24. August 2017
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD), www.tchrd.org

Mönch, der gegen die willkürliche Festnahme seines Onkels protestiert hatte, nach zehn Jahren aus der Haft entlassen

Ein ranghöherer tibetischer Mönch wurde kürzlich nach Vollendung einer zehnjährigen Gefängnisstrafe entlassen. Er hatte friedlich gegen die willkürliche Festnahme seines Onkels Ronggye Adrak in Lithang, TAP Kardze, Provinz Sichuan, (ehemals Kham) protestiert.

Wie sein in Indien lebender Verwandter Adruk Tseten informierte, wurde der nun 55jährige Adruk Lopoe am 21. August entlassen und kehrte in sein Heimatdorf Yonru Kharshul in der Gemeinde Ponkar im Bezirk Lithang zurück. Über seine körperliche und seelische Verfassung weiß man so gut wie nichts. Ein Foto am Abend seiner Freilassung zeigt Adruk Lopoe mit anderen Mönchen, Angehörigen und Freunden bei einer Willkommensfeier zu Hause. Adrup Lopoe ist stark abgemagert und der einst robuste Mann schaut nur noch wie ein Schatten seiner selbst aus.

Adruk Lopoe nach der Entlassung

Adruk Lopoe wurde am 21. August 2007 von Polizisten des Public Security Bureau von Lithang festgenommen, weil er sich für die Freilassung seines Onkels Ronggye Adrak eingesetzt hatte (1). Nach drei Monaten Isolationshaft wurde er am 20. November 2007 unter der Anklage der „Zusammenarbeit mit ausländischen separatistischen Kräften zur Spaltung des Landes und der Verbreitung von politischen Pamphleten“ verurteilt (2).

Ronggye Adrak war am 1. August 2007 festgenommen worden, als er vor einer großen Menge von Tibetern, die zum Pferderennenfest nach Lithang gekommen waren, erklärt hatte, wie wichtig die Rückkehr des Dalai Lama für Tibet ist (3). Er wurde wegen vier Delikten, die von der Störung der öffentlichen Ordnung bis zur Untergrabung der Staatsgewalt reichten, zu acht Jahren Haft mit Entzug der politischen Rechte für weitere vier Jahre verurteilt. Am 31. Juli 2015 kam er aus dem Gefängnis.

Von den vier Tibetern, die vor dem Gebäude des Public Security Bureau des Bezirks Lithang verhaftet wurden, weil sie Ronggye Adraks Freilassung forderten, wurde Adruk Lopoe am härtesten bestraft. Nach Ronggye Adraks Verhaftung veranstalteten ortsansässige Tibeter wochenlang Proteste für seine Freilassung. Der Lehrer und Musiker Jamyang Kunkhen wurde zu neun Jahren, während Lothok, ein 36jähriger Nomade und Vater von fünf Kindern, nur zu drei Jahren verurteilt wurde. Kunkhen wurde am 21. August 2016 in gebrechlichem Zustand entlassen (4). Adruk Lopoes jüngerer Bruder, Adruk Kalsang Gyamtso oder Kalgyam, wurde zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.

Mehrere UN Mandatsträger für Sonderverfahren hatten an die chinesische Regierung appelliert, Adruk Lopoe freizulassen. Der Sonderberichterstatter für die Förderung und den Schutz des Rechtes auf Meinungsfreiheit und freie Meinungsäußerung hatte wegen Adruk Lopoe und seines Onkels Ronggye Adrak ein Schreiben voller Vorwürfe an die chinesische Regierung gerichtet. Der vorsitzende Berichterstatter der Arbeitsgruppe für willkürliche Festnahme und der Sonderberichterstatter für Folter schickten ebenfalls einen dringenden Appell wegen Adruk Lopoe.

Adruk Lopoe vor der Festnahme

Adruk Lopoe wurde 1962 als Sohn von Adruk Wangdue und Ronggye Tsewang Dolma im Dorf Yonru Kharshul, Gemeinde Ponkar, Bezirk Lithang, geboren. Er ist der Älteste von sieben Kindern der Adruktsang Familie. Mit acht Jahren trat er in das Kloster von Lithang ein. Er glänzte in buddhistischen Studien und bekam später den Posten des Gesangsmeisters (tib. Omdzey) des Klosters. Er war auch Disziplinmeister (tib. Geykoe) im Kloster Yonru Rabgyeling, einem der 113 kleineren Lithang angegliederten Klöstern. 1997-1998, als gerade die von der chinesischen Regierung gestartete Umerziehungskampagne in allen Klöstern in ganz Tibet in vollem Schwung war, wurde er zum stellv. Direktor des Democratic Management Committee (DMC) des Klosters Lithang ernannt. Später, als er sich der spirituellen und politischen Implikationen dieser Position bewußt wurde, legte er das Amt nieder. Diese Position im DMC erforderte, daß er seinen geistlichen Führer, Seine Heiligkeit den Dalai Lama, anprangern mußte, ein Sakrileg, das sich gegen seine religiösen Gelübde gerichtet hätte. Vor seiner Festnahme im August 2007 hatte er gerade eine einjährige Meditationsklausur im Kloster Yonru Rabgyeling vollendet.    

(1) 22.08.2007, China verhaftet drei Neffen von Rongye Adrak in Lithang,

(2) 20.11.2007, Rongye Adrak und weitere Tibeter zu langen Haftstrafen verurteilt,

(3) 10.08.2010, Seltenes Bildmaterial des kühnen Protestes von Rongye Adak am 1. August 2007 in Lithang,

(4) 24.09.2016, Tibetischer Lehrer nach neun Jahren gebrechlich und physisch entstellt aus dem Gefängnis entlassen,