28. August 2022
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD), www.tchrd.org

Zwei Mönche wegen ihrer Anfechtung der Propaganda der chinesischen Regierung zu Gefängnisstrafen verurteilt

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) verurteilt aufs Schärfste die Verurteilung von zwei Mönchen, Tenzin Dhargay und Rigtse, zu Gefängnisstrafen, lediglich weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben. Dieses Recht ist sowohl in der chinesischen Verfassung als auch in wichtigen internationalen Menschenrechtsinstrumenten, denen die Regierung der Volksrepublik China beipflichtet, geschützt.

Dhargay und Rigtse stammen aus dem Dorf Bharong im Bezirk Sershul (chin. Shiqu) in der Autonomen Tibetischen Präfektur Kardze (chin. Ganzi) in der Provinz Sichuan, dem traditionellen Gebiet Dzachuka in der Provinz Kham. Dhargay ist ein Mönch aus dem Kloster Dza Sershul.

Nachdem beide Mönche fast zwei Jahre lang in Isolationshaft gehalten worden waren, wurden sie zu einem unbekannten Zeitpunkt im Juni dieses Jahres vor Gericht gestellt.

Tenzin Dhargay

Das Volksgericht des Bezirks Sershul verurteilte Tenzin Dhargay zu drei Jahren und sechs Monaten und Rigtse zu drei Jahren Gefängnis.

Bislang haben die chinesischen Behörden beide Fälle mit äußerster Geheimhaltung behandelt, und die Familienangehörigen wurden nicht über die Einzelheiten der Fälle informiert. Die chinesischen Behörden haben strenge Warnungen ausgesprochen, daß jedem, der Informationen über die Inhaftierung der Mönche weitergibt, die Sozialversicherung und andere staatliche Leistungen gestrichen würden. Es ist immer noch nicht bekannt, wo die Mönche inhaftiert sind, obwohl man nun weiß, daß sie nach ihrer Verurteilung im Bezirk Sershul an einen anderen Ort gebracht wurden.

Exiltibetische Quellen berichteten über Dhargays Verhaftung im September 2020, nachdem ein Foto Seiner Heiligkeit des Dalai Lama und andere Informationen über die politische Lage in Tibet auf seinem Telefon gefunden worden waren. Zu dieser Zeit wurde ein weiterer Mönch zusammen mit ihm festgenommen, dessen Identität jedoch nicht bestätigt werden konnte. Jetzt hat sich herausgestellt, daß es sich bei dem anderen Mönch um Rigtse handelt. Sowohl Dhargay als auch Rigtse sind am selben Tag verurteilt worden.

Weitere Informationen über Rigtse stehen aufgrund der bestehenden Einschränkungen nicht zur Verfügung. Quellen mit Kontakten zu dort lebenden Tibetern teilten dem TCHRD mit, daß Dhargay in der Regel sehr besorgt über die katastrophale Lage in Tibet war und auf seinem persönlichen WeChat-Account Informationen und Fotos darüber weitergab. Unter dem Kontonamen „Dalai's Follower“ teilte er auch Fotos und Lehren Seiner Heiligkeit. Letztes Jahr, als China den 70. Jahrestag der sogenannten friedlichen Befreiung Tibets feierte, hatte Dhargay die Darstellung der chinesischen Regierung über die Besetzung Tibets in Frage gestellt und gesagt, daß es in Tibet keine solche Befreiung gegeben habe.

Da das Dorf Bharong in der Nähe der Kreisstadt Sershul liegt, sind die in diesem Dorf lebenden Tibeter häufig der chinesischen Propaganda und politischen Bildungskampagnen ausgesetzt. Viele Dorfbewohner, darunter Mönche, Laien und Jugendliche, leisten seit langem auf verschiedene Weise Widerstand gegen diesen Druck und die Einschüchterungstaktik, sich der chinesischen Herrschaft und Politik anzupassen.

Das TCHRD fordert die chinesischen Behörden auf, dieses unfaire und ungerechte Urteil gegen Tenzin Dhargay und Rigtse aufzuheben und sie unverzüglich und bedingungslos freizulassen. Dieses Urteil ist, wie viele andere in der Vergangenheit, das Ergebnis von Scheinprozessen, bei denen die Menschenrechte nicht geachtet und die Rechtsstaatlichkeit nicht garantiert wurden.

Als Unterzeichner wichtiger internationaler Menschenrechtsabkommen ist die Regierung der VR China verpflichtet, die freie Ausübung des Rechts auf Meinungsfreiheit und die freie Meinungsäußerung zu fördern und zu schützen. Diese Verpflichtungen beinhalten, daß die Mitgliedsstaaten „Diskussionen über die Regierungspolitik und politische Debatten, die Berichterstattung über Menschenrechte, Regierungstätigkeiten und Korruption, die Teilnahme an Wahlkampagnen, friedlichen Demonstrationen oder politischen Aktivitäten sowie die Äußerung von Meinungen und abweichenden Ansichten, die Religion oder Weltanschauungen, auch von Personen, die Minderheiten oder gefährdeten Gruppen angehören“, nicht einschränken. Insbesondere das Recht auf Meinungsfreiheit ist absolut und darf unter keinen Umständen eingeschränkt werden. Obwohl Artikel 35 der chinesischen Verfassung vorsieht, daß „die Bürger der Volksrepublik China Rede-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Prozessions- und Demonstrationsfreiheit genießen“, ist diese Verfassungsbestimmung immer noch ein Privileg, das nur einigen wenigen vorbehalten bleibt, und kein allgemeines Recht.