1. September 2011
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org, Radio Free Asia, www.rfa.org

23 Jahre im Gefängnis: Lobsang Tenzin in bedenklichem Gesundheitszustand

Lobsang Tenzin ist der tibetische politische Gefangene, der am längsten von allen inhaftiert ist. Gegenwärtig ist er im Chushul Gefängnis westlich von Lhasa eingesperrt, und wie aus zuverlässigen Quellen hervorgeht, verschlechtert sich sein Gesundheitszustand zusehends. Er leidet an hochgradigem Diabetes, wodurch seine Sehkraft dermaßen nachgelassen hat, daß er zeitweise erblindet.

Lobsang Tenzin, ein Student der Tibet-Universität, wurde am 5. März 1988 verhaftet, als er auf friedliche Weise für die Unabhängigkeit Tibets demonstrierte. Er war erst 22 Jahre alt, als er zusammen mit fünf anderen Tibetern für den Tod eines chinesischen Polizeioffiziers verantwortlich gemacht wurde. Dieser wurde aus einem Fenster geworfen, als jemand sah, wie er Teilnehmer an der Demonstration von 1988 fotografierte.

Wegen angeblichen Mordes an dem Polizeioffizier wurde Lobsang Tenzin zum Tode mit zweijährigem Aufschub verurteilt, obwohl es keine Beweise gibt, die seine Schuld an dem Verbrechen belegen würden. „Wir wissen, daß irgend jemand den Polizeioffizier tötete, der die friedlichen Demonstranten fotografierte, aber wir wissen auch, daß einer der fünf oder sechs Angeklagten später aus Tibet floh und sagte, daß sie alle unschuldig seien”, zitiert Radio Free Asia die Sprecherin von ICT.

Unter dem Druck der internationalen Gemeinschaft wurde Lobsangs Todesurteil 1991 in lebenslängliche Haft umgewandelt.

1989, noch während er im Todestrakt saß, schrieb er einen Brief, in dem er die Demonstrationen befürwortete, und zusammen mit einigen Mitgefangenen gründete er den „Schneelöwen-Jugenclub“ für die Unabhängigkeit Tibets.

Auch später während seiner Haftzeit setzte er seinen Kampf für Gerechtigkeit und Menschenrechte fort. Am 31. März 1991 versuchten er und sein Mitgefangener Tenpa Wangdrak dem US-Botschafter James Lilley, der das Drapchi-Gefängnis besuchte, eine Petition über die Gefängnisbedingungen zu übergeben, in der sie die US-Regierung um Hilfe ersuchten. Der Petition war eine Liste mit den Namen aller Gefangenen beigefügt, die gefoltert wurden, sowie Details über die Art der Mißhandlungen. Unglücklicherweise riß eine chinesische Dolmetscherin dem Botschafter das Dokument aus der Hand, ehe dieser es an sich nehmen konnte. Die beiden Häftlinge wurden daraufhin brutal geschlagen und drei Wochen lang in Isolationshaft gehalten.

Später wurde Lobsang zur Verbüßung seiner Strafe in die Pawo Tramo Strafanstalt in Kongpo verlegt. Dort entwickelte er ein Nierenleiden und psychische Störungen, sowie andere gesundheitliche Probleme. 2004 kam er in das neuerbaute Gefängnis im Distrikt Chushul in der Nähe der tibetischen Hauptstadt Lhasa.

1994 hörte man, daß sein Urteil auf 18 Jahre reduziert worden sei wegen seiner „guten Führung“. Dem zufolge wäre seine Entlassung 2012 fällig. Nun ist das 23. Jahr von Lobsangs Gefangenschaft, denn er wurde 1988 festgenommen, und damit ist er der am längsten inhaftierte, noch lebende tibetische politische Gefangene.

Das TCHRD ist sehr besorgt um Lobsangs Gesundheitszustand und bittet die chinesische Regierung dringend, ihm sofort medizinische Behandlung zukommen zu lassen. Über die Jahre erhielt das Zentrum immer wieder Berichte über die nachlassende Gesundheit Lobsangs. Vor Jahren litt er an einem Nierenschaden, weshalb seine Gliedmaßen taub wurden und er Schwierigkeiten hatte, zu stehen.

Lobsang Tenzin genießt unter den Tibetern in Lhasa hohes Ansehen und viele sind tief besorgt um seine Gesundheit und fürchten um sein Leben.

Weitere Details zu seiner Geschichte: „Free Tibetan Heroes, Profiles: Lobsang Tenzin