25. Mai 2013
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Lobsang Tenzin steht trotz Haftentlassung immer noch unter Hausarrest

Nachdem nun fast ein Monat seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis am 24. April 2013 vergangen ist (1), wurde Lobsang Tenzin endlich gestattet, die Mitglieder seines engeren Familienkreises und seine Verwandten zu treffen. Er steht jedoch immer noch Hausarrest und ständiger polizeilicher Überwachung. Er darf mit niemandem, mit dem er nicht verwandt ist, zusammentreffen und seine Wohnung nur verlassen, um mit Polizeigeleit zum Krankenhaus zu gehen.

Lobsang Tenzin verbrachte bis zu seiner Entlassung die Hälfte seines Lebens in chinesischen Gefängnissen. Ursprünglich zum Tode verurteilt, wurde sein Urteil letztendlich auf 18 Jahre reduziert, wozu noch die sechs Jahre kommen, die er bereits ableistete.

Lobsang Tenzin wurde am 15. März 1988 festgenommen und in der Folge wegen angeblichen Mordes an einem Polizeioffizier zum Tode verurteilt. Dieser Polizist war jedoch während der Demonstrationen 1988 aus einem Fenster gefallen, und Lobsang Tenzin ist nicht an seinem Tod schuldig.

Wegen der Ungerechtigkeit von Lobsang Tenzins Verurteilung setzten sich weltweit Organisationen für ihn ein, und 1991 wurde sein Todesurteil in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe abgemildert. 1994 wurde sein Urteil dann auf 18 Jahre reduziert, zusätzlich zu den 6 Jahren, die er bereits verbüßt hatte.

1991 wollte Lobsang Tenzin die Außenwelt irgendwie auf die fürchterlichen Bedingungen im Gefängnis, einschließlich der Folter, aufmerksam machen. Er versuchte dem US-Botschafter James Lilley eine Schilderung dieser Mißstände zu übergeben. Die Gefängnisaufseher erwischten Lobsang Tenzin und seinen Mithäftling Tenpa Wangdrak jedoch, noch ehe die beiden dieses Dokument übergeben konnten. Beide wurden heimlich verlegt und drei Wochen lang in Einzelhaft gesperrt.

Als Lobsang Tenzin schließlich Ende April 2013 entlassen wurde, hatte er den zweifelhaften Ruhm, der tibetische politische Gefangene mit der längsten Haftstrafe zu sein. Obwohl er zur Zeit seiner Festnahme ein gesunder 24-jähriger Universitätsstudent war, verließ er 25 Jahre später das Gefängnis als ein gebrochener Mann mit vielfältigen gesundheitlichen Problemen. Er leidet unter Rückenschmerzen, so daß er kaum stehen kann und unter Diabetes, die seine Nieren und Augen in Mitleidenschaft gezogen hat. Zeitweise kann er überhaupt nicht sehen.

Nachdem er nun über die Hälfte seines Lebens im Gefängnis zubrachte, wo er seine Jugend und seine Gesundheit einbüßte, berauben die chinesischen Behörden ihn sogar außerhalb der Gefängnismauern noch der „Freiheit“ und legen ihm strenge Einschränkungen auf. Fast drei Wochen vergingen, ehe die chinesische Polizei Lobsang Tenzins Angehörigen erlaubte, ihn zu sehen, während seinen Freunden immer noch verboten ist, ihn zu besuchen. In Anbetracht von Lobsang Tenzins Gebrechlichkeit und dem Umstand, daß er mehr mit dem Leben im Gefängnis als außerhalb vertraut ist, sind dieser Hausarrest und die Besuchsbeschränkungen einfach absurd. Daß Lobsang Tenzin immer noch für ein Verbrechen bestraft wird, welches er nicht begangen hat, ist nicht zu entschuldigen.

Das TCHRD fordert daher von der chinesischen Regierung, diesen restriktiven Hausarrest von Lobsang Tenzin sofort aufzuheben und ihm medizinische Versorgung unter der Obhut seiner Familie und Verwandten zu gewähren, damit er als ein freier Mensch in Tibet leben kann. Vor 25 Jahren wurde Lobsang Tenzin für ein Verbrechen eingekerkert, das er nicht begangen hat, und heute sollte er nicht mehr für dieses Verbrechen leiden müssen.

(1) 1.5.2013, "Tibetischer politischer Gefangener nach 25 Jahren im Gefängnis aus gesundheitlichen Gründen freigelassen"