26. Juni 2010
Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India,
phone +91 1892 223363 / 229225, fax: +91 1892 225874, e-mail: office@tchrd.org, www.tchrd.org

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Das TCHRD gedenkt des Internationalen Tags für die Unterstützung der Folteropfer

Die Vereinten Nationen haben den 26. Juni als den Internationalen Tag zur Unterstützung von Folteropfern erkoren. Heute begehen wir diesen Tag zum dreizehnten Male. In Anbetracht der Bedeutung dieses Tages bekundet das TCHRD seine Solidarität mit den Opfern von Folter in der ganzen Welt, denn es weiß um den Schmerz und das Leid der Opfer und der Überlebenden von Folterungen. Dieser Tag erinnert uns daran, daß Folter ein schweres Verbrechen ist, und er bietet uns eine Gelegenheit, vereint unsere Stimme gegen Folter, diese grausame Verletzung der Menschenrechte und der Menschenwürde, zu erheben.

Die UN-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (CAT) wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen 1984 verabschiedet und trat am 26. Juni 1987 in Kraft. Sie war ein wichtiger Schritt im Hinblick auf die so notwendige weltweite Achtung der Menschenrechte und der Anerkennung der generellen und universellen Rechtswidrigkeit von Folter und aller Formen der Folter und anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, weshalb sie unter keinen Umständen geduldet werden dürfen. Ebensowenig dürfen sie stillschweigend zugelassen werden. 1997 beschloß die Generalversammlung der Vereinten Nationen diesen denkwürdigen Tag besonders hervorzuheben und bestimmte daher den 26. Juni eines jeden Jahres zum Internationalen Tag zur Unterstützung der Folteropfer. Die Konvention verpflichtet die Mitgliedstaaten, Folter zu einem Verbrechen zu erklären und diejenigen, die sich ihrer schuldig machen, strafrechtlich zu verfolgen und zu bestrafen. Es wird ausdrücklich betont, daß weder der „Befehl von oben“ noch außergewöhnliche Umstände die Folter rechtfertigen können.

Dekyi, eine der unzähligen Foltertoten

Die Volksrepublik China unterzeichnete und ratifizierte die UN-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche und herabwürdigende Behandlung oder Bestrafung (CAT) am 12. Dezember 1986 bzw. am 4. Oktober 1988. Dennoch sind Folter und Mißhandlung immer noch endemisch in Tibet und stellen ein regelmäßiges Vorkommnis in dem von China verwalteten Netzwerk der Gefängnisse und Haftanstalten auf dem gesamten tibetischen Hochland dar.

Folter, grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung scheinen ein zentraler Bestandteil des Umgangs der staatlichen Organe mit den Tibetern geworden zu sein, die sich in ihren Augen dem kommunistischen Regime zu widersetzen versuchen, sowie mit denjenigen, die ihre Rechte auf Versammlungsfreiheit und freie Meinungsäußerung wahrnehmen wollen. Tibeter, die ihre Unterstützung für den Dalai Lama im Exil zum Ausdruck brachten oder Meinungen vertreten, die von denen des kommunistischen Regimes abweichen, waren die bevorzugten Opfer von Folter, Mißhandlung und anderer Formen von Menschenrechtsverletzungen. Die Beamten des Büros für Öffentliche Sicherheit (Public Security Bureau/PSB) und der Bewaffneten Volkspolizei (People’s Armed Police/PAP) greifen kontinuierlich zur Folter als einem Mittel zur Einschüchterung, zur Ermittlung und zur Erpressung von Informationen oder Geständnissen von Untersuchungshäftlingen und tatsächlichen oder vermeintlichen Delinquenten.

Im Laufe der Jahre hat das TCHRD über zahlreiche Fälle berichtet, in denen Tibeter als direkte Folge von Folter gestorben sind. Es dokumentierte auch Fälle von vermutlich außergerichtlicher Tötung durch die chinesischen Sicherheitskräfte, sowie Todesfälle von Tibetern, die kurz nach der Entlassung aus chinesischem Gewahrsam starben, weil sie dort unmenschlicher Folterung unterzogen worden waren. Das Zentrum ist in großer Sorge um die Sicherheit der vielen Gewissensgefangenen und der während der Protestwellen von 2008 und 2009 Festgenommenen.

Unlängst gab China neue Richtlinien heraus, die besagen, daß Beweisstücke dubiosen Ursprungs, durch Folter erlangte Geständnisse, sowie Zeugenaussagen, die durch Folter oder Drohungen gewonnen wurden, bei der Strafverfolgung ungültig sind, außerdem daß derartige Beweismaterialien bei in Revision befindlichen Fällen von Todesstrafe zu verwerfen sind. Es ist dies das erste Mal, daß Peking ausdrücklich feststellte, daß unter Folter oder Zwang gewonnene Beweise illegal und vor Gericht unzulässig sind. Die Regierung gab zwei neue Sätze von Verfahrensregeln heraus, der erste betrifft Beweismaterialien in Fällen, die mit der Todesstrafe bedroht sind, und der zweite befaßt sich generell mit den in Kriminalfällen durch Zwang gewonnenen Beweismitteln. Die Fälle der letzten Zeit zeigen jedoch, daß in chinesischen Gerichten die Urteile weitgehend auf der Basis von Geständnissen gefällt werden, was wiederum die Polizei zum Einsatz von Folter motiviert.

Nehmen wir das jüngste Beispiel: Karma Samdrup, ein tibetischer Umweltaktivist, der einst weithin gefeiert und vom staatlichen Fernsehen CCTV zum Philanthropen des Jahres 2006 erkoren wurde, ist zu 15 Jahren Gefängnis, Aberkennung der bürgerlichen Rechte auf fünf Jahre und einer Geldstrafe von 10.000 Yuan ($1.500) unter der fadenscheinigen Anklage der Grabräuberei und des Handels mit gestohlenen Antiquitäten verurteilt worden. In seiner Rede vor Gericht sagte er, daß die Handlanger des Staats ihn in den langen Monaten der Verhöre schlugen, tagelang des Schlafs beraubten und ihm eine chemische Substanz verabreichten, die zu Blutungen aus Augen und Ohren führte – alles um ihn zum Unterschreiben eines Geständnisses zu bringen. Seine Frau schätzt, daß er im Polizeigewahrsam mindestens 40 Pfund an Gewicht verloren habe. An diesem Fall sehen wir wieder den massiven Einsatz von Folter zur Erzwingung eines Geständnisses trotz der offiziellen Verabschiedung neuer Richtlinien, die solche Aussagen für ungültig erklären. Die Tatsache, daß bei der Überführung von Tatverdächtigen unvermindert zu Folter und Mißhandlung gegriffen wird, stellt die Wirksamkeit der neuen Verordnung ernstlich in Frage.

Der zu Tode mißhandelte Geshe Lobsang Wangchuk

Unter CAT sind die Staaten verpflichtet, Folter für illegal zu erklären und Folterer einer angemessenen Strafe zuzuführen, in Tibet und in China geht die Folter jedoch inmitten eines politischen Ambientes der Straflosigkeit unvermindert weiter. Einige der gängigen Foltermethoden bei der Verhaftung oder in der Untersuchungshaft sind: Anwendung elektrischer Schlagstöcke, Verbrennen der Haut mit Zigaretten, Prügel, Handfesseln oder Daumenschrauben, Fußfesseln, Aufhängen in der Luft, Gefährdung durch extreme Temperaturen, lange Zeiten der Einzelhaft, Schlafentzug, heftige Schläge, Zwangsarbeit, Zwangsdrill.

So schrecklich die physischen Verletzungen auch sein mögen, die psychischen und emotionalen Wunden sind meistens die zerstörerischsten und am schwierigsten zu heilen. In Tibet werden die Gefangenen einer subtilen Form der psychischen Folter ausgesetzt. Einige typische Symptome der psychischen Folter, die zur völligen Entkräftung führen, sind: Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, extreme Müdigkeit, chronische Muskelschmerzen, Magen-Darm-Erkrankungen, neurologische Fehlsteuerungen und sexuelle Störungen. Die psychischen Nachwirkungen der Folter über längere Zeit können sich in Symptomen wie dem posttraumatischen Belastungssyndrom, Depression, Angstzuständen, Alkoholismus und Drogensucht äußern. In letzter Zeit häufen sich die Fälle von Selbstmorden infolge der exzessiven mentalen Demütigungen und psychischen Traumata, die den Häftlingen zugefügt werden.

Das TCHRD ruft die Regierung der VR China auf, unverzüglich die von dem UN-Sonderberichterstatter für Folter gemachten Empfehlungen in die Tat umzusetzen, um die Folter auszurotten und den „Folteropfern unter besonderer Berücksichtigung ihrer medizinischen und psychologischen Bedürfnisse das Recht auf die volle Rehabilitierung zu gewährleisten.“

Das Zentrum fordert die Regierung der VR China außerdem auf, das Fakultativprotokoll zu der UN-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder herabwürdigende Behandlung oder Strafe zu unterzeichnen und es danach wirksam umzusetzen. Das Zentrum befürwortet ein universales Verbot von Folter und Mißhandlung und tritt für die Achtung der Menschenrechte ein.