11. April 2011

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy, www.tchrd.org

Kontakt: Tenzin Norgay, Tel. +91 1892 222363/229225

Chinesische paramilitärische Truppen riegeln das Kloster Kirti ab, 2500 Mönche werden ausgehungert

Seitdem sich der Mönch Phuntsok am 16. März 2011 im Bezirk Ngaba, Provinz Sichuan, am dritten Jahrestag des Volksaufstandes von 2008 aus Protest gegen die nicht nachlassende Repression in Tibet selbst verbrannte, verschlimmerte sich die Lage im Kloster Kirti - dem Kloster, dem Phuntsok angehörte - zusehends.

Kloster Kirtii, das bedeutendste in der TAP Ngaba

Neuesten Mitteilungen zufolge haben chinesische Sicherheitskräfte nun das Kloster abgeriegelt, und ein zusätzliches Kontingent von schätzungsweise 800 Soldaten ist seit dem 9. April zur Verstärkung im Einsatz. Die Mönche sind in ihrer Bewegungsfreiheit gänzlich eingeschränkt, niemand darf das Kloster verlassen oder betreten. Schlupflöcher in dem Stacheldrahtzaun an der Nordseite des Komplexes wurden mit Betonmauern geschlossen.

Infolge der Blockade mangelt es den Mönchen an Nahrungsmitteln, und sie hängen von den freiwilligen Spenden einiger ortansässiger Bewohner ab, welche diese bei der Klosterverwaltung abgeben müssen. Die Behörden haben den gläubigen Tibetern verboten, den Mönchen direkt Nahrungsmittel zukommen zu lassen.

Die Lage in der Gegend ist unverändert angespannt, über 2500 Mönche in dem Kloster sind am Verhungern, was zu einer Massenrevolte führen könnte. In einem solchen Fall werden die Sicherheitskräfte mit tödlicher Gewalt vorgehen, es wird zu ungesetzmäßigen Erschießungen kommen, so wie es vor 3 Jahren am 16. März 2008 im Bezirk Ngaba geschah. Die Lamas und Klosterbeamten konnten die Lage bisher unter Kontrolle behalten, indem sie die Mönche mahnten, trotz der ungeheuren Repressalien Ruhe zu bewahren.

Nach der Protestaktion von Phuntsok und die Solidaritätsbekundung der Mönche des Klosters Kirti, haben die Behörden drastische Maßnahmen ergriffen, um die Mönche unter Kontrolle zu behalten. Sicherheitskräfte, die bisher das Kloster umstellt hatten, sind nun sogar in dieses eingedrungen. Sie hindern ältere Mönche daran, den äußeren Umrundungsweg (Kora) abzuschreiten, und sie richteten auf den Sockeln der Stupas Wachposten mit Ferngläsern ein. Diese beobachten die Aktivitäten der Mönche rund um die Uhr. Über 33 Personen wurden festgenommen, von denen 22 (9 Mönche und 16 Laien) immer noch in Haft sind.

Phuntsok
Lobsang Choephel
Samdup

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) appelliert an die internationale Gemeinschaft und die Menschenrechtsexperten der UNO, unverzüglich zu intervenieren, damit die Sicherheitskräfte von ihrem rigorosen Vorgehen und der willkürlichen Verhaftung von Tibetern in Ngaba Abstand nehmen. Die Menschenrechtslage im Bezirk Ngaba ist allgemein verheerend. Das TCHRD bittet die Behörden inständig, den Mönchen des Klosters Kirti Nahrungsmittel und Bewegungsfreiheit nicht länger vorzuenthalten, denn so etwas stellt einen groben Verstoß gegen die Menschenrechte dar.

Entwicklung der Lage im Kloster Kirti bis zum 11. April 2011

Am 8. April wurden drei Mönche, Dhonyoe Dorjee, Tenzin Jamko und ein namentlich unbekannter, festgenommen.

Am 8. April protestierten etwa 30 Personen vor dem Büro für Öffentliche Sicherheit der Gemeinde Warma im Bezirk Dzamthang. Ein junger Tibeter aus dem Bezirk Gyalrong, der in eine Familie in Dzamthang geheiratet hatte, wurde bei dem Polizeiangriff tödlich verwundet und starb später in einem Krankenhaus. Etwa 1000 Tibeter protestierten erneut wegen dieses Todesfalls.

Am 30. März wurzen zwei Mönche, Lobsang Ngodup, 32, und Lobsang Choephel, 24, festgenommen und sind immer noch in Haft. Die Gründe für die Festnahme und ihr Verbleib sind unbekannt.

Am 23. März protestierten die Tibeter in der benachbarten Gemeinde Namda im Bezirk Dzamtang aus Solidarität mit den Tibetern im Bezirk Ngaba. Die Behörden entsandten eine große Zahl von Polizeikräften, um der Volksbewegung in Dzamthang und Ngaba Einhalt zu gebieten. Mindestes vier Personen, Wolkho, Dorjee, A-Dor und Woeser Dorjee, wurden festgenommen und sind immer noch inhaftiert.

Am 25. März wurde der 27jährige Lobsang Tsepak nachts von der Polizei in Peking festgenommen, wo er an der Zentralen Universität für Minderheiten studierte. Früher gehörte er dem Kloster Kirti an.

Am 22. März wurden Lobsang Kelsang, 19, ein Mönch des Klosters Kirti und der Bruder von Phuntsok, Lobsang Tsondue, sein Onkel, sowie der Mönch Samdup festgenommen. Lobsang Kelsang und Lobsang Tsondue sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Um den 20. März herum wurde Lobsang Tenzin festgenommen, er ist weiterhin in Haft.

Um den 20. März herum beriefen die Behörden in den Dörfern Thawa und Gabma im Bezirk Ngaba die Bewohner zu einem Meeting zusammen, und drohten an, daß alle, die nicht erscheinen, 30 Yuan Strafe zahlen müssen. In letzter Zeit veranstalteten die Dorfkomitees im Bezirk Ngaba öffentliche Versammlungen, wo sie die Teilnehmer die „Kommunistische Partei preisen und ihr Dank zollen“ ließen. Außerdem suchten die Behördenvertreter einen jeden Haushalt im Bezirk Ngaba auf, um etwaige Mönche in der Familie ausfindig zu machen und ihre Meinung zu der Selbstverbrennung von Phuntsok zu erforschen.

Seit dem 20. März haben die Behörden die politische Kampagne „Liebe dein Land, liebe deine Religion“ fünf Tage lang intensiv durchgeführt. Als sie zu Ende war, gingen sie in kleinen Gruppen in jedes einzelne Zimmer im Kloster und forderten ein „Feedback“ und die „Meinung“ der Mönche zu der Kampagne ein.

Seit dem 19. März mußten die regulären religiösen Aktivitäten im Kloster auf Anordnung der Behörden eingestellt werden. Bewaffnete Soldaten mit Spürhunden durchkämmen nachts die Klosteranlage. Die Mönche dürfen abends nicht aufbleiben, um ihre Schriften zu lesen, Mönche, die außerhalb ihrer Zimmer angetroffen werden, ernten heftige Schläge.

Am 17. März traten die Schüler der Oberschule der Präfektur Ngaba im Bezirk Barkham aus Solidarität mit Phuntsok und aus Protest gegen die unmenschliche Behandlung durch die Behörden in einen Hungerstreik. Dieser währte bis zum 23. März, seitdem gibt es keine Nachrichten mehr darüber.

Am 16. März wurde Phuntsok, aus der Gemeine Meruma, Bezirk Ngaba, verhaftet und befindet sich seitdem in Haft.

Wie es zu all dem kam:

Am 16. März 2011 setzte sich ein junger tibetischer Mönch, Phuntsok, im Bezirk Ngaba, Sichuan, in Brand und starb am folgenden Morgen im Krankenhaus. Er hatte seine Tat genau zum 3. Jahrestag der Volkserhebung von 2008 geplant, er wollte auf diese Weise gegen die chinesische Herrschaft in Tibet protestieren.

Als Phuntsok sich angezündet hatte, kam sofort die Polizei und drosch auf ihn ein, während sie die Flammen löschte. Tibetische Passanten stürzten herbei, um den Mönch zu schützen und brachten ihn in sein Kloster Kirti. Als er später ins Krankenhaus eingeliefert wurde, forderte die Leitung seine Freigabe durch die Polizei, ohne die sie ihn nicht behandeln könne. Der Mönch erlag am folgenden Tag, dem 17. März, seinen Brandverletzungen.

Etwa eintausend Tibeter strömten auf dem Marktplatz zusammen und protestierten gegen die Vorgehensweise der Polizei und Behörden. Bewaffnete Polizeieinheiten und andere Sicherheitsdienste trieben die friedlichen Demonstranten brutal auseinander, und nahmen mehrere von ihnen fest.