1. April 2013
Radio Free Asia, www.rfa.org, Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Tibetischer politischer Aktivist nach 17 Jahren in gebrechlichem Zustand aus dem Gefängnis entlassen

Ein populärer tibetischer Aktivist wurde nach Ableistung einer 17jährigen Gefängnisstrafe einschließlich Zwangsarbeit freigelassen; er hatte ein unabhängiges Tibet verlangt und dem Dalai Lama ein langes Leben gewünscht.

Der ehemalige Mönch Jigme Gyatso, heute 52 Jahre alt, machte einen sehr schwachen Eindruck, als er, nachdem er zwei Tage zuvor aus dem Gefängnis Chushul entlassen worden war, am 1. April an seinen Herkunftsort im Bezirk Sangchu, TAP Kanlho, Provinz Gansu, zurückkehrte.

Jigme Gyatso, der die Vereinigung „tibetische Freiheitsbewegung“ anführte, wurde 1996 unter der Anklage, ein „konterrevolutionärer Rädelsführer“ zu sein, der die nationale Sicherheit gefährde, zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt.

Jigme Gyatso nach 17 Jahren Haft
Jigme Gyatso vor der Haft

Er war zuerst ein Jahr und einen Monat im PSB-Haftzentrum Gutsa inhaftiert, wo sie ihn schrecklich folterten und schlugen. Die Mißhandlungen, die er in Gutsa erlitt, seien die schlimmsten gewesen, äußerte er bei seinem kurzen Zusammentreffen mit dem UN-Sonderberichterstatter für Folter, Prof. Manfred Nowak, 2005.

Im April 1997 wurde Jigme Gyatso in das Drapchi Gefängnis verlegt, wo er die längste Zeit seiner Strafe verbüßte, im April 2005 kam er dann schließlich in das Chushul Gefängnis, obwohl er bereits ernstlich krank war.

Die chinesischen Behörden fügten seinem Urteil 2004 eine Strafverlängerung von zwei Jahren hinzu, weil er „zum Separatismus aufgefordert“ habe, als er im Gefängnis laut „Lang lebe der Dalai Lama“ gerufen hatte. Er wurde daraufhin gestoßen und geschlagen und mit elektrischen Folterinstrumenten an Rücken und Brust traktiert.

Viele internationale Menschenrechtsgruppen führten Kampagnen zu seinen Gunsten durch, darunter auch Amnesty International, die in ihm einen „Gewissensgefangenen“ sahen, der von den chinesischen Behörden im Gefängnis wiederholt geschlagen und gefoltert wurde. Während seiner Haftzeit war er auch längere Zeit im Krankenhaus.

Ein Jahr nach der Verurteilung wurde er so heftig geschlagen, daß er danach kaum mehr laufen konnte, wie es in einem Bericht von Amnesty International heißt.

Im April 2009 gab das TCHRD einen dringenden Appell heraus, in dem es Jigme Gyatsos Entlassung aus medizinischen Gründen forderte (1). Als Verwandte ihn im Februar 2009 im Gefängnis besuchten, erschien er sehr schwach und litt an einer Nierenerkrankung. Er konnte nur mit gebeugtem Rücken gehen.

„Nach seiner Entlassung aus der Haft mußte er auf behördliche Anordnung sofort an seinen Herkunftsort zurückkehren. In Polizeibegleitung erreichte er am 1. April seine Heimat“, verlautet aus einer Quelle aus Tibet.

„Leute, die ihn sahen, berichten, daß er sehr gebrechlich ausgesehen habe. Er hinkte und sagte, er sei herzkrank und habe hohen Blutdruck. Sein Augenlicht ist auch sehr schwach“, teilte sein in der Schweiz lebender Freund Jamyang Tsultrim mit.

Jigme Gyatso war auch an den Protesten vom Mai 1998 vor dem Besuch einer Abordnung von EU-Botschaftern im Gefängnis Drapchi beteiligt. Der Protest wurde brutal niedergeschlagen, neun Gefangene kamen zu Tode, und bei mindestens 27 von ihnen wurde die Strafe verlängert.

Bei seinem China-Besuch im November 2005 traf ihn der UN-Sonderberichterstatter für Folter, Prof. Manfred Nowak, im Gefängnis Chushul und appellierte daraufhin an die chinesische Regierung, ihn freizulassen.

Und die UN Arbeitsgruppe für willkürliche Verhaftung kam zu dem Schluß, daß seine Inhaftierung willkürlich sei, und sein Recht auf freie Meinungsäußerung, sowie die Freiheit friedlicher Versammlung verletze.

Die Welt-Organisation gegen Folter, eine große Allianz von Nichtregierungsorganisationen, die sich dem Kampf gegen willkürliche Verhaftung, Folter, Hinrichtungen im Schnellverfahren und andere Formen der Gewalt widmen, berichtete 2009, daß Jigme Gyatso „sehr gebrechlich“ geworden sein, an einer Nierenfunktionsstörung leide und „nur mit gekrümmtem Rücken“ gehen könne.

Amnesty zufolge wurde 2011 vermutet, daß er „als Resultat von Folter und Mißhandlungen in der Haft ernstlich erkrankt ist“.

Das TCHRD erwartet von den chinesischen Behörden, daß sie Jigme Gyatso jetzt, wo er seine Strafe vollendet hat, eine ordentliche medizinische Behandlung zukommen lassen. Sein Recht, dabei von seinen überlebenden Familienangehörigen unterstützt zu werden, sollte respektiert werden. Die Behörden sollten von ihrer üblichen Praxis, entlassene politische Gefangene einem quälenden Überwachungs- und Beobachtungsregime zu unterstellen, absehen.

Jigme Gyatsos Gesundheitszustand macht vielen Menschenrechtsgruppen, Aktivisten und Tibetern große Sorge. Die chinesische Regierung sollte eine Erklärung abgeben und Informationen über seinen physischen Zustand und die Umstände, unter denen er entlassen wurde, liefern.

(1) 20. April 2009, Das TCHRD fordert die Freilassung des schwerkranken Jigme Gyatso

30. Dezember 2010, Leben des tibetischen politischen Gefangenen Jigme Gyatso in Gefahr