24. September 2016
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie, www.tchrd.org

Tibetischer Lehrer nach neun Jahren gebrechlich und physisch entstellt aus dem Gefängnis entlassen

Ein tibetischer Mittelschullehrer und Musiker, der wegen angeblicher Spionage und separatistischer Umtriebe verhaftet worden war, wurde vergangenen Monat nach neun Jahren Haft aus dem Gefängnis Mianyang in der Nähe von Chengdu entlassen.

Jamyang Kunkhen

Jamyang Kunkhen wurde am 22. August 2007 im Zusammenhang mit den Solidaritätsprotesten gegen die willkürliche Festnahme des tibetischen Nomaden Ronggye Adrak festgenommen (1). Damals war er 34 Jahre alt und bei bester Gesundheit. Am 21. August dieses Jahres wurde er mit erheblicher Sehschwäche, einem Gehörschaden und knotigen Lippen entlassen. Er könnte noch ganz erblinden. Im Gefängnis erlitt er einen Schlaganfall, der unbehandelt blieb und zu einer ausgesprochenen Deformation seiner Lippen führte. Unseren Quellen zufolge wurde Kunkhen während der Verhöre in der Polizeihaft auch geschlagen und gefoltert.

Kunkhen wurde am 20. November 2007 von dem Mittleren Volksgericht von Kardze in Dartsedo, der Hauptstadt der TAP Kardze, verurteilt. Außer Kunkhen verurteilte dasselbe Gericht noch zwei andere Tibeter, nämlich einen Mönch namens Adruk Lopoe (Neffe von Ronggye Adrak) und einen Nomaden namens Lothok zu zehn bzw. drei Jahren Gefängnis. Alle drei wurden der Spionage überführt. Kunkhen und Lopoe wurden zusätzlich der Aufhetzung zum Separatismus mittels „Schreibens und Anbringens von sezessionistischen Flyern“ beschuldigt.

Die chinesische staatliche Nachrichtenagentur Xinhua behauptete in einem Bericht über die Verurteilungen, daß Kunkhen, Lopoe und Lothok in Befolgung von „Anweisungen aus dem Ausland“ von den für Ronggye Adrak stattgefundenen Protesten Videos aufgenommen und diese auf CDs gespeichert hätten, um sie ausländischen Organisationen zukommen zu lassen.

Ronggye Adrak, ein 52jähriger Nomade und Vater von elf Kindern, wurde nach seiner friedlichen Protestaktion am 1. August 2007 anläßlich des jährlichen Pferderennens in Lithang festgenommen. Nach seiner Festnahme durch das Public Security Bureau (PSB) von Lithang demonstrierten Hunderte von Tibetern und Nomaden in Lithang und den umliegenden Gegenden vor dem PSB Haftzentrum von Lithang. Chinesische Polizei in Kampfausrüstung setzte Tränengas ein und gab Schüsse in die Luft ab, um die Demonstranten auseinanderzutreiben. Kunkhen wurde mit einer Videokamera erwischt, woraufhin die Sicherheitsbeamten seine Wohnung durchsuchten.

Trotz seiner Entlassung wird allgemein befürchtet, daß Kunkhen unter intensiver staatlicher Überwachung bleibt, was sein Recht auf Bewegungsfreiheit beeinträchtigen wird. So könnte er nicht in der Lage sein, die gebührende medizinische Behandlung aufzusuchen und seine Genesung wäre gefährdet. Kunkhen werden außerdem ab dem Tag seiner Entlassung für vier Jahre die bürgerlichen Rechte entzogen. Die chinesischen Behörden sollten sicherstellen, daß seine Menschenrechte unter diesem Vorwand nicht verletzt werden. 

(1) 20. November 2007, Rongye Adrak und weitere Tibeter zu langen Haftstrafen verurteilt