28. Oktober 2001

"Religious Freedom Report" des US State Departments

Nicht-autorisierte Übersetzung des am 26. Oktober 2001 herausgekommenen International Religious Freedom Report des US State Departments (Außenministerium)

Gliederung
Abschnitt I: Religiöse Demographie
Abschnitt II: Status der Religionsfreiheit
a)
Gesetzliche und politische Umstände
b)
Einschränkungen der religiösen Freiheit
c) Verletzungen der religiösen Freiheit
d)
Erzwungene religiöse Bekehrungen
Abschnitt III: Gesellschaftliche Gesinnung
Abschnitt IV: Regierungspolitik der USA

Einleitung

Die USA erkennen die Autonome Region Tibet = TAR, die im folgenden mit "Tibet" bezeichnet wird, als Teil der Volksrepublik China an. Die Erhaltung und Förderung des einzigartigen religiösen, kulturellen und linguistischen Erbes Tibets und der Schutz der Grundmenschenrechte seines Volkes bleibt weiterhin Anliegen der USA.

Die Verfassung der Volksrepublik China sieht die Freiheit der religiösen Überzeugung vor; doch die Regierung übt in Tibet strenge Kontrolle über die Ausübung der Religion und die Orte der Anbetung aus. Obwohl der Staat ein gewisses Maß an traditioneller religiöser Praxis und öffentlichen Äußerungen des Glaubens gestattet, unterdrückt er unverzüglich und gewaltsam alle Tätigkeiten, die in seinen Augen Träger politischer Abweichung sind, wie jene Formen religiöser Betätigung, die als Befürwortung tibetischer Unabhängigkeit oder als Ausdruck von Separatismus empfunden werden könnten (Solche Leute bezeichnet die chinesische Regierung als "Spalter").

Die Regierung kontrolliert streng alle Informationen über Tibet und den Zugang zu ihr, weshalb es schwierig ist, genau das Ausmaß der Verletzung religiöser Freiheit zu bestimmen. Nichtsdestoweniger erreichte die Repression religiöser Freiheit im Sommer 2000 in Tibet ein erschreckendes Niveau, und sogar Laien waren von einer ernsten Einschränkung religiöser Praxis betroffen. Es scheint jedoch, daß diese Restriktionen gegen Ende 2000 etwas weniger streng waren. Insgesamt bleibt das Maß der Unterdrückung in Tibet sehr hoch, und in der von dem vorliegenden Bericht erfaßten Zeitspanne zeigte die Regierung wenig Respekt für religiöse Freiheit.

Im Gefolge der Kampagne der "patriotischen Erziehung", die Mitte der neunziger Jahre gestartet wurde, gehen die Umerziehungsaktivitäten weiter, wenn sie auch nicht mehr ganz so intensiv sind, seitdem die Regierung erklärte, bei der Kontrolle über die tibetisch-buddhistische Institution einen gewissen Erfolg erreicht zu haben. Dennoch wurden viele Einzelpersonen, einschließlich Mönche und Nonnen, verhaftet, weil sie friedlich zu protestieren versuchten oder sich weigerten, die von der Regierung den buddhistischen Klöstern auferlegten Vorschriften zu befolgen. Diese schließen die Abkehr vom Dalai Lama und die Akzeptanz Tibets als einen Teil Chinas ein. Viele Mönche und Nonnen, von denen manche zu sehr langen Haftstrafen verurteilt wurden, befinden sich weiterhin derartiger Vergehen wegen hinter Gittern. Es gab auch Berichte über den Tod von religiösen Gefangenen, sowie von Mißhandlung und Folterung von Mönchen/Nonnen, denen politischer Aktivismus angelastet wird.

Obwohl der Anteil von Christen an der Bevölkerung in Tibet äußerst gering ist, gibt es gesellschaftlichen Druck auf Konvertiten, von denen einige von ihren Familien enterbt worden sein sollen.

Die US Regierung unternimmt weiterhin konzentrierte Anstrengungen zur Erzielung größerer religiöser Freiheit in Tibet, indem sie die Zentralregierung und die örtlichen Verwaltungsorgane auffordert, die Religionsfreiheit zu respektieren, indem sie gegen glaubwürdige Fälle religiöser Verfolgung oder Diskriminierung Protest erhebt, Einzelfälle mit der Regierung diskutiert und um Auskunft über besondere Vorfälle bittet.

Abschnitt 1

Abschnitt 1: Religiöse Demographie

Tibet umfaßt eine Landfläche von 471.700 Quadratmeilen, und staatlichen chinesischen Angaben zufolge beträgt seine Einwohnerzahl annähernd 2,62 Millionen. Die meisten Leute praktizierten zu einem gewissen Grade den tibetischen Buddhismus. Viele ethnisch tibetische Regierungsangestellte und einige ethnisch tibetische Mitglieder der kommunistischen Partei Tibets üben insgeheim den Buddhismus aus. Während es offiziellen Aussagen zufolge keine Falun Gong Aktivitäten in der TAR gibt, lassen manche Berichte schließen, daß es unter den Han Chinesen in der Region dennoch eine kleine Zahl von Anhängern gibt. Ebenfalls wohnen kleine Gruppen tibetischer Muslime und Christen in der Region.

Chinesischen Angaben zufolge verzeichnet Tibet über 46.300 buddhistische Mönche und Nonnen bei annähernd 1.787 Klöstern, Tempeln und Stätten der religiösen Anbetung. Genau dieselben Zahlen werden nun schon mehrere Jahre von der Regierung genannt, obwohl die Anzahl von Mönchen und Nonnen an vielen Orten gesunken ist, besonders seit dem Beginn der "patriotischen Umerziehungskampagne" Mitte der 90er Jahre, in deren Gefolge viele Mönche und Nonnen aus ihren Klöstern vertrieben wurden, weil sie den Dalai Lama nicht verunglimpfen wollten oder weil sie als "politisch ungeeignet" erfunden wurden, um Mönch oder Nonne zu sein. Die genannten Zahlen betreffen nur die Autonome Region Tibet, denn über 100.000 Mönche/Nonnen leben in den anderen tibetischen Gebieten Chinas, die den Provinzen Sichuan, Yunnan, Gansu und Qinghai inkorporiert sind.

Abschnitt 2 a)

Abschnitt II: Status der Religionsfreiheit

Gesetzliche und politische Umstände

Die Verfassung der VR China sieht die Freiheit der religiösen Überzeugung ebenso wie die Freiheit, nichts zu glauben, vor. Die Regierung schränkt jedoch die religiöse Praxis auf die vom Staat sanktionierten Organisationen und die registrierten Orte der Anbetung ein und versucht, das Wachstum und den Umfang der Betätigung religiöser Gruppen einzudämmen. Sie hält die religiöse Ausübung und Anbetungsstätten in Tibet unter strenger Kontrolle. Obwohl die Behörden einige traditionelle religiöse Riten und öffentliche Manifestationen des Glaubens gestatten, unterdrücken sie sofort und mit Gewalt all diejenigen Aktivitäten, die ihnen politisch verdächtig scheinen, oder die ihrer Meinung mit tibetischer Unabhängigkeit zu tun haben. Sie verlangen auch regelmäßig von Mönchen/Nonnen, daß sie sich in Sachen Religion und Geschichte offen zu der Regierungs- und Parteipolitik bekennen, daß sie geloben, die offiziell bestätigten religiösen Führer und Wiedergeburten anzuerkennen und sich vom Dalai Lama abzukehren.

Die chinesische Regierung fuhr unvermindert in ihrer groben Verbalkampagne gegen den Dalai Lama und seine Führung einer "Regierung-im-Exil" fort. Die offizielle Presse ließ nicht nach, die "Dalai Clique" heftig zu tadeln, und um die Glaubwürdigkeit des Dalai Lama als religiöse Autorität zu untergraben, nannte sie ihn wiederholt einen "Verbrecher", der es auf die Spaltung Chinas abgesehen hätte. Sowohl die Zentralregierung als auch Regionalpolitiker betonen immer wieder, ein Dialog mit dem Dalai Lama sei im Grunde genommen unmöglich, denn seine Werke würden seine fortwährenden öffentlichen Beteuerungen, daß er ja gar keine Unabhängigkeit für Tibet wolle, Lügen strafen. Dennoch versichert die chinesische Regierung, die Tür für Dialog und Verhandlung stehe offen, vorausgesetzt, der Dalai Lama erkläre öffentlich, daß Tibet ein untrennbarer Teil Chinas sei. Seit 1998 verlangt die Regierung nun auch vom Dalai Lama, er müsse öffentlich zugeben, daß Taiwan eine Provinz Chinas sei.

Die Regierung brüstet sich, seit 1976 Gelder in Höhe von über 40 Mio $ (etwa 300 bis 400 Mio RMB) für den Wiederaufbau Zehntausender buddhistischer Stätten ausgegeben zu haben, die vor und während der Kulturrevolution zerstört wurden. Die vom Staat für die Restaurierungsarbeiten geleistete Beihilfe erfolgte angeblich, um die Religionsausübung zu unterstützen, aber teilweise war ihr der Zweck auch, den Tourismus in Tibet zu fördern. Restaurierungen jüngeren Datums wurden privat finanziert, obwohl einige größere Anlagen gegen Ende der von unserem Bericht erfaßten Periode von der Regierung Hilfe für Wiederaufbauprojekte erhielten.

Abschnitt 2 b)

Einschränkungen der religiösen Freiheit

Buddhistische Klöster und Unabhängigkeits-Aktivismus sind in Tibet eng miteinander verwoben, weshalb die Regierung dazu überging, die Ausbreitung tibetisch buddhistischer Klöster zu stoppen, denen sie vorwirft, lokale Finanzmittel abzuziehen und als ein Leiter für politische Infiltration von der tibetischen Exilgemeinschaft zu dienen. Die Regierung behauptet, es gebe keine Obergrenze für die Anzahl von Mönchen in den größeren Klöstern und die "Demokratischen Verwaltungsräte" (Democratic Management Committees = DMC) der einzelnen Klöster hätten selbst zu entscheiden, wie viele Mönche sie aufnehmen können. Diese Ausschüsse werden jedoch von der Regierung kontrolliert, und in der Praxis setzten die Behörden in den Hauptklöstern strenge Höchstgrenzen für die Belegschaft fest. Der Staat behält sich auch das Recht vor, den Antrag irgend einer Person auf Eintritt in den Ordensstand abzulehnen, obwohl diese Einschränkung nicht immer gilt.

Die Klöster beherbergen nach wie vor junge Mönche, welche sie auch ausbilden. Obwohl laut Verordnung Mönche erst ab dem 18. Lebensjahr in ein Kloster eintreten dürfen, setzen jüngere Knaben die Tradition des frühen Eintritts ins monastische Leben fort. In einigen großen Klöstern wurden in den letzten Jahren aber viele junge Novizen ausgewiesen, weil sie noch minderjährig waren. Früher dienten sie den älteren Mönchen als Gehilfen, während sie ihre monastische Erziehung erhielten und sich auf die Ordination vorbereiteten. Die Tatsache, daß diese Novizen keine regulären Mitglieder der Klostergemeinschaft waren, erlaubte den Behörden zu leugnen, daß es in diesen Institutionen einen zahlenmäßigen Rückgang gegeben hätte.

Die Regierung überwacht weiterhin das tägliche Geschehen in den größeren Klöstern. Obwohl der Staat nicht finanziell zum Betrieb der Klöster beiträgt, kontrolliert er ihre Verwaltung durch die Demokratischen Verwaltungsräte (DMC) und die lokalen Ämter für Religionsangelegenheiten. In manchen Gegenden erfordern die Bestimmungen, daß nur "patriotische und loyale" Mönche und Nonnen dem DMC angehören und daß alle seine Mitglieder vom Staat bestätigt werden müssen. In einigen größeren Klöstern sitzen auch Regierungsbeamten in diesen Ausschüssen. Trotz all dieser Anstrengungen, die buddhistische Geistlichkeit und die Klöster unter Kontrolle zu halten, bleibt die Gesinnung allgemein regierungsfeindlich.

In den letzten Jahren begannen in einigen großen Klöstern die DMCs, den ganzen Erlös aus dem Verkauf von Eintrittskarten und die Spendengelder der Pilger zu kassieren. Dieses Geld wurde früher für Mönche verwendet, die sich ausschließlich dem religiösen Studium widmeten und höhere religiöse Grade anstrebten. Solche "gelehrten Mönche" müssen nun zumindest einen Teil ihrer Zeit mit auf Erwerb ausgerichteten Tätigkeiten verbringen. Einige Experten sind daher besorgt, daß es in Zukunft immer weniger Mönche geben wird, die als echte Lehrer dienen.

Im Gefolge der Kampagne der "patriotischen Erziehung", die Mitte der neunziger Jahre begann, gehen die Umerziehungsaktivitäten weiter, wenn sie auch nicht mehr ganz so intensiv sind, seitdem die Regierung erklärte, sie sei "erfolgreich" darin gewesen, ihre Kontrolle über die tibetisch-buddhistische Institution zu stärken. Dies erreichte sie, indem sie die Einhaltung der staatlichen Verordnungen forderte und diejenigen, die sich nicht an die Parteilinie hielten oder ihre Sympathie für den Dalai Lama nicht aufgeben wollten, entweder einschüchterte oder aussiebte. In der Berichtsperiode fuhr die Regierung fort, "Arbeitsteams" in die religiösen Einrichtungen zu schicken, wo diese den für Mönche und Nonnen obligatorischen politischen Unterricht abhielten. Die Arbeitsteams - die übrigens nicht besonders erfolgreich waren, die Haltung der Tibeter zu verändern - verlangen von den Mönchen, "patriotisch" zu sein, was diese durch Unterschreiben einer Erklärung beweisen müssen, in der sie zustimmen, jeglichen Gedanken an Unabhängigkeit für Tibet zu verwerfen, Gendun Choekyi Nyima, den vom Dalai Lama als die 11. Reinkarnation des Panchen Lama anerkannten Knaben, abzulehnen, sich vom Dalai Lama abzukehren und ihn zu denunzieren, die Einheit Chinas und Tibets anzuerkennen und nicht mehr die Sender Voice of America oder Radio Free Asia zu hören. Einigen Berichten zufolge wurden Mönche, die ihre Unterschrift verweigerten, aus ihren Klöstern vertrieben, noch durften sie nach Hause zurückkehren, um dort irgendeiner Arbeit nachzugehen. Andere wurden zum Verlassen ihrer Klöster gezwungen, weil sie bei den mit der Kampagne verbunden politischen Prüfungen durchfielen, während noch andere lieber "freiwillig" gingen, als den Dalai Lama zu beschelten. Sowohl Mönche/Nonnen als auch buddhistische Laien sind tief verärgert über diese Maßnahmen der Regierung. Obwohl es in der ganzen Region eine gewisse Abnahme der patriotischen Erziehung gab, waren die religiösen Aktivitäten in vielen Klöstern ernstlich beeinträchtigt, und zahlreiche Mönche und Nonnen flohen nach Indien, um dieser Kampagne zu entgehen. Dem UN Hochkommissariat für Flüchtlinge zufolge betreten alljährlich annähernd 3.000 Tibeter Nepal, weil sie die Umstände in Tibet unerträglich finden. Ein Drittel von ihnen geben an, sie seien wegen der "patriotischen Umerziehungskampagne" geflohen.

Im Juni 2001 wurden Tausende von Mönchen und Nonnen aufgefordert, die monastische Siedlung Larung Gar zu verlassen (auch unter dem Namen Tibetisch Buddhistisches Institut Serthar bekannt), die sich in der Tibetisch Autonomen Präfektur Ganze in der Provinz Sichuan befindet. Von den über 7.100 Mönchen/Nonnen, die in Serthar wohnten, dürfen ab Oktober nur noch 1.400 bleiben.

Nachdem der Karmapa, das Oberhaupt der Karma Kargyu Schulrichtung des tibetischen Buddhismus und eine der einflußreichsten religiösen Gestalten des tibetischen Buddhismus, sich im Dezember 1999 nach Indien absetzte, verstärkten die Behörden ihre Bemühungen, den Prozeß der Auffindung und der Erziehung reinkarnierter Lamas zu kontrollieren. Die Regierung bestätigte die Auswahl des 2-jährigen Sonam Phuntsog am 16. Januar 2000 als die siebente Wiedergeburt des Reting Rinpoche. Dieser wurde jedoch vom Dalai Lama, der normalerweise die Wahl von wichtigen religiösen Persönlichkeiten wie den Reting Rinpoche bestätigen muß, nicht anerkannt. Wie verlautet, akzeptierten viele der Mönche des Klosters Reting ebenfalls nicht das Kind als Reting Rinpoche, das jetzt unter schwerer Bewachung im Haus seiner Eltern in der Nähe des Klosters lebt. Die Gegend war lange Zeit abgesperrt. Ein weiterer kleiner reinkarnierter Lama, Pawo Rinpoche, befindet sich ebenfalls unter Hausarrest im Kloster Nenang. Pawo Rinpoche, der etwa 7 Jahre alt ist, wurde vom Karmapa als die 18. Reinkarnation einer wichtigen Karma Kargyu Linie erkannt. Der Kontakt mit seinen religiösen Lehrern wurde ihm verweigert, und wie es heißt, bestehen die Behörden darauf, daß er nun eine reguläre chinesische Schule besucht. Ausländern, einschließlich solcher in offizieller Funktion, wurde wiederholt die Erlaubnis verweigert, das Kloster zu besuchen.

Die chinesische Regierung behauptet weiterhin, daß Gyaltsen Norbu, der von ihr 1995 auswählte Junge, die 11. Wiedergeburt des Panchen Lama sei. Sein Leben wird in allen Aspekten streng kontrolliert, und nur zu seltenen Anlässen erschien er bisher öffentlich in Peking und Tibet. Seine öffentlichen Auftritte waren von einem großen Sicherheitsaufgebot markiert. Zu allen übrigen Zeiten war der Zugang zu dem Jungen sehr eingeschränkt. Der Panchen Lama ist nach dem Dalai Lama die prominenteste Gestalt des tibetischen Buddhismus.

Das Verbot des Besitzes oder der Zurschaustellung von Photos des Dalai Lama blieb in Kraft, und derartige Bilder waren nicht leicht zu bekommen, es sei denn auf illegalem Wege. Im Frühjahr 2000 begannen die "Nachbarschaftskomitees" der Region Lhasa, Abordnungen in die Häuser gewöhnlicher Bürger zu schicken, um Bücher über den Dalai Lama und Bilder von ihm zu konfiszieren. Ende 2000 wurden diese Durchsuchungen nicht mehr so regelmäßig durchgeführt, und ein paar Bilder des Dalai Lama waren wieder in der Öffentlichkeit zu sehen. Ähnliche Verbote wurden auch in tibetischen Wohngebieten außerhalb der TAR auferlegt, obwohl um Frühjahr 2001 in mehreren Regionen Dalai Lama Bilder wieder in Läden und an religiösen Stätten auftauchten. Die Regierung ächtet jedoch weiterhin Bilder von Gendun Choekyi Nyima, dem vom Dalai Lama als Panchen Lama anerkannten Knaben.

Etwa 1.000 religiöse Amtsträger begleiten auch Positionen in den lokalen Volkskongressen und den Ausschüssen der "Politischen Konsultativ-Konferenz des Chinesischen Volkes". Die Regierung verlangt jedoch weiterhin, daß Mitglieder der KP und höhere staatliche Beamte dem Parteikodex des Atheismus beipflichten. Eine 3-jährige Kampagne zur Förderung von Atheismus und Wissenschaft, die zuerst im Januar 1999 verkündet wurde und sich ursprünglich an Regierungsangestellte richtete, wurde weiter vorangetrieben und auf noch mehr Regierungsbüros und Schulen ausgeweitet. Sie wurde mit dem Zweck der Beschleunigung des wirtschaftlichen Fortschritts und des verstärkten Kampfes gegen Separatismus gestartet, also um "die reaktionäre Infiltration der Dalai Clique auszumerzen". Regierungsvertreter bestätigten, daß alle Kader des Amts für religiöse Angelegenheiten (Bureau for Religious Affairs = RAB) Parteimitglieder sind, und daß Parteimitglieder Atheisten sein müssen. Aber nicht alle niedrigeren Angestellten in den örtlichen RABs sind Atheisten.

Im Frühjahr und Sommer 2000 schränkten die Behörden in Lhasa und anderen Gegenden die religiösen Aktivitäten drastisch ein; so war es Parteikadern und Regierungsbediensteten (sogar Berufsgruppen wie Lehrern und Medizinern) verboten, Klöster aufzusuchen, in den Jokhang Tempel zu gehen, Altäre in ihrem Hause zu haben und während des tibetischen Neujahrfestes (Losar) irgendwelche religiösen Bräuche zu befolgen, wie etwa das Anbringen neuer Gebetsfähnchen auf ihren Hausdächern, das Verbrennen von Räucherwerk, und die Abschreitung des traditionellen "lingkor" (Pilgerweg um die heiligen Stätten Lhasas) während Sagadawa, der wichtigsten religiösen Festperiode des tibetischen Buddhismus. Mancherorts wurde sogar Privatpersonen nahegelegt, sich an diese Restriktionen zu halben. Vielen Angestellten im öffentlichen Dienst wurde untersagt, Mönchen/Nonnen in Lhasa Zuwendungen zu machen. In einigen Teilen Lhasa durchsuchten die Offiziellen sogar Privathäuser nach religiösen Objekten und Bildern des Dalai Lama.

Tibet Information Network (TIN), ein unabhängiger Nachrichten- und Forschungsdienst, berichtete im Februar 2001, daß staatlichen Bediensteten, Kadern und Schulkindern befohlen wurde, Losar zu Hause zu begehen und keine Gebetsfeste in Klöstern zu besuchen, oder Tempeln und Klöstern Geldspenden zu machen. Trotz dieser drastischen Einschnitte brachten in den Haupttempeln Lhasas viele Pilger und andere Tibeter religiöse Gaben dar. Im Juni 2001 berichte TIN erneut, die Stadtverwaltung von Lhasa hätte eine amtliche Verordnung zur Bekräftigung des Verbotes der feierlichen Begehung des Geburtstages des Dalai Lama erlassen. Bereits in den letzten Jahren war es Tibetern untersagt gewesen, die traditionellen Räucherwerk-Verbrennungsriten an irgendeiner Stelle in Lhasa abzuhalten, und manche Anbetungsstätten blieben an diesem Tag geschlossen. Dennoch nahmen viele private Bürger und Regierungsangestellte inzwischen wieder religiöse Praktiken auf, die 6 Monate zuvor verboten waren, wie etwa den Besuch von Klöstern, die Abschreitung des "lingkor" und das Auswechseln der Gebetsfähnchen auf den Dächern ihrer Häuser während Losar.

Auch von der Behinderung von Reisen hörte man in der Zeit, die dieser Bericht umschließt. Besuche ausländischer Vertreter an religiösen Stätten wurden streng kontrolliert, und offiziellen Delegationen aus dem Ausland war es kaum möglich, ohne vorherige Genehmigung der Lokalbehörden mit Mönchen/Nonnen zu sprechen.

Abschnitt 2 c)

Verletzungen der religiösen Freiheit

Die chinesische Regierung kontrolliert streng den Zugang zu allen Informationen über Tibet, weshalb es schwierig ist, genau zu festzustellen, wie groß die Einschnitte in die religiöse Freiheit sind. Die Repression der Religionsfreiheit in Tibet erreichte jedoch im Sommer 2000 bedenkliche Ausmaße, und sogar Laiengläubigen wurden ernste Restriktionen auferlegt. Es scheint, daß diese gegen Ende 2000 nicht mehr so streng durchgesetzt wurden. Im großen und ganzen herrschte während der von diesem Bericht erfaßten Zeitspanne ein hohes Maß an Unterdrückung in Tibet, und die Regierung zeigte kaum Achtung für religiöse Freiheit.

TIN zufolge starben seit 1989 mindestens 26 Mönche und Nonnen (als unmittelbare Folge von Mißhandlung) in der Haft, von denen mindestens 17 in dem Drapchi Gefängnis von Lhasa einsaßen (TIN: "Suppressing Dissent", Februar 2001). In der Periode des vorliegenden Berichtes hörte man von weiteren Todesfällen von Häftlingen entweder im Gefängnis oder kurz nach der Entlassung. Unbestätigten Berichten zufolge starb Lobsang Sherab, ein Mönch aus Kloster Sera, kurz nach seiner Entlassung aus dem Haftzentrum Seitru von Lhasa im Herbst 2000. Wie es heißt, wurde er in der Haftanstalt gefoltert, und während seiner Inhaftierung in dem Umerziehungslager Trisam von 1996 bis 1998 wurde er ebenfalls mißhandelt. Ngawang Lochoe (oder Dondrub Drolma), eine Nonne aus dem Sandrup Dolma Lhakhang, starb, wie verlautet, im Februar, als sie bereits 9 von 10 Jahren ihrer Strafe wegen konterrevolutionärer Propaganda und Aufhetzung abgebüßt hatte.

Im Februar 2001 veröffentliche TIN eine umfassende Studie, in der insgesamt 197 in China inhaftierte tibetisch-buddhistische Mönche/Nonnen aufgezählt werden, von denen die Mehrheit in der TAR eingesperrt ist. Im April 2000 erklärte der Direktor des Amtes für Gefängnisverwaltung der TAR einer ausländischen Besucherdelegation, in den drei Haftanstalten der TAR säßen über 100 Mönche/Nonnen ein, von denen 90% wegen "Gefährdung der Staatssicherheit" hinter Gitter gesetzt wurden. Es gab auch Berichte über Gefangennahme und Mißhandlung oder Folterung von Mönchen/Nonnen, die des politischen Aktivismus für schuldig befunden wurden. Häftlinge, welche sich der von den Gefängnisleitungen auferlegten politischen Umerziehung widersetzten, besonders der Forderung, den Dalai Lama zu beschimpfen und Gyaltsen Norbu, den von der Regierung als Panchen Lama eingesetzten Jungen, zu akzeptieren, wurden geschlagen. TIN berichtet von schweren Mißhandlungen mehrerer Nonnen mit langen Haftstrafen, unter ihnen auch Ngawang Choezom und Phuntsog Nyidrol, die 1989 wegen Singens von Unabhängigkeitsliedern ins Gefängnis geworfen wurden. Regierungsvertretern zufolge sei Phuntsog Nyidrols Urteil um ein Jahr vermindert worden, weil sie Anzeichen von Reue gezeigt hätte. Ihre Entlassung steht für 2005 bevor. Die Nonne Ngawang Sangdrol wurde auch mehrmals schwer geschlagen und über eine lange Zeit in Isolationshaft gehalten. Ihr Hafturteil wurde 1998 zum dritten Mal verlängert, weil sie sich an einem Gefängnisprotest beteiligt hatte, und beträgt nun insgesamt 21 Jahre. Ngawang Sangdrols Gesundheitszustand gibt weiterhin Grund zu Besorgnis, trotz den offiziellen Beteuerungen, daß es ihr gesundheitlich gut gehe.

Die Regierung kontrolliert weiterhin das Leben von Gendun Choekyi Nyima, den der Dalai Lama als den 11. Panchen Lama anerkannte, sowie das seiner Familie. Er verschwand 1995, als er 6 Jahre alt war. Regierungsvertreter behaupten, der Knabe befinde sich zu seiner eigenen Sicherheit unter staatlicher Aufsicht, er lebe in Tibet und besuche wie ein normaler Junge die Schule. Der Aufenthaltsort von Gendun Choekyi Nyima und seiner Familie ist nach wie vor unbekannt, und alle Ansuchen seitens der internationalen Gemeinschaft, den Jungen zu Gesicht zu bekommen, um sich seiner Lebensumstände und seines Wohlbefindens zu überzeugen, wurden abgelehnt. Im November 1999 dementierte die Regierung Presseberichte, denen zufolge Gendun Choekyi Nyima gestorben sei und insgeheim eingeäschert wurde. Dennoch verweigert die Regierung weiterhin internationalen Beobachtern den Zugang zu dem Jungen. Im Oktober 2000 zeigten Regierungsvertreter einer ausländischen Delegation zwei Bilder, die angeblich den Jungen darstellen sollten. Obwohl für die überwältigende Mehrheit der tibetischen Buddhisten der vom Dalai Lama identifizierte Knabe der Panchen Lama ist, sagen tibetische Mönche, sie seien gezwungen worden, Treuegelöbnisse zu dem von der Regierung ausgewählten Jungen zu unterschreiben. Die kommunistische Partei ermahnte auch ihre Mitglieder, den "offiziellen" Panchen Lama zu unterstützen.

Glaubwürdigen Berichten zufolge wurde Chadrel Rinpoche, der von der Regierung des Verrates von Staatsgeheimnissen angeklagt wurde, als er dem Dalai Lama half, die Inkarnation des 11. Panchen Lama auszuwählen, 1995 in einen geheimen Trakt eines Gefängnisses in Sichuan eingesperrt. 2000 erklärte die Regierung einer ausländischen Delegation, es gehe ihm "körperlich gut". Chadrel Rinpoches ursprüngliches Hafturteil ging im Mai 2001 zu Ende, aber am Ende der Berichtsperiode befand er sich immer noch in Haft.

Auf die Flucht des Karmapa, Urgyen Trinley Dorje, im Dezember 1999 nach Indien hin erschwerten die Behörden den Zugang zu dem Kloster Tsurphu, dem Sitz des Karmapa, und es heißt, auch die "patriotische Erziehung" hätte dort größere Ausmaße angenommen. In mehreren öffentlichen Erklärungen sagte der Karmapa, er sei weggegangen, weil er sich nicht frei bewegen konnte und weil ihm verweigert wurde, nach Indien zu reisen, um dort von seinen spirituellen Mentoren unterrichtet zu werden, und diesen ebensowenig erlaubt wurde, zu ihm zu kommen. Als Folge seiner Flucht wurden nach TIN Berichten mindestens zwei Mönche von Tsurphu festgenommen, und seine Eltern unter staatliche Aufsicht gestellt. Regierungsvertreter leugnen jedoch, daß es irgendwelche Festnahmen gegeben hätte oder daß die Eltern des Karmapa in irgendeiner Weise eingeengt worden seien. Im Januar 2001 berichtete TIN erneut, die Lage in Tsurphu sei angespannt mit ständiger polizeilicher Präsenz und vermehrten Restriktionen für die Mönche, was wohl den Zweck haben soll, sie von dem Gedanken, ihrem Lehrer ins Exil zu folgen, abzubringen. TIN zufolge würden keine neuen Mönche in dem Kloster aufgenommen. Im Dezember 2000 konnten einige Ausländer in offizieller Funktion das Kloster Tsurphu besuchen, das eine Stärke von annähernd 325 Mönchen haben soll. Noch ein paar Besucher gab es zu der Zeit, und es wurden von ihnen auch religiöse Aktivitäten gesehen.

Berichten zufolge sollen ein paar Anhänger von Falun Gong in Tibet festgenommen wurden, seit Falun Gong im Juli 1999 verboten wurde. In der offiziellen Presse war auch die Rede von Maßnahmen zur Unterbindung der Praxis von Zhong Gong bei den in der TAR stationierten PLA Truppen.

Abschnitt 2 d)

Erzwungene religiöse Bekehrungen

Man hörte nichts über Zwangsbekehrungen, auch nicht von minderjährigen US Bürgern, die entführt oder illegal aus den USA entfernt wurden, noch daß die Regierung die Rückführung solcher Bürger in die USA verweigert hätte.

Abschnitt 3

Abschnitt III: Gesellschaftliche Gesinnung

Die meisten Tibeter praktizieren den tibetischen Buddhismus. Obwohl der Anteil von Christen an der Bevölkerung in Tibet äußerst gering ist, gibt es gesellschaftlichen Druck auf Konvertiten, von denen einige von ihren Familien enterbt worden sein sollen.

Abschnitt 4

Abschnitt IV: Regierungspolitik der USA

Das US Außenministerium, die US Botschaft in Peking und das US Generalkonsulat in Chengdu bemühten sich intensiv, zu mehr Religionsfreiheit in Tibet anzuregen. In regelmäßigem Austausch mit der chinesischen Regierung, auch mit dem Amt für religiöse Angelegenheiten, drängten US Diplomaten unablässig sowohl die Zentralregierung als auch die Lokalbehörden, die Freiheit der Religion in Tibet zu respektieren. Botschaftsvertreter erhoben Protest und baten um Auskunft über Einzelfälle, wenn immer es glaubwürdige Berichte religiöser Verfolgung und Diskriminierung gab. Das im Lande stationierte diplomatische Personal der USA bat immer wieder um Erlaubnis, Tibet zu besuchen, um die Bedingungen dort zu verfolgen, einschließlich des Standes der Religionsfreiheit. Die chinesische Regierung zeigte sich indes in letzter Zeit immer unwilliger, Erlaubnis zu solchen Besuchen zu geben. Regierungsvertreter der USA stehen in Kontakt mit einer ganzen Reihe von religiösen Persönlichkeiten. Inoffizielle Kontakte des US State Department schließen Experten über Religion in Tibet und religiöse Gruppen in den USA ein. Die US Botschaft, auch der Botschafter und andere hochrangige Botschaftsangehörige sprachen bei der chinesischen Regierung wegen speziellen Fällen religiöser Häftlinge und Aussagen über Religionsverfolgung vor. Hochrangige Diplomaten führten regelmäßig Besprechungen mit dem Chef des Amtes für religiöse Angelegenheiten, wobei sie auch auf individuelle Fälle zu sprechen kamen, wie etwa Gendun Choekyi Nyima, den vom Dalai Lama als der 11. Panchen Lama anerkannten Knaben, Abt Chadrel Rinpoche, Ngawang Sangdrol und weitere tibetische Mönche und Nonnen. Andere Botschaftsmitglieder erkundigten sich nach individuellen Fällen in Treffen mit Vertretern der Abteilung des Staatsrates für Religionsangelegenheiten und der Sektion der Partei "Vereinte Arbeitsfront".

nach oben