16. Mai 2009

Tibetan Centre for Human Rights and Democracy (TCHRD)
Top Floor, Narthang Building, Gangchen Kyishong, Dharamsala 176215, H.P., India,
phone/fax: +91 1892 223363 / 225874 / 229225, e-mail: office@tchrd.org, www.tchrd.org


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Das TCHRD bangt um die beiden zum Tode verurteilten Tibeter

Das Tibetische Zentrum für Menschenrechte und Demokratie (TCHRD) ist erfüllt von tiefer Besorgnis um das Schicksal von zwei Tibetern, Lobsang Gyaltsen und Loyak, die am 9. April 2009 vom Mittleren Volksgericht von Lhasa zum Tode verurteilt wurden.

Es fehlt nämlich jegliche Information über die beiden, man weiß noch nicht einmal, ob sie auf den Urteilsspruch des Mittleren Volksgerichts hin Berufung eingelegt und sich an das höhere Volksgericht zwecks Überprüfung des Todesurteils gewandt haben. Wenn kein Rechtsmittel eingelegt wird, wird ein Urteil automatisch von dem Höheren Volksgericht der TAR geprüft und danach dem Obersten Volksgericht zur Bestätigung weitergereicht. Da der Zeitraum für eine Berufung bald verstrichen sein wird, macht sich das TCHRD ernste Sorgen darüber, daß die Exekution unmittelbar bevorstehen könnte. Man erinnere sich, daß der Gerichtssprecher in den staatlichen Medien erklärt hatte, daß die beiden „hingerichtet werden müssen, um den Zorn des Volkes zu besänftigen“.

Das Zentrum ist entschieden gegen die Anwendung der Todesstrafe in jeglichem Fall, weil sie eine Verletzung des Rechts auf Leben und des Rechts, keiner grausamen, unmenschlichen oder herabwürdigenden Behandlung unterzogen zu werden, darstellt. Es sollte auch nicht vergessen werden, daß sich die von der Todesstrafe ausgehende Abschreckung noch nie als besonders wirkungsvoll erwiesen hat, noch sollte der Staat zu ihr greifen, um die Taten des Angeklagten zu sühnen.

Urteilsverkündig in Lhasa

Da das Urteil unter Ausschluß der Öffentlichkeit beschlossen wurde, ist nichts über die Umstände bekannt, unter denen gegen die Angeklagten, die über ein Jahr in Untersuchungshaft saßen, verhandelt wurde. Es ist höchst zweifelhaft, ob sich das Gericht dabei auch nur entfernt an die internationalen Normen für einen fairen Prozeß hielt und ob die Angeklagten in diesem Strafprozeß angemessen von einem Verteidiger ihrer Wahl vertreten wurden, der das vor Gericht gegen sie vorgebrachte Beweismaterial hätte anfechten und entkräften können. Daß solche Scheinverfahren nichts mit einem normalen Strafverfahren zu tun haben, ist äußerst beängstigend für all die Tibeter, die weiterhin festgenommen werden, und für die vielen von ihnen, denen ein solcher Scheinprozeß noch bevorsteht.

Das TCHRD appelliert daher an die Justizorgane der VR China, die Todesurteile von Lobsang Gyaltsen und Loyak aufzuheben und umzuwandeln. Es ruft die Behörden auch dazu auf, ihre Fälle erneut unter Einhaltung der internationalen Normen für einen fairen Prozeß, die China zu respektieren behauptet, zur Verhandlung zu bringen.

Bei der Welle der Demonstrationen, die sich seit letztem Frühjahr über die tibetischen Gebiete ergoß, wurden Hunderte von Tibetern willkürlich festgenommen, Unzählige kamen ums Leben, verschwanden einfach oder wurden zu harten Gefängnisstrafen verurteilt. Den Unterlagen des TCHRD zufolge wurden bisher 235 Tibeter zu verschieden langen Gefängnisstrafen verurteilt, wobei dem TCHRD gewiß nicht alle Fälle zur Kenntnis gelangt sind. Fünf davon wurden zum Tode (drei mit einem zweijährigen Aufschub) verurteilt, zehn zu lebenslänglicher Haft und ungefähr 130 zu zehn und mehr Jahren Gefängnis.

In den offiziellen chinesischen Verlautbarungen über die Vergangenheit ist von nur 74 Verurteilungen von Tibetern zu verschieden langen Haftstrafen die Rede, die in der Autonomen Region Tibet (TAR) wegen ihrer Beteiligung an den „Lhasa-Krawallen vom 14. März“ erfolgten. Die Gebiete von Ngaba, Sangchu und Kardze in Osttibet wurden besonders nachhaltig von Protesten ergriffen, und dort war auch die höchste Zahl der Festnahmen zu verzeichnen, doch die offizielle chinesische Zeitung Garze Daily berichtet am 15. Mai 2009 von nur 28 Tibetern, die von dem Mittleren Volksgericht von Kardze verurteilt wurden. Das TCHRD weiß hingegen von mindestens 60 Tibetern, die in Kardze wegen ihrer Beteiligung an den Frühjahrsprotesten bisher von einem Gericht verurteilt wurden.

Diese Woche wurde China für weitere drei Jahre in den 47 Mitglieder zählenden UN Menschenrechtsrat gewählt, dessen Mandat die Förderung und der Schutz der Menschenrechte ist. Und am 13. April 2009 veröffentliche das Informationsbüro des chinesischen Staatsrates den „Ersten Arbeits- und Handlungsplan zum Schutz der Menschenrechte 2009/2010“, in dem den Bürgern ein besserer Rechtsschutz, ein höherer Lebensstandard und mehr bürgerliche und politische Rechte versprochen werden; dazu gehören auch die Rechte von Inhaftierten und das Recht auf einen fairen Prozeß. Obwohl es lobenswert ist, daß die chinesische Regierung ein solches Dokument herausgebracht hat, hat China doch bisher routinemäßig die in den eigenen Gesetzen verankerten Garantien für den Rechtsschutz mißachtet. Daher ist es höchste Zeit, daß die Regierung sich endlich daran macht, alle in dem neuen Aktionsplan gemachten Zusicherungen auch in die Tat umzusetzen. In dem Papier finden auch die Todesstrafe und eine Verbesserung der gerichtlichen Verfahren bei der Berufung Erwähnung.