23. Mai 2008

Tibetan Solidarity Committee (Tibetisches Solidaritätskomitee)

http://www.stoptibetcrisis.net


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Pressemitteilung

Das Siebzehnpunkte-Abkommen in der Retrospektive

Heute jährt sich zum 57. Male die Unterzeichnung des berüchtigten 17-Punkte-Abkommens, das Tibet von der VR China aufgezwungen wurde. Obwohl die Tibeter diese unter Nötigung unterzeichnete Vereinbarung bereits 1959 für ungültig erklärten, sollte man sich dennoch Gedanken machen, wie es zu der heutigen Entwicklung überhaupt gekommen ist.

Vor 1951 war Tibet ein de facto unabhängiger Staat, der alle international anerkannten Attribute für Eigenstaatlichkeit besaß: Tibet hatte sein eigenes Justizsystem, seine eigene Regierung, seine eigene Währung, sein eigenes Territorium und war berechtigt, mit anderen Staaten in diplomatische Beziehungen zu treten. Nach der Gründung der VR China 1949 erklärte die neue kommunistische Regierung die „Befreiung Tibets“ zu ihrer vorrangigen Aufgabe, nachdem sie Chamdo bereits erobert und besetzt hatte. Sie drohte mit weiteren Militärschlägen, falls die tibetische Regierung sich ihren Forderungen nicht fügte, womit sich die tibetischen Vertreter gezwungen sahen, am 23. Mai 1951 das sogenannte „17-Punkte Abkommen über die friedliche Befreiung Tibets“ zu unterzeichnen.

In der Vereinbarung ist eindeutig festgelegt, daß es an der bestehenden Regierung Tibets keine Änderung geben wird noch an den Vollmachten und der Autorität Seiner Heiligkeit des Dalai Lama. Außerdem werden keine sozialen Reformen vorgenommen, es sei denn das Volk Tibets wünscht diese ausdrücklich.

Die Regierung der VR China setzte sich jedoch komplett über die in dieser Vereinbarung gemachten Garantien hinweg, sie behinderte auf der einen Seite die Initiativen Seiner Heiligkeit des Dalai Lama, eine soziale Reform durchzuführen und zwang auf der anderen Seite in den osttibetischen Regionen der Bevölkerung ihre eigenen demokratischen Reformen auf. Das Resultat war die Ermordung von Tausenden von Tibetern und die Zerstörung von Hunderten von Klöstern. China begann auch dem tibetischen Volk sein politisches System aufzuoktroyieren, es wollte die politische Macht an sich reißen, indem es zwei bekannte und bewährte tibetische Minister absetzte und statt dessen das Vorbereitungskomitee für die Schaffung der Autonomen Region Tibet einsetzte. All diese Faktoren brachten das tibetische Volk gegen die kommunistische Regierung auf, und schließlich sah es keinen anderen Ausweg mehr, als sich zu erheben. Das Ergebnis davon war, daß 1959 Seine Heiligkeit der Dalai Lama und die tibetische Regierung, gefolgt von unzähligen Tibetern aus den drei Provinzen, aus ihrem Heimatland fliehen und im Ausland Zuflucht suchen mußten.

Als eine Folge der Invasion Tibets durch die Chinesen und der darauffolgenden brutalen Repression des tibetischen Volkes verloren zwischen 1949 und 1979 über 1,2 Mio. Tibeter ihr Leben. Über 6.000 Klöster und Stätten der religiösen Verehrung wurden zerstört und die Elite der tibetischen Gesellschaft verschwand im Gefängnis. Diese Repressionspolitik hat nicht nur der traditionellen Kultur und der täglichen Lebensweise der Tibeter schweren Schaden zugefügt, sondern auch dem traditionellen Gesangs- und Tanzstil, ja sogar die Art und Weise, wie Kinder spielten, veränderte sich. Die seltenen und kostbaren Juwelen und Ornamente wie Diamanten, Gold- und Silberschmuck, Dzi und andere Edelsteine, welche über die Jahrhunderte von einer Generation an die andere weitergereicht wurden, wurden alle vom Staat konfisziert.

Später, als China verkündete, Tibet werde für die Außenwelt geöffnet, und eine Lockerung in der Politik eintrat, blieb dennoch die wahre politische Macht auf allen Ebenen und in all den geteilten Regionen Tibets ohne die geringste Abänderung immer bei den Chinesen. In dieser verfehlten Politik mit ihrer völligen Mißachtung der Wünsche und Bedürfnisse des tibetischen Volkes ist die wahre Ursache für die wiederkehrenden und endlosen Proteste gegen die Regierung zu suchen. Dabei setzen die Tibeter ohne zu zögern ihr wertvolles Leben aufs Spie. So war es in der finstern Zeit der Kulturrevolution, so war es in der gelockerten Atmosphäre Mitte der 80er Jahre und so ist es auch noch dieser Tage in dem wirtschaftlich aufstrebenden und politisch restriktiven Tibet von heute.

Der Hauptgrund und die einzige Ursache für die ganze Entwicklung ist die verfehlte Politik der chinesischen Regierung, die darauf abzielt, einen Keil in eine alte Nation mit ihrem reichen und alten kulturellen Erbe zu treiben: Wie sie ihren Lebensunterhalt erarbeiten, der Lebensstil, den sie alle auf dem riesigen Territorium pflegten, von den Menschen in Ngari im Westen über Utsang in der Mitte bis nach Amdo und Kham im Osten, das alles einte sie. Und solange diese Politik nicht revidiert und umgekehrt wird, wird das tibetische Volk keine Wahl haben, als seinen Kampf um die gerechte Sache Tibets fortzusetzen.