26. Juni 2017
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD), www.tchrd.org

Weitergabe von Informationen: Zwei Mönche zu vier Jahren Gefängnis verurteilt

Anfang Juni ließen die chinesischen Behörden zwei Mönche, Gendun Drakpa und Lobsang Sherab, festnehmen, weil sie angeblich „Informationen an Außenstehende weitergaben“ und in der Autonomen Präfektur Ngaba der Tibeter und Qiang (früher Amdo), Provinz Sichuan, „zu spalterischen Tätigkeiten“ aufgerufen hätten.

Die Mönche wurden nach einer fast einjährigen Isolationshaft seit August 2016 jetzt am 17. Juni verurteilt. Das Volksgericht von Trochu verurteilte Gendun Drakpa, 40, den Finanzleiter des Klosters Thangkor Soktsang, zu fünf Jahren und Lobsang Sherab, 36, der für die Lagerhaltung des Klosters zuständig war, zu vier Jahren Haft.

Proteste gegen Landnahme in Thangkor 2016 (TPI)

Den Mönchen wurde kein Rechtsbeistand zur Seite gestellt, ebenso wurde ihnen verboten, während der Gerichtsverhandlung eine Aussage zu machen. Ihre Angehörigen wurden nicht zu der Verhandlung zugelassen und Beobachter wurden streng überprüft.

Über den Gesundheitszustand der Mönche gibt es keine Informationen. Das TCRHD ist besorgt, daß sie durch die lange Zeit, die sie im Polizei-Gewahrsam verbrachten, ernsthafte körperliche und seelische Verletzungen davongetragen haben könnten, wenn man bedenkt, daß in fast allen Untersuchungshaftanstalten in Tibet die Folter angewandt wird.

Art. 3 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (UDHR) gewährt jedem „das Recht auf Leben, Freiheit und die Sicherheit der Person“. Der Schutz vor Folter wird von Art. 5 garantiert „Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden“, und „das Recht, überall als rechtsfähig anerkannt zu werden“ von Art. 6. In Art. 8 wird das Recht eines jeden „auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Handlungen, durch die seine ihm nach der Verfassung oder nach dem Gesetz zustehenden Grundrechte verletzt werden“, bekräftigt. Art. 9 verbietet die „willkürliche Festnahme oder Inhaftierung“, und dem folgt Art. 10: „Jeder hat bei der Feststellung seiner Rechte und Pflichten sowie bei einer gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Beschuldigung in voller Gleichheit Anspruch auf ein gerechtes und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht“.

Die rechtswidrige Festhaltung und ungerechte Verurteilung der Mönche verletzt auch Art. 19, der „jedem das Recht auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung“, insbesondere „über Medien jeder Art und ohne Rücksicht auf Grenzen Informationen und Gedankengut zu suchen, zu empfangen und zu verbreiten“, garantiert.

Obwohl keine Gerichtsdokumente veröffentlicht wurden, nimmt man an, daß die Mönche dafür bestraft wurden, daß sie Informationen über die Niederschlagung friedlicher Proteste gegen Landnahme und staatlich verordnete Entwicklungsprojekte in Thangkor, Bezirk Dzoege, nach außen durchsickern ließen. Andere Leute über Menschenrechtsverletzungen zu informieren, ist kein Verbrechen und keine „Aufhetzung zum Separatismus“. Deshalb ist die Verurteilung der Mönche willkürlich und widerspricht den in den Menschenrechten niedergelegten Prinzipien. Sie ist politisch motiviert und verfolgt den Zweck, den friedlichen Protest zum Schweigen zu bringen und Terror und Einschüchterung in der tibetischen Gemeinschaft zu verbreiten.

Das TCHRD ruft die chinesische Regierung auf, die ungerechten Urteile, die über diese zwei Mönche verhängt wurden, aufzuheben und sie sofort aus der Haft zu entlassen. Die Mönche wurden willkürlich festgenommen und in einem ungerechten Verfahren, das internationalen Menschenrechtsprinzipien zuwiderläuft, verurteilt. Die chinesischen Behörden müssen die Mönche sofort und angemessen medizinisch behandeln lassen und ihre physische und psychische Integrität gewährleisten.

Das TCHRD hatte am 24. August 2016 berichtet, daß Gendun Drakpa und Lobsang Sherab ohne Angabe eines Grundes von bewaffneten chinesischen Sicherheitsoffizieren unter Bedrohung mit der Waffe in ihren Behausungen in ihrem Kloster festgenommen wurden. Auch Lobsang Sherabs Zimmergenosse wurde dabei leicht verletzt.

Die Mönche wurden vermutlich festgenommen, weil sie Informationen über friedliche Proteste tibetischer Nomaden gegen die staatliche Landnahme im Dorf Ka Bharma der Ortschaft Thangkor weitergegeben haben. Seit Januar 2015 hatten tibetische Viehhirten auf friedliche Weise die Rückgabe ihres etwa 400 Acres (1 Acre = 4047 qm) umfassenden Landes samt den Häusern (20 Haushalte), das 2010 von der chinesischen Regierung im Namen der Schaffung eines umweltfreundlichen Areals konfisziert worden war, gefordert.

Am 15. Mai 2016 reichten tibetische Nomaden einen Appell bei der Kreis- und Präfekturverwaltung ein und forderten eine Lösung ihres Streites um das Land. Als Reaktion hierauf griffen die Lokalbehörden zu kollektiver Bestrafung und strichen die staatliche Unterstützung der Nomadenfamilien. Diese Maßnahme rief weitere Proteste hervor. Schließlich versprachen die Lokalbehörden, die Sache bis zum 20. September zu regeln. Als bis zu diesem Zeitpunkt keine Entscheidung erfolgte, begannen die Ortsansässigen, als eine Geste der Wiederinbesitznahme, das „umstrittene Landstück zu markieren und abzuzäunen“. Am 22. September schickten die Behörden eine größere Einheit von Sicherheitskräften aus dem Bezirk Dzoege und anderen Teilen der Präfektur Ngaba in die Stadt Thangkor.

Dabei wurden 12 bekannte Tibeter willkürlich festgenommen, darunter Jigjey Kyab, Tsepak, Phorkho, Sonam Gyatso, Shetruk und Tsokyi, die als Verfasser des Appellbriefes identifiziert und im Nachbarbezirk Marthang festgehalten wurden. Tsokyi, die Schwester von Jigjey Kyab, wurde nach schweren Schlägen freigelassen. Fünf weitere Personen, Tsering Kyab, Tsering Tashi, Patra, Dobe und Tabe, wurden am 2. Oktober freigelassen, während Rinchen Dorje, 63, und Magyuk, 56, ins Bezirkshaftzentrum kamen. Sie hatten den schriftlichen Appell mitunterzeichnet.

Am 14. Oktober wurden dann außer Jigjey Kyab und Phurkho alle anderen freigelassen. Dagegen wurde Kirti Kyab, der schon früher freikam, wieder in Haft genommen. Am 11. April 2017 verurteilte dann das Volksgericht von Dzoege Jigjey Kyab zu drei Jahren, und Rinchen Dorjee, Phurkho und Kirti Kyab zu zwei Jahren auf Bewährung. Sie wurden angeklagt, „Streit vom Zaun gebrochen und Unruhe gestiftet“ zu haben. Sie wurden nach Hause geschickt, aber unterstehen weiterhin strenger Überwachung.