13. April 2008

Tibetan Solidarity Committee

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Zustände erinnern an die Kulturrevolution: Immer mehr Mönche werden aufgrund falscher Beschuldigungen verhaftet

Laut einer zuverlässigen Quelle wurden am 12. April 2008 alle Äbte und Verwaltungsleiter aller Klöster und Ämter der verschiedenen 18 Bezirke in der Präfektur Kardze, Provinz Sichuan, zu einer Versammlung in Dartsedo (chin. Kangding) einberufen. Auf dieser Versammlung wurde der Vorfall erörtert, der sich am 26. März im Bezirk Sershul (chin. Shi Qu) ereignet hatte. Was am 26. März vorgefallen war, ist, daß bei diesem Treffen ein chinesisches Propagandavideo über die Proteste am 14. März gezeigt wurde. Dieses Video zeigte die Tibeter bei ihren Demonstrationen als in hohem Maße gewalttätig und mit Seiner Heiligkeit im Hintergrund als Drahtzieher der Ereignisse. Die tibetischen Mönche stimmten mit dem, was sie auf dem Video sahen, überhaupt nicht überein und appellierten an die chinesische Führungsspitze, sich doch auf den Dialog mit Seiner Heiligkeit, dem Dalai Lama, einzulassen.

Ein ranghoher Mönch erklärte, es stimme ihn äußerst traurig, wenn er sehe, wie sich die Menschen in dem Video abschlachteten. Jedenfalls brachte dieser Mönch, was die Richtigkeit des Gesehenen betrifft, seine Skepsis zum Ausdruck und stellte Fragen, besonders insofern als es darin keine Szene gab, in der die bewaffnete chinesische Polizei ihrer Aufgabe nachkam, nämlich die Gewalttätigkeit zu bremsen. Weiterhin betonte dieser ranghohe Mönch, daß Seine Heiligkeit zu keinerlei Gewalt aufrufen oder anregen würde, da er ja die Verkörperung des Buddhas des Mitgefühls sei. Er werde als Inbegriff der Gewaltlosigkeit betrachtet, weshalb viele Länder sein Werk mit zahlreichen Preisen geehrt hätten. "Wenn Seine Heiligkeit ein Förderer der Gewalt wäre, als welchen die chinesische Regierung ihn hinstellt, dann würde die Welt ihn wohl kaum mit so vielen Preisen auszeichnen". Diese bloße Bemerkung des Mönches wurde als schwere Verfehlung betrachtet und die chinesischen Offiziellen zwangen ihn, seine Äußerung als falsch zurückzunehmen.

Bei dieser selben Versammlung am 12. April kündigten die chinesischen Offiziellen an, daß sie eine neue Verordnung herausbrächten, daß nämlich ab sofort alle Klöster eine chinesische Fahne zu hissen hätten. Es würde von jedem gefordert werden, daß er sich unter eine chinesische Fahne stelle und dort erkläre, der Dalai Lama habe die jüngsten Proteste angezettelt und er sei ein Separatist. Diese Ankündigung provozierte die Tibeter dazu, sich deutlich gegen China auszusprechen, selbst wenn es ihren Kopf kosten sollte. Alle tibetischen Mönche und Laien erklärten, sie würden keine Verhöhnung Seiner Heiligkeit hinnehmen und ihre Geduld hätte Grenzen. Daraufhin wurde die Versammlung verlängert.

Bei einem anderen Zwischenfall wurde ein selbstgebastelter Sprengkörper, ein mit Sprengstoff gefülltes Yakhorn, in die Nähe des Verwaltungsamtes von Kyabhel Shang geworfen, das sich im Bezirk Gonjo in der Präfektur Chamdo befindet. Wer hinter dem Vorfall steckt, ist unklar. Jedenfalls erreichten am 1. April vier chinesische Armeefahrzeuge das Kloster Thang Kya und verhafteten einige Mönche, namentlich Rinchen Gyaltsen (28), Gyurmey Dhondup (28) und Dorjee Wangyal (31). Die chinesischen Behörden beschuldigten nicht nur diese vier Mönche, den Anschlag organisiert zu haben, sondern sie erlaubten den Mönchen auch nicht mehr, das Kloster zu verlassen, und stellten es unter Belagerung. Am 3. April gaben Mönche nicht nur zu Protokoll, daß ihre vier Mitbrüder unschuldig seien, sondern sie verlangten auch die sofortige Freilassung der Verhafteten und forderten mehr Meinungsfreiheit und religiöse Freiheiten. Und wieder verhaftete die chinesische Armee noch mehr Mönche, diesmal waren Tseten (17), Kunga Phuntsok (19), Tsewang Yeshi (20), Tsering Wangdu (17), Wangyal (21), Kunsang Tsering (20) betroffen. Die Militärs packten sie auf ein Fahrzeug, fuhren sie herum und verkündeten öffentlich, sie wären Separatisten. Und obwohl die chinesischen Behörden nicht den geringsten Beweis für eine Beteiligung der Mönche an dem Sprengstoffanschlag haben, haben sie absichtlich öffentlich verbreitet, die Mönche seien darin verwickelt.

Wie aus einer anderen zuverlässigen Quelle verlautet, hat vor ein paar Tagen Sangpo, ein Mönch von der Nangten Akademie, die sich in der Präfektur Kardze in der Provinz Sichuan befindet, bei einer friedlichen Demonstration in Dartsedo eine tibetische Fahne hochgehalten. Bei einem anderen Zwischenfall soll ein Laie namens Lhakpa aus dem Dorf Acharusar, das in Minyak (Lhagang Shang) im Bezirk Dartsedo liegt, in Sichtweite der chinesischen Militärs die tibetische Nationalfahne hochgehalten und gerufen haben "Freiheit für Tibet“ und „Wir wollen die Rückkehr Seiner Heiligkeit, des Dalai Lama, nach Tibet". Beide wurden verhaftet und man weiß nichts über ihren Verbleib.

In Anbetracht der äußerst kritischen Situation in Tibet appellieren wir an die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft, sich unserer folgenden Forderungen dringend anzunehmen:

1) unverzüglich unabhängige Untersuchungskommissionen nach Tibet zu schicken;

2) der freien Presse unverzüglich Zugang nach ganz Tibet zu ermöglichen;

3) dem brutalen Morden in ganz Tibet unverzüglich ein Ende zu setzen;

4) für die sofortige Freilassung aller festgenommenen und verhafteten Tibeter zu sorgen;

5) die medizinische Versorgung der verletzten Tibeter zu ermöglichen;

6) die uneingeschränkte Bewegungsfreiheit der Menschen und ihren Zugang zu lebensnotwendigen Gütern sicherzustellen.

Tibetan Solidarity Committee/Tibetisches Solidaritätskomitee