Seite drucken |
China fordert mehr Gefügigkeit von tibetischen religiösen Führern
In der traditionell von Tibetern bewohnten Region der Provinz Qinghai forderten kommunistische Kader mehr Gehorsam von buddhistischen Würdenträgern und drohten ihnen Strafen an, falls es ihnen nicht gelänge, mehr Unterstützung für Pekings Politik gegenüber dem im Exil lebenden Dalai Lama zu gewinnen, teilten Informanten, die mit dem Inhalt der dort geführten Gespräche vertraut sind, mit.
Zwei gut informierten Quellen zufolge wurden die Drohungen während eines Meetings von mehr als 20 buddhistischen Würdenträgern und chinesischen Offiziellen ausgesprochen, das im November 2004 in Xining, der Hauptstadt von Qinghai, stattfand. Diese Gespräche fanden nach dem Besuch der Gesandten des Dalai Lama im September statt, bei dem, wie von Exiltibetern behauptet, die umfassendsten Diskussionen zwischen beiden Seiten seit Jahren stattgefunden hätten.
Die Informanten mit guten Beziehungen zu offiziellen Stellen, die anonym bleiben wollen, berichteten via Telefon und E-Mail aus dem an Tibet grenzenden Indien. China behandelt die Tibet betreffende Religionspolitik als hochbrisante Angelegenheit, weshalb Personen, die Informationen nach außen durchdringen lassen, ein Verfahren wegen Verrats von Staatsgeheimnissen droht.
Den Informanten zufolge wurden buddhistische Geistliche bei dem Treffen im November angewiesen, sich bei ihrer Anhängerschaft um eine größere Akzeptanz Gyaltsen Norbus, des Knaben, den China zur Reinkarnation des Panchen Lama bestimmt hat, zu bemühen. Der Panchen Lama ist der zweithöchste Würdenträger im tibetischen Buddhismus.
Norbu wurde 1995 ausgewählt, nachdem die chinesische Regierung einen vom Dalai Lama anerkannten Jungen abgelehnt hatte. Dieser andere Junge, Gedhun Choekyi Nyima, wurde seither nicht mehr gesehen, und die chinesischen Behörden verweigern jegliche Auskunft über seinen Aufenthaltsort.
Einer Quelle zufolge waren die chinesischen Kader insbesondere über den glanzlosen Empfang empört, der Norbu bei seinen - von strengen Sicherheitsmaßnahmen begleiteten - Besuchen in verschiedenen Gegenden Tibets im Jahr 2003 bereitet wurde. Viele buddhistische Geistliche lehnen Norbu ab oder legen nur Lippenbekenntnisse ab, um so Pekings Forderung nach Anerkennung seiner Funktion nachzukommen.
Wie einer der Informanten berichtete, sei den Geistlichen abverlangt worden, sie sollten die chinesischen Positionen so präsentieren, als ob es ihre eigenen Ideen wären, und obendrein wurde ihnen verboten, irgend etwas darüber verlauten zu lassen, daß sie zur Verbreitung dieser Vorstellungen angehalten werden.
Die chinesischen Kader versprachen ihnen, falls sie sich gehorsam erwiesen, würde dies mit der Verbesserung ihrer "finanziellen Basis" belohnt; falls sie den Anweisungen jedoch nicht nachkämen, würden sie bestraft. Welcher Art diese Strafe ist, habe man ihnen nicht gesagt. Wie der Informant weiter berichtete, befanden sich unter den anwesenden Offiziellen auch ein Vizegouverneur der Provinz sowie hochrangige Vertreter von Polizei, Armee und Geheimdiensten.
Den Geistlichen wurde außerdem mitgeteilt, Peking würde den Appellen des Dalai Lama nach größerer Autonomie nicht stattgeben und derartige Forderungen seien einfach "absurd". Solche Bitten hatte der Gesandte des Dalai Lama Lodi Gyari im vergangenen Jahr vorgetragen, als er mit einer Delegation zwei Wochen in China weilte.
Der Dalai Lama, der wie Zehntausende seiner Anhänger 1959 während einer chinesischen Strafaktion aus Tibet geflohen ist, sagt, er strebe eine Form von Autonomie an, die es der Exilgemeinde ermöglichen würde, in die Himalayaregion zurückzukehren, um dort ihre Kultur, Sprache und den tibetischen Buddhismus frei zu leben.
|