dalai Lama!" Und: "Tibet gehört den Tibetern!". Der Protestmarsch endete jedoch mit tödlichen Schüssen der bewaffneten Volkspolizei (PAP), die von den örtlichen Behörden geschickt worden war. Sie ließen zwei Tote und mindestens zehn schwer verwundete Tibeter zurück. Die beiden toten Männer wurden identifiziert als Chong Weng Deng Zhu und ein Mönch. Es gibt vier Zonen im Bezirk Luhuo. Gegenwärtig hat die Polizei drei dieser vier abgeriegelt. Keine Telefonanrufe sind in die Region mehr möglich.
25. März 2008
Angeblich haben mehr als 100 Tibeter in den Gemeinden Anduo und Heka, Bezirk Hai, einen friedlichen Protestmarsch veranstaltet. Die Protestierenden riefen Slogans wie: "Lang lebe der Dalai Lama!" und: "Freiheit für Tibet!". Nachdem die örtliche Polizei den Protestmarsch abgebrochen hatte, begann die Menge einen Sitzstreik auf den Straßen der Stadt für all die Tibeter, die in Lhasa und anderen Gegenden Tibets ums Leben gekommen sind. Die protestierende Menge ist derzeit von der Polizei eingekesselt.
Die Xinhua Nachrichten veröffentlichen derweil ihre eigene Version bezüglich des Vorgehens der Polizei gegen die Demonstranten im Bezirk Luhuo: Männer der bewaffneten Volkspolizei (PAP) waren auf Streife auf den Straßen in Ganzi, als sie von Randalierern angegriffen wurden. Ein Polizist kam ums Leben, während weitere Polizisten verletzt wurden. Der Zwischenfall ereignete sich gestern Nachmittag, als die Gesetzlosen auf einen Mann der bewaffneten Volkspolizei (PAP) mit Steinen und Messern losgingen. Die Polizei sah sich gezwungen, in die Luft zu schießen, um die Randalierer zu vertreiben".
In Wirklichkeit jedoch hat die bewaffnete Volkspolizei zwei Tibeter erschossen und viele weitere schwer verwundet. Die Gegend befindet sich nun unter Kriegsrecht, und die Behörden nehmen massiv Verhaftungen vor.
Nach Aussagen eines Augenzeugen in Lhasa nahm sich ein Mönch namens Tuomei des Ramoche Tempels das Leben, indem er sich aufhängte. Der etwa 30jährige Mönch kam aus Jiangzi. Vor seinem Tod brachte er zum Ausdruck, daß es unerträglich für ihn sei, zuzuschauen, wie die Chinesen die Klöster zunichte machten. Chinesische Soldaten hatten Tränengas in die Klöster geschossen und die Mönche verhört und gedemütigt.
Um ungefähr 21:00 Uhr gestern Abend hat ein Hacker mein Blog verändert, so daß ich mich nun nicht mehr einloggen kann. Ich habe das Problem heute am Nachmittag beheben können. Ich kann mich seitdem wieder einloggen, aber alle Bilder in meinen Artikeln waren verschwunden und ich konnte keine Dateianhänge mehr versenden. Doch nach 15:30 h war alles wieder normal.
Anmerkung 1: Nach Aussagen eines Internet-Freundes kam es in folgenden Bezirken zu Protesten: Bezirk Maerkang, Provinz Sichuan; Gemeinde Charima im Bezirk Hongyuan, Provinz Sichuan; Gemeinde Lajia, Gemeinde Mentang, Gemeinde Baiyu, Gemeinde Wasai und Gemeinde Rima, Qinghai Provinz; Gemeinde Oula, Gemeinde Bola und Gemeinde Amuquhu, Bezirk Maqu, Provinz Gansu; und Gemeinde Pawu, Gemeinde Keguo, Gemeinde Niduo, Bezirk Seda, Provinz Sichuan.
Anmerkung 2: Eine dringende Bitte eines Internet-Freundes: Es ist höchste Not, die Tibeter im Bezirk Seda, Tibet, zu retten! Dies ist die letzte Nachricht aus der Gemeinde Keguo, Bezirk Seda, Präfektur Kardze, Provinz Sichuan: Zwischen 16:00 h und 17:00 h, am 20. März wurden die ortsansässigen Tibeter von über 5000 Kräften der bewaffneten Volkspolizei angegriffen, weil sie die tibetische Flagge retten wollten! Bislang wurden über 20 Tibeter getötet. Die Schüsse wurden von der bewaffneten Volkspolizei (PAP) abgefeuert, die den ortsansässigen Tibetern erklärte, die Zentralregierung hätte ihnen den Befehl erteilt, alle Demonstranten zu erschießen.
Als die Polizei die tibetische Flagge entfernen wollte, versuchten die Tibeter auf friedliche Weise, dies zu unterbinden. Die Polizei begann jedoch sofort zu schießen! Bitte helft Tibet! Um 11:00 h des 21. März werden die Einwohner der Gemeinde Niduo, Bezirk Seda, ein noch schrecklicheres Massaker erleben. Bitte, helft der Gemeinde Niduo! Bitte sendet die Nachrichten an alle Regierungen und Menschenrechtsorganisationen! Bitte seid mitfühlend in euren Herzen und rettet das tibetische Volk!
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