28. August 2014
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Prominenter tibetischer Lama völlig ausgezehrt im Gefängnis angetroffen

Der auch als Pangri-na Rinpoche bekannte Tulku Phurbu Tsering, ein hoch verehrter reinkarnierter Lama aus der TAP Kardze wurde kürzlich in einem bedenklichen Gesundheitszustand in einem Gefängnis in der Nähe von Chengdu entdeckt. Dies erfuhr das TCHRD aus einer Quelle in Tibet.

Der Betreffende sah den Rinpoche zufällig anfangs des Monats, als er einen anderen Häftling im Gefängnis Mianyang besuchte, das etwa zwei Fahrstunden von Chengdu entfernt liegt. „Zuerst konnte ich ihn gar nicht erkennen, weil er so schwach geworden ist, völlig abgemagert. Es scheint, daß sie mit ihm im Gefängnis schlecht umgehen“.

Die Quelle teilte dem TCHRD weiter mit, daß die dort ansässigen Tibeter sehr besorgt sind wegen des Rinpoches schlechtem Gesundheitszustand, den sie auf die harten Bedingungen, denen er im Gefängnis ausgesetzt ist, zurückführen.

Phurbu Tsering Rinpoche

Am 14. Mai 2008 führten über 80 Nonnen des Klosters Pangri-na in der Ortschaft Sungo im Bezirk Kardze einen friedlichen Protestmarsch durch. Die chinesische Polizei verdächtigte den Rinpoche, etwas damit zu tun gehabt zu haben. Die Nonnen protestierten gegen die Durchführung der ‚patriotischen Umerziehung’ in ihrem Kloster. 55 Nonnen wurden festgenommen und viele wurden von den Sicherheitskräften schwer geschlagen, ehe sie in Militärfahrzeugen weggebracht wurden.

Vier Tage später, am 18. Mai 2008, umstellten die Sicherheitskräfte frühmorgens seinen Wohnsitz und nahmen den damals 53jährigen Rinpoche ohne Angabe irgendeines Grundes fest. Danach verschwand er und monatelang wußte niemand, wie er behandelt wird, wo er festgehalten wird oder warum er verhaftet wurde. Gleichzeitig gingen mehr als 2000 chinesische Sicherheitskräfte gegen die Klöster Yatseg und Pangri-na vor und unterwarfen die Nonnen einschneidenden Kontrollen und Restriktionen. Der Rinpoche ist der geistige Lehrer und das Oberhaupt der in Kardze gelegenen Klöster Pangri-na und Yatseg.

Erst am 23. Dezember 2009 gab es eine Nachricht über den Rinpoche, als nämlich der Mittlere Volksgerichtshof in Dartsedo ihn zu 8 Jahren und 6 Monaten Gefängnis wegen des Besitzes von Waffen verurteilte. Li Fangping und Jiang Tianyong, zwei bekannte chinesische Bürgerrechts-Anwälte, die den Rinpoche verteidigten, sagten jedoch, daß bei seinem Fall schwerwiegende Verletzungen des chinesischen Gesetzes vorkamen und daß die Anklagen gegen ihn „der Klarheit der Fakten und ausreichenden Beweismaterials entbehrten“.

Li Fangping erklärte Associated Press, daß dem Rinpoche etwas angehängt werden sollte. Nach seinem Verschwinden soll er vier Tage und Nächte lang gefoltert und zu einem Geständnis gezwungen worden sein. Die Polizei drohte ihm mit der Festnahme seiner Frau und seines Sohnes, wenn er sich nicht gefügig zeigte.

Der tatsächliche Grund für die Inhaftierung des Rinpoches bleibt unklar, doch erklären Quellen in Tibet, daß die Festnahme mit seinem unerschütterlichen Glauben an den Dalai Lama zu tun habe könnte.

„Die chinesischen Behörden bezichtigten den Rinpoche separatistischer Aktivitäten, als er die Mönche und Nonnen von Yarteng und die Nonnen von Pangri-na 2002 eine Langlebenszeremonie (tib. Tenshug) für Seine Heiligkeit den Dalai Lama zelebrieren ließ. Die Mönche und Nonnen widersetzten sich außerdem der in ihren Klöstern durchgeführten Kampagne zur ‚patriotischen Umerziehung’. Sie weigerten sich, Dokumente zur Aburteilung Seiner Heiligkeit des Dalai Lama zu unterschreiben“, verlautet aus der Quelle.

Tulku Phurbu Tsering

Phurbu Tsering Rinpoche wurde am 2. Januar 1957 als Sohn von Tsewang Dargye und Yangchen Lhamo in dem Dorf Chigring in der Gemeinde Serkhar, Bezirk Kardze, einer Gegend die die Tibeter als Kham Tehor bezeichnen, geboren.

Er ist der Schirmherr der Nonnenklöster Pangri-na und Yatseg, die 100 bzw. 60 Nonnen beherbergten. Der Rinpoche engagierte sich auch in gemeinnützigen Werken wie dem Bau von Altersheimen und Krankenhäusern für die einheimische tibetische Bevölkerung von Kardze.

Seine Treue zum Dalai Lama verbunden mit seiner karitativen Tätigkeit machten ihn sehr beliebt unter den Ortsansässigen.

Das TCHRD appelliert an den Sonderberichterstatter für Folter und andere grausame, unmenschliche und herabwürdigende Behandlung, an den Sonderberichterstatter für die Religions- und Glaubensfreiheit sowie an die Arbeitsgruppe für Willkürliche Inhaftierung, die Gründe für die Festnahme des Rinpoches und seine darauffolgende Behandlung zu erforschen. Das TCHRD bittet die Sonderberichterstatter und die Arbeitsgruppe, die willkürliche Gefangensetzung des Rinpoches wegen seiner religiösen Überzeugungen und die an ihm begangenen Folterungen bei der chinesischen Regierung zur Sprache zu bringen.