17. Januar 2013
Tibetisches Zentrum für Menschenrechte und Demokratie, www.tchrd.org

Das TCHRD stellt seinen Jahresbericht 2012 über die Menschenrechtslage in Tibet vor

Im Jahr 2012 erreichte die Lage der Menschenrechte in Tibet einen Rekord-Tiefstand. Tibet blieb für unabhängige Medien, UN-Beobachter, internationale Erkundungsmissionen oder Besucher verschlossen, während die chinesische Regierung erfolgreich die Kommunikationskanäle blockierte und damit verhinderte, daß Informationen über Menschenrechtsverletzungen aus Tibet hinausgelangten.

Trotz der überaus heftigen Überwachung und strengen Restriktionen versuchen immer wieder einzelne Tibeter – oft unter großem persönlichem Risiko – der Welt mitzuteilen, wie die tatsächliche Lage in Tibet ist. Ebenso erklärte der Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung im März 2012 bei der Sitzung des Menschenrechtsrates: „Wir wissen, daß die Kommunikationssysteme wie Internet, Telefon, Mobiltelefon, Textbotschaften regelmäßig blockiert werden und Tibet für unabhängige Beobachter, einschließlich der Medien, komplett verschlossen ist“.

Die Direktoren des TCHRD präsentieren den Jahresbericht 2012 bei einer Pressekonferenz

Der Jahresbericht 2012 behandelt eine Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen in Tibet, wie etwa willkürliche Festnahmen und Haft, Folter, die Verweigerung des Rechtes auf die eigene Sprache, die Bestrafung des Umfelds von Selbstverbrennungsprotesten.

Angesichts stark eingreifender neuer Verordnungen und einer von den chinesischen Behörden betriebenen Politik der massiven Einschränkung der Religionsfreiheit in Tibet, hat das TCHRD einen speziellen Bericht über die Unterdrückung der Religion verfaßt, der Teil des Jahresberichts 2012 bildet. Dieser Sonderbericht über die religiöse Unterdrückung enthält eine gründliche Analyse der Situation der international geschützten Rechte auf die Freiheit der Religion und Überzeugung, sowie der Methoden, wie die VR China sie kontinuierlich und systematisch im Kontext des tibetischen Buddhismus verletzt.

Am 14. Januar 2013 unterbreitete das TCHRD den Bericht über die Unterdrückung der Religion dem UN-Sonderberichterstatter über Religions- und Glaubensfreiheit, Heiner Bielefeldt, und bat ihn, Tibet einen Besuch abzustatten und danach einen Bericht über seine Erkenntnisse zu veröffentlichen. Ihm wurde ferner nahegelegt, er möge die chinesische Regierung mahnen, sich an die internationalen Konventionen, denen sie bereits beigetreten ist, zu halten und jene, die noch fehlen, zu unterschreiben und zu ratifizieren.

Wie üblich, fuhr die chinesische Regierung auch 2012 fort, alle Tibeter, die auf irgendeine Weise ihre Sehnsüchte und Beschwerden zum Ausdruck brachten, als „Spalter“ zu bezeichnen und aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ einzusperren. Diejenigen, die Informationen über Menschenrechtsverletzungen in Tibet mit Außenstehenden teilten, wurden der Verletzung des Gesetzes über Staatsgeheimnisse beschuldigt und nach zweifelhaften Verfahren ins Gefängnis gesteckt.

Die Sicherheitskräfte gingen das ganze Jahr 2012 über mit aller Härte gegen die Selbstverbrennungsproteste vor, während die Lokalbehörden, besonders in der TAP Kanlho (chin. Gannan), in der TAP Ngaba (chin. Aba), in der TAP Kardze und in der Präfektur Nagchu (chin. Naqu) der Autonomen Region Tibet (TAR), Regierungskader und „Arbeitsteams“ mobilisierten, um die politische Umerziehung durchzuführen und Strafmaßnahmen nicht nur gegen die Selbstverbrenner und ihre Angehörigen, sondern gegen die gesamten Dörfer, in denen sie wohnten, vorzunehmen. Von den 96 Selbstverbrennungsprotesten, zu denen es in Tibet kam, ereigneten sich 82 im Jahre 2012.

Trotz weltweiter Kritik an seinem Umgang mit den Menschenrechten, fährt China fort, „Stabilität“ als eine Vorbedingung für die Ausübung der Menschenrechte zu deklarieren. Das Argument der „nationalen Sicherheit“ wird bis zum Überdruß verwendet, um das gewaltsame Vorgehen gegen Dissidententum und Eintreten für die Menschenrechte zu rechtfertigen.

Daß China die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte nicht anerkennt, wurde wieder einmal in seinem zweiten Nationalen Menschenrechts-Handlungsplan (2012-15) deutlich, dem zufolge die Freiheit, auf die alle ein Anrecht haben, den chinesischen Bürgern nur dann gewährt wird, wenn es dem Ein-Parteien-Staat dient. Diese Art des Rückzugs aus seinem eigenen Menschenrechtshandlungsplan ist im Hinblick auf die Menschenrechte in Tibet und China ein Schritt in die falsche Richtung.

2012 konstatierte das TCHRD die Festnahme und Inhaftierung von 269 Tibetern in Tibet, d.h. so viele Fälle wurden ihm bekannt. 29 davon wurden ohne die Garantien für Gerichtsverfahren und die gebotenen juristischen Verfahren verurteilt, während das Schicksal von 219 unbekannt bleibt. Eine überwältigende Anzahl wurde festgenommen, entführt und unter der vagen Anklage des „Durchsickernlassens von Staatsgeheimnissen“ und der „Gefährdung der Staatssicherheit“ verurteilt. Die Gesamtzahl der dem TCHRD bekannt gewordenen politischen Häftlinge beträgt anhand seiner Datenbank 988.

Mit den immer strenger werdenden Sicherheitsvorkehrungen entlang der tibetisch-nepalesischen Grenze nahm die Zahl der Tibeter, die 2012 der chinesischen Herrschaft entfliehen konnten, drastisch ab. Während im Jahr 2011 noch rund siebenhundert Tibeter Indien erreichten, waren es im folgenden Jahr nur noch 374, die der Festnahme durch die chinesischen Grenzwachen entkamen und Indien erreichten. China übt weiterhin Druck auf Nepal aus, hart gegen fliehende Tibeter vorzugehen und sie unter Gewaltanwendung zurückzuschicken. Es ist kein Geheimnis, daß die Kontinuität der chinesischen Hilfsgelder für Nepal davon abhängt, in wieweit die nepalische Regierung die politischen Aktivitäten der Tibeter unterdrückt.

In seinem Jahresbericht 2012 empfiehlt das TCHRD der chinesischen Regierung folgende Schritte:

v      Untersuchung der wahren Ursachen der Selbstverbrennungsproteste und Einstellung der Kriminalisierung der an solchen Protesten Beteiligten.

v      Ratifizierung des internationalen Übereinkommens über Bürgerliche und Politische Rechte und die Integrierung desselben in die eigene Gesetzgebung.

v      Unterzeichnung und Ratifizierung des Internationalen Übereinkommens zum Schutz aller Personen vor dem zwangsweisen Verschwinden, sowie dessen Integrierung in die eigene Gesetzgebung.

v      Ergänzung der Zusätze von 2012 zu dem Strafprozessrecht dahingehend, daß das Verschwindenlassen von Personen als eine gesetzwidrige Tat erklärt wird.

v      Die Übernahme von Verantwortung in Bezug auf die internationalen und die eigenen gesetzlichen Verpflichtungen, China sollte sein eigenes Gesetz einhalten.

v      Verzicht auf die Hinzufügung von Ausweichklauseln in alle zukünftigen nationalen Menschenrechts-Handlungspläne.

v      Freilassung aller tibetischen politischen Gefangenen, die in den Haftzentren, Gefängnissen und Arbeitslagern festgehalten werden.

v      Allen Tibetern aus Kham und Amdo, die in die TAR reisen wollen, insbesondere um die spirituelle und kulturelle Hauptstadt Lhasa zu besuchen, die Freiheit der Bewegung erlauben.

v      Einstellung der propaganda-orientierten politischen Umerziehungsprogramme und der Kampagnen gegen den Dalai Lama.

v      Achtung des Rechtes des tibetischen Volkes auf Selbstbestimmung sowie seines Rechts auf die Erhaltung und Pflege seiner Kultur, Identität, Religion und Sprache.

Die zwei Berichte können hier heruntergeladen werden:

(2) 17. Januar 2013, „Rights situation in Tibet ‘hit a new low’ in 2012, says new report

17. Januar 2013, "Religious Repression in Tibet: Special Report 2012