28. Mai 2008

Tibetan Solidarity Committee (Tibetisches Solidaritätskomitee)

http://www.stoptibetcrisis.net


Seite drucken

Pressemitteilung

Schüsse auf eine Tibeterin in Kardze - Schwere Restriktionen in ganz Tibet

Einer bestätigten Meldung zufolge veranstaltete eine Tibeterin namens Rinchen Lhamo Tapotsang am 28. Mai um etwa 10 Uhr morgens ganz alleine in der Stadt Kardze eine Demonstration. Sie hielt eine tibetische Flagge hoch und rief Slogans, mit denen sie Unabhängigkeit für Tibet, die Rückkehr Seiner Heiligkeit des Dalai Lama nach Tibet und den Abzug der chinesischen Bürger forderte, die an ihre jeweiligen Heimatorte zurückkehren sollen. Sie verteilte auch ein paar Flugblätter. Innerhalb weniger Augenblicke wurde sie von den Sicherheitskräften ergriffen und brutal geschlagen, so daß ihr Gesicht voller Blut war. Als Rinchen Lhamo abgeführt wurde, forderten ein paar andere Tibeter, die das Geschehen verfolgten, ihre Freilassung. Bald darauf waren Schüsse zu hören, berichtete die Quelle. Auf wen die Sicherheitskräfte zielten, ist nicht bekannt, ebenso wenig, wie viele Opfer es gab.

Ganz Tibet befindet sich nach wie vor unter strenger Militärkontrolle, wobei die Klöster besonders schweren Restriktionen unterworfen werden. Die Kampagne zur „Patriotischen Erziehung“ wird weiterhin rigoros quer durch die tibetische Gesellschaft durchgeführt. Als Teil dieser Kampagne werden die Tibeter einem schauerlichen Propaganda-Spektakel ausgesetzt, bei dem das ehemalige Tibet als „dunkle feudale Gesellschaft“ und die Kommunistische Partei als der „glückbringende Retter“ für das tibetische Volk dargestellt werden. Sogar die Schulkinder sind von dieser Kampagne nicht ausgeschlossen. Auch sie müssen sich „dem Separatismus widersetzen“ und den Dalai Lama schmähen. Sie werden gezwungen, Aufsätze zum Lobpreis der Kommunistischen Partei zu verfassen.

Von den 24 Mönchen des Klosters Taktsang Lhamo Kirti in Zoege, die verhaftet wurden, sind acht freigelassen worden, die übrigen sechszehn befinden sich weiterhin in Haft.

Bei den massiven Razzien, die die Sicherheitskräfte seit dem 28. März immer wieder im Kloster Kirti in Ngaba (chin. Aba) vornahmen und bei denen sie mehr als 700 Mönchsquartiere durchsuchten, sind schätzungsweise Wertgegenstände im Wert von 1,2 Mio. RMB/Yuan konfisziert oder geplündert worden, außerdem erlitten die religiösen Bücher, darunter Texte des Kagyur und Tengyur (Lehrschriften) und viele alte Artefakte des Klosters ungeheuren Schaden.

In der tibetischen Gesellschaft ist es üblich, nach dem Tod eines Familienmitglieds 49 Tage lang Gebete für den Verstorbenen zu rezitieren, auf daß er eine bessere Wiedergeburt erlange. Meistens führen Mönche in einem nahegelegenen Kloster diese Gebetszeremonien durch. Doch die krassen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, die sowohl den Mönchen und Nonnen als auch der Bevölkerung im allgemein auferlegt wurden, haben zur Folge, daß die Leute kaum noch Kontakt zueinander haben und ihnen ihr Recht, ihre hergebrachten religiösen Zeremonien durchzuführen und ihren gesellschaftlichen Gepflogenheiten nachzugehen, vorenthalten wird.

Angesichts der kritischen Situation in Tibet appellieren wir an die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft, sich dringend unserer folgenden Forderungen anzunehmen:

1) unverzüglich unabhängige Untersuchungskommissionen nach Tibet zu entsenden;

2) unverzüglich der freien Presse Zugang zu ganz Tibet zu gewähren;

3) unverzüglich dem brutalen Morden in ganz Tibet ein Ende zu setzen;

4) unverzüglich für die sofortige Freilassung aller festgenommenen und verhafteten Tibeter zu sorgen;

5) unverzüglich die medizinische Versorgung der verletzten Tibeter zu ermöglichen;

6) die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Menschen und ihren Zugang zu lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen.